zurück zur Übersicht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidung vom 07.01.1981, Az.: 7 B 179/80

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. Juni 1980 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4.000 DM festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß er keiner straßen(verkehrs-)rechtlichen Erlaubnis dafür bedarf, auf der Straße im Fußgängerbereich der Düsseldorfer Innenstadt Gemälde und Plastiken anzufertigen, aufzustellen und zu verkaufen. Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat u.a. ausgeführt, daß die Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG - nicht hindere, die vom Kläger begehrte Tätigkeit als erlaubnis- oder genehmigungspflichtige Nutzung der Straße zu werten. Die Beschwerde, mit der der Kläger die Zulassung der Revision erstrebt, kann ebenfalls keinen Erfolg haben.

Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Die Beschwerde hält für rechtsgrundsätzlich bedeutsam, welchen Schutz Art. 5 Abs. 3 GG gegenüber den straßenrechtlichen und straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften gibt, die für den Gebrauch der Straße, der über den Gemeingebrauch hinausgeht, eine Sondernutzungserlaubnis vorschreiben (§ 18 Abs. 1 des Landesstraßengesetzes) und die das Verbringen von Gegenständen auf die Straße sowie das Anbieten von Waren oder Leistungen auf der Straße nur im Wege der Ausnahmegenehmigung gestatten (§§ 32 Abs. 1 Satz 1, 33 Abs. 1 Nr. 2, 46 Abs. 1 Nrn. 8 und 9 der Straßenverkehrsordnung - StVO -). Diese Frage braucht jedoch für die Entscheidung der vorliegenden Sache nicht weiter geklärt zu werden.

Dabei kann offenbleiben, inwieweit das Begehren des Klägers, die öffentliche Straße - im wesentlichen aus erwerbswirtschaftlichen Gründen - zur Herstellung und Darbietung von Gemälden und Plastiken zu benutzen, überhaupt von Art. 5 Abs. 3 GG erfaßt wird. Ferner kann offenbleiben, ob hier ein Eingriff in die Rechte aus Art. 5 Abs. 3 GG entfällt, weil nicht der Inhalt der Kunst eingeschränkt wird, sondern es sich hier darum handelt, daß der Kläger beansprucht, seine Tätigkeit an einem bestimmten Ort - nämlich auf öffentlicher Straße - in einer Weise auszuüben, die über das Maß hinausgeht, das dort allgemein zulässig ist. Jedenfalls ist dem Berufungsgericht zuzustimmen, daß Art. 5 Abs. 3 GG der Anwendung von Vorschriften, die die Sondernutzung der Straße der Erlaubnis- oder der Genehmigungspflicht unterwerfen, deshalb nicht entgegensteht, weil auch die Ausübung der Kunst nicht ohne weiteres in den Freiheitsbereich anderer eindringen darf.

Die Freiheit der Kunst umfaßt nicht das Recht, sich zu jeder Zeit und an jedem Ort in beliebiger Art zu betätigen. Es ist demgemäß geklärt, daß Art. 5 Abs. 3 GG zwar nicht den Schranken der allgemeinen Gesetze im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG unterliegt, jedoch seine Grenze in den Grundrechten anderer Personen findet (BVerfGE 30, 173 [193]; 33, 52 [71]; BVerwGE 1, 303 [307]). Ebenso ist - wie das Berufungsgericht weiterhin mit Recht ausgeführt hat geklärt, daß der störungsfreie Gemeingebrauch der öffentlichen Straße und die Sicherheit des Straßenverkehrs in ihrem Kern durch die Grundrechte der Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG gewährleistet sind (BVerwGE 27, 181 [185]; 30, 235 [238]). Mit diesen Rechten kann der Gebrauch der Straße, den der Kläger unter Hinweis auf die Freiheit seiner Kunst für sich beansprucht, kollidieren. Bei einer Tätigkeit, die die Straße als Malerwerkstatt und Ausstellungsort von Bildern benutzt, ist regelmäßig von der Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer auszugehen. Diese Gefahr der Kollision von Grundrechten verschiedener Rechtsträger rechtfertigt eine behördliche Kontrolle in Form des vorgängigen Erlaubnisverfahrens, damit die zuständigen Behörden nicht nur Kenntnis von Ort, Zeitdauer und Umfang der Sondernutzung der Straße erhalten, sondern auch Verkehrsstörungen verhindern oder einen zumutbaren Interessenausgleich schaffen können. Insoweit sind im wesentlichen die gleichen Erwägungen maßgebend, mit denen der Senat (Urteil vom 7. Juni 1978 in BVerwGE 56, 63 [67 f.]) die straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis gegenüber dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 2 GG gerechtfertigt hat (ebenso Maunz-Dürig-Herzog-Scholz, Kommentar zum Grundgesetz RdNrn. 54 und 74 zu Art. 5 Abs. 3). Der Beschwerde ist zuzugeben, daß damit das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 GG - trotz seiner Spezialität zu Art. 5 Abs. 2 GG - letztlich doch unter den Gesetzesvorbehalt des § 18 Abs. 1 des Landesstraßengesetzes und der §§ 32 Abs. 1 Satz 1, 33 Abs. 1 Nr. 2, 46 Abs. 1 Nrn. 8 und 9 StVO gestellt ist. Dieses Ergebnis ist aber angesichts der Rechtslage, daß die Kunstfreiheit ihre Grenzen in der Verfassung selbst findet, in den Fällen zwangsläufig, in denen die gesetzliche Regelung, die durch die Kunstausübung betroffen wird, zum Ziel hat, ein der Kunstfreiheit gleichrangig gegenübertretendes Verfassungsgut zu schützen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, [...].