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Bundesverwaltungsgericht

Entscheidung vom 26.03.2009, Az.: 4 C 21/07

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Entscheidungsgründe

Die Klägerin begehrt vom Beklagten einen bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheid für die Errichtung eines "SB-Marktes" (Lebensmittel-Selbstbedienungsmarkt) mit einer Verkaufsfläche von 650 m² sowie 20 Parkplätzen. Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Ma 122 - Feuerwache Bärenbruch" der Stadt Dortmund, der den betreffenden Bereich als Mischgebiet ausweist. Bisher wurde das Grundstück von einem Kfz-Handels- und Reparaturbetrieb genutzt.

Der Rat der Stadt Dortmund nahm das Vorhaben der Klägerin zum Anlass, den Bebauungsplan mit dem Ziel eines Einzelhandelsausschlusses zu ändern. Die Bauvoranfrage der Klägerin wurde vorübergehend zurückgestellt. Am 18. Dezember 2003 beschloss der Rat der Stadt Dortmund die 2. Änderung des Bebauungsplans als Satzung, am 16. Januar 2004 wurde der Satzungsbeschluss ortsüblich bekannt gemacht. In § 2 Abs. 1 der textlichen Festsetzungen des Änderungs-Bebauungsplans wird die Baunutzungsverordnung 1990 für anwendbar erklärt. § 2 Abs. 2 enthält folgende Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung:

a)Nach § 1 Abs. 5 i.V.m. § 1 Abs. 9 Baunutzungsverordnung sind in den Mischgebieten Einzelhandelsbetriebe sowie Verkaufsstellen von Handwerksbetrieben und anderen Gewerbebetrieben, die sich ganz oder teilweise an Endverbraucher wenden, nicht zulässig. Hiervon unberührt bleiben Betriebe des Kfz-Handwerks mit räumlich angegliedertem Kfz- und/oder Caravan-Verkauf sowie Betriebe mit Kfz- und/oder Caravanersatzteil- bzw. -zubehörverkauf.

b)Ausnahmsweise zulässig sind an Endverbraucher gerichtete Verkaufsstellen von Handwerksbetrieben und anderen Gewerbebetrieben, wenn sie in unmittelbarem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang mit einem Handwerks- oder anderem Gewerbebetrieb stehen und deren Summe an Verkaufs- und Ausstellungsflächen unter der Größe der Geschossfläche des Handwerks- oder anderen Gewerbebetriebsteiles liegt.

Unter Hinweis auf den geänderten Bebauungsplan lehnte der Beklagte den beantragten Bauvorbescheid ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos, die Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 25. Januar 2006 ab.

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 25. Oktober 2007 zurückgewiesen. Das Vorhaben sei unzulässig, weil es dem festgesetzten Einzelhandelsausschluss widerspreche. Dieser sei rechtmäßig und insbesondere i.S.v. § 1 Abs. 3 BauGB gerechtfertigt. Zwar dürfte es an der städtebaulichen Rechtfertigung fehlen, soweit der nahezu vollständige Einzelhandelsausschluss mit dem Schutz des Martener Ortszentrums vor zentrenschädlichen Kaufkraftabflüssen begründet werde. Die städtebauliche Rechtfertigung ergebe sich aber jedenfalls aus dem mit der Änderungsplanung gleichrangig verfolgten Ziel einer Stärkung der in dem - vom Rat der Stadt Dortmund beschlossenen - Gesamtstädtischen Einzelhandelskonzept ausgewiesenen Stadtbezirks- und Ortsteilzentren, zu denen auch das Martener Ortszentrum gehöre. Das Einzelhandelskonzept sei ein wesentlicher Baustein des "Masterplans Einzelhandel" und im Flächennutzungsplan umgesetzt worden. Angesichts dessen bestünden keine Zweifel am Vorliegen eines auf das ganze Stadtgebiet bezogenen städtebaulichen Konzepts zur Stärkung der Zentren durch Konzentration von Einzelhandelsansiedlungen auf die Zentren. Das Einzelhandelskonzept sei nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei. Anders als bei einem nur dem Schutz eines Zentrums dienenden Einzelhandelsausschluss habe es keiner Ermittlung der konkret zentrenschädlichen Sortimente bedurft. Es bestehe auch kein Zweifel, dass das Martener Zentrum die Funktion eines Ortsteilzentrums wahrnehme. Die städtebauliche Konzeption sei auch nicht deshalb widersprüchlich, weil nach dem Änderungs-Bebauungs-plan Betriebe des Kfz-Handwerks mit räumlich angegliedertem Kfz- und/oder Caravanverkauf sowie Betriebe des Kfz- und/oder Caravanersatzteil- bzw. -zubehörverkaufs von dem Einzelhandelsausschluss unberührt bleiben sollen. In der Planbegründung werde zutreffend darauf hingewiesen, dass bei solchen Betrieben von vornherein keine negativen Auswirkungen auf zentrale Einrichtungen in den Zentren zu erwarten seien; eine Ansiedlung in den Zentren komme wegen der regelmäßig erforderlichen größeren Ausstellungsfläche im Regelfall nicht in Betracht. Der Ausschluss nahezu jeglichen Einzelhandels beeinträchtige auch nicht die allgemeine Zweckbestimmung des Mischgebiets. Mängel bei der Abwägung seien nicht erkennbar.

Gegen das Berufungsurteil hat die Klägerin die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie macht geltend, dass die angefochtene Entscheidung auf einer unrichtigen Auslegung und Anwendung von § 1 Abs. 3 BauGB 1998 i.V.m. § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO beruhe. Im Hinblick darauf, dass kein genereller, sondern lediglich ein partieller Einzelhandelsausschluss vorliege, hätte das Oberverwaltungsgericht § 1 Abs. 9 BauNVO anwenden müssen. Angreifbar sei auch, dass das Oberverwaltungsgericht eine städtebauliche Rechtfertigung des Einzelhandelsausschlusses im Hinblick auf die beabsichtigte Stärkung der Stadtbezirks- und Ortsteilzentren insgesamt angenommen habe. Die Begründung der Änderungsplanung sehe ausdrücklich vor, Einzelhandelsbetriebe zur Stärkung der zentralen Versorgungseinrichtungen in den Zentren nur anzusiedeln, soweit Art und Umfang des Betriebes dies zuließen. Deshalb hätte es einer konkreten Auseinandersetzung damit bedurft, welcher Einzelhandel zentrenschädlich sei und damit ausgeschlossen werden solle. Eine fachwissenschaftlich erarbeitete Marktanalyse bezogen auf die örtlichen Strukturen sei insbesondere im Hinblick darauf erforderlich, dass der Schutz nicht nur des Ortszentrums Marten, sondern aller Stadtbezirks- und Ortsteilzentren des Stadtgebietes bezweckt werde. Im Übrigen habe die Plangeberin selbst vorgegeben, dass zumindest auch eine ausnahmsweise Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben gewollt und notwendig sei. Sie sei deshalb verpflichtet gewesen, im Rahmen der Feindifferenzierung auch Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen, die ausgeschlossenen Sortimente im Wege der Ausnahme zuzulassen.

Der Beklagte hält die Revision für unbegründet. Selbst wenn der vollständige Ausschluss des Einzelhandels zum Schutz des Martener Zentrums vor Kaufkraftabflüssen städtebaulich nicht zu rechtfertigen sei, schließe dies eine Rechtfertigung durch das mit dem Änderungs-Bebauungsplan ebenfalls verfolgten Ziel einer Stärkung des Martener Zentrums nicht aus.

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht mit Bundesrecht im Einklang.

Das Oberverwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit Bundesrecht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheids hat, weil das Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans "Ma 122 - Feuerwache Bärenbruch" in der Fassung der 2. Änderung vom 16. Januar 2004 widerspricht ( § 30 Abs. 1 BauGB). Der in § 2 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 des Änderungs-Bebauungsplans festgesetzte Einzelhandelsausschluss im Mischgebiet ist rechtmäßig. Er findet in § 1 Abs. 5 BauNVO eine tragfähige Rechtsgrundlage und ist durch das Ziel der Stärkung der im "Gesamtstädtischen Einzelhandelskonzept für Dortmund" ausgewiesenen Stadtbezirks- und Ortsteilzentren städtebaulich gerechtfertigt. Keiner Entscheidung bedarf die Frage, ob die in § 2 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 und § 2 Abs. 2 Buchst. b des Änderungs-Bebauungsplans festgesetzten Gegenausnahmen zum Einzelhandelsausschluss möglicherweise rechtswidrig und unwirksam sind, weil insoweit allenfalls von deren Teilunwirksamkeit auszugehen wäre, die die Rechtswirksamkeit des Einzelhandelsausschlusses nicht berührt.

1.Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass § 2 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 der textlichen Festsetzungen des Änderungs-Bebauungsplans in § 1 Abs. 5 BauNVO eine tragfähige Rechtsgrundlage findet.

Nach § 1 Abs. 5 BauNVO kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2, 4 bis 9 und 13 BauNVO allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Ausgeschlossen oder für ausnahmsweise zulässig erklärt werden kann jede einzelne der in den jeweiligen Absätzen 2 der betreffenden Baugebietsvorschrift genannten Nutzungsarten ( Beschluss vom 22. Mai 1987 - BVerwG 4 N 4.86 - BVerwGE 77, 308 <314 f.> ). Zu den Arten von Nutzungen, die auf diese Weise generell ausgeschlossen werden können, gehören auch Einzelhandelsbetriebe ( Beschluss vom 18. Dezember 1989 - BVerwG 4 NB 26.89 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 7; Beschluss vom 11. Mai 1999 - BVerwG 4 BN 15.99 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 27), die im Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO allgemein zulässig sind. Eines Rückgriffs auf § 1 Abs. 9 BauNVO bedarf es insoweit nicht ( Beschluss vom 3. Mai 1993 - BVerwG 4 NB 13.93 - Buchholz 406.12 § 1BauNVO Nr. 16).

Das gilt auch dann, wenn der vollständige Ausschluss einer Nutzungsart durch Gegenausnahmen für bestimmte Arten von Anlagen der betreffenden Nutzungsart wieder ein Stück zurückgenommen wird. Der Einwand der Klägerin, dass in solchen Fällen insgesamt § 1 Abs. 9 BauNVO heranzuziehen sei, weil kein genereller, sondern nur ein partieller Einzelhandelsausschluss vorliege, geht fehl. Der Rechtfertigungsbedarf, den § 1 Abs. 9 BauNVO für diese im Vergleich zu § 1 Abs. 5 BauNVO noch stärker ins Einzelne gehende Differenzierung und Verfeinerung der zulässigen Nutzungen normiert ( Urteil vom 22. Mai 1987 - BVerwG 4 C 77.84 - BVerwGE 77, 317 <320 f.> ), bezieht sich - wie auch das Verwaltungsgericht festgestellt hat - auf diese Gegenausnahmen. Nur insoweit muss die Gemeinde darlegen, warum das von ihr gewählte Abgrenzungskriterium marktüblichen Gegebenheiten entspricht ( Beschluss vom 27. Juli 1998 - BVerwG 4 BN 31.98 - BRS 60 Nr. 29; Beschluss vom 30. Januar 2006 - BVerwG 4 BN 55.05 - BRS 70 Nr. 12) und die Feindifferenzierung durch besondere städtebauliche Gründe gerechtfertigt ist.

Mit der Frage der einschlägigen Rechtsgrundlage hat sich das Oberverwaltungsgericht nicht ausdrücklich auseinander gesetzt. Es lässt aber erkennen, dass es insoweit dem Verwaltungsgericht folgt und § 1 Abs. 5 BauNVO für anwendbar hält. Hiergegen gibt es bundesrechtlich nichts zu erinnern.

Mit der Formulierung in § 2 Abs. 2 Buchst. a Satz 1, dass Einzelhandelsbe-triebe "sowie Verkaufsstellen von Handwerksbetrieben und anderen Gewerbebetrieben, die sich ganz oder teilweise an Endverbraucher wenden", nicht zulässig sind, geht die Festsetzung nicht über einen Einzelhandelsausschluss hinaus. Konstituierendes Merkmal des bauplanungsrechtlichen Einzelhandelsbegriffs ist der unmittelbare Verkauf von Waren an den Endverbraucher ( Urteil vom 3. Februar 1984 - BVerwG 4 C 25.82 - DVBl 1984, 634; vgl. auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Rn. 52 zu § 11 BauNVO; Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Aufl. 2003, Rn. 24 zu § 5). Dieses Merkmal ist bereits tatbestandlich in die Regelung des § 2 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 inkorporiert. "Verkaufsstellen von Handwerksbetrieben und anderen Gewerbebetrieben, die sich ganz oder teilweise an Endverbraucher wenden", sind deshalb lediglich eine bestimmte Form von Einzelhandelsbetrieben (vgl. auch Urteil vom 30. Juni 1989 - BVerwG 4 C 16.88 - Buchholz 406.12 § 8 BauNVO Nr. 9 zu einer auf ein Gewerbegebiet bezogenen wortidentischen Festsetzung).

2.Ohne Bundesrechtsverstoß ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Einzelhandelsausschluss durch das Ziel der Stärkung der im "Gesamtstädtischen Einzelhandelskonzept für Dortmund" ausgewiesenen Stadtbezirks- und Ortsteilzentren städtebaulich gerechtfertigt ist.

2.1Gemäß § 1 Abs. 3 BauGB 1998 (= § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB n.F.) haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dies gilt für die Planung insgesamt und für jede ihrer Festsetzungen. Voraussetzung für die Gültigkeit einer Festsetzung nach § 1 Abs. 5 BauNVO ist deshalb ebenfalls, dass sie städtebaulich gerechtfertigt ist ( Beschluss vom 11. Mai 1999 - BVerwG 4 BN 15.99 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 27= NVwZ 1999, 1338). Was i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB 1998 erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde ( Urteil vom 7. Mai 1971 - BVerwG 4 C 76.68 - DVBl 1971, 759). Ausgefüllt wird der Begriff der Erforderlichkeit insbesondere durch vorausgehende planerische Entscheidungen der Gemeinde über die örtlich anzustrebenden städtebaulichen Ziele (Gaentzsch, in: Berliner Kommentar, 3. Aufl. 2002, Rn. 23 f. zu § 1). Welche städtebaulichen Ziele sich eine Gemeinde hierbei setzt, liegt grundsätzlich in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, diejenige "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht ( Beschluss vom 14. August 1995 - BVerwG 4 NB 21.95 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86).

Hierzu gehört auch die Entscheidung, ob und in welchem Umfang sie Teile ihres Gemeindegebiets zur Unterbringung von Einzelhandelsbetrieben zur Verfügung stellt. Wünscht sie an einem bestimmten Standort keine Einzelhandelsbetriebe, so ist es ihr unter dem Blickwinkel des § 1 Abs. 3 BauGB 1998 grundsätzlich nicht verwehrt, auf der Grundlage des § 1 Abs. 5 BauNVO ein Mischgebiet unter Ausschluss dieser Nutzungsart festzusetzen ( Beschluss vom 11. Mai 1999 - BVerwG 4 BN 15.99 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 27 = NVwZ 1999, 1338 ). Voraussetzung hierfür ist, dass sie eine städtebauliche Begründung anführen kann, die sich aus der jeweiligen Planungssituation ergibt und die Abweichung von den in der Baunutzungsverordnung vorgegebenen Gebietstypen durch hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinwohlbelange in nachvollziehbarer Weise rechtfertigt ( Beschluss vom 3. Mai 1993 - BVerwG 4 NB 13.93 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 16; grundlegend Urteil vom 12. Dezember 1969 - BVerwG 4 C 105.66 - BVerwGE 34, 301).

Die Stärkung der Zentren durch Konzentration von Einzelhandelsnutzungen in den Zentren ist ein Ziel, das den Ausschluss von Einzelhandelbetrieben in nicht zentralen Lagen rechtfertigen kann (Beschluss vom 10. November 2004 - BVerwG 4 BN 33.04 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 30). Dies kommt auch in den Planungsleitlinien des § 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a BauGB 1998 und § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB 2007 zum Ausdruck. Bauleitplanung erschöpft sich dabei nicht darin, bereits eingeleitete Entwicklungen zu steuern. Sie ist auch ein Mittel, um städtebauliche Ziele für die Zukunft zu formulieren und aktiv auf eine Änderung des städtebaulichen Status Quo hinzuwirken. Insofern ist die Gemeinde beim Ziel der Stärkung ihrer Zentren nicht darauf beschränkt, nur solche Einzelhandelsnutzungen in nicht zentralen Lagen zu unterbinden, die in den Zentren bereits in nennenswertem Umfang ausgeübt werden. Es ist ihr auch gestattet, "zentrumsbildende" Nutzungsarten, die in den Zentren bisher nicht oder nur in geringem Umfang vertreten sind, in anderen Gemeindegebieten mit dem Ziel auszuschließen, eventuelle Neuansiedlungen den Zentren zuzuführen, um deren Attraktivität zu steigern oder zu erhalten ( Beschluss vom 10. November 2004 - BVerwG 4 BN 33.04 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 30). Anders als bei einem nur zum Schutz eines Zentrums erfolgten Einzelhandelsausschluss bedarf es in diesem Fall regelmäßig keiner Ermittlung der konkret zentrenschädlichen Sortimente.

Das Ziel der Stärkung der Zentren hat aber sachliche Rechtfertigungsgrenzen. Planungsbefugnisse weist § 1 Abs. 3 BauGB 1998 den Gemeinden nur zu, "sobald und soweit" die Planung für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist. Festsetzungen, die nicht oder nicht vollständig der Realisierung der mit der Planung verfolgten städtebaulichen Zielsetzungen dienen, sind deshalb auch nicht erforderlich (Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, 5. Aufl. 2007, Rn. 24 zu § 1 BauGB). § 1 Abs. 3 BauGB 1998 gebietet es insofern, dass sich die Gemeinde im Hinblick auf die von ihr selbst formulierten städtebaulichen Zielsetzungen konsistent verhält. Ein (allein) durch das Ziel der Stärkung der Zentren durch Konzentration von Einzelhandelsansiedlungen auf die Zentren begründeter Einzelhandelsausschluss kann deshalb nicht weiter gehen, als eine Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben in den Zentren überhaupt in Betracht kommt. Sachliche Grenzen können sich insbesondere daraus ergeben, dass sich nicht jeder Einzelhandelsbetrieb für eine Ansiedlung in einem Zentrum eignet, sei es nach Art und Umfang des Betriebes, sei es wegen der Besonderheiten des betreffenden Zentrums. Insoweit kann es im Einzelfall geboten sein, bestimmte Arten von Einzelhandelsbetrieben vom Einzelhandelsausschluss auszunehmen, weil ein Ausschluss nicht zentrengeeigneter Einzelhandelsbetriebe in nicht zentralen Lagen dem Ziel der Stärkung der Zentren durch Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben in den Zentren nicht dient.

2.2Solche Besonderheiten sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Es ist deshalb bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht den (nahezu) vollständigen Einzelhandelsausschluss durch das Ziel der Stärkung der im Gesamtstädtischen Einzelhandelskonzept ausgewiesenen Stadtbezirks- und Ortsteilzentren als städtebaulich gerechtfertigt angesehen hat.

2.2.1Die Stärkung der Stadtbezirks- und Ortsteilzentren, die die Stadt Dortmund nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auf der Grundlage des Gesamtstädtischen Einzelhandelskonzepts mit der Änderungsplanung erreichen wollte, ist ein tragfähiges städtebauliches Ziel, das einen Einzelhandelsausschluss im Grundsatz rechtfertigen kann.

Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass der Rat der Stadt Dortmund mit der Aufstellung des Änderungs-Bebauungsplans - neben dem Ziel des Schutzes des Martener Ortszentrums vor zentrenschädlichen Kaufkraftabflüssen - gleichrangig auch das Ziel der Stärkung der im Gesamtstädtischen Einzelhandelskonzept ausgewiesenen Stadtbezirks- und Ortsteilzentren verfolgte (UA S. 10). Es hat ferner festgestellt, dass mit dem Einzelhandelskonzept und den zu seiner Umsetzung unternommenen Schritten ein auf das gesamte Stadtgebiet bezogenes Konzept zur Stärkung der Zentren durch Konzentration von Einzelhandelsansiedlungen auf die Zentren vorliegt und dass dieses Konzept nachvollziehbar und widerspruchsfrei ist (UA S. 14 f.). An diese Feststellungen ist der Senat gebunden ( § 137 Abs. 2 VwGO). Bindend ist ferner die Feststellung, dass das Martener Zentrum, das im Flächennutzungsplan als "Bereich mit Marktfunktion" dargestellt und in der Bestandsaufnahme des Masterplans Einzelhandel als konkret abgegrenztes Zentrum mit umfangreichem Angebot aufgeführt ist, Teil dieses Zentrenkonzepts ist und die Funktion als Ortsteilzentrum wahrnimmt.

Auf der Grundlage dieser tatsächlichen Feststellungen ist es im Grundsatz nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht es städtebaulich als gerechtfertigt angesehen hat, das Ziel zu verfolgen, künftig im Martener Zentrum gerade auch solche Einzelhandelsnutzungen anzusiedeln, die dort bislang nicht vorhanden sind (UA S. 15), und - so ist zu ergänzen - Einzelhandelsbetriebe im Geltungsbereich des Änderungs-Bebauungsplans dem entsprechend auszuschließen.

2.2.2Mit der Frage, ob sich einzelne der ausgeschlossenen Einzelhandelsnutzungen nicht für eine Ansiedlung im Martener Zentrum eignen und deshalb das Ziel der Stärkung des Martener Zentrums an sachliche Rechtfertigungsgrenzen stößt, hat sich das Oberverwaltungsgericht nicht auseinander gesetzt. Zu einem Bundesrechtsverstoß führt dies gleichwohl nicht. Es ist nämlich nichts dafür ersichtlich, dass die Plangeberin ihre Planungsbefugnisse insoweit überschritten hätte.

Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass der Änderungs-Bebauungsplan ausweislich seiner Begründung selbst nur den Anspruch erhebt, Einzelhandelsbetriebe zur Stärkung der zentralen Versorgungsbereiche in den Zentren anzusiedeln, "soweit Art und Umfang des Betriebes dies zulassen". In den textlichen Festsetzungen niedergeschlagen hat sich diese Einschränkung nur hinsichtlich des Kfz-Annexhandels. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die dem Ziel der Stärkung innewohnenden Rechtfertigungsgrenzen nicht beachtet und mit Blick etwa auf örtliche Gegebenheiten Differenzierungen unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Zentrengeeignetheit zu bedenken gehabt hätte, sind nicht zu erkennen. Dass die in der Revisionsbegründung genannten Sortimente (Zeitschriften, Papier, Schreibwaren, Bekleidung, Kunst, Antiquitäten, Computer, Haushaltwaren, Fotozubehör, Kunstgewerbe, Spielwaren, Blumen, Zooartikel) - ebenso wie der streitgegenständliche Lebensmittelmarkt - zentrumsbildend wirken können, bedarf keiner Vertiefung. Von vornherein außer Betracht zu bleiben haben insoweit solche Einzelhandelsnutzungen, die im Geltungsbereich des Änderungs-Bebauungsplans schon aus anderen - rechtlichen oder tatsächlichen - Gründen nicht untergebracht werden können. Das betrifft zum einen großflächige Einzelhandelsbetriebe, die durch die in § 2 Abs. 1 des Änderungs-Bebauungsplans vollzogene Umstellung auf die Baunutzungsverordnung 1990 gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO 1990 grundsätzlich nur in Kerngebieten oder in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig sind. Außer Betracht zu bleiben haben ferner diejenigen Einzelhandelsbetriebe, deren Ansiedlung nach Art und Umfang des Betriebes auch im Mischgebiet nicht in Betracht käme. Das hat auch das Oberverwaltungsgericht im Blick, wenn es feststellt, dass nach dem städtebaulichen Konzept des Beklagten der gesamte Einzelhandel auf die konkret ausgewiesenen Bereiche konzentriert werden soll und dem Beklagten attestiert, sein Einzelhandelskonzept sei nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei. Hinzu kommt, dass das Oberverwaltungsgericht den Einzelhandelsausschluss einerseits durch das Ziel der Stärkung des Martener Ortsteilzentrums motiviert angesehen hat, die Regelung andererseits auch in einem umfassenderen, auf das gesamte Stadtgebiet bezogenen Sinn begreift, wie insbesondere in der Formulierung zum Ausdruck kommt, dass sich die städtebauliche Rechtfertigung des streitigen Einzelhandelsausschlusses aus dem gleichrangig mit der 2. Änderung verfolgten Ziel der Stärkung "der in dem (...) Gesamtstädtischen Einzelhandelskonzept ausgewiesenen Stadtbezirks- und Ortsteilzentren" ergebe (UA S. 10). In dem Maße aber, in dem das Ziel der Stärkung von einem konkreten Zentrum - hier: dem Martener Zentrum - losgelöst und auf ein generelles Ziel der Zentrenstärkung im gesamten Stadtgebiet bezogen wird, treten auch die Verhältnisse in diesem konkreten Zentrum in den Hintergrund. Und wenn das Gesamtkonzept - wie hier vom Oberverwaltungsgericht für das Gesamtstädtische Einzelhandelskonzept für Dortmund festgestellt - in der Lage ist, die Einzelhandelsentwicklung im gesamten Stadtgebiet nachvollziehbar und widerspruchsfrei zu ordnen, bedarf es jedenfalls auf der Ebene eines Bebauungsplans, der dieses Einzelhandelskonzept für einen bestimmten Bereich umsetzen soll, keiner weiteren Differenzierung unter dem Gesichtspunkt der Zentreneignung.

3.Offen bleiben kann, ob die textlichen Festsetzungen in § 2 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 und Buchst. b des Änderungs-Bebauungsplans rechtmäßig und wirksam sind.

Das Oberverwaltungsgericht hat sich mit der Rechtmäßigkeit dieser Festsetzungen nur im Zusammenhang mit der Frage, ob das Konzept des Beklagten deswegen widersprüchlich sei, auseinander gesetzt (UA S. 16).

Ob das Oberverwaltungsgericht damit - wie die Klägerin rügt - den bundesrechtlich anzulegenden Maßstäben gerecht wird, bedarf keiner Vertiefung. Die Frage ist nicht entscheidungserheblich. Denn auch im Falle eines Rechtsverstoßes wäre allenfalls von einer - der Klägerin aufgrund des von ihr angestrebten Einzelhandelsbetriebes mit zentrenrelevanten Sortimenten nicht zum Vorteil gereichenden - Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen. Darauf hat auch das Verwaltungsgericht abgestellt; das Oberverwaltungsgericht hat sich diese Auffassung zu Eigen gemacht, jedenfalls keinen Anlass zur Beanstandung gesehen.

Die Ungültigkeit eines Teils eines Bebauungsplans führt dann nicht zur Gesamtnichtigkeit, wenn die Restbestimmung auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleibt und nach dem mutmaßlichen Willen des Normgebers mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (vgl. z.B. Beschluss vom 8. August 1989 - BVerwG 4 NB 2.89 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 17; Beschluss vom 20. August 1991 - BVerwG 4 NB 3.91 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 59). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Der in § 2 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 des Änderungs-Bebauungsplans geregelte generelle Einzelhandelsausschluss und die in § 2 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 und 2 sowie Buchst. b geregelten Gegenausnahmen sind objektiv teilbar. Der generelle Einzelhandelsausschluss kann seine städtebauliche Steuerungsfunktion auch ohne die Gegenausnahmen erfüllen. Auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist ferner mit der gebotenen Sicherheit davon auszugehen, dass die Plangeberin den generellen Einzelhandelsausschluss auch dann beschlossen hätte, wenn sie davon ausgegangen wäre, dass die Gegenausnahmen nicht rechtswirksam festgesetzt werden könnten. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass mit dem Änderungs-Bebauungsplan der durch die Ansiedlung eines Lebensmittel-Einzelhandelsbetriebes auf dem Grundstück der Klägerin befürchtete Kaufkraftabfluss unterbunden werden sollte (UA S. 10). Noch deutlicher kommt dieses zentrale Anliegen in der Begründung des Änderungs-Bebauungsplans (S. 4) zum Ausdruck, in der es heißt, dass das Martener Ortsteilzentrum lediglich über drei größere Anbieter des Lebensmittel-Einzelhandels verfüge; da bereits jetzt ein größerer Lebensmittelanbieter im westlich angrenzenden Gewerbegebiet dem Zentrum Kaufkraft und Kunden abziehe, könne die Ansiedlung eines weiteren Lebensmittelanbieters außerhalb des Zentrums, aber in seinem Nahbereich die wirtschaftliche Tragfähigkeit der im Zentrum ansässigen Betriebe stark reduzieren und unter Umständen zu Betriebsaufgaben führen; daher sei die Änderung des Bebauungsplans zum Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben im benannten Mischgebiet "unbedingt" notwendig. Einen Lebensmittel-Einzelhandelsbetrieb auf dem Grundstück der Klägerin wollte der Rat der Stadt Dortmund - aus tragfähigen städtebaulichen Gründen - also unter allen Umständen verhindern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO....