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Bundesverwaltungsgericht

Entscheidung vom 04.12.1959, Az.: VI C 455/56

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 8. März 1956 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Entscheidungsgründe

I.Der Kläger trat am 1. November 1937 in den Dienst der Schutzpolizei in Berlin ein und erreichte bis zum 8. Mai 1945 die Stellung eines Revieroberwachtmeisters der Schutzpolizei bei der Polizeiinspektion Kreuzberg. In dieser Stellung war er Beamter auf Widerruf. Der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen gehörte er nicht an.

Am 18. September 1945 trat er erneut als Polizeianwärter in den Dienst der Berliner Polizei und wurde schließlich am 1. August 1948 zum Polizeihauptwachtmeister befördert.

Im Mai 1949 stellte sich heraus, daß sich der Kläger bei einem Gastwirt gegen Hinterlegung seines Dienstausweises und seines Waffenscheines 35,-- DM geborgt, aber bis zur Aufklärung des Sachverhalts noch nicht zurückgezahlt hatte. Bei den mehrfachen Vernehmungen darüber wechselte der Kläger seine Einlassung, u.a. gab er an, er hätte sich das Geld geborgt, um einen von ihm festgestellten Fehlbetrag in der Gebührenkasse zu decken.

Durch Verfügung der Polizeiinspektion Kreuzberg vom 14. Juni 1949 wurde der Kläger mit Ablauf des 15. Juni 1949 gemäß § 626 BGB aus wichtigem Grund entlassen.

Da der von ihm behauptete Fehlbetrag in der Gebührenkasse auf einer strafbaren Handlung beruhen konnte, wurde gegen den Kläger wegen Nichtverfolgung einer Straftat Anzeige erstattet und im November 1949 Anklage wegen Amtsunterschlagung und wegen Unterschlagung erhoben, weil sich weiterhin der Verdacht ergab, daß er 300,-- RM, die er für Verkauf einer einem Kollegen gehörenden Jacke erhalten hatte, an diesen nicht abgeführt, sondern für sich verbraucht hatte. Bei einer Kassenrevision im Februar 1950 stellte sich heraus und wurde vom Kläger zugegeben, daß er in mehreren Fällen Westmarkgebühren erhalten, diese aber als Ostmark in der Nachweisung verbucht hatte, und daß er Eintragungen im Gebührenblock nachträglich geändert hatte. Daraufhin wurde gegen ihn Anklage wegen Amtsunterschlagung und schwerer Amtsunterschlagung erhoben. Beide Strafverfahren wurden auf Grund des Straffreiheitsgesetzes eingestellt.

Nachdem der Senator für Inneres am 1. Oktober 1953 eine Bescheinigung ausgestellt hatte, daß der Kläger zu den Personen gehöre, auf die § 62 Abs. 3 des Gesetzes zu Artikel 131 GG Anwendung finde, wurde der Kläger am 16. November 1953 wieder in den Dienst gestellt und ihm gleichzeitig eröffnet, daß er vom Dienst beurlaubt sei; am 29. Dezember 1953 wurde ihm vom Beklagten mit Wirkung vom 1. Dezember 1952 das Amt eines Oberwachtmeisters der Schutzpolizei übertragen.

Auf den Antrag des Kommandos der Schutzpolizei, gegen den Kläger ein Dienststrafverfahren einzuleiten, teilte der Beklagte mit, daß dies nach § 107 der Reichsdienststrafordnung nicht möglich sei, daß der Kläger aber gemäß § 8 Abs. 2 des Polizeibeamtengesetzes in Verbindung mit § 70 Abs. 1 Ziff. 1 des Landesbeamtengesetzes zu entlassen sei, und zwar gemäß § 71 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes ohne Einhaltung einer Entlassungsfrist. Der Kläger wurde durch Verfügung des Beklagten vom 29. Januar 1954 mit Ablauf des 31. Januar 1954 aus dem Beamtenverhältnis entlassen. Eine gegen diese Verfügung gerichtete Beschwerde des Klägers wurde vom Regierenden Bürgermeister von Berlin mit Bescheid vom 5. Juli 1954 zurückgewiesen.

Der vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage mit dem Antrag,den Bescheid des Beklagten vom 29. Januar 1954 und den Bescheid des Regierenden Bürgermeisters vom 5. Juli 1954 aufzuheben, gab das Verwaltungsgericht Berlin statt. Zur Begründung führte es aus: Da der Kläger unter die Bestimmungen der §§ 63 Abs. 1 in Verbindung mit 62 Abs. 3 G 131 falle, könne in seine Rechtsstellung bei einem Verhalten, das bei einem Beamten auf Lebenszeit die Entfernung aus dem Dienst zur Folge habe, gemäß § 9 G 131 nur durch ein Disziplinarverfahren eingegriffen werden. Es wäre eine Umgehung des Rechtsschutzes, der auch einem Widerrufsbeamten gemäß § 9 G 131 gewährt würde, wenn er nach erfolgter Einstellung entlassen würde. § 63 Abs. 1 G 131 "verweise ausdrücklich auf § 9 G 131, weswegen ein Disziplinarverfahren durchgeführt werden müsse. Dies sei nicht geschehen. Der Kläger hätte höchstens unter Einhaltung der Fristen des § 71 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes entlassen werden können.

Auf die dagegen vom Beklagten eingelegte Berufung hat das Oberverwaltungsgericht Berlin durch das dem Kläger am 14. April 1956 zugestellte Urteil vom 8. März 1956 das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Der Kläger sei am 8. Mai 1945 als planmäßiger Revieroberwachtmeister Beamter auf Widerruf gewesen und habe dieses Amt aus anderen als beamten- oder tarifrechtlichen Gründen durch den Zusammenbruch 1945 verloren. Daß der Kläger vom Herbst 1945 bis 1949 im Polizeidienst des Landes Berlin beschäftigt worden sei, sei hierfür ohne Bedeutung; denn er sei während dieser Zeit nicht als Beamter, sondern als Angestellter tätig gewesen. Die generelle Abschaffung des Beamtenstandes in Berlin müsse als anderer als beamtenrechtlicher Grund für die Entfernung vom Amt gewertet werden.

Nach § 62 Abs. 3 G 131 fänden auf den Kläger als politisch unbelasteten Beamten die in Absatz 1 der §§ 62 und 63 G 131 bezeichneten Vorschriften keine Anwendung. Zu diesen Vorschriften gehöre auch § 9 G 131. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts übersehe, daß nach § 62 Abs. 3 G 131 die Vorschrift des § 9 G 131 auf den Kläger gerade keine Anwendung fände.

Auch das Vorbringen des Klägers, die Begründung der Entlassungsverfügung vom 29. Januar 1954 sei unzulänglich und daher fehlerhaft, weil sie nicht im einzelnen den Sachverhalt angebe, auf dem die Entlassung beruhe, könne nicht zur Aufhebung dieser Verfügung führen. Der Kläger habe aus den vorangegangenen Vernehmungen und Strafverfahren genau gewußt, um welche Vorwürfe es sich gehandelt habe, sei also in seiner Verteidigung nicht beschränkt gewesen.

Das Verhalten des Klägers beurteile sich daher, da er eine Probezeit von mehr als zwei Jahren hinter sich habe, nach § 8 Abs. 2 des Polizeibeamtengesetzes in Verbindung mit § 70 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes. Jedoch sei in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 9 G 131 an die Voraussetzungen für die Entlassung des Klägers ein strengerer Maßstab anzulegen, der Kläger könne nur entlassen werden, wenn - wäre er Beamter auf Lebenszeit oder Zeit - in einem förmlichen Dienststrafverfahren die Entlassung aus dem Amt auszusprechen gewesen wäre. Die Rechtfertigung für diese entsprechende Anwendung ergebe sich aus der Erwägung, daß ein politisch unbelasteter Beamter nach dem Sinn des Gesetzes zu Artikel 131 GG nicht schlechter gestellt werden solle als ein politisch belasteter.

Da die Frage, ob die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe unter Berücksichtigung dieser Erwägung in tatsächlicher Hinsicht die Entlassung rechtfertigten, bisher nur unvollkommen behandelt sei, müsse die Sache zur Aufklärung und Prüfung dieses Sachverhalts in entsprechender Anwendung des in § 538 Abs. 1 Ziff. 2, § 539 ZPO enthaltenen Rechtsgedankens an die Vorinstanz zurückverwiesen werden, weil das Verwaltungsgericht die allein prozeßentscheidende Frage nicht geprüft, sondern den Rechtsstreit aus einem unzutreffenden prozeßrechtlichen Gesichtspunkt entschieden habe. Da es sich insoweit um Landesrecht handle, würde das Berufungsgericht durch eine eigene Entscheidung als letzte Instanz den Parteien jede Möglichkeit nehmen, dagegen vorzugehen; um einen solchen Verlust einer zweiten Tatsacheninstanz zu vermeiden, sei die Zurückverweisung bei der besonderen Lage des Sachverhalts geboten.

Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen.

Der Kläger hat am 2. Mai 1956 Revision eingelegt und beantragt,unter Abänderung des angefochtenen Urteils das am 9. Dezember 1954 verkündete Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin wiederherzustellen,

hilfsweise:unter Aufhebung des angefochtenen Urteils samt den ihm zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

Mit dem am 8. Juni 1956 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger zur Begründung der Revision im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Das Berufungsgericht habe die §§ 62 und 9 G 131 unrichtig angewendet. Es müsse als Wille des Gesetzes zuArtikel 131 GG angesehen werden, daß die rechtliche Behandlung der nichtbetroffenen Angehörigen des Personenkreises aus § 62 Abs. 3 in keinem Fall ungünstiger sein dürfe, als bei im übrigen gleicher Rechts- und Sachlage die Behandlung der unter Kapitel I des Gesetzes fallenden Regelungsberechtigten. Die Vorschrift des § 9 enthalte die Garantie, daß die Rechte auf andere Weise als der in § 9 vorgeschriebenen nicht aberkannt werden könnten. Wenn der Kläger unter Kapitel I des Gesetzes zu Artikel 131 GG fiele, wäre die Aberkennung seiner Rechte ausschließlich im Wege des § 9 möglich. Dem Verwaltungsgericht sei darin zuzustimmen, daß diese Rechtsgarantie auch für die Nichtbetroffenen, also auch für den Kläger gelte. Die gleiche Auffassung werde auch vom Bundesarbeitsgericht vertreten. Mit Recht sehe das Verwaltungsgericht in dem gegen den Kläger angewandten Verfahren eine Umgehung des bundesgesetzlich garantierten Rechtsschutzes. Das Oberverwaltungsgericht habe sich zu seiner eigenen Auffassung, § 9 finde keine Anwendung, dadurch in Widerspruch gesetzt, daß es in anderem Zusammenhange die Erkenntnis ausspreche, ein politisch unbelasteter Beamter könne nach dem Sinn des Gesetzes nicht schlechter gestellt werden als ein politisch belasteter.

Weiterhin werde die formale Ordnungswidrigkeit der angefochtenen Entlassungsverfügung als Verfahrensmangel gerügt. Die Verfügung beschränke sich auf die Wiedergabe des Gesetzeswortlauts und spreche nur allgemein von einem Verhalten des Klägers im Jahre 1949, ohne konkrete Tatsachen mitzuteilen; damit verstoße sie gegen den Grundsatz des Begründungszwanges. Der Hinweis des Oberverwaltungsgerichts auf die voraufgegangenen Vernehmungen könne diesen Mangel nicht beheben, weil diese Vernehmungen keinen zwingenden Schluß auf die nachfolgende Entscheidung der Behörde zuließen. Die Frage bleibe offen, auf welche der Verfehlungen des Klägers die Behörde die Entlassung gestützt habe. Damit sei dem Kläger eine sachgemäße Verteidigung unmöglich gemacht worden. Ein Verwaltungsakt müsse aus sich heraus verständlich sein, der Beklagte habe die Begründung seiner Verfügung aber erstmalig in der Klagebeantwortung vom 29. September 1954 mitgeteilt.

Der Beklagte hat beantragt,die Revision zurückzuweisen.

Er führt aus, es sei nach § 62 Abs. 3 G 131 nicht zweifelhaft, daß§ 9 G 131 keine Anwendung fände, es sei deshalb kein Raum für eine Lückenausfüllung nach dem gesetzgeberischen Willen. Der Grundsatz, daß die unbelasteten einheimischen Beamten besserstehen sollten als die übrigen Regelungsberechtigten, werde dadurch nicht verletzt, daß gegen sie kein Verfahren nach § 9 G 131 stattfinden könne. Es widerspreche diesem Grundsatz nicht, daß mit dem Genuß größerer Rechte größere Pflichten oder besondere lasten verbunden seien. Dem Oberverwaltungsgericht sei jedoch darin nicht zuzustimmen, daß der Rechtsgedanke des § 9 G 131 bei der Entlassung des Klägers anzuwenden sei. Die Gleichstellung der unter § 62 Abs. 3 G 131 fallenden Personen mit den übrigen Regelungsberechtigten in der Frage des Verlustes ihrer Beamtenrechte könne nur zwischen Beamten des gleichen Rechtsstatus vorgenommen werden, d.h. der Lebenszeitbeamte nach § 62 Abs. 3 G 131 sei so zu behandeln wie der Lebensseitbeamte zur Wiederverwendung, der Widerrufsbeamte nach § 62 Abs. 3 G 131 wie der Widerrufsbeamte zur Wiederverwendung. Es sei kein Grund ersichtlich, warum der Widerrufsbeamte zur Wiederverwendung dieselbe Rechtsstellung erhalten sollte wie der Beamte auf Lebenszeit.

Der Oberbundesanwalt hat sich am Verfahren beteiligt. Er tritt der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts und des Beklagten bei, daß§ 9 G 131 im Falle des Klägers keine Anwendung finde, und zwar auch deshalb nicht, weil bei den unter § 62 Abs. 3 G 131 fallenden Personen kein Raum für die von § 9 G 131 bezweckte Aberkennung der Rechte aus dem Gesetz zu Art. 131 GG sei, da nach § 62 Abs. 3 G 131 diese Personen keine Ansprüche aus diesem Gesetz hätten, die aberkannt werden könnten.

II.Die Revision ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. Mit ihr wird die Verletzung von Bundesrecht gerügt. Die Revision hat keinen Erfolg.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Kläger am 8. Mai 1945 Beamter der Schutzpolizei auf Widerruf bei der Polizeiinspektion Kreuzberg in Berlin gewesen. Seiner Rechtsstellung am 8. Mai 1945 nach würde er damit zu dem Personenkreis gehören, der in § 63 G 131 bezeichnet ist, wobei es gleichgültig ist, ob er am 8. Mai 1945 Beamter Preußens oder Berlins (§ 63 Abs. 1 Ziffer 1 Buchst. a G 131) oder des Reichs (§ 63 Abs. 2 G 131) war.

Der Kläger fällt jedoch unter § 62 Abs. 3 G 131. Wie das Berufungsgericht festgestellt hat, hat der Kläger der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen nicht angehört und ist von Entnazifizierungsvorschriften nicht betroffen. Auch die weitere Voraussetzung, daß der Kläger von seinem Amt entfernt worden ist, liegt vor. Der Begriff der Entfernung aus dem Amt in § 62 Abs. 3 G 131 ist seinem Inhalt nach nicht verschieden von dem Begriff des Verlustes des Amtes aus anderen als beamtenrechtlichen Gründen in Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. a der §§ 62 und 63 G 131. § 62 Abs. 3 G 131 ist nichts anderes als eine Spezialregelung für die Sonderkategorie der unbelasteten Beamten, auch Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. a der §§ 62, 63 setzt eine persönliche Verbindung des Beamten mit dem Nationalsozialismus nicht voraus (Urteil des erkennenden Senats vom 25. Oktober 1957 - BVerwG VI C 27.56 -). Gemeinsam ist jedenfalls beiden Fällen, daß politische, d.h. andere als beamtenrechtliche Gründe die Ursache des Amtsverlustes gewesen sein müssen. Auch das Urteil vom 26. Juni 1958 - BVerwG II C 87.57 - (Buchholz BVerwG 234, § 62 G 131 Nr. 3) macht insoweit keinen Unterschied zwischen der Voraussetzung des § 62 Abs. 3 und der des Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. a der §§ 62 und 63. Der Senat hat im Urteil vom 7. Mai 1957 - BVerwG VI C 84.56 - (Buchholz BVerwG 234, § 63 G 131 Nr. 21) zu erkennen gegeben und im Urteil vom 27. September 1957 - BVerwG VI C 52.56 - (Buchholz BVerwG 234, § 63 G 131 Nr. 24) ausdrücklich entschieden, daß der Begriff des Amtsverlustes aus anderen als beamtenrechtlichen Gründen nicht auf die Punktionsentkleidung wegen formeller politischer Belastung beschränkt ist. Der Senat sieht den Grund hierfür darin, daß regelungsbedürftig infolge des Zusammenbruchs nicht nur die Rechtsverhältnisse der wegen formeller politischer Belastung von ihrem Amt entfernten Beamten sind, sondern unter anderem auch die Rechtsverhältnisse der Beamten, die, ohne formell politisch belastet zu sein, nach dem Zusammenbruch nicht weiterbeschäftigt werden durften, weil sie aus anderen Gründen bei einer der Besatzungsmächte mißliebig waren, oder nicht weiterbeschäftigt wurden, weil ihr Amt als typisch nationalsozialistische Einrichtung beseitigt war. Diese Aufzählung ist nur beispielhaft. Es ist kein Grund erkennbar, etwas anderes anzunehmen, wenn das Amt des Beamten nicht als im Einzelfall typisch nationalsozialistisch beseitigt worden ist, sondern aus anderen Gründen weggefallen ist, wenn nur dieser Wegfall mit dem Zusammenbruch am 8. Mai 1945 in Zusammenhang gestanden hat (so auch für den Amtsverlust durch Auflösung des Reichsnährstandes, Urteil des erkennenden Senats vom 25. Oktober 1957 - BVerwG VI C 27.56 -). Der Kläger hatte am 8. Mai 1945 sein Amt aus anderen als beamtenrechtlichen Gründen verloren. Die Amtstätigkeit der früheren Polizeiorgane in Berlin hat mit der Besetzung der Stadt durch sowjetische Truppen im April 1945 geendet. Danach ist erst am 20. Mai 1945 eine "Stadtpolizei" neu gebildet worden (Befehl des Militärkommandanten der Stadt Berlin vom 25. Mai 1945 - VOBl. der Stadt Berlin S. 4 -). Daß es sich um eine Neuaufstellung gehandelt hat, ergibt sich auch aus der Bekanntmachung des Polizeipräsidenten vom 26. Mai 1945 (VOBl. der Stadt Berlin S. 19). Die Angehörigen dieser Berliner Polizei haben sich im Angestelltenverhältnis befunden. Angehörige des öffentlichen Dienstes haben die Rechtsstellung eines Beamten des Landes Berlin erst wieder im Rahmen des Berliner Landesbeamtengesetzes vom 24. Juli 1952 (GVBl. S. 603) - LBG -erlangen können; die Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten sind durch das Berliner Polizeibeamtengesetz vom 15. Mai 1953 (GVBl. S. 312) - PBG - geregelt worden, das gleichzeitig mit dem Landesbeamtengesetz in Kraft getreten ist (§ 24 PBG). Der Kläger ist zwar vom 18. September 1945 bis zum 14. Juni 1949 bei der Berliner Polizei im Angestelltenverhältnis beschäftigt gewesen. Dem Berufungsgericht ist aber darin zuzustimmen, daß die Möglichkeit, im Angestelltenverhältnis Polizeidienst zu leisten, und die Tatsache, daß der Kläger dies getan hat, deshalb außer Betracht bleiben muß, weil nach den durch den Zusammenbruch herbeigeführten Verhältnissen in Berlin die Möglichkeit jedenfalls nicht bestanden hat, ein Amt in der Rechtsstellung eines Beamten auszuüben, und daß schon deshalb der Kläger sein Amt als Polizeibeamter in jedem Fall und unabhängig von seiner späteren Angestelltentätigkeit verloren hat. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht mehrfach entschieden, daß eine erzwungene Dienstaufgabe bei Weiterverwendung im öffentlichen Dienst dann nicht vorliegt, wenn sich das Dienstverhältnis durch Umwandlung des Beamtenverhältnisses in ein Dienstverhältnis anderer Art nach seinem wesentlichen Inhalt nicht in unzumutbarer Weise geändert hat (Urteile vom 11. Oktober 1957 - BVerwG VI C 60.57 - BVerwGE 5, 268 und Buchholz BVerwG 234, § 1 G 131 Nr. 9 -; vom 15. Januar 1958 - BVerwG VI C 155.57 - Buchholz BVerwG 234, § 1 G 131 Nr. 13 -; vom 22. Februar 1958 - BVerwG VI C 285.56; vom 30. April 1959 - BVerwG II C 360.57 -). Die vorstehend erwähnten Entscheidungen sind jedoch ausdrücklich nur zur erzwungenen Dienstaufgabe im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. b G 131 ergangen. In dem hier zu entscheidenden Fall aber handelt es sich um den Verlust des Amtes nach Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. a der §§ 62 und 63 G 131 und nach § 62 Abs. 3 G 131. Hierzu hat der erkennende Senat bereits in dem Urteil vom 15. Januar 1958 - BVerwG VI C 155.57 -(Buchholz BVerwG 234, § 1 G 131 Nr. 13) ausgesprochen, daß, abgesehen von dem möglicherweise eine verschiedene Auslegung rechtfertigenden unterschiedlichen Wortlaut dieser beiden Vorschriften, die von ihnen geregelten Sachverhalte so unterschiedlich sind, daß der Gesetzgeber sie nicht zwangsläufig der gleichen Regelung zuführen mußte. Dies trifft besonders deutlich bei den unter § 62 Abs. 3 G 131 fallenden Beamten zu, auf welche die sonst in Betracht kommenden Vorschriften des Gesetzes zu Artikel 131 GG keine Anwendung finden, sondern die mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ihre alte Rechtsstellung rückwirkend wiedererlangt haben. Bei dieser Gruppe würde die Annahme, daß eine Statusumwandlung unter besonderen Umständen keinen Amtsverlust bedeutet, in Widerspruch stehen zu der vom Gesetz vorgeschriebenen Folge, daß sie so zu behandeln sind, als ob sie aus ihrem Dienst nicht ausgeschieden wären, d.h. ihren Beamtenstatus auch in der Zwischenzeit behalten hätten (Beschluß vom 13. Februar 1958 - BVerwG VI B 197.57; Urteil vom 24. September 1959 - BVerwG II C 298.57 -). Bei dieser Gruppe besteht auch nicht die Möglichkeit eines Konfliktes bei der Anwendung des § 23 G 131, die für die Auffassung mit maßgebend gewesen ist, daß bei den unter § 1 Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. b G 131 fallenden Beamten die Statusumwandlung einen Amtsverlust nicht zu bedeuten braucht. Auch der Unterschied im Wortlaut, auf den bereits in der obenerwähnten Entscheidung vom 15. Januar 1958 hingewiesen ist, zwingt zu der Auffassung, daß im Rahmen der §§ 62, 63 G 131 eine Statusumwandlung einen Amtsverlust bedeutet: § 1 Ziff. 1 Buchst. b G 131 spricht aus, daß "... Beamte, Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes, die ... aus anderen als beamten- oder tarifrechtlichen Gründen gezwungen waren, ihren Dienst aufzugeben ...", unter Kapitel I des Gesetzes fallen. Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. a der §§ 62, 63 G 131 spricht von Beamten, die aus beamtenrechtlichen Gründen ihr Amt, von Arbeitern und Angestellten, die aus tarifrechtlichen Gründen ihren Arbeitsplatz verloren haben, kennt also nicht den Begriff des Dienstes, den § 1 Abs. 1 Ziff. 1 Buchst. b G 131 gemeinsam für alle Gruppen nennt, sondern stellt es bei Beamten auf den spezifisch beamtenrechtlichen Begriff des Amtes im Gegensatz zum Arbeitsplatz bei den anderen Angehörigen des öffentlichen Dienstes ab. Ebenso spricht § 62 Abs. 3 G 131 von der Entfernung vom Amt oder Arbeitsplatz. Demnach ist der von Anders (Gesetz zu Art. 131 GG, 4. Aufl., Anm. 3 Abs. 2 zu § 84 S. 415) vertretenen Auffassung zuzustimmen, daß die generelle Abschaffung des Beamtenstatus in Berlin als anderer als beamtenrechtlicher Grund für die Entfernung vom Amt gewertet werden muß. Hiervon gehen auch schon die Beschlüsse des erkennenden Senats vom 13. Februar 1958 - BVerwG VI B 197.57 - (Buchholz BVerwG 234, § 63 G 131 Nr. 27) und vom 7. März 1959 - BVerwG VI B 94.58 - aus. Bei dieser Rechtslage konnte unentschieden bleiben, ob. der Kläger sein Amt auch deshalb verloren hat, weil er erst im September 1945 wieder im Polizeidienst beschäftigt worden ist, die Polizei in Berlin aber ihre Tätigkeit schon Ende Mai 1945 wieder aufgenommen hat.

Auf den von § 62 Abs. 3 G 131 erfaßten Personenkreis und damit auf den Kläger findet § 9 G 131 keine Anwendung. Dies ergibt sich schon aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes, der insofern keine auslegungsbedürftige und auslegungsfähige Lücke erkennen läßt: Der einleitende Satz von § 63 Abs. 1 G 131 erklärt für die unter diese Vorschrift (und die seines Absatzes 2) fallenden Personen unter anderem § 9 für anwendbar, gleichzeitig aber auch § 62 Abs. 3 G 131. Diese Vorschrift spricht aus, daß die von ihr erfaßten Personen nicht zu den in ihren Absätzen 1 und 2 bezeichneten Personen gehören. Durch die Verweisung auf § 62 Abs. 3 G 131 in dem einleitenden Satz des § 63 Abs. 1 G 131 wird das gleiche Ergebnis erzielt, als ob die Vorschrift des § 62 Abs. 3 G 131 als neuer Absatz unmittelbar in § 63 G 131 selbst enthalten wäre. Da die von § 62 Abs. 3 G 131 erfaßten Personen nicht zu den in § 63 Abs. 1 und 2 G 131 bezeichneten gehören, gilt für sie nicht der Ausspruch des § 63 Abs. 1 G 131, daß die dort genannten Vorschriften des Gesetzes zu Artikel 131 GG anwendbar seien, sondern dieser Ausspruch beschränkt sich auf die unmittelbar und allein von § 63 Abs. 1 und 2 G 131 erfaßten Personen, zu denen der Kläger nicht gehört, da er als politisch Unbelasteter unter Abs. 3 des § 62 G 131 fällt. Auch der Sinn des § 62 Abs. 3 G 131 läßt eine andere Auslegung nicht zu: Da die von ihm erfaßten Personen so behandelt werden, als ob sie aus ihrem Dienst nicht ausgeschieden wären, und demgemäß ihre alte Rechtsstellung mit dem Inkrafttreten des Gesetzes rückwirkend wiedererlangen, können auf Vorgänge, die unter dem Gesichtspunkt dieser wiedererlangten Rechtsstellung zu beurteilen sind, nicht die Vorschriften des Gesetzes zu Art. 131 GG, sondern nur die Vorschriften des für den betreffenden Beamten geltenden allgemeinen Beamtenrechts angewendet werden (so auch zutreffend Anders, Gesetz zu Art. 131 GG, 4. Aufl., Anm. 10 Abs. 1 und 2 zu § 62, S. 325, 326 und Behnke, Bundesdisziplinarordnung, Anm. 36 zu § 1, S. 151). Demgegenüber hat das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 27. Januar 1959 - 3 AZR 548.56 - (Recht im Amt 1959 S. 234) die Auffassung vertreten, § 9 finde auch auf die unter § 62 Abs. 3 G 131 fallenden Personen Anwendung. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Sie berücksichtigt nicht den grundsätzlichen Unterschied, den das Gesetz in der Gestaltung der Rechtsverhältnisse danach macht, ob eine Person ausschließlich unter Abs. 1 Ziff. 1 der §§ 62 und 63 G 131 oder ob sie unter Abs. 3 des § 62 G 131 fällt. Eine Anwendung irgendwelcher Vorschriften des Gesetzes zu Art. 131 GG auf den Personenkreis seines § 62 Abs. 3 würde nicht vereinbar sein mit der dort vorgeschriebenen Folge, daß die zu ihm gehörenden Personen so behandelt werden, als cb sie aus dem Dienst nicht ausgeschieden wären, und der sich daraus ergebenden weiteren Folge, daß in der Zwischenzeit die jeweils für sie geltenden allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften Anwendung finden. Mit Recht hat der Oberbundesanwalt darauf hingewiesen, daß diesem Personenkreis durch das Gesetz zuArt. 131 GG nicht neugestaltete Ansprüche gegeben werden, in die nach § 9 G 131 eingegriffen werden könnte, sondern daß dieser Kreis nach § 62 Abs. 3 G 131 gerade seine früheren Rechte behalten habe. Eine Anwendung des § 9 G 131 würde zu einer Kollision mit den allgemeinen beamtenrechtlichen Widerrufs- und disziplinarrechtlichen Vorschriften führen. Mit Rücksicht auf deren Anwendbarkeit besteht entgegen der Annahme des Bundesarbeitsgerichts auch kein Bedürfnis für eine Anwendung des § 9 G 131. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift und des § 1 der 4. DVO zum Gesetz zu Art. 131 GG in der Fassung vom 10. Juni 1955 (BGBl. I S. 284) - insoweit gegenüber der Fassung vom 7. März 1952 (BGBl. I S. 142) unverändert -ist nichts dafür zu entnehmen, daß§ 9 G 131 auf Personen zur Anwendung kommen soll, die unter § 62 Abs. 3 G 131 fallen. Denn sie gehören hiernach ausdrücklich nicht zu dem Personenkreis, auf den die übrigen Vorschriften des Gesetzes zu Art. 131 GG und die sonstigen Vorschriften seines § 62 Anwendung finden; bei ihnen geht es also nicht um die Aberkennung von "Rechten aus dem Gesetz zu Art. 131 GG". Demnach greift die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe § 63 G 131 in Verbindung mit § 9 G 131 fehlerhaft ausgelegt, nicht durch.

Die Rüge der Revision, die angefochtene Entlassungsverfügung sei ordnungswidrig, weil sie sich auf die Wiedergabe des Gesetzeswortlauts beschränke, nicht im einzelnen den der Anwendung des Gesetzes zugrunde gelegten Sachverhalt wiedergebe und deshalb den Kläger in seiner Verteidigung beschränke, hat nicht, wie die Revision anzunehmen scheint, einen Verfahrensmangel im Sinn des § 56 Abs. 2 BVerwGG zum Inhalt, sondern betrifft das Handeln der Verwaltungsbehörde, deren Akt der Kläger angreift. Die Rüge wesentlicher Verfahrensmängel aber kann sich nur auf das gerichtliche Verfahren beziehen (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, u.a. Urteile vom 13. Mai 1959 - BVerwG VI C 202.56 - und vom 9. April 1959 - BVerwG II C 62.56 - mit weiteren Nachweisen). Wenn die Revision mit dieser Rüge geltend machen will, der Verwaltungsakt sei wegen mangelnder Begründung fehlerhaft gewesen, ist dem Berufungsgericht zuzustimmen, daß sich mit Rücksicht auf das vorangegangene Verwaltungsverfahren Unklarheiten für den Kläger, die etwa zu einer Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes führen könnten, nicht ergeben konnten. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt (BVerfGE 6, 32 [BVerfG 16.01.1957 - 1 BvR 253/56] [44]), Ausnahmen vom Begründungszwang seien - sogar wenn sie gesetzlich vorgesehen seien - mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz unvereinbar, daß der Staatsbürger, in dessen Rechte eingegriffen werde, einen Anspruch darauf habe die Gründe dafür zu erfahren, denn nur dann könne er seine Rechte sachgemäß verteidigen. Dieser Zusatz zeigt aber zugleich die Grenzen des Begründungszwanges: Er bedeutet im Grundsatz nur, daß dem Staatsbürger die seinen Fall betreffende Auffassung der Verwaltung über die Sach- und Rechtslage nicht unbekannt geblieben sein darf. Das Bundesverfassungsgericht führt dementsprechend weiter aus, daß von der Aufhebung der Entscheidung der Verwaltungsbehörde deshalb abgesehen werden konnte, weil sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ihre Gründe bekanntgegeben habe und der Beschwerdeführer zu ihnen habe Stellung nehmen können. In dem hier zu entscheidenden Fall hat der Kläger die Tatsachen, die dem Verwaltungsakt zugrunde gelegen haben, sogar schon vor Beginn des Verwaltungsstreitverfahrens genau aus den Vorverhandlungen gekannt und ihre rechtliche Würdigung durch die Verwaltungsbehörde im Verwaltungsakt bekanntgegeben erhalten; außerdem sind die Verhältnisse in den Tatsacheninstanzen in so eingehender Weise klargelegt worden, daß von einer Beschränkung der Verteidigung keine Rede sein kann. Selbst wenn der Kläger hätte annehmen können, daß von seinen mehreren Dienstpflichtverletzungen nur eine oder die andere zur Grundlage seiner Entlassung gemacht worden sei, wäre das Nachschieben weiterer Dienstpflichtverletzungen als Begründung nicht unzulässig, da hierdurch kein anderer Verwaltungsakt gesetzt, sondern nur derselbe Verwaltungsakt auf eine weitere tatsächliche Grundlage gestellt würde (BVerwGE 1, 311 [BVerwG 13.01.1955 - I C 59/54] [313]; Urteil des erkennenden Senats vom 13. Mai 1959 - BVerwG VI C 202.56 -). Auch diese Rüge greift nicht durch.

Da nach der zutreffenden Auffassung des Berufungsgerichts § 9 G 131 auf den Kläger nicht anwendbar ist, hat es geprüft, welche Vorschriften des für Polizeibeamte in Berlin geltenden Landesrechts den angefochtenen Verwaltungsakt stützen können. Es handelt sich um die Vorschriften des § 8 des Polizeibeamtengesetzes (PBG) und des § 70 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes (LEG), beide in der Fassung der Bekanntmachungen vom 10. Dezember 1954 (GVBl. Berlin S. 747 und S. 773). Soweit die Fassung dieser Vorschriften auf Änderungen beruht, die nach der angefochtenen Verfügung vom 29. Januar 1954 durch das Landesbeamtenrechtsänderungsgesetz (LBÄG) vom 2. Dezember 1954 (GVBl. Berlin S. 729) erfolgt sind, sind diese Änderungen nach Art. XI dieses Gesetzes mit Wirkung vom 1. Dezember 1952 in Kraft getreten. Der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung, daß dieses Landesrecht einer Nachprüfung durch das Revisionsgericht nicht unterläge, kann nicht gefolgt werden. Nach § 160 Abs. 1 Satz 2 LBG in der nach Art. I Ziffer 111 in Verbindung mit Art. XI Abs. 1 Ziffer 2 LBÄG ab 1. Januar 1955 geltenden Fassung entscheidet über die Revision das Bundesverwaltungsgericht, wenn es sich um die Klage eines Beamten aus dem Beamtenverhältnis handelt. Nach Art. XI Abs. 4 LBÄG sind die vor dem 1. Januar 1955 verkündeten oder zugestellten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin unanfechtbar. Das Urteil des Berufungsgerichts ist am 8. März 1956 ergangen. Auf Grund der Vorschrift des § 160 Abs. 1 Satz 2 IBG gehören die Vorschriften des Berliner Landesbeamtengesetzes dem revisiblen Recht an, wie das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (Urteil vom 10. Juni 1959 - BVerwG VI C 96.57 - mit weiteren Nachweisen). Daran ändert sich nichts durch die mit Wirkung ab 1. September 1957 durch das Zweite LBÄG vom 30. Januar 1958 (GVBl. Berlin S. 130) mit Rücksicht auf § 127 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1. Juli 1957 (BGBl. I S. 667) erfolgte Streichung dieser Vorschrift. Es kann auch nicht deshalb etwas anderes gelten, weil hier die Vorschriften des § 70 Abs. 1 LBG auf Grund der Verweisung in § 8 Abs. 2 PBG Anwendung finden. Das Polizeibeamtengesetz stellt, wie das gleichzeitige Inkrafttreten mit dem Landesbeamtengesetz und seine §§ 3 und 4 zeigen, eine mit dem Landesbeamtengesetz eng verbundene und von ihm abhängige Ergänzung dieses Gesetzes dar, welche durch die Besonderheiten des Polizeidienstes bedingt ist, aber gerade nicht die Polizeibeamten außerhalb des Landesbeamtengesetzes stellt. Anders mag es mit Rücksicht auf die ausdrückliche Vorschrift des § 167 LBG mit den Staatsund Amtsanwälten sein (Beschluß vom 19. Dezember 1957 - BVerwG VI B 159.57 -); die Erwägungen, die wegen der Stellung der Staats- und Amtsanwälte im System der Rechtspflege dazu geführt haben, sie in das reine Beamtenrecht nicht einzubeziehen, liegen bei den Polizeibeamten nicht vor. Es ist kein rechtlicher Gesichtspunkt erkennbar, der in der Frage der Revisibilität zu einer unterschiedlichen Beurteilung der Vorschriften des Landesbeamtengesetzes und der des Polizeibeamtengesetzes führen könnte, vielmehr muß gerade auf Grund der Vorschrift des § 3 PBG davon ausgegangen werden, daß§ 160 LBG auch für die Klagen von Polizeibeamten gilt. Es handelt sich daher bei den landesrechtlichen Vorschriften, die das Berufungsgericht im Falle des Klägers für anwendbar hält, um revisibles Recht. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Entlassung des Klägers könne sich nach § 8 PBG, § 70 LBG beurteilen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken, ebensowenig im Ergebnis seine Annahme, ein förmliches Dienststrafverfahren habe gegen den Kläger als Widerrufsbeamten nicht durchgeführt werden können (§ 193 Abs. 2 Ziffer 9 LBG in der Fassung vom 24. Juli 1952 [GVBl. S. 603] in Verbindung mit § 107 RDStO). Der Anwendbarkeit der Widerrufsvorschriften steht nicht entgegen, daß der Beklagte in Kenntnis der Verfehlungen des Klägers diesen gemäß § 62 Abs. 3 G 131 in seine frühere Rechtsstellung eingesetzt hat, da hiermit nur § 172 LBG vollzogen, nicht aber über eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses entschieden wurde.

Der Ansicht des Berufungsgerichts, daß in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 9 G 131 der Kläger nur entlassen werden könne, wenn - wäre er Beamter auf Lebenszeit - in einem förmlichen Dienststrafverfahren die Entlassung aus dem Amt auszusprechen gewesen wäre, kann nicht gefolgt werden. Die Erwägung des Berufungsgerichts, daß ein politisch unbelasteter Beamter nach dem Sinn des Gesetzes zu Art. 131 GG nicht schlechter gestellt werden sollte als ein belasteter, auf den § 9 Anwendung finde, kann eine solche entsprechende Anwendung nicht rechtfertigen. Ein solcher Sinn ist dem Gesetz zu Artikel 131 GG nicht zu entnehmen. Es handelt sich, wie oben dargelegt, bei den unter § 62 Abs. 3 G 131 fallenden Beamten und den anderen unter Kapitel II des Gesetzes zu Artikel 131 GG fallenden Beamten um zwei Gruppen, deren Rechtsverhältnisse sowohl nach der beamtenrechtlichen Grundlage als auch nach den sich daraus ergebenden Folgen verschieden gestaltet sind; die erste Gruppe wird nach dem unverkennbaren Ziel des Gesetzes zu Art. 131 GG von seinen Vorschriften - mit Ausnahme der des § 62 Abs. 3 - nicht betroffen, sondern bleibt unter der Geltung des allgemeinen Beamtenrechts, die andere unterliegt den Vorschriften des Gesetzes zu Artikel 131 GG. Man kann diese Trennung und grundsätzliche Verschiedenheit nicht beseitigen, indem man Vorschriften, die nur für die eine Gruppe gelten, für die andere entsprechend anwendet. Eine entsprechende Anwendung auch des Rechtsgedankens ist nur bei vergleichbaren Sachverhalten möglich; die beiden Gruppen sind aber infolge der grundsätzlich verschiedenen Gestaltung ihrer Rechtsverhältnisse nicht vergleichbar, vor allem nicht, soweit es sich um die Rechtsgrundlagen für die Beurteilung eines Dienstvergehens handelt; diese Rechtsgrundlage ist bei dem unter § 62 Abs. 3 G 131 fallenden Beamten die Fiktion der Fortdauer seines Beamtenverhältnisses, bei den Beamten, auf die § 9 G 131 zur Anwendung kommt, aber gerade der durch das Gesetz zuArtikel 131 GG erst geschaffene Status des Beamten zur Wiederverwendung, des Ruhestandsbeamten oder des früheren (d.h. nach § 6 Abs. 1 G 131 als entlassen geltenden) Beamten. - Bei der vom Berufungsgericht vertretenen, rechtsirrigen Auffassung, der Rechtsgedanke des § 9 G 131 müsse auf die unter § 62 Abs. 3 G 131 fallenden Beamten entsprechend anwendbar sein, handelt es sich um Hinweise an das Gericht 1. Instanz; das Urteil des Berufungsgerichts beruht nicht auf dieser Auffassung. Eine Aufhebung aus diesem Grund kam daher nicht in Betracht.

Aus den vorstehenden Gründen war die Revision zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 65 Abs. 1 BVerwGG.