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Bundesverwaltungsgericht

Entscheidung vom 06.06.1975, Az.: IV C 15/73

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Januar 1973 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Tatbestand

I.Der Beklagte verlangt die Beseitigung einer Blockhütte, die der Kläger im Jahre 1969 ohne bauaufsichtliche Genehmigung auf einem 1.160 qm großen, außerhalb der geschlossenen Ortslage von B. gelegenen Waldgrundstück errichtet hat. Die Baulichkeit besitzt bei einer Grundfläche von ca. 16 qm einen umbauten Raum von etwa 32 cbm. Im Zeitpunkt der Ortsbesichtigung durch den Berichterstatter des Berufungsgerichts (November 1972) war der Raum mit zwei Tischen, mehreren Stühlen, einer Kleiderablage und zwei Wandregalen ausgestattet.

Das mit der Blockhütte bebaute Grundstück ist Teil eines Waldgebietes. Es liegt an einem unausgebauten Wirtschaftsweg. Auf der anderen Seite des Weges befindet sich ein behördlich zugelassener Campingplatz, auf dem eine genehmigte Gaststätte und ein genehmigtes Wasch- und Toilettengebäude, außerdem aber auch mehrere ungenehmigte Baulichkeiten stehen, deren Beseitigung der Beklagte anstrebt.

Der Kläger beantragte Anfang 1970 nachträglich die bauaufsichtliche Genehmigung des Blockhauses. Diesen Antrag lehnte der Funktionsvorgänger des Beklagten durch Bescheid vom 8. Juli 1970 u.a. mit der Begründung ab, das Wochenendhaus könne als im Außenbereich nichtprivilegiertes Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 des Bundesbaugesetzes vom 23. Juni 1960 (BGBl. I S. 341) - BBauG - nicht zugelassen werden. Dieser Bescheid wurde nach erfolglosem Widerspruch bestandskräftig.

Durch Ordnungsverfügung vom 14. Oktober 1970 ordnete der Funktions Vorgänger des Beklagten daraufhin die Beseitigung des Wochenendhauses an. Der zuständige Regierungspräsident wies den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte er unter anderem aus, daß das Vorliegen eines materiell ordnungswidrigen Zustandes mit Rücksicht auf die Bestandskraft der vorangegangenen Genehmigungsversagung nicht mehr mit Erfolg in Zweifel gezogen werden könne.

Der Kläger hat zur Begründung seiner Anfechtungsklage im ersten und im zweiten Rechtszug im wesentlichen folgendes geltend gemacht: Die materielle Baurechtswidrigkeit der Hütte dürfe im vorliegenden Verfahren nicht einfach unter Bezugnahme auf das vorangegangene Genehmigungsverfahren unterstellt werden. Tatsächlich sei die Hütte materiell legal. Es handele sich nicht um ein Wochenendhaus. Vielmehr würden in der Hütte Werkzeuge und Geräte untergestellt, die er für Pflege- und Aufforstungsarbeiten benötige. Diese Arbeiten seien für, ihn nicht nur eine Freizeitbeschäftigung, sondern eine gesundheitliche Notwendigkeit, da er an seinem Arbeitsplatz und in seiner Wohnung in hohem Maße gesundheitsschädlichem Fluglärm ausgesetzt sei. Außerdem, diene die Hütte einem kranken Familienmitglied als Freizeitaufenthalt. Von einer Störung des Landschaftsbildes könne keine Rede sein. Im Gegenteil werde das Landschaftsbild durch den Campingplatz negativ geprägt, während der Kläger durch Bau- und Planierungsarbeiten auf seinem Grundstück das Landschaftsbild verbessert habe. Überdies widerspreche die Beseitigungsverfügung dem Gleichheitssatz. Ein auf dem Campingplatz stehendes vergleichbares Gebäude sei genehmigt worden. Außerdem sollten an einer anderen Stelle des Gemeindegebietes ein umfangreicheres Wochenendhausgebiet ausgewiesen und durch diese Planung die dort bereits errichteten Wochenendhäuser legalisiert werden.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach Einnahme eines Augenscheins abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat - ebenfalls nach Augenscheinseinnahme - die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Seine Entscheidung beruht im wesentlichen auf folgenden Erwägungen: Die angefochtene Beseitigungsverfügung rechtfertige sich aus den §§ 1 und 14 ff. des Ordnungsbehördengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Oktober 1969 (GV NW S. 732) - OBG -. Das Blockhaus des Klägers störe die öffentliche Sicherheit, weil es sowohl formell als auch materiell rechtswidrig sei. Die formelle Rechtswidrigkeit ergebe sich aus dem Fehlen der erforderlichen Baugenehmigung. Die materielle Rechtswidrigkeit stehe dagegen mit Rücksicht auf den die Genehmigung versagenden Bescheid vom 8. Juli 1970 fest. Dieser Bescheid sei bestandskräftig geworden. Das schließe eine erneute Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit mindestens dort aus, wo das vorangegangene Baugenehmigungsverfahren gerade zu dem Zweck durchgeführt worden sei, die Genehmigungsfähigkeit einer bereits ungenehmigt errichteten baulichen Anlage zu klären. Beruhe in solchen Fällen die Genehmigungsversagung auf einer Verneinung der materiellen Rechtmäßigkeit der Anlage, so sei damit die materielle Rechtswidrigkeit verbindlich festgestellt. Allerdings treffe es zu, daß grundsätzlich nur der Tenor einer Entscheidung in Bestandskraft erwachse. Die abstrakte Formel, daß der Bauantrag abgelehnt werde, lasse aber den Inhalt und Umfang der von ihr ausgebenden materiellen Rechtskraft Wirkung nicht erkennen; deshalb bedürfe sie der Konkretisierung. Nach den insbesondere zum Zivilproseß entwickelten allgemeinen Regeln müsse insoweit auf die Gründe einer Entscheidung zurückgegriffen werden. Das führe bei Genehmigungsversagungen vor allem auf Unterschiede je nachdem, ob die Versagung aus formellen oder aus materiellen Gründen erfolge. Im ersten Falle beschränke sich die Rechtskraftwirkung des ablehnenden Bescheides auf den festgestellten formellen Mangel. Sei dagegen das Baugesuch nach materiellem Recht geprüft und negativ beschieden worden, stehe die materielle Rechtswidrigkeit des Vorhabens verbindlich fest. Das entspreche dem negativen Feststellungsgehalt eines Urteils, durch das eine Feststellungsklage abgewiesen werde. Für diese Lösung sprächen zudem praktische Erwägungen. Es sei nicht einzusehen, weshalb beim Streit um eine Beseitigungsverfügung die Frage der materiellen Baurechtswidrigkeit erneut, sollte aufgeworfen werden können, wenn das vorher abgeschlossene Baugenehmigungsverfahren gerade den Sinn gehabt habe, Klarheit darüber zu schaffen, ob das Bauwerk nachträglich zugelassen werden könne oder nicht. Es mache grundsätzlich keinen Unterschied, ob das Baugesuch seine abschließende Erledigung im Verwaltungsverfahren gefunden habe oder Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geworden sei. Werde eine von der Genehmigungsversagung ausgehende Bindung verneint, so bestehe die Gefahr, daß es zu einander wider sprechenden Entscheidungen komme. Zuzugeben sei, daß diese Rechtsauffassung mitunter zu Härten führe, etwa dann, wenn der Bauherr eine an sich fehlerhafte Genehmigungsversagung versehentlich habe unanfechtbar werden lassen. Solche Härten müßten jedoch im Interesse der Rechtssicherheit in Kauf genommen werden, zumal es der Bauherr in der Hand habe, die Genehmigungsversagung gerichtlich überprüfen zu lassen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, zu deren Begründung der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Er beantragt dem Sinne nach, die Urteile der Vorinstanzen sowie die Beseitigungsverfügung und den Widerspruchsbescheid aufzuheben.

Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Er halt das angefochtene Urteil für richtig.

Die beigeladene Gemeinde hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

II.Die Revision bleibt erfolglos. Das angefochtene Urteil entspricht zwar nicht in seiner Begründung, jedoch in seinem Ergebnis dem Bundesrecht (vgl. §§ 137 Abs. 1 und 144 Abs. 4 VwGO).

Die vom Kläger erhobene Aufklärungsrüge greift nicht durch. Aus der Niederschrift über die Ortsbesichtigung sowie aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils ist zu entnehmen, daß Feststellungen über die Abmessungen und die Beschaffenheit des streitbefangenen Vorhabens getroffen worden sind, gegen die der Kläger Einwendungen, nicht erhoben hat. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang die Genehmigungsbedürftigkeit des Vorhabens und die richtige Anwendung der einschlägigen Vorschriften des Ordnungsbehördengesetzes anzweifelt, steht seinem. Vorbringen entgegen, daß sich diese Fragen nach dem irrevisiblen Landesrecht beantworten und dementsprechend insoweit das angefochtene Urteil dem Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist (§§ 137 Abs. 1 und 173 VwGO in Verbindung mit § 562 ZPO). Inwiefern die Rüge, das Berufungsgericht habe das Fehlen eines ordnungsgemäßen Flächennutzungsplanes nicht hinreichend gewürdigt, der Revision sollte zum Erfolg verhelfen können, ist nicht ersichtlich. Die Anwendung des § 35 BBauG setzt das Vorhandensein eines Flächennutzungsplanes nicht voraus.

Das Berufungsurteil verletzt jedoch in anderer Hinsicht Bundesrecht. Es beruht ausschlaggebend auf der Annahme, daß die materielle Baurechtswidrigkeit der Blockhütte - d.h. insbesondere: ihre Unvereinbarkeit mit § 35 BBauG - als Folge des Bescheides vom 8. Juli 1970 bestandskräftig feststehe und deshalb bei der Beurteilung der Beseitigungsverfügung nicht erneut zu prüfen sei. Diese Auffassung widerspricht dem Bundesrecht. Sie ist mit der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht vereinbar.

Die Tragweite der in Baugenehmigungsverfahren ergehenden - hier: negativen - Entscheidungen bestimmt sich grundsätzlich nach dem einschlägigen Landesrecht. Dem werden jedoch durch das Bundesrecht und insbesondere durch Art. 14 Abs. 1 GG Grenzen gesetzt. Der Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung findet - von der Einschlägigkeit auch des Art. 2 Abs. 1 GG einmal abgesehen - seine Grundlage in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfG.Urteil vom 19. Juni 1973 - 1 BvL 39/69 - BVerfGE 35, 263 [276], BVerwG, Urteil vom 23. März 1973 - BVerwG IV C 49.71 - BVerwGE 42, 115 [116]). Dieser Anspruch wird durch das vom Berufungsgericht angewendete Landesrecht beschränkt. Die Auffassung des Berufungsgerichts führt dazu, daß der Antragsteller eines Baugenenmigungsverfahrens nicht nur seinen derzeitigen (vermeintlichen) Anspruch auf Baugenehmigung in das Verfahren einzubringen braucht, sondern die (vermeintliche) Bebaubarkeitsqualität seines Grundstücks als solche. Diese Bebaubarkeitsqualität ist gewissermaßen der notwendige Einsatz. Wird die Genehmigungserteilung zu Unrecht abgelehnt, dies auf die fehlende Bebaubarkeit des Grundstücks gestützt und der ergehende Bescheid bestandskräftig, so hat der Antragsteller nach Meinung des Berufungsgerichts die Bebaubarkeitqualität gleichsam verspielt. Er kann, abgesehen von Änderungen der Sach- oder Rechtslage, in einem nachfolgenden Verfahren nicht mehr geltend machen, daß das Grundstück in Wahrheit doch bebaubar sei. Diese landes(verfahrens)rechtliche Beschränkung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf die Erteilung einer Baugenehmigung ließe sich nur halten, wenn in ihr eine durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gedeckte zulässige Bestimmung des Eigentumsinhaltes gesehen werden könnte. Das ist nicht der Fall.

Zum Wesen einer durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gedeckten Eigentumsbindung gehört, "daß sie erfolgt, um das Eigentum gegen übergeordnete oder gleichgeordnete kollidierende Werte abzugrenzen, und daß sie hierdurch gerechtfertigt ist"(Urteil vom 28. Juni 1955 - BVerwG I C 146.53- BVerwGE 2, 172 [174]; ebenso dieUrteile vom 30. Oktober 1958 - BVerwG I C 29.58 - BVerwGE 7, 297 [299], vom 3. September 1963 - BVerwG I C 151.59 - BVerwGE 16, 301 [304] undvom 19. Dezember 1963 - BVerwG I C 123.60 - BVerwGE 17, 315 [321]). Dem genügt das hier in Rede stehende Landesrecht - in der Auslegung, die ihm das angefochtene Urteil gegeben hat - nicht. Der erkennende Senat hat zu dem - darin vergleichbaren - Fall, daß ein Baugenehmigungsantrag wegen vermeintlicher materiellrechtlicher Hindernisse bestandskräftig abgelehnt wurde, der Antragsteller den Antrag wiederholt und daß sich nunmehr die Frage stellt, ob im zweiten Genehmigungsverfahren die materielle Rechtmäßigkeit des Vorhabens zu prüfen oder aber dieser Punkt bestandskräftig erledigt ist, mehrfach entschieden, daß die Bestandskraft insoweit in das nachfolgende Verfahren nicht hineinwirkt(Urteile vom 3. Juni 1971 - BVerwG IV C 64.70 - [DVBl. 1972, 119] undvom 24. November 1971 - BVerwG IV C 28.69 - VerwRspr. 24, 344 [345]). Diese Auffassung stimmt, wie hinzugefügt werden mag, im Ergebnis mit der ständigen Rechtsprechung bereits des Preußischen Oberverwaltungsgerichts überein (vgl. PrOVGE 81, 466 [469], 83, 360 [362] und 92, 209 [211]). Richtig ist demgegenüber allerdings, daß der früher für das Baurecht zuständig gewesene I. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinen Urteilenvom 28. November 1957 - BVerwG I C 190.56 - (Buchholz 406.48 Bremen § 197 Bremische Bauordnung Nr. 1) undvom 31. Juli 1964 - BVerwG I C 132.59 - (BVerwGE 19, 162 ff.) die Ansicht vertreten hat, daß ein Bauherr, der sich trotz Anspruchs auf eine uneingeschränkte Baugenehmigung mit der Ablehnung der Baugenehmigung oder mit einer Genehmigung unter Widerrufsvorbehalt oder Befristung abgefunden habe, später gegenüber einer Beseitigungsverfügung nicht mehr geltend machen könne, die Anlage sei im Zeitpunkt der Errichtung des Vorhabens materiell rechtmäßig gewesen. Inwieweit dies der vom erkennenden Senat vertretenen Auffassung widerspricht, mag auf sich beruhen, Soweit in der Rechtsprechung des I. Senats die - schon im Urteil vom 31. Juli 1964 (a.a.O. S. 5) eingeschränkte - Tendenz zum Ausdruck kommt, die Bestandskraft unanfechtbarer baubehördlicher Entscheidungen unter bestimmten Voraussetzungen auf Fragen der materiellen Legalität auszudehnen, hält der für das Baurecht nunmehr zuständige Senat daran nicht fest.

Das Berufungsgericht stützt die von ihm bejahte Ausweitung der Bestandskraft und der davon ausgehenden Bindungen auf Erwägungen der Rechtssicherheit und der Verfahrensökonomie. Dem ist, was zunächst die Rechtssicherheit angeht, erstens zuzugeben, daß es sich bei der Rechtssicherheit um einen dem Eigentum - im Sinne der durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG veranlaßten Fragestellung - zumindest gleichgeordneten Wert handelt, zweitens, daß die Bestandskraft von Verwaltungsakten und die jeweilige Tragweite der Bestandskraft ihre Grundlage in der Rechtssicherheit finden und daß deshalb drittens das Bedürfnis nach Rechtssicherheit an sich geeignet sein könnte, eine Regelung des vom Berufungsgericht angenommenen Inhaltes zu rechtfertigen. Nähere Betrachtung ergibt jedoch, daß dies im vorliegenden Zusammenhang und in der vom Berufungsgericht angenommenen Form nicht zutrifft.

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geht dahin, daß die Rechtskraft eines verwaltungsgerichtlichen Urteils, durch das eine auf Verpflichtung zur Genehmigungserteilung gerichtete Klage abgewiesen wird, eine Rechtskraftwirkung der vom Berufungsgericht für ablehnende Bescheide bejahten Art hat: Ist ein Genehmigungsgesuch Gegenstand nicht nur eines Verwaltungsverfahrens, sondern noch dazu eines nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gewesen, so erfaßt die Rechtskraft der Klageabweisung auch die Frage der materiellen Rechtswidrigkeit. Der Kläger ist bei gleichbleibender Rechts- und Sachlage gehindert, in einem nachfolgenden Beseitigungs- oder auch einem erneuten Genehmigungsantragsverfahren mit Erfolg geltend zu machen, daß sein Vorhaben - entgegen der vorangegangenen rechtskräftigen Entscheidung - doch materiell baurechtmäßig sei (vgl. dieBeschlüsse vom 1. April 1971 - BVerwG IV B 95.69 - [S. 2] undvom 10. Juni 1970 - BVerwG IV B 163.68 - [Buchholz 406.11 § 33 BBauG Nr. 4] sowie zum Umfang der Rechtskraft verwaltungsgerichtlicher Urteile im allgemeinen dasUrteil vom 30. August 1962 - BVerwG I C 161.58 - BVerwGE 14, 359 [362]). Von dieser Ansicht ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat gerade aus ihr gefolgert, daß für die Bestandskraft von Bescheiden, durch die eine Genehmigung versagt werde, nichts anderes gelten könne, daß also auch sie eine gleichartige, für nachfolgende Verfahren bindende Wirkung begründe. Diese Folgerung ist ungerechtfertigt. Sie übersieht die zwischen dem Verwaltungsverfahren und dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren gundsätzlich bestehenden Unterschiede. Das den gerichtlichen Urteilen vorbehaltene Institut der materiellen Rechtskraft entspricht der den Gerichten übertragenen Aufgabe, in besonderen - sowohl in den Förmlichkeiten als auch in der Vertiefung sowie, damit notwendig verbunden, im Aufwand gesteigerten - Verfahren über Streitigkeiten endgültig derart zu entscheiden, daß in dem gebotenen Umfang Befriedung eintritt. Die Funktion von. Verwaltungsverfahren ist in der Regel eine andere. Selbstverständlich unterliegen auch sie dem Anspruch, daß die ergehenden Entscheidungen "Gesetz und Recht" zu entsprechen haben (Art. 20 Abs. 3 GG). Das ist jedoch für sie nicht in einer den gerichtlichen Verfahren vergleichbaren Weise kennzeichnend und auch vom Aufwand her nicht in vergleichbarer Weise gesichert. Verwaltungsverfahren werden typischerweise durch Elemente der "Gestaltung", der Zweckmäßigkeitserwägung, der nicht eigentlich streitentscheidenden Gewährung oder Vorenthaltung geprägt. Das alles muß daran hindern, unter dem Gesichtspunkt der durch sie begründeten Bindung die Genehmigungsversagung durch eine Verwaltungsbehörde und das eine Genehmigungsklage abweisende verwaltungsgerichtliche Urteil gleichzustellen. Der im Institut der materiellen Rechtskraft liegende spezifische Ausgleich zwischen einerseits dem Interesse an der materiellen Richtigkeit einer Entscheidung und andererseits dem Interesse an einem rechtsbeständigen Abschluß des Verfahrens kann auf Verwaltungsakte allenfalls dann übertragen werden, wenn diese in einem Verfahren ergangen sind, das eine dem gerichtlichen Verfahren vergleichbare - selbstverständlich auch nur relative - Gewähr für die Richtigkeit der Entscheidung bietet. Das trifft für Baugenehmigungsverfahren in ihrer üblichen Gestaltung und auch für das hier nach den Vorschriften der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen durchgeführte Verfahren nicht zu.

Die demnach zwischen der Bestandskraft einer im Verwaltungsverfahren ergangenen Genehmigungsversagung und der Rechtskraft eines die Genehmigungsklage abweisenden Urteils wesensmäßig bestehenden Unterschiede ergeben über das Gesagte hinaus, daß die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Auffassung durch das Bedürfnis nach Rechtssicherheit nicht gefordert wird, sondern im Gegenteil den aus der Eigentums Gewährleistung abzuleitenden Anspruch auf einen effektiven Rechtsschutz des Eigentums (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Dezember 1968 - 1 BvR 638, 673/74 u.a. - BVerfGE 24, 367 [399 ff.] sowie dieBeschlüsse vom 3. Juli 1973 - 1 BvR 153/69 - BVerfGE 35, 348 [BVerfG 03.07.1973 - 1 BvR 153/69] [361] undvom 23. April 1974 - 1 BvR 6/74 und 2270/73 - BVerfGE 37, 132 [141]) zusätzlich gegen sich hat: Die vom erkennenden Senat vertretene Ansicht führt keineswegs dazu, daß die materielle Rechtmäßigkeit eines Vorhabens auf Dauer offenbleibt und im Hinblick auf sie niemals eine abschließende Entscheidung erreicht wird. Sie führt vielmehr lediglich dazu, daß dem Antragsteller gewährleistet ist, diese Frage wenigstens einmal in einem mit allen rechtsstaatlichen Garantien ausgestatteten gerichtlichen Verfahren zur Prüfung stellen zu können, oder genauer gesagt, daß er daran nicht durch die bereits erreichte Bestandskraft einer ablehnenden Verwaltungsentscheidung gehindert wird.

Nun ist allerdings richtig, daß die eingeschränkte Wirkung der Bestandskraft ablehnender Bescheide nicht nur - in dem soeben gekennzeichneten Sinne - den Rechtsschutz offenhält, sondern zugleich eine, für die Verwaltung scheinbar lästige Wiederholung von Verfahren oder doch von Sachprüfungen nach sich zieht. Unter welchen Voraussetzungen die Besorgnis derartiger Folgen zur Zulässigkeit einer (sie vermeidenden) Eigentumsbindung beitragen kann, braucht aus Anlaß des vorliegenden Falles nicht näher untersucht zu werden. Hinweise auf die Verfahrensökonomie führen nämlich im vorliegenden Zusammenhang deshalb nicht weiter, weil insoweit die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung keine wesentlichen Vorzüge aufweist: Es macht - im Verhältnis zwischen einem vorangegangenen Versagungsbescheid und einer nachfolgenden Beseitigungsverfügung - keinen bedeutsamen Unterschied, ob sich bei unveränderter Sach- und Rechtslage die Behörde bei der nachfolgenden Beseitigungsverfügung auf die Bestandskraft der Genehmigungsversagung beruft oder nach nochmaliger Sachprüfung deren Begründung - u.U. in angemessener Kürzung - wiederholt. Nichts anderes gilt im Verhältnis zwischen einem abgelehnten Genehmigungsantrag und einem nachfolgenden weiteren Genehmigungsantrag. Daß wiederholt Anträge gestellt werden, können die Verwaltungsbehörden ohnedies nicht verhindern. Jeder wiederholte Antrag zwingt die Behörde - daran führt auch die Auffassung des Berufungsgerichts nicht vorbei -, in das Verwaltungsverfahren einzutreten, sich erneut den Sachverhalt zu vergegenwärtigen und jedenfalls zu prüfen, ob es sich (noch) um dasselbe Vorhaben handelt, ob sich die Sach- oder Rechtslage geändert hat oder ob die vorangegangene Entscheidung etwa Fehler aufweist, die die Behörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens zum Wiederaufgreifen des Falles nötigt. Vergleichbare Fragen stellen sich auch bei einer Beseitigungsverfügung. Auch sie kann nicht einfach "blindlings" erlassen werden, sondern erfordert einen in mehreren Hinsichten bewertenden Vergleich mit dem vorangegangenen Verfahren und der dort erlassenen. Entscheidung. Der praktische Unterschied der beiden in Rede, stehenden Ansichten liegt nicht in der Gefahr einer gewichtigen Vermehrung der Verwaltungsarbeit, sondern darin, daß, wenn die vorangegangene bestandskräftige Entscheidung keine Bindung hervorruft, auch die nachfolgende Verwaltungsentscheidung unter dem. Druck einer noch uneingeschränkt möglichen gerichtlichen Kontrolle steht. Des entspricht jedoch nur dem Bedürfnis nach einem möglichst effektiven Rechtsschutz des Eigentums; eine Rechtfertigung für eine durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gedeckte Eigentumsbindung kann darin nicht gesehen werden.

Was einem Bescheid, durch den eine Baugenehmigung versagt wurde, an Bestandskraft und Tragweite beigemessen werden kann, bestimmt sich - verfassungsrechtlich - ausschlaggebend nach den für die Zulässigkeit einer Inhaltsbestimmung des Eigentums geltenden Grundsätzen. Dementsprechend kann der dargelegten Meinung des erkennenden Senats nicht die in zahlreichen für andere Rechtsgebiete ergangenen Entscheidungen vertretene Auffassung entgegengehalten werden, daß die Unanfechtbarkeit eines Verwaltungsaktes, wenn nicht inzwischen eine Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten ist, regelmäßig einem Anspruch auf eine erneute Sachentscheidung entgegenstehe (vgl. z.B. dieUrteile vom 24. Juni 1960 - BVerwG VII C 53.60 - [DVBl. 1960, 728], vom 16. Juli 1964 - BVerwG II C 66.61 - BVerwGE 19, 153 [154 f.]vom 12. Mai 1966, - BVerwG VIII C 125.64 - [BVerwGE 24, 115] undvom 21. August 1970 - BVerwG I C 22.68 - [Buchholz 418.03 Nr. 7]). Der Gegenstand und die rechtliche Tragweite der Bestandskraft eines Verwaltungsaktes lassen sich nicht einheitlich für alle Rechtsgebiete und für alle Arten von Verwaltungsakten beurteilen (so schon PrOVGE 83, 355 [362]; vgl. ferner BVerfG, Urteil vom 1. Juli 1953 - 1 BvL 23/51 - BVerfGE 2, 380 [393] sowie BVerwG, Urteile vom 24. Januar 1957 - BVerwG I C 194.54 - BVerwGE 4, 250 [252 f.], vom 16. Juli 1964 [a.a.O. S. 154] undvom 28. Oktober 1966 - BVerwG VII C 38.66 - BVerwGE 25, 241 [242]).

Obgleich demnach das angefochtene Urteil insoweit Bundesrecht verletzt, muß die Revision dennoch erfolglos bleiben. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist nämlich im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen gestatten es, die Frage der materiellen Legalität des Bauwerks des Klägers zu prüfen und im verneinenden Sinne zu beantworten. Maßgebend für die Vorhaben des Klägers ist § 35 Abs. 2 BBauG. Nach den nicht erfolgreich mit Verfahrensrügen angefochtenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die der revisionsgerichtlichen Beurteilung zugrunde zu legen sind (§ 137 Abs. 2 VwGO), handelt es sich um ein Wochenendhaus in einem Waldgebiet außerhalb der geschlossenen Ortslage von Birgelen. Eine für den. Kläger möglicherweise günstigere Anwendung des § 34 BBauG scheitert schon daran, daß die jenseits des Wirtschaftsweges vorhandene und genehmigte Bebauung des Campingplatzes nicht das für die Annahme eines im. Zusammenhang bebauten Ortsteils erforderliche Gewicht besitzt. Die dort vorhandenen Schwarzbauten haben insoweit außer Betracht zu bleiben, da sich die Behörde nicht mit ihrem Bestand abgefunden hat (vgl.Urteil vom 6. November 1968 - BVerwG IV C 31.66 - [BVerwGE 31, 22]).

Der Kläger kann sich auch nicht auf einen der Privilegierungstatbestände des § 35 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 BBauG berufen. Sein Wochenendhaus dient nicht einem forstwirtschaftlichen Betrieb (vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 1 [2. Alternative]BBauG). Es mag sein, daß in dem Haus auch Geräte untergestellt werden, die der Kläger zur Pflege und zu Aufforstungsarbeiten auf dem Waldgrundstück benutzt. Daraus ergibt sich aber nicht die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG. Ein forstwirtschaftlicher "Betrieb" im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG ist nur dann anzuerkennen, wenn die Forstwirtschaft nachhaltig und mit einer auf Dauer berechneten und auf Dauer lebensfähigen Planung betrieben wird. An den forstwirtschaftlichen "Betrieb" können insoweit keine geringeren Anforderungen gestellt werden als an den landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG (vgl. hierzuUrteile vom 3. November 1972 - BVerwG IV C 9.70 - BVerwGE 41, 138 ff. [143] undvom 27. Januar 1967 - BVerwG IV C 41.65 - BVerwGE 26, 121 [123]). Darüber hinaus setzt die durch § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG privilegierte Forstwirtschaft die Nutzung größerer Waldflächen und eine gewisse Betriebsintensität voraus(Urteil vom 13. Januar 1967 - BVerwG IV C 47.65 - [Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 34]). Von alledem kann bei den Pflege- und Aufforstungsarbeiten des Klägers keine Rede sein. Das Bauwerk des Klägers gehört auch nicht zu den nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG privilegierten Vorhaben. Daß Wochenendhäuser nicht unter diese Vorschrift fallen, ist ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. dieUrteile vom 29. April 1964 - BVerwG I C 30.62 - BVerwGE 18, 247 [248], vom 3. Mai 1974 - BVerwG IV C 10.71 - [Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 109] undvom 14. März 1975 - BVerwG IV C 41.73 - [S. 18], zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung vorgesehen).

Nach § 35 Abs. 2 BBauG ist das Wochenendhaus des Klägers unzulässig, weil es die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt (vgl. § 35 Abs. 3 BBauG). Eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft liegt vor allen dann vor, wenn ein Vorhaben der naturgemäßen Nutzungsweise der Landschaft widerspricht und deshalb an diesem Standort der Landschaft wesensfremd ist; naturgemäß ist im Außenbereich einmal die der Art der Landschaft entsprechende Bodennutzung und zum anderen die der Allgemeinheit zugängliche Erholungsmöglichkeit (vgl.Beschluß vom 29. April 1968 - BVerwG IV B 77.67 - [Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 66];Urteil vom 3. Mai 1974 - BVerwG IV C 10.71 - [Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 109 S. 87 f.];Beschluß vom 10. April 1975 - BVerwG IV B 40.75 -). Da das fragliche Grundstück zu einem Waldgebiet gehört, würde der Eigenart der Landschaft eine forstwirtschaftliche Nutzung entsprechen. Einer solchen Nutzungsweise ist das Wochenendhaus des Klägers jedoch nicht in rechtlich beachtlicher Weise zugeordnet; im wesentlichen soll es vielmehr der individuellen Erholung des Klägers und seiner Familie dienen, wie er selbst vorgetragen hat. Da es sich mithin auch nicht um eine der Allgemeinheit zugängliche Erholungsmöglichkeit handelt, widerspricht die Errichtung des Wochenendhauses der natürlichen Eigenart der Landschaft. Der mit § 35 BBauG bezweckte Schutz des Außenbereichs erfordert, daß dieser vor dem Eindringen einer wesensfremden Bebauung, insbesondere vor nicht durch förmliche Planung ermöglichten Bauten zum wochenend- und ferienmäßigen Wohnen bewahrt bleibt (vgl. Urteil vom 3. Mai 1974 [a.a.O.] und Beschluß vom 10. April 1975 [a.a.O.]).

Wenn bereits der auf der anderen Seite des Wirtschaftsweges gelegene Campingplatz, wie der Kläger geltend nacht, zu einer Beeinträchtigung der Landschaft geführt haben sollte, so berechtigt das den Kläger nicht, sie durch sein Wochenendhaus ebenfalls zu beeinträchtigen. Ebensowenig kann er daraus, daß er auf seinem Grundstück Reinigungs- und Planierungsarbeitert ausgeführt und dadurch eine Verbesserung des Landschaftsbildes bewirkt haben mag, ein Recht darauf herleiten, daß andererseits die sich aus der Errichtung seines Wochenendhauses ergebende Beeinträchtigung hingenommen wird.

Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt ferner deshalb vor, weil die Entstehung einer Splittersiedlung zu befürchten ist (vgl. § 35 Abs. 3 BBauG). Dieses Merkmal steht beispielhaft für den Zweck des Gesetzes, die Entwicklung unorganischer Siedlungsstrukturen und damit eine Zersiedelung des Außenbereichs zu verhindern(Beschluß vom 21. März 1966 - BVerwG IV B 297.65 - [S. 3 f.] Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 27;Urteil vom 19. Oktober 1966 - BVerwG IV C 16.66 - [S. 8 f.] in BVerwGE 25, 161 [164];Urteil vom 27. Januar 1967 - BVerwG IV C 33.65 - [S. 17] in BVerwGE 26, 111 [BVerwG 27.01.1967 - IV C 33/65] [113]). Ob die auf dem Campingplatz vorhandenen genehmigten Baulichkeiten (die Gaststätte, das Gebäude mit Wasch- und Toilettenräumen) bereits eine Splittersiedlung darstellen, kann dahingestellt bleiben. Wenn diese Frage verneint wird, läßt das Hinzutreten des Wochenendhauses die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten. Bejaht man die Frage, so würde das Wochenendhaus des Klägers die dann vorhandene und nach ihrer Lage unerwünschte Splittersiedlung erweitern und verfestigen. Beides wäre mit den öffentlichen Belangen nicht zu vereinbaren.

Daraus, daß die Gemeinde an anderer Stelle ein Wochenendhausgebiet ausgewiesen und dort auf diese Weise bereits vorhandene Schwarzbauten legalisiert haben mag, läßt sich zugunsten des nach § 35 Abs. 2 BBauG zu beurteilenden Bauwerks des Klägers nichts herleiten, weil es für das letztere keine vergleichbare Beplanung gibt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 und § 162 Abs. 3 VwGO.