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Bundesverfassungsgericht

Entscheidung vom 26.06.2002, Az.: 1 BvR 558/91

Tenor

Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden betreffen die Frage, ob Grundrechte der Beschwerdeführerinnen, die Weinkellereien betreiben, dadurch verletzt worden sind, dass der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit eine - auch diese Kellereien benennende - Liste über Weine und andere Erzeugnisse, in denen Diethylenglykol (im Folgenden: DEG) festgestellt worden war, herausgegeben und veröffentlicht hat.

I.

Im Frühjahr 1985 wurde bekannt, dass in der Bundesrepublik Deutschland Weine vertrieben wurden, die mit DEG versetzt waren. DEG wird normalerweise als Frostschutzmittel und als chemisches Lösungsmittel eingesetzt. Verdachtsmomente und Feststellungen der Beimischung von DEG gab es zunächst bei österreichischen Behörden hinsichtlich bestimmter Weine österreichischer Herkunft. Die Bundesregierung erhielt im Mai 1985 durch eine Pressenotiz Kenntnis und forderte Informationen bei der österreichischen Handelsdelegation als der für Weinimporte zuständigen österreichischen Stelle an. Die erhaltenen Informationen gab sie an die für die Weinüberwachung zuständigen Landesbehörden weiter mit der Bitte, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen und das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit über gewonnene Erkenntnisse zu unterrichten. Nachdem nach und nach das Ausmaß der Beimengungen von DEG deutlich geworden war, wurden Weine, vor allem Weine österreichischer, aber auch Weine deutscher Herkunft, nach Maßgabe der Analysekapazitäten umfassend untersucht.

Die als 'Glykoskandal' bekannt gewordenen Vorgänge waren Gegenstand zahlreicher Presseberichte und ab Mai 1985 auch Anlass von Erörterungen im Deutschen Bundestag sowie in den zuständigen Ausschüssen. In der Bevölkerung herrschte eine erhebliche Beunruhigung, zumal nicht genau bekannt war, welche Weine mit DEG versetzt waren und welche gesundheitlichen Folgen der Genuss eines solchen Weines haben konnte. Die Verunsicherung führte zu einem massiven Rückgang des Konsums insbesondere österreichischer und deutscher Weine. Es wurde eine Existenzgefährdung der in der Weinwirtschaft tätigen Unternehmen befürchtet. Vor diesem Hintergrund gab das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit Ende Juli 1985 eine - letztmalig am 17. Dezember 1985 aktualisierte - 'Vorläufige Gesamt-Liste der Weine und anderer Erzeugnisse, in denen Diethylenglykol (DEG) in der Bundesrepublik Deutschland festgestellt worden ist', heraus. Auf Seite 1 der Liste wurde unter der Überschrift 'Wichtige Hinweise' Folgendes ausgeführt:

Die in der Liste aufgeführten Untersuchungsergebnisse beziehen sich lediglich auf den jeweils untersuchten Wein. Es kann also Wein gleicher Bezeichnung und Aufmachung desselben Abfüllers im Verkehr sein, der nicht mit Diethylenglykol versetzt ist.

Aus der Angabe einer Lagebezeichnung bei den in dieser Liste aufgeführten deutschen Weinen darf nicht geschlossen werden, dass alle Weine dieser Lage Diethylenglykol enthalten können. Nur wenn auf dem Etikett neben der Lagebezeichnung auch der in der Liste angegebene Name des Abfüllers und die in der Liste angegebene Amtliche Prüfungsnummer (A.P.Nr.) stehen, handelt es sich um Wein, bei dessen Untersuchung Diethylenglykol festgestellt worden ist.

In dieser Liste werden die Namen der Abfüller lediglich deswegen genannt, um dem Verbraucher eine Identifizierung des beanstandeten Weins zu ermöglichen.

Die Liste wurde veröffentlicht und konnte von jedem angefordert werden.

II.Verfahren 1 BvR 558/91

Die Beschwerdeführerin zu 1 ist eine Weinkellerei, die unter anderem österreichische Weine abfüllt und vertreibt. Sie wurde unter namentlicher Bezeichnung in der Rubrik Abfüller mit sieben Produkten in die Liste aufgenommen.

1. Die Beschwerdeführerin erhob gegen die Bundesrepublik Deutschland Klage mit dem Begehren, es zu unterlassen, die von ihr abgefüllten Weine in die Liste aufzunehmen, hilfsweise, sie dort namentlich als Abfüllerin zu benennen.

a) Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Auch die um einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit erweiterte Berufung blieb ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht vertrat die Auffassung, dass sich die Beschwerdeführerin insoweit nicht auf ihre Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG berufen könne, als der Vertrieb DEG-haltigen Weines eine nach dem Weingesetz unerlaubte Tätigkeit darstelle (AfP 1988, S. 284 ff.). Ein Eingriff in die Grundrechte der Beschwerdeführerin sei auch nicht daraus herzuleiten, dass die Herausgabe der Liste nicht nur Absatzverhinderungen und Rücknahmeverpflichtungen hinsichtlich der genannten Weine bewirkt, sondern darüber hinaus auch zu Nachteilen im Hinblick auf nicht DEG-haltige Weine geführt habe. Art. 12 Abs. 1 GG könne zwar auch durch Maßnahmen berührt werden, die infolge ihrer tatsächlichen Auswirkungen geeignet seien, die Berufsfreiheit zu beeinträchtigen. Die Grundrechte schützten aber nicht vor jeder nachteiligen Betroffenheit eines Einzelnen. Der Schutz greife nur dann, wenn die tatsächlichen Auswirkungen in engem Zusammenhang mit der Berufsausübung stünden und eine deutlich erkennbare objektiv berufsregelnde Tendenz aufwiesen. Hinsichtlich des Absatzes der nicht in der Liste genannten Weine sei eine objektiv berufsregelnde oder wirtschaftslenkende Tendenz jedoch nicht erkennbar. Zu keiner anderen Beurteilung führe der Umstand, dass die Beschwerdeführerin namentlich in der Liste bezeichnet worden sei. Es sei um eine Verbraucherinformation und Warnung gegangen. Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit habe dabei nur eine zutreffende Tatsache bekannt gegeben. Ein Gewerbetreibender müsse eine der Wahrheit entsprechende Kritik seiner Leistung durch Presse und Fernsehen auch bei konkreter Namensnennung grundsätzlich hinnehmen. Es gebe keinen Grund, das Recht der Regierung zur Information und Warnung an engere Voraussetzungen zu knüpfen. Die Beklagte habe von einer Gefahrenlage schon deshalb ausgehen dürfen, weil die genauen Schädlichkeitsgrenzen nicht bekannt gewesen seien, DEG aber jedenfalls nicht von vornherein als unschädlich habe eingestuft werden können.

b) Die Revision der Beschwerdeführerin wies das Bundesverwaltungsgericht zurück (JZ 1991, S. 624 ff.; Parallelentscheidung, angegriffen im Verfahren 1 BvR 1428/91, in BVerwGE 87, 37). Die Unterlassungsklage sah es wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses als unzulässig an, da eine weitere Verbreitung der Liste von der Beklagten nicht mehr beabsichtigt war. Die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit hielt es für unbegründet, weil die angegriffene Maßnahme keine Rechte der Beschwerdeführerin verletze.

Die Veröffentlichung der Liste DEG-haltiger Weine habe allerdings nachhaltig auf die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Wettbewerbsposition der Beschwerdeführerin eingewirkt, indem sie den Verkauf der genannten Weine verhindert und auch den Absatz der übrigen nicht DEG-haltigen Weine massiv erschwert habe. Die Eingriffsqualität der Listenveröffentlichung könne auch nicht schon deshalb verneint werden, weil DEG-kontaminierte Weine nicht verkehrsfähig seien. Art. 12 Abs. 1 GG schütze zwar keine gewerbliche Betätigung, die rechtmäßigerweise verboten sei. Das bedeute jedoch nicht, dass dem Staat im Umgang mit unerlaubten Betätigungen von Verfassungs wegen keinerlei Beschränkungen auferlegt seien.

Der Eingriffsqualität der Listenveröffentlichung stehe auch nicht entgegen, dass sich die hoheitliche Maßnahme nur mittelbar und faktisch auf Rechtspositionen der Beschwerdeführerin ausgewirkt habe. Unter Berücksichtigung der Schutzfunktion des jeweiligen Grundrechts könne auch eine von einem schlicht-hoheitlichen staatlichen Handeln ausgehende bloß tatsächliche und mittelbare Betroffenheit des Grundrechtsträgers einen Grundrechtseingriff bedeuten. Bei der streitigen Listenveröffentlichung habe es sich zwar nicht um eine wirtschaftslenkende Maßnahme mit berufsregelnder Tendenz gehandelt, die zielgerichtet die Absatzchancen der Beschwerdeführerin habe beeinträchtigen sollen. Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG bliebe aber unvollständig, wenn an ihm nicht auch mit staatlicher Autorität vorgenommene Handlungen gemessen würden, die als nicht bezweckte, aber voraussehbare und in Kauf genommene Nebenfolge eine schwerwiegende Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit bewirkten. Eine solche Beeinträchtigung sei im vorliegenden Fall insbesondere deshalb gegeben, weil die Namen der Abfüller in der Liste aufgeführt worden seien.

Die in der Literatur teilweise vertretene Auffassung, dass öffentliche Warnungen vor Produkten unter Angabe der Herstellerfirma stets einen Grundrechtseingriff darstellten, übersehe jedoch die Notwendigkeit, bei der Bestimmung des Schutzbereichs eines Grundrechts dessen Einbettung in die Gesamtheit der Verfassungsbestimmungen zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall kollidiere Art. 12 Abs. 1 GG mit der gleichfalls in der Verfassung verankerten Befugnis der Regierung zur verantwortlichen Leitung des Staates. Die Regierung habe von Verfassungs wegen das Recht, zur Abwehr schwerwiegender Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter die Öffentlichkeit umfassend über die gegebene Sachlage zu informieren. Dies schließe die Befugnis ein, konkrete Grundrechtsträger als Quelle bestehender Gefahrensituationen zu bezeichnen, wenn dies zur Erfüllung der der Regierung übertragenen Aufgabe der politischen Krisenbewältigung erforderlich sei.

In der damaligen Lage sei die Veröffentlichung der Liste bei der gebotenen fallbezogenen Abwägung zwischen den verfassungsrechtlich geschützten Gütern gerechtfertigt gewesen. Insbesondere habe sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprochen. Die in die Liste aufgenommenen Weine seien nicht verkehrsfähig gewesen. Die Veröffentlichung sei geeignet gewesen, der Gefahr von Gesundheitsschäden zu begegnen und zugleich die Beunruhigung der Bevölkerung einzudämmen. Ein milderes Mittel habe nicht zur Verfügung gestanden. Auch die Benennung der Abfüller der beanstandeten Weine sei zur Erreichung der aufgezeigten Ziele unverzichtbar gewesen. Die Lagebezeichnung in Verbindung mit der Abfüllerangabe habe dem Verbraucher eine schnelle Groborientierung ermöglicht. Die bloße Angabe der amtlichen Prüfungsnummer ohne den Namen des Abfüllers hätte dazu geführt, dass die beanstandeten Weine im Einzelnen nur sehr schwer zu identifizieren gewesen wären.

Die Listenveröffentlichung stelle daher keinen Eingriff in den durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheitsbereich dar. Sie unterliege deshalb nicht dem Vorbehalt des Gesetzes. An dem Ergebnis ändere sich nichts, wenn man annähme, dass in der Listenveröffentlichung ein Eingriff in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin liege. Dann wäre die verfassungsrechtliche Regelung der Aufgaben und Befugnisse der Bundesregierung zur Öffentlichkeitsarbeit als Ermächtigungsnorm anzusehen, die den Grundrechtseingriff rechtfertige.

Der Bundesregierung habe die Verbandskompetenz für die Veröffentlichung der Liste nicht gefehlt. Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben seien gemäß Art. 30 GG nur insoweit Sache der Länder, als das Grundgesetz keine andere Regelung treffe oder zulasse. Mit der Zuweisung der Regierungsaufgabe an die Bundesregierung habe das Grundgesetz für den Bereich der Informationstätigkeit der Regierung eine andere Regelung getroffen. Der Kompetenzbereich der Regierung erstrecke sich insoweit zumindest auf die Gebiete, für die dem Bund die Gesetzgebungstätigkeit zustehe. Die Vorgänge, auf die sich die Liste beziehe, habe in vielfältiger Weise Bereiche berührt, für die der Bund zur Gesetzgebung befugt sei (Art. 73 Nr. 5, Art. 74 Nr. 11, 17, 20 GG).

Aus den dargelegten Gründen komme auch eine Verletzung der Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG nicht in Betracht. Die Berufungsentscheidung sei schließlich auch unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs nicht zu beanstanden. Die unter Beweis gestellte Behauptung, dass von den in der Liste genannten Weinen keine Gesundheitsgefahr ausgehe, sei nicht entscheidungserheblich gewesen. Für den zu beurteilenden Feststellungsantrag komme es nur darauf an, ob bei Herausgabe der Liste nach den seinerzeit gegebenen Erkenntnissen mit dem Genuss DEG-belasteten Weines die Möglichkeit einer Gesundheitsschädigung verbunden gewesen sei. Diese Tatsachenfrage habe das Berufungsgericht ohne Verfahrensfehler bejaht.

2. Die Beschwerdeführerin greift mit ihrer Verfassungsbeschwerde die Herausgabe und Veröffentlichung der Liste DEG-haltiger Weine und alle drei gerichtlichen Entscheidungen an. Sie macht Verstöße gegen Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG geltend.

a) Die Maßnahme stelle einen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG dar. Das Verhalten von Unternehmen im Wettbewerb sei durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt und umfasse nicht nur das Recht, ein Produkt auf den Markt zu bringen, sondern als notwendigen Teil wettbewerbsorientierten Handelns auch die Möglichkeit, das Produkt und das dahinter stehende Unternehmen in der Öffentlichkeit auf Grund eigenverantwortlicher Entscheidungen zu präsentieren. Art. 12 Abs. 1 GG schließe daher ein Recht auf unternehmerische Selbstdarstellung ein. Unmittelbar aus diesem Schutzbereich ergebe sich, dass jegliche Ingerenz in das Öffentlichkeitsbild eines Unternehmens unabhängig von der Handlungsform ein Eingriff sei. Der Staat wirke im freien Kommunikationsprozess nicht als Einzelner unter Gleichen und reklamiere eine überlegene Perspektive für seine Darstellung.

Auch unabhängig von einem eigens formulierten Recht auf unternehmerische Selbstdarstellung ergebe sich, dass in der Herausgabe der Liste DEG-haltiger Weine ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG liege. Die grundrechtliche Gewährleistung beschränke sich nicht auf eine Freiheit vor staatlichen Zwangsmaßnahmen. Vielmehr schütze sie auch vor Maßnahmen mit objektiv berufsregelnder Tendenz. Sie könne auch durch staatliche Maßnahmen berührt werden, die infolge ihrer tatsächlichen Auswirkungen geeignet seien, die Freiheit der Berufswahl mittelbar zu beeinträchtigen. Nach herrschender Auffassung im Schrifttum seien Warnungen vor Produkten namentlich genannter Hersteller - unabhängig von deren Richtigkeit - grundsätzlich Eingriffe in Grundrechtspositionen der Produzenten. Die Warnung habe außerdem ruinöse Folgen gehabt, weil die Absatzrückgänge zu einem fast völligen Zusammenbruch des Betriebes geführt hätten.

Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts, mit denen das Nichtvorliegen eines Eingriffs begründet werden solle, zeigten, dass dies ohne Aufgabe wesentlicher rechtsstaatlicher Grundsätze nicht möglich sei. Relativiere man den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG auf diese Weise, werde der Gesetzesvorbehalt überflüssig. Eine gesetzliche Grundlage für die Herausgabe der Liste DEG-haltiger Weine habe es nicht gegeben. Auch die 'Befugnis zur Öffentlichkeitsarbeit' der Regierung könne nicht als Ermächtigungsgrundlage herhalten. Der Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG sei daher verfassungswidrig.

Das sei auch deshalb der Fall, weil dem Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit für die Herausgabe der Liste die Kompetenz gefehlt habe. Die Verbandskompetenz im Bereich der Warnungen vor Gefahren, die von Lebens- und Genussmitteln ausgingen, liege ausschließlich bei den Ländern, zumal die Warnung vor nicht verkehrsfähigen Lebensmitteln keine Öffentlichkeitsarbeit der Regierung, sondern schlichte Verwaltungstätigkeit sei.

Der Eingriff in die Berufsfreiheit verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Herausgabe der Liste und insbesondere die namentliche Nennung einzelner Abfüller in ihr seien zur Zielerreichung nicht erforderlich gewesen.

b) Die Herausgabe der Liste habe zusätzlich in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus Art. 14 Abs. 1 GG eingegriffen. Art. 14 GG schütze nicht nur das Sacheigentum, sondern auch den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als solchen. Dazu zählten unter anderem der Ruf des Unternehmens und der Kundenstamm. Warnungen und staatliche Informationen beeinträchtigten nicht nur Chancen und Gewinnmöglichkeiten, sondern griffen in das Eigentum selbst ein. Auch für diesen Eingriff habe eine gesetzliche Ermächtigung ebenso wie eine Bundeskompetenz gefehlt. Die Herausgabe der Liste DEG-haltiger Weine verstoße auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da staatlicherseits keine vergleichbaren Maßnahmen getroffen worden seien, als vor einiger Zeit Monobromessigsäure in Weinen festgestellt worden sei.

c) Die angegriffenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts verletzten außerdem den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Sie habe im Rahmen des Berufungsverfahrens den Antrag gestellt, Beweis darüber zu erheben, dass von den in der Liste genannten Weinen keine Gesundheitsgefährdung ausgehe. Die unter Beweis gestellten Behauptungen seien vom Gericht als wahr unterstellt worden. Entgegen dieser Wahrunterstellung habe das Bundesverwaltungsgericht sein klageabweisendes Urteil maßgeblich mit der von den Weinen ausgehenden Gesundheitsgefährdung begründet. Das Berufungsurteil habe außerdem weite Passagen seiner Ausführungen auf Stellungnahmen und Erkenntnisse gestützt, die nie in das Verfahren eingeführt worden seien.

III.Verfahren 1 BvR 1428/91

Die Beschwerdeführerin zu 2 wird ebenfalls als Abfüllerin mit mehreren Weinen in der Liste genannt. Sie begehrte vor den Verwaltungsgerichten, die Nennung ihrer Produkte in der Liste zu unterlassen, hilfsweise festzustellen, dass die Veröffentlichung der Liste rechtswidrig gewesen sei. Auch ihre Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Die Begründungen der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen entsprechen im Wesentlichen den Ausführungen der im Verfahren 1 BvR 558/91 ergangenen Urteile.

Mit ihrer gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend: Die Veröffentlichung der Liste DEG-haltiger Weine greife in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ein. Die Nennung ihres Namens habe sich nachhaltig und nachteilig auf ihre Wettbewerbsposition ausgewirkt. Diese Beeinträchtigung habe sich nicht nur auf die in der Liste genannten Weine bezogen, sondern den Absatz des gesamten Warenspektrums erfasst, weil sie mit ihrem Unternehmen insgesamt in Misskredit gebracht worden sei. Sie habe auf diese Weise erhebliche Umsatzeinbußen erlitten. Die Warnungen vor DEG-haltigem Wein seien auf das Ziel gerichtet gewesen, den Verkehr dieses Weins zu unterbinden und dessen Absatz zu verhindern. Der Weg der Warnung sei mindestens genau so wirksam gewesen, wie es ein unmittelbares Verkaufsverbot gewesen wäre, das der Beklagten jedoch nicht zur Verfügung gestanden habe. Auch soweit die Beschwerdeführerin als Unternehmen insgesamt in Misskredit gebracht worden sei, habe eine schwerwiegende Beeinträchtigung vorgelegen, die als voraussehbare und in Kauf genommene Nebenfolge der Veröffentlichung gewollt gewesen sei.

Der Eingriff sei rechtswidrig. Die Gefahrenabwehr im Geltungsbereich des Weingesetzes falle in die Verbandskompetenz der Länder. Eine allgemeine Warnungskompetenz aus dem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt der Öffentlichkeitsarbeit der Regierung komme im vorliegenden Fall nicht in Betracht, weil die Warnung vor bestimmten Produkten als Ausdruck spezifischer Verwaltungsfunktionen, nicht aber als Ausdruck einer spezifischen Regierungsfunktion anzusehen sei.

Der Eingriff sei auch deswegen rechtswidrig, weil er sich nicht auf eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage stützen könne. Auch sei für die Warnung kein rechtfertigender Grund gegeben gewesen. Ihr Wein sei weder gesundheitsgefährlich noch gesundheitlich bedenklich gewesen. Jedenfalls sei die namentliche Bezeichnung der Beschwerdeführerin in der Liste unverhältnismäßig gewesen. Das Argument der Ermöglichung einer Groborientierung der Käufer bedeute letztlich, der Bequemlichkeit des Verbrauchers einseitig den Vorzug zu geben und schutzwürdige Positionen des Herstellers völlig außer Acht zu lassen. Tief greifende und vorhersehbare Umsatzeinbußen verbunden mit einer Existenzbedrohung des Abfüllers seien ein zu hoher Preis für die 'schnelle Groborientierung' des Verbrauchers.

Die Veröffentlichung der Liste DEG-haltiger Weine greife des Weiteren in die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG ein. Bei produktbezogenen Warnungen, die zu Absatzverlusten führten, werde man grundsätzlich einen Eingriff in den Gewerbebetrieb annehmen müssen. Zur Unternehmerfreiheit gehöre die Freiheit, die produzierte Ware abzusetzen und zu vertreiben. Wenn der Staat den Vertrieb von Waren behindere, sei grundsätzlich das Funktionieren des Gewerbebetriebes berührt.

IV.

Zu den Verfassungsbeschwerden hat die Bundesregierung Stellung genommen. Sie hält die Herausgabe und Veröffentlichung der Liste DEG-haltiger Weine für verfassungsmäßig.

Art. 12 Abs. 1 GG schütze, wie sich aus seinem Wortlaut ergebe, nur das Verhalten der Unternehmen im Wettbewerb. Das Verhalten der Beschwerdeführerinnen im Wettbewerb sei von der Veröffentlichung nicht beeinträchtigt worden, weil es ihnen auch nach der Veröffentlichung freigestanden habe, ihr Warensortiment anzubieten. Beeinträchtigt sei ausschließlich die Wettbewerbsposition. Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG erfasse bloße Stellungen im Marktgeschehen, die Erhaltung des Geschäftsumfanges und die Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten jedoch gerade nicht. Es entspreche auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, öffentliche Warnungen durch staatliche Verbreitung von Tatsachen aus dem Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG auszuschließen. Danach habe sich ein Unternehmer einer der Wahrheit entsprechenden Kritik seiner Leistungen grundsätzlich zu stellen. Selbst wenn man einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG annehmen wollte, sei dieser durch eine Ermächtigung der Bundesregierung zur Öffentlichkeitsarbeit gedeckt. Die Veröffentlichung sei auch verhältnismäßig gewesen. Die Liste habe die Identifizierung der betroffenen Weine zur effektiven Gefahrenbeseitigung zuverlässig ermöglichen müssen. Dafür sei die Namensnennung unerlässlich gewesen.

B.

Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig. Unzulässig ist allerdings die Rüge der Beschwerdeführerin zu 1, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden.

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, dass ihr Vortrag zur fehlenden Gesundheitsgefährdung ihrer Weine im gerichtlichen Verfahren übergangen worden sei, fehlt es an einer substantiierten Begründung, dass die angegriffenen Entscheidungen hierauf beruhen. Das Oberverwaltungsgericht hat im Berufungsurteil zur Frage der Gesundheitsgefährdung ausgeführt, dass es für die Rechtmäßigkeit allein auf die Gefährdungslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Liste und nicht auf die nachträgliche Beweisbarkeit fehlender Gesundheitsgefährdung ankomme. Auch das Bundesverwaltungsgericht ist in der angegriffenen Entscheidung nicht davon ausgegangen, dass die in der Liste genannten Weine nachweislich gesundheitsgefährdend seien. Es hat vielmehr ausdrücklich festgestellt, dass es auf die Behauptung, von den Weinen gehe keine Gesundheitsgefahr aus, nicht entscheidungserheblich ankomme. Allein maßgeblich sei, ob bei Herausgabe der Liste nach den seinerzeit gegebenen Erkenntnissen mit dem Genuss DEG-belasteten Weines die Möglichkeit einer Gesundheitsgefährdung verbunden gewesen sei. Mit diesen Ausführungen hat sich die Beschwerdeführerin nicht hinreichend auseinander gesetzt.

Der Einwand, das Berufungsurteil stütze weite Passagen seiner Ausführungen auf Stellungnahmen und Erkenntnisse, die nie in das Verfahren eingeführt worden seien, kann mit der Verfassungsbeschwerde nicht zulässigerweise erhoben werden. Ihm steht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen, da er bereits im Revisionsverfahren hätte geltend gemacht werden müssen.

C.

Die Verfassungsbeschwerden sind unbegründet. Die Veröffentlichung der Liste DEG-haltiger Weine und die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerinnen nicht in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Art. 14 Abs. 1 Satz 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG.

I.

Die Beschwerdeführerinnen sind in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht beeinträchtigt.

1. Die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG gewährt allen Deutschen das Recht, den Beruf frei zu wählen und frei auszuüben. 'Beruf' ist jede Tätigkeit, die auf Dauer berechnet ist und der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage dient (vgl. BVerfGE 7, 377 <397 ff.>; 54, 301 <313>; 68, 272 <281>; 97, 228 <252 f.>). Das Grundrecht ist nach Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische Personen anwendbar, soweit sie eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausüben, die ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise einer juristischen wie einer natürlichen Person offen steht (vgl. BVerfGE 50, 290 <363>; stRspr). Das trifft auf die Beschwerdeführerinnen zu.

2. In der bestehenden Wirtschaftsordnung betrifft das Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG insbesondere das berufsbezogene Verhalten einzelner Personen oder Unternehmen (vgl. BVerfGE 32, 311 <317>). Das Grundrecht schützt aber nicht vor der Verbreitung zutreffender und sachlich gehaltener Informationen am Markt, die für das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer von Bedeutung sein können, selbst wenn die Inhalte sich auf einzelne Wettbewerbspositionen nachteilig auswirken. Die Bundesregierung hat jedoch die rechtlichen Vorgaben für Informationshandeln zu wahren.

a) Erfolgt die unternehmerische Berufstätigkeit am Markt nach den Grundsätzen des Wettbewerbs, wird die Reichweite des Freiheitsschutzes auch durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen. Art. 12 Abs. 1 GG sichert in diesem Rahmen die Teilhabe am Wettbewerb nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen. Die grundrechtliche Gewährleistung umfasst dementsprechend nicht einen Schutz vor Einflüssen auf die wettbewerbsbestimmenden Faktoren. Insbesondere umfasst das Grundrecht keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb und auf Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfGE 24, 236 <251>; 34, 252 <256>). Vielmehr unterliegen die Wettbewerbsposition und damit auch der Umsatz und die Erträge dem Risiko laufender Veränderung je nach den Marktverhältnissen.

b) Ein am Markt tätiges Unternehmen setzt sich der Kommunikation und damit auch der Kritik der Qualität seiner Produkte oder seines Verhaltens aus. Gegen belastende Informationen kann sich das betroffene Unternehmen seinerseits marktgerecht durch Informationen wehren, so durch eigene Werbung und Betonung der Qualität seines Produkts. In den Schutz der Berufsausübungsfreiheit ist nämlich die auf die Förderung des beruflichen Erfolgs eines Unternehmens gerichtete Außendarstellung einschließlich der Werbung für das Unternehmen oder für dessen Produkte eingeschlossen (vgl. BVerfGE 85, 97 <104>; 85, 248 <256>; 94, 372 <389>).

Die Grundrechtsnorm verbürgt jedoch kein ausschließliches Recht auf eigene Außendarstellung und damit auf eine uneingeschränkte unternehmerische Selbstdarstellung am Markt. Zwar darf ein Unternehmen selbst darüber entscheiden, wie es sich und seine Produkte im Wettbewerb präsentieren möchte. Art. 12 Abs. 1 GG vermittelt aber nicht ein Recht des Unternehmens, nur so von anderen dargestellt zu werden, wie es gesehen werden möchte oder wie es sich und seine Produkte selber sieht. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen kann ein solches Recht auch nicht in Parallele zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht begründet werden, zumal auch dieses einen solchen Anspruch nicht umfasst (vgl. BVerfGE 97, 125 <149>; 97, 391 <403>; 99, 185 <194>; 101, 361 <380>).

c) Grundlage der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs ist ein möglichst hohes Maß an Informationen der Marktteilnehmer über marktrelevante Faktoren. Erst die Informiertheit der Marktteilnehmer ermöglicht eine an den eigenen Interessen orientierte Entscheidung über die Bedingungen der Marktteilhabe, insbesondere über das Angebot von oder die Nachfrage nach Gütern und Leistungen. Die Verfügbarkeit entsprechender Informationen dient mittelbar auch der Qualität und Vielfalt der am Markt angebotenen Produkte. Fehlen beispielsweise den Verbrauchern entscheidungserhebliche Informationen, können sie nicht hinreichend beurteilen, ob das Angebot für sie bedarfsgerecht ist. Ein informiertes Handeln der Verbraucher wirkt auch auf die Leistungserbringer zurück, die sich infolgedessen auf den Bedarf der Konsumenten einstellen können. Defizite in der Verfügbarkeit entscheidungserheblicher Informationsinhalte bedrohen demnach die Selbststeuerungskraft des Marktes.

Allerdings garantiert der Markt als Einrichtung nicht, dass stets ein bestimmter oder gar ein hoher Informationsstand besteht. Die am Markt verfügbaren Informationen sind häufig nicht vollständig. Informationen werden vielfach in selektiver Weise verbreitet. Auch haben nicht alle am Markt verfügbaren Informationen gleich gute Voraussetzungen, um von ihren Adressaten aufgenommen und folgenreich verarbeitet zu werden. Es fördert die Funktionsweise des Marktes, wenn in solchen Situationen durch zusätzliche, gegebenenfalls auch staatliche Informationen Gegengewichte gesetzt werden oder wenn die überlegene Informationsmacht einzelner Marktteilnehmer ausgeglichen wird.

d) Die Rechtsordnung zielt auf die Ermöglichung eines hohen Maßes an markterheblichen Informationen und damit auf Markttransparenz. Dem dienen etwa die rechtlichen Vorkehrungen zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, die Festlegung von Werberegeln und Maßnahmen des Verbraucherschutzes, der vor allem durch Bereitstellung von Informationen bewirkt wird. Insbesondere schützt § 1 UWG die Funktionsfähigkeit des Leistungswettbewerbs vor Informationen, deren Verbreitung im geschäftlichen Verkehr gegen die guten Sitten verstößt, weil die Marktteilnehmer getäuscht werden. Dies bewertet die Rechtsordnung als wettbewerbsschädigend (vgl. namentlich §§ 2 ff. UWG). Dementsprechend wird der als Verbot vor Irreführungen verstandene Wahrheitsgrundsatz als beherrschende Leitlinie des Wettbewerbsrechts angesehen (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., 2001, Rn. 5 zu § 1 UWG). Die Rechtsprechung hat die Anforderungen an den Schutz vor Irreführungen und damit an die Richtigkeit von Äußerungen im Rahmen des UWG im Hinblick auf die Anforderungen an das Wettbewerbsverhalten im geschäftlichen Verkehr näher konkretisiert (vgl. BGH, NJW 1987, S. 2930 <2931>; BGHZ 139, 368 <376>). Das Ziel der Sicherung von Markttransparenz wird aber auch herausgestellt, soweit Informationen nicht durch Wettbewerber verbreitet werden (vgl. BGHZ 65, 325 <332 ff.>). Es prägt ebenfalls die Rahmenbedingungen wettbewerbsbezogenen Verhaltens des Staates, wenn dieser wettbewerbserhebliche Informationen verbreitet, ohne selbst Wettbewerber zu sein.

e) Marktbezogene Informationen des Staates beeinträchtigen den grundrechtlichen Gewährleistungsbereich der betroffenen Wettbewerber nicht, sofern der Einfluss auf wettbewerbserhebliche Faktoren ohne Verzerrung der Marktverhältnisse nach Maßgabe der rechtlichen Vorgaben für staatliches Informationshandeln erfolgt. Verfassungsrechtlich von Bedeutung sind das Vorliegen einer staatlichen Aufgabe und die Einhaltung der Zuständigkeitsordnung (aa) sowie die Beachtung der Anforderungen an die Richtigkeit und Sachlichkeit von Informationen (bb).

aa) Die Verbreitung staatlicher Informationen setzt eine Aufgabe der handelnden Stelle (1) und die Einhaltung der Zuständigkeitsgrenzen (2) voraus.

(1) Können Aufgaben der Regierung oder der Verwaltung mittels öffentlicher Informationen wahrgenommen werden, liegt in der Aufgabenzuweisung grundsätzlich auch eine Ermächtigung zum Informationshandeln.

Dies ist bei der Staatsleitung der Regierung der Fall. Diese Aufgabe zielt auf die in einer Demokratie wichtige Gewinnung politischer Legitimation und umfasst die Mitwirkung an der Erfüllung konkreter öffentlicher Aufgaben außerhalb der Tätigkeit der Administration. Staatsleitung wird nicht allein mit den Mitteln der Gesetzgebung und der richtungsweisenden Einwirkung auf den Gesetzesvollzug wahrgenommen, sondern auch durch die Verbreitung von Informationen an die Öffentlichkeit (vgl. Beschluss des Ersten Senats vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - Osho).

Die staatliche Teilhabe an öffentlicher Kommunikation hat sich im Laufe der Zeit grundlegend gewandelt und verändert sich unter den gegenwärtigen Bedingungen fortlaufend weiter. Die gewachsene Rolle der Massenmedien, der Ausbau moderner Informations- und Kommunikationstechniken sowie die Entwicklung neuer Informationsdienste wirken sich auch auf die Art der Aufgabenerfüllung durch die Regierung aus. Regierungsamtliche Öffentlichkeitsarbeit war herkömmlich insbesondere auf die Darstellung von Maßnahmen und Vorhaben der Regierung, die Darlegung und Erläuterung ihrer Vorstellungen über künftig zu bewältigende Aufgaben und die Werbung um Unterstützung bezogen (vgl. BVerfGE 20, 56 <100>; 44, 125 <147>; 63, 230 <242 f.>). Informationshandeln unter heutigen Bedingungen geht über eine solche Öffentlichkeitsarbeit vielfach hinaus (vgl. auch VerfGH NW, NWVBl 1992, S. 14 <15 f.>). So gehört es in einer Demokratie zur Aufgabe der Regierung, die Öffentlichkeit über wichtige Vorgänge auch außerhalb oder weit im Vorfeld ihrer eigenen gestaltenden politischen Tätigkeit zu unterrichten. In einer auf ein hohes Maß an Selbstverantwortung der Bürger bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme ausgerichteten politischen Ordnung ist von der Regierungsaufgabe auch die Verbreitung von Informationen erfasst, welche die Bürger zur eigenverantwortlichen Mitwirkung an der Problembewältigung befähigen. Dementsprechend erwarten die Bürger für ihre persönliche Meinungsbildung und Orientierung von der Regierung Informationen, wenn diese andernfalls nicht verfügbar wären. Dies kann insbesondere Bereiche betreffen, in denen die Informationsversorgung der Bevölkerung auf interessengeleiteten, mit dem Risiko der Einseitigkeit verbundenen Informationen beruht und die gesellschaftlichen Kräfte nicht ausreichen, um ein hinreichendes Informationsgleichgewicht herzustellen.

Von der Staatsleitung in diesem Sinne wird nicht nur die Aufgabe erfasst, durch rechtzeitige öffentliche Information die Bewältigung von Konflikten in Staat und Gesellschaft zu erleichtern, sondern auch, auf diese Weise neuen, oft kurzfristig auftretenden Herausforderungen entgegenzutreten, auf Krisen schnell und sachgerecht zu reagieren sowie den Bürgern zu Orientierungen zu verhelfen. Aktuelle Krisen im Agrar- und Lebensmittelbereich haben beispielhaft gezeigt, wie wichtig öffentlich zugängliche, mit der Autorität der Regierung versehene Informationen sind, um solche spannungsgeladenen Situationen angemessen meistern zu können. Würde die Regierung sich in solchen Lagen der Aufgabe entziehen, den Bürgern durch Aufklärung, Beratung und Verhaltensempfehlungen Orientierung zu geben, und sich stattdessen auf Gesetzesinitiativen beschränken oder auf administrative Maßnahmen anderer Staatsorgane warten, würde ein wichtiges Element schneller, wirkungsvoller und auf möglichst geringe Beeinträchtigungen Dritter gerichteter Krisenbewältigung fehlen. Das Schweigen der Regierung würde von vielen Bürgern im Übrigen als Versagen bewertet werden. Dies kann zu Legitimationsverlusten führen.

(2) Auch beim Informationshandeln ist die Kompetenzordnung zu beachten. Auf der Ebene des Bundes ergibt sich die Zuständigkeit im Verhältnis zwischen Bundeskanzler, Bundesministern und der Bundesregierung als Kollegium aus Art. 65 GG. Darüber hinaus ist die föderale Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern zu wahren (vgl. BVerfGE 44, 125 <149>). Dabei hängt die Entscheidung über die Verbandskompetenz davon ab, ob die jeweils zu erfüllende Informationsaufgabe dem Bund oder den Ländern zukommt oder ob parallele Kompetenzen bestehen.

Die Aufgabe der Staatsleitung und der von ihr als integralem Bestandteil umfassten Informationsarbeit der Bundesregierung ist Ausdruck ihrer gesamtstaatlichen Verantwortung. Für die Regierungskompetenz zur Staatsleitung gibt es, anders als für die Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeiten, keine ausdrücklichen Bestimmungen im Grundgesetz. Das Grundgesetz geht aber stillschweigend von entsprechenden Kompetenzen aus, so etwa in den Normen über die Bildung und Aufgaben der Bundesregierung (Art. 62 ff. GG) oder über die Pflicht der Bundesregierung, den Bundestag und seine Ausschüsse zu unterrichten; Gleiches gilt für die Verpflichtung der Regierung und ihrer Mitglieder, dem Bundestag auf Fragen Rede und Antwort zu stehen und seinen Abgeordneten die zur Ausübung ihres Mandats erforderlichen Informationen zu verschaffen (vgl. zu Letzterem BVerfGE 13, 123 <125 f.>; 57, 1 <5>; 67, 100 <129>). Die Bundesregierung ist überall dort zur Informationsarbeit berechtigt, wo ihr eine gesamtstaatliche Verantwortung der Staatsleitung zukommt, die mit Hilfe von Informationen erfüllt werden kann. Anhaltspunkte für eine solche Verantwortung lassen sich etwa aus sonstigen Kompetenzvorschriften, beispielsweise denen über die Gesetzgebung, gewinnen, und zwar auch unabhängig von konkreten Gesetzesinitiativen. Der Bund ist zur Staatsleitung insbesondere berechtigt, wenn Vorgänge wegen ihres Auslandsbezugs oder ihrer länderübergreifenden Bedeutung überregionalen Charakter haben und eine bundesweite Informationsarbeit der Regierung die Effektivität der Problembewältigung fördert. In solchen Fällen kann die Bundesregierung den betreffenden Vorgang aufgreifen, gegenüber Parlament und Öffentlichkeit darstellen und bewerten und, soweit sie dies zur Problembewältigung für erforderlich hält, auch Empfehlungen oder Warnungen aussprechen.

Mit dieser Ermächtigung der Bundesregierung zum Informationshandeln trifft das Grundgesetz zugleich im Verhältnis zu den Ländern eine andere Regelung im Sinne des Art. 30 GG. Maßgebend für die Kompetenz der Bundesregierung im Bereich des Informationshandelns sind nicht die Art. 83 ff. GG. Die Regierungstätigkeit ist nicht Verwaltung im Verständnis dieser Normen. Zur Ausführung von Gesetzen durch administrative Maßnahmen ist die Bundesregierung im Zuge ihrer Staatsleitung nicht befugt. Insoweit wird das Informationshandeln der Bundesregierung nicht von Regelungen berührt, die wie § 8 des Produktsicherheitsgesetzes vom 22. April 1997 (BGBl I S. 934), § 69 Abs. 4 des Arzneimittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1998 (BGBl I S. 3586) oder § 6 des Gerätesicherheitsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Mai 2001 (BGBl I S. 866) Verwaltungsbehörden im Rahmen des Gesetzesvollzugs zur Unterrichtung und Warnung der Öffentlichkeit ermächtigen.

Die Informationskompetenz der Bundesregierung endet nicht schon dort, wo zur Bewältigung der Krise zusätzlich ein Handeln von Staatsorganen mit anderer Verbandskompetenz in Betracht kommt, etwa das der Landesregierungen im Zuge der Wahrnehmung ihrer eigenen staatsleitenden Aufgabe oder das der Verwaltung im Rahmen polizeilicher Gefahrenabwehr. Die Zielerreichung könnte verfehlt werden, wenn die Informationstätigkeit der Bundesregierung sich auf alles andere zur Krisenbewältigung Wichtige beziehen, nicht aber einen Hinweis auf die Gefährlichkeit bestimmter Umstände enthalten dürfte. Die Vollständigkeit einer Information ist ein wichtiges Element der Glaubwürdigkeit. Die problemangemessene und gegebenenfalls Kompetenzen anderer Staatsorgane übergreifende Unterrichtung durch die Bundesregierung ist unter dem Aspekt der föderalen Kompetenzaufteilung unbedenklich, da dieses Informationshandeln weder das der Landesregierungen für ihren Verantwortungsbereich ausschließt oder behindert noch den Verwaltungsbehörden verwehrt, ihre administrativen Aufgaben zu erfüllen.

bb) Art. 12 Abs. 1 GG schützt nicht vor der Verbreitung von inhaltlich zutreffenden und unter Beachtung des Gebots der Sachlichkeit sowie mit angemessener Zurückhaltung formulierten Informationen durch einen Träger von Staatsgewalt.

Die inhaltliche Richtigkeit einer Information ist grundsätzlich Voraussetzung dafür, dass sie die Transparenz am Markt und damit dessen Funktionsfähigkeit fördert. Der Träger der Staatsgewalt kann allerdings zur Verbreitung von Informationen unter besonderen Voraussetzungen auch dann berechtigt sein, wenn ihre Richtigkeit noch nicht abschließend geklärt ist. In solchen Fällen hängt die Rechtmäßigkeit der staatlichen Informationstätigkeit davon ab, ob der Sachverhalt vor seiner Verbreitung im Rahmen des Möglichen sorgsam und unter Nutzung verfügbarer Informationsquellen, gegebenenfalls auch unter Anhörung Betroffener, sowie in dem Bemühen um die nach den Umständen erreichbare Verlässlichkeit aufgeklärt worden ist. Verbleiben dennoch Unsicherheiten in tatsächlicher Hinsicht, ist der Staat an der Verbreitung der Informationen gleichwohl jedenfalls dann nicht gehindert, wenn es im öffentlichen Interesse liegt, dass die Marktteilnehmer über einen für ihr Verhalten wichtigen Umstand, etwa ein Verbraucherrisiko, aufgeklärt werden. In solchen Fällen wird es angezeigt sein, die Marktteilnehmer auf verbleibende Unsicherheiten über die Richtigkeit der Information hinzuweisen, um sie in die Lage zu versetzen, selbst zu entscheiden, wie sie mit der Ungewissheit umgehen wollen.

Informationen unterliegen wie jedes Staatshandeln dem Sachlichkeitsgebot (vgl. BVerfGE 57, 1 <8>). Bei marktbezogenen Informationen richten sich die Anforderungen auch nach den Funktionserfordernissen des Wettbewerbs. Wertungen dürfen nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen. Die Information darf auch bei zutreffendem Inhalt in der Form weder unsachlich noch herabsetzend formuliert sein. Im Übrigen ist die Verbreitung von Informationen unter Berücksichtigung möglicher nachteiliger Wirkungen für betroffene Wettbewerber auf das zur Informationsgewährung Erforderliche zu beschränken.

cc) Der Gewährleistungsbereich des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG wird durch die staatliche Tätigkeit allerdings dann beeinträchtigt, wenn sie sich nicht darauf beschränkt, den Marktteilnehmern marktrelevante Informationen bereitzustellen, auf deren Grundlage diese eigenbestimmte, an ihren Interessen ausgerichtete Entscheidungen über ihr Marktverhalten treffen können. Insbesondere kann die staatliche Informationstätigkeit eine Beeinträchtigung im Gewährleistungsbereich des Grundrechts sein, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen Ersatz für eine staatliche Maßnahme ist, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre. Durch Wahl eines solchen funktionalen Äquivalents eines Eingriffs können die besonderen Bindungen der Rechtsordnung nicht umgangen werden; vielmehr müssen die für Grundrechtseingriffe maßgebenden rechtlichen Anforderungen erfüllt sein.

Ebenfalls wird der Gewährleistungsbereich beeinträchtigt, wenn eine Information sich im Nachhinein als unrichtig erweist und dennoch weiterverbreitet oder nicht korrigiert wird, obwohl sie für Marktverhalten weiter von Belang ist. Mit der Feststellung der Beeinträchtigung des Schutzbereichs steht in solchen Fällen auch die Rechtswidrigkeit fest, da eine Rechtfertigung der Weiterverbreitung der als unrichtig erkannten Information ausgeschlossen ist.

3. Nach diesen Maßstäben ist die angegriffene Veröffentlichung der Liste DEG-haltiger Weine nicht zu beanstanden. Die Herausgabe der Liste mit unstreitig zutreffenden Angaben über DEG-haltigen Wein beeinträchtigte den Gewährleistungsbereich des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerinnen auch insoweit nicht, als sich dies auf die Chancen zum Verkauf nicht DEG-haltigen Weins ausgewirkt haben sollte. Eingriffsqualität kommt der Listenveröffentlichung nicht zu. Die Regierung hat die rechtlichen Grenzen des Informationshandelns gewahrt.

a) Die Veröffentlichung der Liste fiel als Maßnahme der Staatsleitung in den Aufgabenbereich der Bundesregierung. Sie war nach Zielsetzung, Inhalt und Wirkung als aliud zu einem Verwaltungshandeln konzipiert.

aa) Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit nahm eine Aufgabe der Staatsleitung der Bundesregierung wahr. Sein Handeln zielte im Rahmen der Regierungsverantwortung auf die Bewältigung einer die Öffentlichkeit beunruhigenden und den überregionalen Weinmarkt gefährdenden Krise durch Bereitstellung von Informationen.

Die Veröffentlichung enthielt markterhebliche Informationen über die Verletzung von Qualitätsanforderungen bei Wein bestimmter Lagen und Abfüller. Die Information schuf Transparenz und setzte die Anbieter und Nachfrager auf dem Weinmarkt in die Lage, ihre Marktentscheidungen unter Nutzung von Erkenntnissen zu treffen, die für sie wichtig, ihnen aber sonst nicht zugänglich waren. Inhalt und Aufmachung der Veröffentlichung zeigten, dass sie darüber hinaus einer Vielzahl weiterer Zwecke diente. Die Bundesregierung wollte einer öffentlichen Erwartung an wirksame Maßnahmen zur Krisenbewältigung nachkommen und den weitgehend zusammengebrochenen überregionalen Weinmarkt stabilisieren. In diesem Rahmen wollte sie Anbieter und Nachfrager durch Informationen befähigen, mit der unerwünschten, möglicherweise sogar gefährlichen, Situation in informierter und damit eigenbestimmter Weise umzugehen. Die Weinhändler sollten ihre Angebote, die privaten Konsumenten ihr Kaufverhalten an der gegebenen Information orientieren können. Die Liste eröffnete den Weinhändlern insbesondere die Möglichkeit, betroffene Weine gegebenenfalls aus dem eigenen Weinangebot auszusortieren, aber auch durch Werbung die begrenzte Beteiligung der deutschen Weinwirtschaft und die begrenzte Betroffenheit deutscher Weine deutlich zu machen. Die Verbreitung der Information zielte darauf, das Vertrauen der Marktbeteiligten in andere Weine wiederherzustellen. Der Inhalt der Liste lief hinsichtlich des DEG-haltigen Weins auf eine Warnung der Verbraucher hinaus, hinsichtlich anderer Weine auf Entwarnung. Die Erreichung entsprechender Wirkungen blieb aber den Marktteilnehmern überlassen; die Regierung beschränkte sich auf die Übermittlung der Untersuchungsbefunde.

Die Liste war ein Informationsbeitrag im Rahmen einer Verunsicherung der Bevölkerung, für deren Bewältigung auch der Bundesregierung politische Verantwortung zugeschrieben wurde. Die Veröffentlichung zielte auf Krisenbewältigung in komplexer Weise, insbesondere auf die Wiederherstellung des Vertrauens am überregionalen Weinmarkt. Ihr ging es - anders als bei administrativen Maßnahmen des Rechtsgüterschutzes durch Gefahrenbekämpfung - nicht um die Behandlung konkreter Einzelfälle und die Beseitigung daraus resultierender Nachteile für einzelne Personen oder Personengruppen. Die Liste sollte insbesondere nicht bewirken, dass die zuständigen Verwaltungsbehörden auf sonstige Maßnahmen der Gefahrenabwehr - etwa das Verbot des Inverkehrbringens DEG-haltiger Weine und dessen Durchsetzung - verzichteten. Gefahrenabwehrmaßnahmen der Länder blieben ebenso möglich wie gegebenenfalls ein eigenes Informationshandeln der Landesregierungen.

bb) Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit handelte gemäß Art. 65 Satz 2 GG in seinem Geschäftsbereich. Die Verbandskompetenz des Bundes zum Regierungshandeln war gegeben. Der 'Glykolskandal' hatte - wie auch die Gerichte festgestellt haben - in der gesamten Öffentlichkeit Aufmerksamkeit gefunden und forderte überregionale Reaktionen. Die Vorkommnisse führten sogar über das Bundesgebiet hinaus nach Österreich, wo zuerst Beimengungen von DEG festgestellt worden waren. Zunächst mussten dort auf diplomatischem Wege Informationen eingeholt werden und Fragen der Kontrolle durch den Zoll beim Weinimport bearbeitet werden. In der unklaren Situation über die Auswirkungen von DEG in Wein war es sachgerecht, das Bundesgesundheitsamt einzuschalten. Eine den Bund einbeziehende, länderübergreifende Koordination war ebenfalls zur Bewältigung der krisenhaften Situation sachgerecht. Auch wurde von der Bundesregierung eine Reaktion erwartet. Dies wurde bestätigt durch zahlreiche Anfragen im Bundestag nach den Aktivitäten der Regierung zu dieser Frage. Darüber hinaus forderten die Medien Aufklärung und Maßnahmen der Bundesregierung. Auf das so geprägte überregionale öffentliche Informationsinteresse reagierte diese. Die Bundesregierung durfte davon ausgehen, dass der Informationsbedarf durch ein Handeln nur der Regierungen der Länder nicht mit gleichem Erfolg hätte befriedigt werden können. Daher sprach auch der Gesichtspunkt der Effektivität der Bewältigung der verschiedenen Aspekte des Problems für die Notwendigkeit eines Handelns des Bundes.

b) Die Veröffentlichung der Liste verstieß nicht gegen das Gebot der Richtigkeit und Sachlichkeit.

Die in der Liste enthaltenen Angaben waren unstreitig zutreffend. Die Einzelheiten der Liste beschränkten sich auf die für das Marktverhalten wichtige Mitteilung von gesetzlich nicht zugelassenen DEG-Gehalten in den untersuchten Weinen. Unter der Überschrift 'Wichtige Hinweise' wurde deutlich darauf aufmerksam gemacht, dass Wein gleicher Bezeichnung und Aufmachung desselben Abfüllers im Verkehr sein konnte, der nicht mit DEG versetzt ist. Es wurde weiter ausgeführt, dass aus der Angabe einer Lagebezeichnung nicht geschlossen werden dürfte, dass alle Weine dieser Lage DEG enthalten könnten, sondern dass dies nur im Zusammenhang mit dem Namen des Abfüllers und der angegebenen Amtlichen Prüfungsnummer gefolgert werden könnte.

Die Liste war auch nicht deshalb unrichtig, weil die Frage der Verkehrsfähigkeit und der gesundheitlichen Bedenklichkeit bei Weinen mit niedrigem DEG-Gehalt nicht geklärt war. Ein Informationsbedarf der in weiten Teilen beunruhigten Öffentlichkeit war gegeben. Die Regierung teilte den ihr zugänglichen Wissensstand über DEG-haltige Weine mit. Die Richtigkeit dieser Information hing nicht davon ab, ob eine Gefahr im ordnungsrechtlichen Sinne vorlag. Auch bestanden hinsichtlich der aus staatlichen Untersuchungen der genannten Weine gewonnenen Erkenntnisse keine Geheimhaltungspflichten. Im Übrigen wurden Richtigkeit und Sachlichkeit der Information nicht dadurch in Frage gestellt, dass aus Kapazitätsgründen nicht alle Weine untersucht werden konnten.

4. Da die Beschwerdeführerinnen in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG durch die Veröffentlichung der Liste DEG-haltiger Weine nicht beeinträchtigt sind, verstoßen auch die angegriffenen Gerichtsentscheidungen jedenfalls im Ergebnis nicht gegen dieses Grundrecht. Es ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass die Gerichte davon ausgegangen sind, ohne namentliche Nennung der Abfüller wären die schnelle Groborientierung für die Verbraucher nicht möglich und damit die Tauglichkeit der Informationen zur eigenbestimmten Problembewältigung nur begrenzt gegeben gewesen.

II.

Auch die übrigen Grundrechtsrügen bleiben ohne Erfolg.

1. Art. 14 Abs. 1 GG ist schon deshalb nicht verletzt, weil der Schutzbereich der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie durch die Veröffentlichung der Liste nicht berührt ist.

Die Eigentumsgarantie soll dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich sichern und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens ermöglichen. Sie schützt den konkreten Bestand an vermögenswerten Gütern vor ungerechtfertigten Eingriffen durch die öffentliche Gewalt. Eine allgemeine Wertgarantie vermögenswerter Rechtspositionen folgt aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 5. Februar 2002 - 2 BvR 305/93 und 2 BvR 348/93 -, Umdruck S. 19). Art. 14 Abs. 1 GG erfasst nur Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen, nicht aber in der Zukunft liegende Chancen und Verdienstmöglichkeiten (vgl. BVerfGE 68, 193 <222> m.w.N.).

Hieraus folgt, dass die von den Beschwerdeführerinnen vorgetragenen Beeinträchtigungen ihrer Absatzmöglichkeiten infolge der Listenveröffentlichung kein Schutzgut des Art. 14 Abs. 1 GG betreffen. Das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum ist zwar durch die dem Eigentümer zustehende grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet. Hierunter fällt grundsätzlich auch das Recht des Eigentümers, sein Eigentum zu veräußern. In dem Recht, ihren Wein auf dem Markt anzubieten, sind die Beschwerdeführerinnen durch die Veröffentlichung der Liste jedoch nicht eingeschränkt worden. Beeinträchtigt war nach ihrem Vortrag die tatsächliche Möglichkeit, die Produkte weiterhin zu verkaufen und damit die im Angebot liegende Chance eines gewinnbringenden Absatzes zu realisieren. Während die rechtliche Befugnis, Sachen zum Verkauf anzubieten, zum erworbenen und über Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Bestand zu rechnen ist, gehört die tatsächliche Absatzmöglichkeit nicht zu dem bereits Erworbenen, sondern zur Erwerbstätigkeit.

Auch aus dem Gesichtspunkt des Schutzes des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs ergibt sich keine andere Bewertung. Das Bundesverfassungsgericht hat bisher offen gelassen, ob und inwieweit der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb als tatsächliche Zusammenfassung der zum Vermögen eines Unternehmens gehörenden Sachen und Rechte in eigenständiger Weise von der Gewährleistung der Eigentumsgarantie erfasst wird (vgl. BVerfGE 51, 193 <221 f.>; 68, 193 <222 f.>). Die Verfassungsbeschwerden geben keinen Anlass, diese Frage nunmehr zu entscheiden. Auch wenn bloße Umsatz- und Gewinnchancen oder tatsächliche Gegebenheiten für das Unternehmen von erheblicher Bedeutung sind, werden sie vom Grundgesetz eigentumsrechtlich nicht dem geschützten Bestand des einzelnen Unternehmens zugeordnet (vgl. BVerfGE 68, 193 <222 f.>; 77, 84 <118>; 81, 208 <227 f.>).

Nichts anderes gilt für den von den Beschwerdeführerinnen als verletzt gerügten Unternehmensruf. Dieser ist durch Art. 14 GG jedenfalls insoweit nicht geschützt, als es sich um Chancen und günstige Gelegenheiten handelt. Auch soweit der Unternehmensruf das Resultat vorangegangener Leistungen darstellt, ist er nicht dem Unternehmen im Sinne einer von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentumsposition zugewiesen (vgl. Philipp, Staatliche Verbraucherinformation im Umwelt- und Gesundheitsrecht, 1989, S. 175 ff.). Er stellt sich am Markt durch die Leistungen und Selbstdarstellungen des Unternehmens einerseits und durch die Bewertung der Marktteilnehmer andererseits immer wieder neu her und ist damit ständiger Veränderung unterworfen. Art. 14 GG schützt nur normativ zugeordnete Rechtspositionen, nicht aber das Ergebnis situativer Einschätzungen der Marktbeteiligten, auch wenn dieses wirtschaftlich folgenreich ist.

2. Art. 3 Abs. 1 GG ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin zu 1 nicht deshalb verletzt, weil keinerlei Warnungen an die Öffentlichkeit gegeben worden seien, als zu früheren Zeitpunkten Monobrom- oder Homogenessigsäure in Wein oder in Sekt festgestellt worden waren. Eine rechtmäßige Maßnahme wird nicht dadurch gleichheitswidrig, dass in möglicherweise vergleichbaren anderen Fällen anders verfahren worden ist. Dass im konkreten Fall willkürlich, etwa unter Verwendung sachlich zu missbilligender Motive, gehandelt worden ist, wird von den Beschwerdeführerinnen nicht behauptet.

3. Art. 2 Abs. 1 GG scheidet als Maßstab aus, weil die mit den Verfassungsbeschwerden aufgeworfenen Fragen des Schutzes von Marktteilnehmern im Wettbewerb von der sachlich spezielleren Grundrechtsnorm des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst werden (vgl. BVerfGE 25, 88 <101>; 59, 128 <163>; stRspr).