Bundesverwaltungsgericht
Entscheidung vom 20.02.2013, Az.: 6 A 2/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Entscheidungsgründe
Der Kläger ist Chefreporter der Bild-Zeitung. Mit Schreiben an die Beklagte vom 17. November 2010 beantragte er "unter Verweis auf den presserechtlichen Auskunftsanspruch und Art. 5 Abs. 1 GG direkt" Auskunft dazu, wie viele hauptamtliche und wie viele inoffizielle Mitarbeiter der BND bzw. die Organisation Gehlen in den Jahren 1950, 1955, 1960, 1970, 1980 hatte und wie viele davon ehemalige Mitglieder der NSDAP, der SS, der Gestapo oder Angehörige der Abteilung "Fremde Heere Ost" gewesen seien.
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 teilte ihm die Beklagte daraufhin mit, die Bearbeitung der Anträge werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Mit der am 22. Februar 2011 beim Bundesverwaltungsgericht eingegangenen Untätigkeitsklage verfolgt der Kläger sein Auskunftsbegehren weiter. Zur Begründung trägt er vor, ihm stehe der begehrte Auskunftsanspruch aus § 4 Abs. 1 BlnPrG zu. Nach dieser Rechtsvorschrift sei die Beklagte als Bundesbehörde - auch in Anbetracht einer landesgesetzlichen Norm - passivlegitimiert. Der Bundesnachrichtendienst (BND) habe seinen Sitz in Berlin und Pullach. Darüber hinaus habe er - der Kläger - nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen verfassungsunmittelbaren Anspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auf die begehrte Auskunft. Auch das Bundesverfassungsgericht habe einen Auskunfts- und Informationsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleitet. Darüber hinaus habe er als Vertreter der Presse einen Anspruch aus Art. 10 EMRK auf die begehrte Auskunft. Als Journalist habe er eine Funktion als "public watchdog" und werde durch die Auskunftsverweigerung in seinem Recht beschränkt, sich selbst und die Ãffentlichkeit angemessen zu informieren.
Die Debatte über vorbelastete BND-Mitarbeiter habe sofort nach Gründung der Organisation Gehlen begonnen und dauere an. Sie sei wichtig, um geschehenes Unrecht aufzuarbeiten und den Opfern Genugtuung zu verschaffen. Sie sei auch wichtig, um künftigem Unrecht vorzubeugen. Die Presse sei in diesem Zusammenhang ein wichtiger Katalysator. Der beklagte Nachrichtendienst sei nicht bereit, auch nur Zahlen zu nennen oder weitere Einzelheiten in Verbindung mit den vorbelasteten Personen zu offenbaren. Damit sei jeglicher MeinungsäuÃerung über diese Personen, ihre Vergangenheit, ihre Entscheidungen und ggf. ihre Opfer der Boden entzogen. Damit unterliege die Freiheit der MeinungsäuÃerung einer faktischen Zensur. Sämtliche gewünschten Informationen lägen bei dem beklagten Dienst aufbereitet vor. Jedenfalls könnten die vorhandenen Personalakten ohne unzumutbaren Aufwand mit Hilfe moderner Bürotechnik elektronisch erfasst und ausgewertet werden.
Der Kläger beantragt,die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Auskunft zu geben zu folgenden Fragena)Wie viele hauptamtliche Mitarbeiter hatte der BND bzw. die Organisation Gehlen in den Jahren 1950, 1955, 1960, 1970, 1980?b)Wie viele nachrichtendienstliche Verbindungen hatte der BND bzw. die Organisation Gehlen in den Jahren 1950, 1955, 1960, 1970, 1980?c)Wie viele der hauptamtlichen Mitarbeiter in den genannten Jahren warenaa)ehemalige Mitglieder der NSDAP?bb)ehemalige Mitglieder der SS?cc)ehemalige Mitglieder der Gestapo?dd)ehemalige Angehörige der Abteilung "Fremde Heere Ost"?d)Wie viele der ehemaligen nachrichtendienstlichen Verbindungen in den genannten Jahren warenaa)ehemalige Mitglieder der NSDAP?bb)ehemalige Mitglieder der SS?cc)ehemalige Mitglieder der Gestapo?dd)ehemalige Angehörige der Abteilung "Fremde Heere Ost"?
Die Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bringt vor, ein Anspruch des Klägers auf Beantwortung der unter 2. a) bis d) der Klageschrift gestellten Fragen aus § 4 Abs. 1 BlnPrG bzw. § 4 Abs. 1 BayPrG bestehe nicht. Entgegen der Behauptung des Klägers lieÃen die Fragen sich nicht einfach beantworten. Die begehrten Informationen lägen weder EDV-technisch aufbereitet beim Bundesnachrichtendienst vor, noch lieÃen sie sich unter Zuhilfenahme des Arbeitsberichts "Org. 85" sowie dazu gehöriger Karteikarten und Akten beantworten. Hinsichtlich des Antrags zu 2. a) sei herausgefunden worden, dass dem Bundesnachrichtendienst für das Jahr 1964 etwa 5 200 Planstellen und Stellen zugewiesen gewesen seien, für 1970 etwa 6 800 und für das Jahr 1980 etwa 6 500. Hinsichtlich des Antrags zu 2. b) und d) werde angemerkt, dass die vom Kläger vorgegebene Kategorie "inoffizielle Mitarbeiter" beim Bundesnachrichtendienst nicht gebraucht worden sei. Eine Beantwortung der Frage in dieser Form sei bereits faktisch unmöglich. Eine etwaige Mitgliedschaft in Organisationen des NS-Regimes sei nicht zentral erfasst worden; deshalb stehe kein zentraler Aktenbestand zur Verfügung, in dem solche Zahlen leicht ablesbar seien.
Die vom Kläger begehrten Informationen könnten auch nicht mit einem noch vertretbaren Verwaltungsaufwand eruiert werden. Der Kläger begehre die Angabe von absoluten ZahlengröÃen. Diese könnten aber weder auf der Grundlage des Abschlussberichts "Org. 85" erstellt werden noch mit Hilfe des Berichts über die Kassation von 253 Personalakten, weil es sich dabei jeweils nur um kleine Ausschnitte des Gesamtpersonals gehandelt habe. Zur Darstellung eines Personalprofils des Bundesnachrichtendienstes bzw. der Organisation Gehlen im Sinne des Klageantrags müsse eine Gesamtschau der im Archiv vorhandenen Akten erfolgen, die zum Teil archivarisch noch gar nicht erschlossen seien; die begehrten Informationen lägen zur Zeit nur fragmentarisch vor. Die Zurverfügungstellung der begehrten Informationen würde einen unverhältnismäÃigen Aufwand erfordern, zu dem der Bundesnachrichtendienst nicht verpflichtet sei.
Der Bundesnachrichtendienst habe zur Aufarbeitung seiner Entstehungs- und Frühgeschichte eine unabhängige Historiker-Kommission (UHK) eingesetzt, deren Forschungsauftrag auch das Personalprofil des Bundesnachrichtendienstes und der Organisation Gehlen von 1945 bis 1968 umfasse. Diese werde unterstützt durch eine vom Bundesnachrichtendienst eingesetzte Forschungs- und Arbeitsgruppe "Geschichte des BND". Das Projekt sei auf einen Zeitraum von vier Jahren angelegt. Die Ergebnisse würden der Ãffentlichkeit in den kommenden Jahren in Form von Publikationen und über verschiedene wissenschaftliche Veranstaltungen zugänglich gemacht. Empirisch belastbare Zahlen würden voraussichtlich erst gegen Ende des Gesamtprojekts vorliegen.
Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren. Nach seiner Auffassung können Bundesbehörden weder auf der Grundlage der Landespressegesetze noch aus Art. 5 Abs. 1 GG zur Erteilung von Auskünften verpflichtet werden. Die Landespressegesetze entfalteten für Bundesbehörden keine Bindungswirkung. Es handele sich bei der Erfüllung von Auskunftsbegehren nämlich um Gesetzesvollzug. Gemäà Art. 83 ff. GG sei der Vollzug von Landesgesetzen durch den Bund ausgeschlossen.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung den Auszug aus einem Schriftstück überreicht, das die Zahlen von Mitarbeitern und nachrichtendienstlichen Verbindungen in den Jahren 1950, 1955, 1960, 1970 und 1980 enthält.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
Die auf Auskunft vom Bundesnachrichtendienst gerichtete Klage ist zulässig (1.), aber unbegründet. (2.).
1. a) Ãber die Klage hat erstinstanzlich das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden, denn ihr liegen Vorgänge im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes zu Grunde (§ 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO).
b) Das Begehren ist in der Form der allgemeinen Leistungsklage statthaft. Es ist auf ein tatsächliches Handeln der Beklagten gerichtet. Anders als bei Auskunftsklagen nach § 7 BNDG i.V.m. § 15 BVerfSchG geht der Erteilung der Auskunft keine davon gesonderte und als Verwaltungsakt zu qualifizierende "Entscheidung" des Behördenleiters oder einer von ihm beauftragten Person (§ 15 Abs. 2 Satz 2 BVerfSchG) voraus (Urteil vom 28. November 2007 - 6 A 2.07 - Buchholz 402.71 BNDG Nr. 1 = BVerwGE 130, 29 Rn. 13[BVerwG 28.11.2007 - BVerwG 6 A 2.07]).
c) Die Klage hat sich nicht teilweise erledigt. Zwar hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung die Zahlen von hauptamtlichen Mitarbeitern und Nachrichtendienstlichen Verbindungen in den Jahren 1950, 1955, 1960, 1970 und 1980 offengelegt. Der Anspruch des Klägers ist aber auf eine Auskunft über die Durchsetzung des Bundesnachrichtendienstes mit Mitarbeitern nationalsozialistischen Hintergrunds gerichtet. Sein Auskunftsanspruch ist als einheitlicher Anspruch gemeint. Die Zahlen der Mitglieder in nationalsozialistischen Organisationen und der Abteilung "Fremde Heere Ost" sollen im Verhältnis zu der auch angefragten Gesamtzahl hauptamtlicher Mitarbeiter und Nachrichtendienstlicher Verbindungen das Ausmaà der Durchsetzung mit Mitarbeitern nationalsozialistischen Hintergrunds widerspiegeln. Insoweit ist der Auskunftsanspruch unteilbar und einer Erfüllung und damit Erledigung durch Benennung einzelner Zahlen nicht zugänglich.
2. Die Klage ist unbegründet. Die Landespressegesetze begründen keine Auskunftsansprüche der Presse gegen den Bundesnachrichtendienst; deshalb kann der Kläger sein Begehren nicht auf § 4 Abs. 1 BlnPrG stützen. Die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung derartiger Presseauskünfte liegt beim Bund (a). Solange der Bund von seiner gesetzlichen Regelungskompetenz keinen Gebrauch macht, folgt ein Auskunftsanspruch der Presse unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Allerdings erfüllt das konkrete Begehren des Klägers die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nicht (b). Das Auskunftsbegehren kann nicht auf Art. 10 EMRK (c) oder Art. 19 IPpbR gestützt werden.
a) Die Länder können durch ihre Pressegesetze den Bundesnachrichtendienst nicht zu Auskünften gegenüber der Presse verpflichten. Für eine solche Regelung fehlt ihnen die Gesetzgebungskompetenz. Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht (Art. 70 Abs. 1 GG). Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemisst sich nach den Vorschriften des Grundgesetzes über die ausschlieÃliche und die konkurrierende Gesetzgebung (Art. 70 Abs. 2 GG). Mangels einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Sachgebiet "Presserecht" haben die Länder zwar die Befugnis, presserechtliche Regelungen zu treffen (aa). Diese Befugnis umfasst aber nicht alle Regelungen, die die Presse berühren, sondern stöÃt dort an Grenzen, wo sie auf eine vorrangige anderweitige Gesetzgebungskompetenz trifft. Die Regelung von Auskunftsansprüchen gegenüber der Presse folgt aus anderen Kompetenztiteln, die - soweit der Bundesnachrichtendienst betroffen ist - ausschlieÃlich dem Bund zustehen (bb).
aa) Das Presserecht ist als Materie weder im Katalog der ausschlieÃlichen Gesetzgebung des Bundes (Art. 73 GG) noch der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74 GG) aufgeführt. Die Entwürfe des Grundgesetzes bis zur 3. Lesung im Hauptausschuss (10. Februar 1949) sahen im Anschluss an Art. 7 Nr. 6 der Weimarer Reichsverfassung und an Art. 4 Nr. 16 der Reichsverfassung von 1871 eine konkurrierende Kompetenz des Bundes für das Presserecht vor (vgl. den Abdruck der Materialien in: Jahrbuch des Ãffentlichen Rechts Neue Folge Band 1 <1951>, 1 <557 ff.>). Diese Kompetenz wurde jedoch auf Veranlassung der Alliierten (vgl. Memorandum vom 2. März 1949) beseitigt und durch die Rahmenkompetenz des Art. 75 Nr. 2 GG ersetzt (Nachweise in: BVerfG, Beschluss vom 4. Juni 1957 - 2 BvL 17/56 u.a. - BVerfGE 7, 29 [BVerfG 04.06.1957 - 2 BvL 17/56] <40>). Das Bundesverfassungsgericht geht in seiner Rechtsprechung aber davon aus, dass die Zuständigkeitskataloge der deutschen bundesstaatlichen Verfassungen eine besondere Materie "Presserecht" kennen (BVerfG, Beschluss vom 4. Juni 1957 a.a.O. S. 38 unter Hinweis auf Art. 4 Nr. 16 RVerf. von 1871, Art. 7 Nr. 6 WeimRVerf. und Art. 75 Nr. 2 GG). Dabei sei es ohne Bedeutung, dass die Abgrenzung des Rechtsgebietes "Presserecht" in verschiedener Hinsicht zweifelhaft und umstritten sei (BVerfG, Beschluss vom 4. Juni 1957 a.a.O.).
Die Länder sind demnach entsprechend dem Grundsatz des Art. 70 Abs. 1 GG für gesetzliche Regelungen auf dem Gebiet des Pressewesens zuständig (BVerfG, Beschluss vom 28. November 1973 - 2 BvL 42/71 - BVerfGE 36, 193 <201>). Diese Zuständigkeit muss jedoch diejenigen Grenzen beachten, die sich aus vorrangigen anderweitigen Kompetenzen ergeben. Dies hat bereits in der Vergangenheit zu Abgrenzungsfragen geführt, wenn Teile der Vollregelung Bezüge zu mehreren Sachgebieten aufwiesen. Dieser Umstand enthebt jedoch nicht von der Notwendigkeit, die Materie entweder dem einen oder dem anderen Kompetenzbereich zuzuweisen: eine "Doppelzuständigkeit", auf deren Grundlage Bund und Länder ein und denselben Gegenstand in unterschiedlicher Weise regeln könnten, ist dem System der verfassungsrechtlichen Kompetenznormen fremd und wäre mit ihrer Abgrenzungsfunktion (vgl. Art. 70 Abs. 2 GG) auch nicht vereinbar (BVerfG, Beschluss vom 28. November 1973 a.a.O. S. 202 f.). Diese Beurteilung entspricht schlieÃlich auch dem Bedürfnis nach Rechtseinheit. Ein anderes Ergebnis widerspräche dem Gebot sachgemäÃer und funktionsgerechter Auslegung der Kompetenzvorschriften (BVerfG, Be-schluss vom 28. November 1973 a.a.O. S. 209).
Nachdem der Bund von der Kompetenz zur Rahmengesetzgebung für die allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse (Art. 75 Abs. 1 Nr. 2 GG a.F.) bis zu ihrer Aufhebung (Gesetz zur Ãnderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006, BGBl. I S. 2034) keinen Gebrauch gemacht hatte, haben die Bundesländer ab 1959 nach einem als Muster dienenden Modellentwurf neue, in den wesentlichen Punkten übereinstimmende Landespressegesetze geschaffen, die in den Jahren 1964 bis 1966 in Kraft traten (Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 5. Aufl. 2005, Kapitel 4 Rn. 35). Die Länder haben in ihren Landespressegesetzen sogenannte Vollregelungen getroffen, durch die nicht nur das Ordnungsrecht der Presse (z.B. Impressumsvorschrift), sondern auch das Recht der Gegendarstellung, der Pressebeschlagnahme, der Presse-Verjährung, der öffentlichen Aufgabe der Presse und ihres Informationsanspruchs gegenüber den Behörden normiert worden sind (Löffler/Ricker, a.a.O. Kapitel 2 Rn. 3 m.w.N.). Teile dieser Vollregelungen wurzelten in anderen Materien als dem Presserecht und haben dementsprechend schon zu früheren Zeitpunkten verfassungsrechtliche Einschränkungen erfahren. So verlieh den Ländern die uneingeschränkte Gesetzgebungszuständigkeit auf dem Gebiet des Pressewesens zwar die Befugnis, die Verjährung von Pressedelikten zu regeln (BVerfG, Beschluss vom 4. Juni 1957 a.a.O.), nicht aber diejenige, das Zeugnisverweigerungsrecht der Presse im Strafverfahren zu normieren; denn bei letzterem handelt es sich nicht um einen Gegenstand des Presserechts, sondern um eine Materie, die Teil des gerichtlichen Verfahrens ist und darum gemäà Art. 74 Nr. 1 GG in den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung fällt (BVerfG, Beschluss vom 28. November 1973 a.a.O. S. 196). Ebenso wenig waren sie zuständig für Regelungen über pressebezogene Beschlagnahmen im Strafverfahren (BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 1978 - 2 BvL 2/78 - BVerfGE 48, 367 <372 f.>). Ihre Kompetenz zur Regelung der Presseauskünfte durch Landesbehörden folgt nicht aus der Gesetzesmaterie "Presserecht", sondern als Annex zu der jeweiligen Sachkompetenz, beispielsweise in den Bereichen "Schule", "Hochschulen", "Justiz", "Polizei"; die Bestimmungen über die Auskunftspflichten von Landesbehörden hätten daher statt in den Pressegesetzen auch in anderen - verwaltungs- oder organisationsrechtlichen - Gesetzen der Länder aufgenommen werden können.
bb) Dem Bund steht die ausschlieÃliche Kompetenz für die Gesetzgebung in auswärtigen Angelegenheiten sowie in Angelegenheiten der Verteidigung zu (Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG). Zu dieser Materie gehört auch der gesetzliche Auftrag an den Bundesnachrichtendienst zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland mit auÃen- und sicherheitspolitischer Relevanz (BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a. - BVerfGE 100, 313 <368 ff.>; BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2008 - BVerwG 6 A 1.07 - BVerwGE 130, 180 Rn. 33 = Buchholz 402.9 G 10 Nr. 2). Die Kompetenz zur Regelung der Sachmaterie "Bundesnachrichtendienst" schlieÃt als Annex die Befugnis ein, Voraussetzungen und Grenzen zu regeln, unter denen der Ãffentlichkeit einschlieÃlich der Presse Informationen zu erteilen sind oder erteilt werden dürfen. Landespressegesetzliche Auskunftsvorschriften wie § 4 BlnPrG bzw. § 4 BayPrG sind vor diesem Hintergrund verfassungskonform dahin auszulegen, dass der Bundesnachrichtendienst nicht zu den von ihnen verpflichteten "Behörden" zählt.
(1) Kennzeichnend für die Annexkompetenz ist ihr dienender, im Verhältnis zur geschriebenen materiellen Kompetenz, zu der sie hinzutritt, akzessorischer Charakter. Sie deckt den Erlass von Vorschriften, die in einem funktionellen Zusammenhang zur geschriebenen Kompetenzmaterie stehen (vgl. Rozek, in: v.Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 70 Rn. 48; Degenhart, in: Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 70 Rn. 38; Heintzen, in: BK, Grundgesetz, Stand: Dezember 2003, Art. 70 Rn. 120; Uhle, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand: November 2012, Art. 70 Rn. 71; jeweils m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht hebt in seiner Rechtsprechung insbesondere darauf ab, ob ein "notwendiger Zusammenhang zu der in der Zuständigkeit des Bundes liegenden Materie" besteht oder die Annexregelungen "für den wirksamen Vollzug der Bestimmungen erforderlich sind" (BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <215>; ähnlich Beschluss vom 9. Dezember 1987 - 2 BvL 16/84 - BVerfGE 77, 288 <299>).
(2) Die Annexkompetenz des Bundes zum Erlass von Regelungen über die Erteilung von Presseauskünften durch den Bundesnachrichtendienst begründet sich aus dem Umstand, dass die öffentliche Zugänglichkeit der dort vorhandenen Informationen die gesetzliche Aufgabenerfüllung beeinflussen kann. Sie erhöht auf der einen Seite die Nachvollziehbarkeit der Gesetzesausführung durch den Bürger und vermag so sein Vertrauen in deren Rechtsstaatlichkeit und Sachangemessenheit zu stärken; zugleich verbreitert sie den Informationsstand der Ãffentlichkeit und befördert damit politische Teilhabe. Andererseits birgt sie die Möglichkeit, dass Schutzinteressen Dritter oder aufgabenbezogene Vertraulichkeitsinteressen beeinträchtigt werden. Mit der Entscheidung über Umfang und Grenzen der öffentlichen Zugänglichkeit von Verwaltungsinformationen wird so indirekt mit über den normativen Stellenwert oder das praktische Gewicht bestimmter von einer Sachmaterie erfasster materieller Belange bestimmt und insgesamt eine zentrale, auf die behördliche Umsetzung der fachgesetzlichen Regelungsanliegen einwirkende Rahmenbedingung des Verwaltungshandelns gesetzt. Der notwendige Ausgleich zwischen Transparenz- und Vertraulichkeitsinteressen muss von dem für die Sachmaterie zuständigen Gesetzgeber in enger Abstimmung auf die Sach- und Rechtsstrukturen der betroffenen Materie und deren spezifische Problemlagen und Regelungsnotwendigkeiten vorgenommen werden. Für den Bereich von Presseauskünften gilt insoweit nichts prinzipiell anderes als für Regelungen über den Zugang von Bürgern zu Verwaltungsinformationen, wie sie der Bund mit dem Informationsfreiheitsgesetz geschaffen hat.
(3) Soweit Bundesbehörden sonstige Sachmaterien der Art. 73 f. GG ausführen, kommen die vorstehenden Erwägungen entsprechend zum Tragen. Keiner Vertiefung bedarf im vorliegenden Fall die Frage, inwieweit eine Bundeskompetenz zur Regelung von Presseauskünften zusätzlich daraus herzuleiten ist, dass der Bund nach der Verfassungsordnung die Verantwortung für die administrative Ausrichtung und Funktionsfähigkeit der Bundesverwaltung trägt; dieser Ansatz würde umgekehrt Regelungskompetenzen der Landesgesetzgeber in Bezug auf die Erteilung von Presseauskünften durch Landesbehörden auch dort begründen können, wo diese Gesetzesmaterien vollziehen, die in der ausschlieÃlichen Sachkompetenz des Bundes liegen.
b) Allerdings hat der Bund von der ihm zukommenden Gesetzgebungskompetenz speziell mit Blick auf Auskünfte seiner Behörden an die Presse nicht Gebrauch gemacht. Das schlieÃt einen Anspruch allerdings nicht aus (aa). Im vorliegenden Fall erfüllt das streitige Auskunftsbegehren aber die Voraussetzungen dieses Anspruchs nicht (bb).
aa) Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistet nicht nur ein Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe, sondern garantiert darüber hinaus in seinem objektivrechtlichen Gehalt die institutionelle Eigenständigkeit der Presse (BVerfG, Urteil vom 5. August 1966 - 1 BvR 586/62 u.a. - BVerfGE 20, 162 [BVerfG 05.08.1966 - 1 BvR 586/62] <175 f.>; BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1984 - BVerwG 7 C 139.81 - BVerwGE 70, 310 <311> = Buchholz 422.1 Presserecht Nr. 3 S. 7). Der Gesetzgeber ist hieraus in der Pflicht, die Rechtsordnung in einer Weise zu gestalten, die der besonderen verfassungsrechtlichen Bedeutung der Presse gerecht wird und ihr eine funktionsgemäÃe Betätigung ermöglicht. Hierzu zählt auch die Schaffung von behördlichen Auskunftspflichten (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. August 1966 a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1984 a.a.O. S. 314 bzw. S. 10), die es der Presse erleichtern oder in Einzelfällen sogar überhaupt erst ermöglichen, ihre Kontroll- und Vermittlungsfunktionen zu erfüllen, die in der repräsentativen Demokratie unerlässlich sind. Beim Erlass entsprechender Auskunftsregeln steht dem Gesetzgeber - wie in anderen Fällen der Umsetzung objektiv-rechtlicher Grundrechtsgehalte - ein weiter Ausgestaltungsspielraum zu. Er kann die aus seiner Sicht der Auskunftserteilung entgegenstehenden privaten und öffentlichen Interessen berücksichtigen und gegenüber dem Auskunftsinteresse der Presse bzw. der Ãffentlichkeit in Abwägung bringen (vgl. Urteil vom 13. Dezember 1984 a.a.O. S. 315 bzw. S. 10). Im Hinblick auf die Gewichtung und Austarierung dieser Interessen unterliegt er deutlich schwächeren verfassungsrechtlichen Direktiven als beim Erlass von Regelungen, mit denen Eingriffe in den abwehrrechtlichen Gewährleistungsgehalt von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbunden sind. So ist er im Grundsatz etwa nicht gehindert, bei Vorliegen plausibler Gründe auch solchen Vertraulichkeitsinteressen im Einzelfall Vorrang einzuräumen, die bei abstrakter Betrachtung nicht das verfassungsrechtliche Gewicht aufbringen, das der Pressefreiheit zukommt; ebenso wenig ist er grundsätzlich gehindert, auf der Grundlage typisierender bzw. pauschalierender Interessensgewichtungen und -abwägungen bestimmte behördliche Funktionsbereiche von der Pflicht zur Auskunftserteilung ganz auszunehmen. Entscheidend ist, dass die Auskunftsregelungen insgesamt hinreichend effektiv sind, d.h. der Presse im praktischen Gesamtergebnis eine funktionsgemäÃe Betätigung sichern.
Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes begründet Jedermannspflichten und formt nicht spezifisch die informationsrechtliche Stellung der Presse aus. Seine Zugangsregelungen und Begrenzungsvorschriften reflektieren nicht die besonderen Funktionsbedürfnisse der Presse. Der Bundesgesetzgeber hat mit seinem Erlass nicht zur Erfüllung des Gestaltungsauftrags gehandelt, der ihm aus dem objektiv-rechtlichen Gewährleistungsgehalt des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG erwächst.
Bleibt der zuständige Gesetzgeber untätig, muss unmittelbar auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG als Rechtsgrundlage für pressespezifische Auskunftspflichten zurückgegriffen werden. Ohne einen solchen Rückgriff, der -was nach der Verfassungsordnung die Ausnahme bleibt - den objektivrechtlichen Gewährleistungsgehalt des Grundrechts in einen subjektivrechtlichen Anspruch umschlägt, liefe die Pressefreiheit in ihrem objektivrechtlichen Gewährleistungsgehalt leer. Die Anwendung des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs muss jedoch in einer Weise vorgenommen werden, die nicht die Ausgestaltungsprärogative des Gesetzgebers unterläuft, indem sie auf Grundlage von Interessensgewichtungen und -abwägungen erfolgt, die nach der Verfassungsordnung nur der Gesetzgeber vorzunehmen befugt ist. Die Position von Behörden oder Gerichten, die über die Berechtigung eines geltend gemachten verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs zu entscheiden haben, ist schon im Ansatz nicht vergleichbar mit der Position des Gesetzgebers, der in Umsetzung des Gestaltungsauftrags aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gesetzliche Regelungen zu treffen hat. Dies zwingt dazu, den verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch auf das Niveau eines "Minimalstandards" zu begrenzen, den auch der Gesetzgeber nicht unterschreiten dürfte. Danach endet das verfassungsunmittelbare Auskunftsrecht von Pressevertretern dort, wo berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen entgegenstehen. Sind solche schutzwürdigen Interessen nicht erkennbar, wäre auch eine gesetzliche Bestimmung, welche der Presse die Auskunft verwehrte, mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und den hierin angelegten Ausgestaltungsdirektiven nicht vereinbar. Berechtigte schutzwürdige Interessen der hier in Rede stehenden Art sind beispielhaft in den Landespressegesetzen aufgeführt, deren insoweit einschlägige Bestimmungen (vgl. etwa § 4 Abs. 2 BlnPrG) im hier interessierenden Zusammenhang freilich nicht als abschlieÃend verstanden werden dürfen.
Der im vorstehend beschriebenen Umfang durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Informationszugang beschränkt sich auf die bei der informationspflichtigen Stelle tatsächlich vorhandenen Informationen. Das sind diejenigen Informationen, die zum Zeitpunkt des begehrten Informationszugangs tatsächlich vorliegen. Aus der Pflicht der Behörde, die Pressetätigkeit ausschlieÃlich durch Offenlegung bestimmter Fakten und Tatsachen aufgrund konkreter Fragen zu unterstützen, folgt eine Begrenzung des Auskunftsrechts der Presse; denn diesem Recht auf Auskunft korrespondiert die Pflicht der Behörde zur Auskunftserteilung. Die Frage darf nicht so allgemein gehalten sein und ohne Bezug zu einem konkreten Tatsachenkomplex, dass zu ihrer Beantwortung eine Sachverhaltsforschung und Untersuchung seitens der Behörde erforderlich wird (Schröer-Schallenberg, Informationsansprüche der Presse gegenüber Behörden, 1987, S. 93): Das Auskunftsrecht führt also nicht zu einer Informationsbeschaffungspflicht zu Lasten der Behörde. Müssen Informationen erst durch Untersuchungen generiert werden, sind sie als Gegenstand eines presserechtlichen Auskunftsanspruchs noch nicht vorhanden.
bb) Die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Die streitgegenständlichen Fragen sind nicht auf "Auskünfte" i.S.v. Minimalstandards von Informationen nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gerichtet. Vordergründig betrachtet hat die Beklagte die ersuchte Auskunft dadurch erteilt, dass sie angab, die gestellten Fragen nach den personellen Kontinuitäten im damaligen Zeitpunkt nicht beantworten zu können. Diese Auskunft konnte die Beklagte ohne weitergehende Nachforschungen erteilen, weil der Mangel an entsprechenden Kenntnissen im Bundesnachrichtendienst der Auslöser für die Einsetzung einer Unabhängigen Historikerkommission war, deren Arbeit noch nicht abgeschlossen ist. Die vom Kläger gestellten Fragen nach den personellen Kontinuitäten unter den hauptamtlichen Mitarbeitern sowie den sog. nachrichtendienstlichen Verbindungen sind auf eine Informationsbeschaffung durch die Behörde gerichtet. Die vom Kläger begehrten Informationen liegen nach den glaubhaften Angaben der Beklagten weder EDV-technisch aufbereitet beim Bundesnachrichtendienst vor, noch lassen sie sich unter Zuhilfenahme des Arbeitsberichts "Org. 85" sowie dazu gehöriger Karteikarten und Akten beantworten. Hinsichtlich etwaiger Mitgliedschaften in Organisationen des NS-Regimes weist die Beklagte darauf hin, dass diese nicht zentral erfasst worden seien und deshalb kein zentraler Aktenbestand zur Verfügung stehe, in dem solche Zahlen leicht ablesbar seien. Deshalb verweist die Beklagte wegen der streitgegenständlichen Personalstrukturdaten ihrer hauptamtlich Beschäftigten zu Recht auf das noch ausstehende Ergebnis der von ihr eingesetzten Unabhängigen Historikerkommission. Vor Abschluss dieser Untersuchung handelt es sich hinsichtlich der erwarteten Zahlen und Strukturdaten noch nicht um vorhandene Informationen.
c) Das Auskunftsbegehren des Klägers kann nicht auf Art. 10 EMRK gestützt werden. Es kann offen bleiben, ob das vom Kläger erwähnte Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 14. April 2009 in der Sache "Tarsasag a Szabadsagjogokert vs. Ungarn" (RS 37374/05) in dem Sinne zu verstehen ist, dass der Gerichtshof jedenfalls für den Bereich der Presse und bestimmter Nichtregierungsorganisationen Art. 10 EMRK auf der Tatbestandsebene ein allgemeines - und nicht nur auf spezifische Fallgruppen beschränktes - Recht auf Zugang zu Verwaltungsinformationen entnimmt. Ebenso kann offen bleiben, inwiefern sich zwischen der Schrankenregelung in Art. 10 Abs. 2 EMRK auf der einen und nationalen Ausschlusstatbeständen wie §§ 3 f. IFG oder § 4 Abs. 2 BlnPrG bzw. den tatbestandlichen Schranken des verfassungsmittelbaren Anspruchs aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auf der anderen Seite überhaupt Deckungslücken mit der Folge auftun, dass in bestimmten Konstellationen ein nach nationalem Recht ausgeschlossenes Auskunftsrecht im Lichte der Europäischen Menschenrechtskonvention begründet sein kann. Die Ableitung eines Auskunftsanspruchs des Klägers aus Art. 10 EMRK scheitert schon daran, dass diese Bestimmung nach dem vorerwähnten Urteil des Gerichtshofs (Rn. 36) eine Herausgabe von Verwaltungsinformationen jedenfalls dann nicht gebietet, wenn diese nicht aufbereitet und unmittelbar verfügbar sind ("ready and available"), sondern durch eigene Recherchen der Behörde erst zusammengestellt werden müssten ("require the collection of any data by the Government"). Letzteres wäre hier, wie dargelegt, der Fall.
Es ist nicht ersichtlich, dass Art. 19 IPpbR einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen begründen könnte.
3. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO).