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Bundesverwaltungsgericht

Entscheidung vom 19.01.1968, Az.: VI C 56/64

Tenor

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. April 1964 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.

Entscheidungsgründe

I.Die am 14. Januar 1905 geborene Klägerin, die bis Ende Februar 1962 berufstätig gewesen war, heiratete am 10. April 1962 den am 6. Juni 1893 geborenen W. Wi., der sich seit 1. Oktober 1955 im Ruhestand befand. Vor dieser Eheschließung hatte W. Wi. am 8. Januar 1962 an die Zentrale Besoldungs- und Versorgungsstelle im Geschäftsbereich des Innenministeriums des beklagten Landes (ZBVIM) - die Rechtsvorgängerin des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen - folgende Anfrage gerichtet:"Ich bin Witwer. Meine Frau ist am 26.10.1960 verstorben. Ich möchte mich demnächst wieder verheiraten. Nun bitte ich um Auskunft, wie lange ich mit der zukünftigen Frau verheiratet sein muß, bis sie Anspruch auf Rente hat, wenn ich vorzeitig sterben sollte?"

In ihrem Antwortschreiben vom 1. Februar 1962 wies die ZBVIM auf die Vorschriften der §§ 130 und 132 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz - LBG -) vom 15. Juni 1954 (GV. NW. S. 237) hin und gab den wesentlichen Inhalt der Ausschlußtatbestände des § 130 Satz 2 LBG wieder. Außerdem führte sie aus, daß einer Witwe, die die Ehe mit einem Ruhestandsbeamten nach dessen vollendetem 65. Lebensjahr geschlossen habe, auf Antrag ein Unterhaltsbeitrag bis zur Höhe des Witwengeldes bewilligt werden könne, wobei die gesamte Sachlage, insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse, der Altersunterschied der Ehegatten sowie die Dauer der Ehe zu berücksichtigen seien.

Am 4. Mai 1962 verstarb W. Wi. nach Amputation des rechten Beines infolge Herz- und Kreislaufschwäche.

Mit Schreiben vom 22. Juni 1962 beantragte die Klägerin, ihr einen Unterhaltsbeitrag zu bewilligen. Diesen Antrag lehnte die ZBVIM mit Bescheid vom 7. November 1962 im wesentlichen mit der Begründung ab, daß die Vermutung einer Versorgungsehe nicht entkräftet sei.

Der nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Anfechtungsklage mit dem Antrag,den Bescheid vom 7. November 1962 und den Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 1963 aufzuheben,

gab das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 19. Juni 1963 statt mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 131 Satz 2 Nr. 1 des Landesbeamtengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juni 1962 (GV. NW. S. 271) - LBG (F. 1962) - seien nicht gegeben, weil es weder alleiniger noch überwiegender Zweck der Eheschließung gewesen sei, der Klägerin eine Versorgung zu verschaffen. Die Berufung des Beklagten wies das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 10. April 1964 zurück, im wesentlichen mit folgender Begründung:

Nach § 131 Satz 2 LBG (F. 1962) erhalte abweichend von Satz 1 dieser Vorschrift die Witwe eines Ruhestandsbeamten kein Witwengeld, wenn die Voraussetzungen der Nrn. 1 bis 3 dieser Vorschrift erfüllt seien. In den Fällen des § 131 Satz 2 Nrn. 2 und 3 LBG (F. 1962) könne aber gemäß § 134 Abs. 1 LBG (F. 1962) ein Unterhaltsbeitrag bis zur Höhe des Witwengeldes gewährt werden. Die Klägerin falle nach dem Wortlaut des Gesetzes unter § 131 Satz 2 Nr. 2 LBG (F. 1962). Der Beklagte habe seine ablehnenden Bescheide aber lediglich damit begründet, es sei die Vermutung nicht ausgeräumt, daß die Klägerin eine sogenannte "Versorgungsehe" im Sinne des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG (F. 1962) geschlossen habe, ein Unterhaltsbeitrag müsse deshalb abgelehnt werden ohne Prüfung, ob die anderen Voraussetzungen für die Bewilligung gegeben seien. Daß die Klägerin s. E. nicht bedürftig sei, habe der Beklagte ohne nähere Prüfung der Verhältnisse erst im Verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend gemacht.

Da die Klägerin nicht eine Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung eines Unterhaltsbeitrages, sondern nur Aufhebung der angefochtenen Bescheide mit dem Ziel einer erneuten Entscheidung des Beklagten begehrt habe, sei nur zu prüfen, ob die angefochtenen Bescheide rechtswidrig seien.

§ 131 Satz 1 LBG (F. 1962) betreffe lediglich das Witwengeld. Satz 2 dieser Vorschrift schließe dieses Witwengeld in drei Fällen (Nrn. 1 bis 3) aus, in denen es nach der allgemeinen Regelung an sich zustehen würde. § 134 Abs. 1 LBG (F. 1962) ermögliche für zwei dieser Fälle (§ 131 Satz 2 Nrn. 2 und 3 LBG [F. 1962]) die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages im Wege der Ermessensentscheidung und schließe dadurch im Ergebnis die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages im ersten Fall (§ 131 Satz 2 Nr. 1 LBG [F. 1962]) aus. § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG sei hier aber nicht anwendbar. Er könnte nur in Betracht kommen, wenn der verstorbene Ehemann als Ruhestandsbeamter noch vor Vollendung des 65. Lebensjahres die Klägerin geheiratet hätte. Denn nur dann könnte das Witwengeld unter Umständen wegen Eingehens einer "Versorgungsehe" entfallen. Hier sei es aber kraft Gesetzes schon aus einem ohne weiteres erkennbaren äußeren Grunde entfallen, ohne daß es einer Klärung der Frage bedürfte, ob es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen. Überdies könne nach dem Sinnzusammenhang der Sätze 1 und 2 des § 131 LBG (F. 1962) mit "Versorgung" im Sinne des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG (F. 1962) nur das Witwengeld gemeint sein. Habe Witwengeld daher schon - wie hier - aus einem anderen Grunde nicht in Betracht kommen können, so könne schon deshalb eine "Versorgungsehe" im Sinne des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG (F. 1962) nicht gegeben sein. Demnach habe die Entscheidung über den Unterhaltsbeitrag im ungebundenen pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten gestanden. Der Beklagte habe sich aber zu Unrecht durch die "gesetzliche Vermutung" des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG (F. 1962) gebunden gefühlt. Seine Entscheidung sei daher keine Ermessensentscheidung und somit fehlerhaft.

Ob und inwieweit der Gesichtspunkt, daß die Umstände der Eheschließung die Annahme rechtfertigten, der Klägerin habe zumindest ein Unterhaltsbeitrag verschafft werden sollen, eine ablehnende Ermessensentscheidung rechtfertigen könnte, sei nicht zu entscheiden gewesen. Denn der Beklagte habe diesen Grund nicht zum Anlaß einer Prüfung im Rahmen seiner Ermessensentscheidung gemacht, sondern sich ohne Ermessensspielraum zu Unrecht für gebunden gehalten. Auch das nachträgliche Vorbringen, die Klägerin sei eines Unterhaltsbeitrages nicht bedürftig, vermöge die angefochtene Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Insoweit habe der Beklagte keine Prüfung angestellt, sondern sei über eine bloße Behauptung nicht hinausgekommen, obwohl die Berücksichtigung und damit vorab die Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Witwe für eine richtige Ermessensentscheidung ebenfalls von Bedeutung sei. Das Vorbringen der Klägerin, sie erhalte nach ihrem verstorbenen Ehemann nur eine Knappschaftsrente in Höhe von 68 DM und sei, wie auch das beigebrachte Attest des Arztes Dr. Z. vom 11. Januar 1964 bestätige, nicht in der Lage, sich durch Arbeit ihren Unterhalt zu verdienen, deute im übrigen auf Bedürftigkeit hin.

Gegen das am 6. Mai 1964 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 5. Juni 1964 die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt, sie innerhalb der auf Antrag verlängerten Frist am 25. September 1964 begründet und beantragt, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts in Düsseldorf vom 19. Juni 1963 die Klage abzuweisen.

Die Revision rügt Verletzung des materiellen Rechts (§§ 131, 134 LBG [F. 1962]).

Die Klägerin hat die Zurückweisung der Revision beantragt. Sie verteidigt im wesentlichen das angefochtene Urteil.

Der Oberbundesanwalt hat sich am Verfahren beteiligt und ist dem Berufungsurteil entgegengetreten.

II.Die Revision ist begründet; sie muß zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht führen.

Rechtsirrig ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der vorliegende Fall beurteile sich ausschließlich nach § 131 Satz 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 134 Abs. 1 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz - LBG -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juni 1962 (GV. NW. S. 271); § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG sei schon deshalb nicht anwendbar, weil diese Vorschrift nur zutreffe, wenn der Ruhestandsbeamte die Ehe vor Vollendung des 65. Lebensjahres schließe.

Die hier maßgebenden und mit §§ 130 und 132 des Landesbeamtengesetzes in seiner ursprünglichen Fassung vom 15. Juni 1954 (GV. NW. S. 237) wörtlich übereinstimmenden Bestimmungen der §§ 131 und 134 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes in der Fassung vom 1. Juni 1962 lauten:"§ 131Die Witwe eines Beamten, der zur Zeit seines Todes Ruhegehalt erhalten hätte, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn1.die Ehe mit dem Verstorbenen weniger als drei Monate gedauert hat, es sei denn, daß nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, daß es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder2.die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung das fünfundsechzigste Lebensjahr bereits vollendet hatte oder3.die eheliche Gemeinschaft beim Tode des Beamten oder Ruhestandsbeamten durch gerichtliche Entscheidung aufgehoben war.§ 134(1) In den Fällen des § 131 Satz 2 Nr. 2 und 3 kann ein Unterhaltsbeitrag bis zur Höhe des Witwengeldes bewilligt werden."

Der Wortlaut des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG läßt weder für sich noch im Zusammenhang mit der Nr. 2 dieser Vorschrift betrachtet erkennen, daß - wie das Berufungsgericht meint - von Nr. 1 nur die Witwe erfaßt wird, die ihre Ehe mit dem verstorbenen Ruhestandsbeamten geschlossen hat, bevor dieser das 65. Lebensjahr vollendet hatte, für die also nicht "schon" der Ausschlußtatbestand der Nr. 2 zutrifft. Die Auffassung des Berufungsgerichts läßt sich auch nicht damit rechtfertigen, daß § 131 Satz 2 Nr. 2 LBG für die Versagung des Anspruchs auf Witwengeld an einen ohne weiteres erkennbaren äußeren Grund anknüpft, ohne daß es, wie in Nr. 1, einer Klärung des Zweckes der Eheschließung bedarf. Dabei kann offenbleiben, ob derartige Unterschiede in den Voraussetzungen beider Vorschriften geeignete Anhaltspunkte für ihre Auslegung und Abgrenzung geben können. Der Unterschied der tatbestandlichen Voraussetzungen beider Vorschriften und des Grades der vor allem praktischen Schwierigkeiten ihres Vollzugs liegt darin, daß die Nr. 1 den Anspruch auf Witwengeld ausschließen will, wenn die Ehe allein oder überwiegend zum Zweck der Versorgung der Witwe geschlossen worden ist, und damit auf das subjektive, sich im inneren Bereich der Willensbildung abspielende und deshalb naturgemäß nach außen schwieriger erkennbare Motiv der Eheschließung abstellt, während die Nr. 2 auf dem Grundgedanken beruht, daß nach Beendigung des Beamtenverhältnisses und dem Erreichen der generellen Altersgrenze neue Versorgungsansprüche nicht mehr begründet werden können, und deshalb auf eindeutige objektive Umstände abstellt. So gesehen stehen die beiden Ausschlußtatbestände des § 131 Satz 2 Nrn. 1 und 2 LBG selbständig und gleichwertig nebeneinander; eine Rangfolge beider Vorschriften im Sinne des Berufungsgerichts läßt sich aus § 131 Satz 2 LBG nicht herleiten.

Der entscheidende Mangel des Berufungsurteils liegt, wie die Revision und der Oberbundesanwalt zutreffend hervorheben, darin, daß es bei der Auslegung des § 131 LBG und der Abgrenzung der Ausschlußtatbestände dieser Vorschrift im wesentlichen nur auf diese Vorschrift abstellt und dabei § 134 Abs. 1 LBG vernachlässigt. Beide Vorschriften stehen aber in einem inneren Zusammenhang und ergänzen sich. Die Frage, welche Versorgungsansprüche der Witwe eines Beamten oder Ruhestandsbeamten zustehen, beantwortet sich nach dem Inhalt und dem Sinn und Zweck der in §§ 131 und 134 Abs. 1 LBG getroffenen Gesamtregelung.

Hieraus ergibt sich zunächst (§ 131 Satz 1 LBG), daß die Witwe eines versorgungsberechtigten Beamten oder eines Ruhestandsbeamten grundsätzlich Versorgung in Form des Witwengeldes erhält, und zwar nur in dieser Form. § 131 Satz 2 LBG schließt bei Vorliegen der in den Nrn. 1 bis 3 genannten Voraussetzungen den Anspruch auf Witwengeld und damit Versorgungsansprüche der Witwe grundsätzlich aus; lediglich für die Ausschlußtatbestände der Nrn. 2 und 3 des § 131 Satz 2 LBG sieht das Gesetz in § 134 Abs. 1 LBG eine Ausnahme von dem Ausschluß von Versorgungsbezügen in der Weise vor, daß eine Versorgung minderer Art in Form eines nach pflichtgemäßem Ermessen zu gewährenden Unterhaltsbeitrages bewilligt werden kann. Beim Vorliegen einer sogenannten Versorgungsehe (§ 131 Satz 2 Nr. 1 LBG) verbleibt es dagegen beim Ausschluß des Witwengeldes, ohne daß an dessen Stelle ein Unterhaltsbeitrag treten kann. Wollte somit der Gesetzgeber eine allein oder überwiegend zum Zweck der Versorgung der Witwe geschlossene Ehe in keiner Weise - weder durch ein Witwengeld noch durch einen Unterhaltsbeitrag - versorgungsrechtlich "honorieren", so muß das ohne Rücksicht darauf gelten, ob neben den Voraussetzungen des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG auch noch der weitere Ausschlußtatbestand der Nr. 2 dieser Vorschrift (das Vorliegen der Voraussetzungen der Nr. 3 neben denen der Nr. 1 kann wohl nicht praktisch werden) gegeben ist. Es ist auch kein einleuchtender Grund dafür ersichtlich, daß eine Witwe, deren Ehe unter den Voraussetzungen des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG geschlossen worden ist, dann einen Unterhaltsbeitrag gemäß § 134 Abs. 1 LBG erhalten kann, wenn zusätzlich die Voraussetzungen des § 131 Satz 2 Nr. 2 LBG, also ein weiterer das Witwengeld ausschließender Grund gegeben ist, anderenfalls aber nicht. Schließlich ist auch die in § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG enthaltene gesetzliche Vermutung, daß eine Ehe, die nur drei Monate gedauert hat, zum Zwecke der Versorgung der Witwe geschlossen worden ist, bei Eheschließungen von Ruhestandsbeamten, die das 65. Lebensjahr bereits vollendet hatten, also schon im fortgeschrittenen Lebensalter standen, jedenfalls nicht minder gerechtfertigt als in sonstigen Fällen.

Mit diesen Erwägungen unvereinbar ist die Ansicht des Berufungsgerichts, abweichend vom gesetzlichen Wortlaut sei nach dem Sinnzusammenhang der Sätze 1 und 2 des § 131 LBG mit "Versorgung" in § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG nur das "Witwengeld" gemeint. Die Verwendung des allgemeinen, alle Arten von Versorgungsbezügen umfassenden Begriffs "Versorgung" (vgl. § 116 LBG) in der den Anspruch auf "Witwengeld" regelnden Vorschrift des § 131 LBG bestätigt vielmehr, daß der Gesetzgeber auch die Witwe dem Ausschlußtatbestand des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG unterwirft, deren Ehe allein oder überwiegend zu dem Zweck geschlossen worden ist, ihr Versorgung in Form eines Unterhaltsbeitrages zu verschaffen, und daß damit bei einer unter den Voraussetzungen des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG geschlossenen Ehe der Witwe jegliche Versorgung versagt ist. Eine andere, hier nicht zu entscheidende Frage ist, ob bei einer (auch) unter den Voraussetzungen des § 131 Satz 2 Nr. 2 LBG geschlossenen Ehe, bei der die Witwe also jedenfalls kein Witwengeld, sondern nur einen Unterhaltsbeitrag erhalten kann, dieser Umstand im Rahmen der Gesamtwürdigung des Einzelfalles vielleicht gegen die Annahme sprechen könnte, daß die Versorgung der Witwe der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war.

Erweist sich sonach die Vorschrift des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG gegenüber den übrigen Ausschlußtatbeständen als die weitergehende, jede Versorgung ausschließende Regelung, so folgt daraus und aus dem Sinn und Zweck der in § 131 und § 134 Abs. 1 LBG getroffenen Gesamtregelung: Sind sowohl die Voraussetzungen der Nr. 1 als auch der Nr. 2 des § 131 Satz 2 LBG gegeben, so kann die Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages nach § 134 Abs. 1 in Verbindung mit § 131 Satz 2 Nr. 2 LBG erst in Betracht kommen, wenn der Ausschlußtatbestand des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG ausgeräumt, also die Annahme nicht mehr gerechtfertigt erscheint, daß die Versorgung der Witwe der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei (vgl. Hartmann-Janssen, BayBG, 2. Aufl., Art. 138 Anm. 1; Hefele-Schmidt, BayBG, Art. 136 Anm. 3 a und Art. 138 Anm. 3; ebenso wohl auch Fischbach, BBG, 3. Aufl., § 123 Anm. III 1). Insoweit kommt also der in Richtung eines Versorgungsausschlusses weitergehenden Vorschrift des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG Vorrang vor den übrigen Ausschlußtatbeständen dieser Vorschrift zu. Bestätigt wird dieses Ergebnis schließlich dadurch, daß ein Unterhaltsbeitrag gemäß § 134 Abs. 1 LBG - wie sich aus dem Zusammenhang dieser Vorschrift mit § 131 LBG ergibt - nur gewährt werden kann, wenn die Witwe, wäre nicht der Ausschlußgrund des § 131 Satz 2 Nr. 2 LBG gegeben, einen Anspruch auf Witwengeld hätte. Das ist bei einer Witwe, bei der der Anspruch auf Witwengeld gleichzeitig gemäß § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG ausgeschlossen ist, nicht der Fall.

Da das Berufungsgericht rechtsirrig von der Unanwendbarkeit des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG im vorliegenden Fall ausgegangen ist und deshalb nicht geprüft hat, ob die besonderen Umstände des Falles die Annahme einer "Versorgungsehe" im Sinne dieser Vorschrift nicht rechtfertigen, war das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur Nachholung dieser Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Dabei wird das Berufungsgericht zu beachten haben, daß der Ausschlußgrund des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG zwar in der Regel, aber nicht ausnahmslos, ausgeräumt ist, wenn für einen der Ehegatten die Absicht, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, nicht maßgebend war (vgl. BVerwGE 25, 221).

Kommt das Berufungsgericht nach Sachaufklärung zu dem Ergebnis, daß die Vermutung in § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG nicht ausgeräumt werden kann, so steht weder der Klägerin ein Anspruch auf Witwengeld zu, noch kann ihr ein Unterhaltsbeitrag bewilligt werden mit der Folge, daß der Berufung des Beklagten stattzugeben und die Klage abzuweisen ist.

Gelangt das Berufungsgericht dagegen zu der Feststellung, daß die Vermutung in § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG ausgeräumt und damit dieser Ausschlußgrund nicht mehr gegeben ist, so kann das allein noch nicht zur Zurückweisung der Berufung des Beklagten führen. Das Berufungsgericht hat dann weiter zu prüfen, ob die vom Beklagten vorgetragenen Ermessenserwägungen die Ablehnung eines Unterhaltsbeitrages gemäß § 134 Abs. 1 in Verbindung mit § 131 Satz 2 Nr. 2 LBG rechtfertigen. An dieser Prüfung hat sich das Berufungsgericht bisher zu Unrecht gehindert gesehen.

Der Beklagte hat zwar im Verwaltungsverfahren die Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages nur aus Rechtsgründen (Vorliegen einer "Versorgungsehe" im Sinne des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG) und nicht aus Ermessensgründen (§ 134 Abs. 1 in Verbindung mit § 131 Satz 2 Nr. 2 LBG) abgelehnt. Er hat jedoch im Berufungsverfahren eine solche Ermessensentscheidung nachgeholt und vorgetragen, die Klägerin sei eines Unterhaltsbeitrages nicht bedürftig. Das Nachschieben dieser Ermessensentscheidung im Berufungsverfahren durch die mit der Widerspruchsbehörde identische Ausgangsbehörde war zulässig (vgl.Urteil vom 24. Oktober 1963 - BVerwG VI C 185.61 -; siehe auch BVerwGE 18, 72 [77]; 22, 215 [218]). Das Berufungsgericht war an der Nachprüfung dieser Ermessensentscheidung auch nicht schon etwa deshalb gehindert, weil der Beklagte die "bloße Behauptung" mangelnder Bedürftigkeit aufgestellt habe. Es hätte vielmehr insoweit den Sachverhalt unter Heranziehung der Beteiligten von Amts wegen aufklären (§ 86 Abs. 1 VwGO) und alsdann entscheiden müssen, ob die Versagung des Unterhaltsbeitrages aus dem geltend gemachten Ermessensgrund rechtsfehlerfrei war. Zudem hat der Beklagte in der Berufungsbegründung vom 3. September 1963 nicht nur vorgetragen, die Klägerin könne ihren Beruf noch voll ausüben und ihre wirtschaftlichen Verhältnisse seien auch ohne einen Unterhaltsbeitrag gesichert, sondern er hat weiter als einen die Versagung des Unterhaltsbeitrages mit rechtfertigenden Ermessensgrund die kurze Dauer der Ehe geltend gemacht. Über diese Fragen wird nunmehr das Berufungsgericht nach entsprechender Sachaufklärung gegebenenfalls zu entscheiden haben.

Da das Berufungsgericht insoweit keine ausreichenden eigenen tatsächlichen Feststellungen getroffen hat, war es dem Senat entgegen der vom Beklagten in der Revisionsverhandlung vorgetragenen Ansicht nicht möglich, insoweit in der Sache selbst zu entscheiden und die Klage schon mit der Begründung abzuweisen, daß unbeschadet der Vorschrift des § 131 Satz 2 Nr. 1 LBG jedenfalls die vom Beklagten nachgeschobene Ermessensentscheidung gemäß § 134 Abs. 1 in Verbindung mit § 131 Satz 2 Nr. 2 LBG die Versagung eines Unterhaltsbeitrages rechtfertige.

Es war deshalb zu entscheiden, wie geschehen.