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Bundesverwaltungsgericht

Entscheidung vom 08.07.1960, Az.: VII C 123/59

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 3. Juni 1958 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Entscheidungsgründe

I.Durch Bescheid vom 18. August 1955 forderte das Bezirksamt W. von dem Kläger die Zahlung von 1.216 DM für die Verlängerung des Nutzungsrechts an der Familiengrabstelle, die die Großmutter des Klägers im Jahre 1904 gegen Zahlung von 1.520 Mark erworben hatte. Den Einspruch des Klägers wies der Beklagte am 7. Oktober 1955 zurück. Klage und Berufung blieben erfolglos. Die Revision wurde durch Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Januar 1959 zugelassen.

In den Gründen des Berufungsurteils wird ausgeführt: Zwischen dem Kläger und dem Land Berlin bestehe ein Rechtsverhältnis öffentlich-rechtlicher Art, so daß Streitigkeiten aus diesem Rechtsverhältnis im Verwaltungsrechtswege auszutragen seien. Bei seiner Gebührenforderung stütze sich der Beklagte auf §4 c Abs. 1 Satz 1 der Friedhofsordnung 1932, die alle älteren Friedhofsordnungen abgelöst habe. Zwar bezögen sich §4 c Abs. 1 Satz 1 und §5 Abs. 6 (richtig: §5 Abs. 5) der Friedhofsordnung 1932, die die Dauer und das Erlöschen des Benutzungsrechts an Familiengrabstellen regelten, nach ihrem Wortlaut nur auf Familiengrabstellen, die nach dem Inkrafttreten der Friedhofsordnung 1932 vergeben würden. Das sei aber nicht maßgebend. Denn eine gesetzliche Bestimmung müsse nach ihrem Sinnzusammenhang, gegebenenfalls sogar gegen ihren Wortlaut ausgelegt werden. Der Sinnzusammenhang aber ergebe sich daraus, daß in §4 der Friedhofsordnung 1932 alle Arten von Grabstellen einschließlich der Familiengrabstellen aufgezählt würden, die auf Berliner Friedhöfen überhaupt vergeben würden. Es sei nicht einzusehen, warum darunter nicht die Familiengrabstellen fallen sollten, die vor Inkrafttreten der Ordnung ausgegeben worden seien. So habe der damalige Oberbürgermeister von Berlin schon im Jahre 1934 die Friedhofsordnung 1932 ausgelegt.

Bedeutungslos sei, daß die Friedhofsordnung 1932 die älteren Friedhofsordnungen nicht ausdrücklich aufgehoben habe, wie das in ähnlichen Fällen vielfach geschehen sei. Denn wenn eine Friedhofsordnung die Frist für die Benutzung von Grabstellen allgemein neu festsetze, hebe sie damit alle früheren Fristbestimmungen auf, ohne daß diese Konsequenz ihren Niederschlag in einer besonderen Bestimmung finden müsse. Bei Erlaß der Friedhofsordnung 1932 sei auch schon erkennbar gewesen, daß die Kosten für Anlegung und Unterhaltung der Friedhöfe so stark angestiegen seien, daß an Stelle der früher vorhandenen Überschüsse sehr erhebliche Fehlbeträge getreten seien. Infolgedessen habe der Berliner Ortsgesetzgeber im Jahre 1932 keinen Anlaß gehabt, einer kleinen und besonders finanzkräftigen Gruppe von Friedhofsbenutzern, den Inhabern von älteren Familiengrabstellen, in der Weise entgegenzukommen, daß er bei ihnen auf die Zahlung einer Gebühr für die Verlängerung der Benutzungsdauer verzichtete, während er von allen anderen Friedhofsbenutzern für die Verlängerung der Benutzungsdauer eine Gebühr erhoben habe. Eine Freistellung der Inhaber älterer Familiengrabstellen von der Gebühr für die Verlängerung der Benutzungsdauer würde auch gegen den Gleichheitssatz verstoßen haben. Zwar sei zuzugeben, daß der damalige Ortsgesetzgeber derartige Erwägungen vielleicht nicht angestellt habe, auch nicht habe anstellen können. Aber auch das sei nicht entscheidend. Gegebenenfalls müsse das Gericht eine Auslegung, die dem Willen des historischen Gesetzgebers entspreche, durch eine Auslegung ersetzen, die den geänderten Verhältnissen Rechnung trage.

Eine Verkürzung der Benutzungsdauer an einer Familiengrabstelle durch eine nachträglich erlassene Friedhofsordnung enthalte auch keine unzulässige Rückwirkung eines Rechtssatzes. Eine solche Rückwirkung liege nur vor, wenn abgeschlossene Tatbestände nachträglich rechtlich geregelt würden. Dagegen bedeute es keine unzulässige Rückwirkung, wenn Dauerverhältnisse für die Zukunft neu geregelt würden. Die Verkürzung der Benutzungsdauer eines Familiengrabes sei eine derartige Neuregelung eines Dauerverhältnisses. Sie sei in Anbetracht der Autonomie des Trägers des Friedhofs, des Landes und der Stadt Berlin, als rechtlich zulässig anzusehen, wenn das Land sich bei der Neuregelung im Rahmen des Anstaltszwecks gehalten habe. Das sei hier der Fall.

Die Abkürzung der Benutzungsdauer verstoße auch dann nicht gegen Treu und Glauben, wenn die Inhaber eines Familiengrabes auf ihm kostspielige Bauwerke errichtet hätten. Denn die Errichtung solcher Bauwerke erfolge stets auf eigene Gefahr.

Die Höhe der Gebühr, die von dem Kläger für die Verlängerung der Benutzungsdauer habe gefordert werden können, sei durch die in ihrer Geltungsdauer mehrfach verlängerte Gebührenordnung vom 19. Mai 1937 bestimmt worden. Zwar sehe diese Gebührenordnung für die Verlängerung der Nutzungsdauer von Familiengräbern keine besondere Gebühr vor. Da sie aber für die Verlängerung der Benutzungsdauer aller anderen Arten von Grabstellen die Zahlung einer Gebühr fordere, müsse zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz davon ausgegangen werden, daß auch für die Verlängerung der Benutzungsdauer von Familiengrabstellen, die zunächst auf unbegrenzte Zeit gewährt worden seien, eine Gebühr zu entrichten sei, wenn die Nutzung über den von der Friedhofsordnung 1932 vorgesehenen Zeitraum hinaus verlängert werden solle. Das sei nunmehr in der Gebührenordnung vom 22. Januar 1957 auch ausdrücklich bestimmt.

Mit der Revision beantragt der Kläger, unter Aufhebung des angefochtenen(Berufungs-)Urteils den Gebühren- und Einspruchsbescheid des Beklagten in Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin vom 26. April 1956 aufzuheben.

Er trägt vor: Das Nutzungsrecht an der Familiengrabstelle des Klägers sei weitgehend privatrechtsähnlich gestaltet. Es unterfalle daher der Eigentumsgarantie des §14 Abs. 1 des Grundgesetzes. Gleichwohl habe der Beklagte dieses Recht ohne gesetzliche Grundlage eingeschränkt. §28 der Friedhofsordnung 1902/03 gewähre ein Nutzungsrecht bis zur Auflassung des Friedhofs.

§4 c Abs. 1 Satz 1 der Friedhofsordnung 1932 taste dieses Recht nicht an. Denn es beschränke das Nutzungsrecht auf 60 Jahre nur für Familiengrabstellen, die zugeteilt werden, das heiße, nach dem Inkrafttreten der Friedhofsordnung 1932 zugeteilt werden. In Übereinstimmung hiermit erlösche nach §5 Abs. 5 der Friedhofsordnung 1932 das Nutzungsrecht an Familiengrabstellen, wenn die Zeit abgelaufen sei, für welche die Grabstelle erworben sei. Schließlich lasse §4 c Abs. 1 Satz 3 der Friedhofsordnung 1932 abweichende Vereinbarungen über die Nutzungsdauer ausdrücklich zu. Eine solche abweichende Vereinbarung aber sei in der Verleihung des Benutzungsrechts bis zur Aufhebung des Friedhofs an die Rechtsvorgängerin des Klägers im Jahre 1904 zu erblicken. Es sei auch, nicht gerechtfertigt, aus §5 Abs. 5 der Friedhofsordnung 1932 den Schluß zu ziehen, daß auch die Nutzungsdauer von Familiengrabstätten mit bisher unbeschränkter Nutzungsdauer auf 60 Jahre habe beschränkt werden sollen, weil nach §5 Abs. 5 der Friedhofsordnung 1932 das Recht auf Benutzung von Familiengrabstellen erlösche, wenn die Zeit abgelaufen sei, für welche die Grabstelle erworben sei (statt erworben worden sei). Denn nach dem Sprachgebrauch bedeute die Formulierung "erworben ist" dasselbe wie die Formulierung "erworben worden ist".

Ebensowenig könne aus dem Umstand, daß§4 der Friedhofsordnung 1932 die verschiedenen Arten von Grabstellen aufzähle, geschlossen werden, daß nunmehr, ungeachtet der gegenteiligen Bestimmung des §5 Abs. 5 der Friedhofsordnung 1932, auch die früher verliehene, zeitlich unbeschränkte Nutzungsdauer für Familiengräber auf 60 Jahre herabgesetzt werden solle. Daran ändere auch die dahingehende Auslegung der Friedhofsordnung 1932 in einer Rundverfügung des damaligen Oberbürgermeisters von Berlin aus dem Jahre 1934 nichts. Denn diese Rundverfügung sei nicht mehr als eine Parteierklärung.

Das Berufungsgericht gebe selbst zu, daß es die Friedhofsordnung 1932 entgegen ihrem Wortlaut und den Vorstellungen des damaligen Berliner Ortsgesetzgebers ausgelegt habe. Damit habe es die Grenze überschritten, die Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der richterlichen Auslegung gezogen hätten.

Schließlich könne die zeitlich unbeschränkte Nutzung des Klägers an dem von seiner Rechtsvorgängerin erworbenen Familiengrab nicht mit der Begründung eingeschränkt werden, daß der Gleichheitssatz diese Einschränkung fordere. Gegenüber Art. 3 des Grundgesetzes sei Art. 14 des Grundgesetzes eine vorgehende lex specialis, die es ausschließe, ein wohlerworbenes Recht unter Berufung auf den Gleichheitssatz mit der Begründung aufzuheben, daß nach späteren Regelungen ein solches Recht nicht mehr habe begründet werden können.

Der Beklagte hat Zurückweisung der Revision beantragt und ausgeführt: Die Friedhofsordnung 1902/03, auf Grund deren der Rechtsvorgängerin des Klägers ein zeitlich unbeschränktes Nutzungsrecht an einer Familiengrabstelle verliehen worden sei, sei durch die Berliner Friedhofsordnungen von 1922 und 1932 aufgehoben worden. Nach Ansicht des Berufungsgerichts sei damit auch das Nutzungsrecht des Klägers zeitlich beschränkt worden. Die Richtigkeit dieser Auffassung könne das Revisionsgericht nicht nachprüfen, weil es sich um Landesrecht handele. Das Revisionsgericht sei auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob die zeitliche Beschränkung des Nutzungsrechts des Klägers einen Verstoß gegen Art. 14 des Grundgesetzes oder Art. 3 des Grundgesetzes darstelle.

Ein Verstoß gegen Art. 14 des Grundgesetzes werde dadurch ausgeschlossen, daß durch die Verleihung des Nutzungsrechts zwischen dem Kläger und dem Beklagten ein öffentliches Rechtsverhältnis begründet worden sei. Eine durch ein solches Rechtsverhältnis begründete Rechtsposition genieße nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Schutz des Art. 14 des Grundgesetzes nur dann, wenn es eigentumsähnlich ausgestaltet sei. Das sei nicht der Fall. Aber selbst wenn man mit dem Bundesgerichtshof annehmen wolle, daß auch auf Grund öffentlichen Rechts erlangte Rechtspositionen den Schutz des Art. 14 des Grundgesetzes genössen, müsse berücksichtigt werden, daß der Bundesgerichtshof selbst das Recht des Unterhaltspflichtigen eines öffentlichen Friedhofs zur Beschränkung von zeitlich unbeschränkten Nutzungsrechten an Sondergrabstellen aus der Autonomie zur Regelung der Benutzungsbedingungen für öffentliche Anstalten abgeleitet habe. Auch der Gleichheitssatz habe die Beschränkung des Benutzungsrechts des Klägers nicht ausgeschlossen, sondern gefordert.

II.Die Revision hat keinen Erfolg.

1)Der Kläger verlangt Aufhebung des Bescheids des Bezirksamts Wilmersdorf, dem der Beklagte im Einspruchsbescheid vom 7. Oktober 1955 beigetreten ist. In dem Bescheid fordert das Bezirksamt für die Verlängerung des Benutzungsrechts an der im Jahre 1904 von der Großmutter des Klägers erworbenen Familiengrabstelle bis zum Jahre 1980 die Zahlung einer Gebühr von 1.216 DM. Es begründet diese Forderung damit, daß das Benutzungsrecht an der Grabstelle, für die das Ortsstatut und Gebührenordnung der Gemeinde G. betreffend die Benutzung ihres Friedhofs vom 5. November 1902/4. Februar 1903 - FO 1902/03 - eine zeitliche Begrenzung nicht vorgesehen habe, durch die Friedhofsordnung (der Stadt Berlin) vom 29. Januar 1932 (Amtsbl. der Stadt Berlin S. 118) - FO 1932 - in Verbindung mit der Gebührenordnung für die Gemeindefriedhöfe vom 19. Mai 1937 (Amtsbl. der Reichshauptstadt Berlin 1938 S. 175) - GebO 1937 - auf 60 Jahre mit der Maßgabe begrenzt worden sei, daß eine Verlängerung der Benutzungsdauer gegen Nachzahlung einer Gebühr zulässig sei. Der Kläger hält die Gebührenforderung für unbegründet. Denn sie könne nur erhoben werden, wenn es zulässig gewesen sei, das zunächst unbegrenzte Recht zur Benutzung der von seiner Großmutter erworbenen Familiengrabstelle durch eine spätere Friedhofsordnung zeitlich zu begrenzen. Das sei jedoch nicht zulässig gewesen. Vielmehr stelle die Begrenzung des Benutzungsrechts eine unzulässige Enteignung dar. Außerdem hätten die späteren Friedhofsordnungen das Benutzungsrecht für früher ausgegebene Familiengrabstellen nicht begrenzt.

Ob dieses Vorbringen des Klägers zur Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts führt, hängt davon ab, ob die nachträgliche Beschränkung der Benutzungsdauer eines Sondergrabs eine Enteignung darstellt, und ob eine Begrenzung der Benutzungsdauer durch die FO 1932 verfügt worden ist.

2)Nach allgemeiner Auffassung ist die Totenbestattung eine öffentliche Aufgabe, die, soweit nicht Kirchengemeinden Begräbnisplätze bereitstellen, durch Bereitstellung von Begräbnisplätzen seitens der Gemeinden zu erfüllen ist. Die gemeindlichen Begräbnisplätze (Friedhöfe) sind öffentliche Anstalten. Das Rechtsverhältnis zwischen den Gemeinden als den über die Gemeindefriedhöfe Verfügungsberechtigten und den Benutzern der Friedhöfe (Grabstelleninhabern und Besuchern) ist durch Gemeindesatzungen (Friedhofsordnungen), also durch objektives Recht geregelt. Dieses Recht muß sich innerhalb des nur spärlich vorhandenen und, soweit nicht ausnahmsweise für einzelne Landesteile Gesetze über das Friedhofs- und Bestattungswesen erlassen sind, auf die Regelung einzelner Fragen beschränkten Gesetzes- und Gewohnheitsrechts und innerhalb des Anstaltszwecks halten. Diese Auffassung hat, insbesondere nachdem sich ihr auch das Reichsgericht angeschlossen hat, die ältere Auffassung, die die Rechte der Gemeinde am gemeindlichen Friedhof aus dem Eigentum ableitete und die Beziehungen zwischen Gemeinden und Grabstelleninhabern als durch dinglichen oder obligatorischen Vertrag (Kauf, Miete, Pacht) begründet und eine etwaige Friedhofsordnung als Geschäftsbedingungen für den Abschluß von Verträgen über die Hergabe von Grabstellen ansah, fast vollständig verdrängt (zu dieser älteren Auffassung vgl. Gaertner, PrVerwBl. Bd. 31 [1909/10] S. 357 ff., 372 ff.; Kinne, PrVerwBl. Bd. 32 [1910/11] S. 661; Brunner, PrVerwBl. Bd. 46 [1924/25] S. 49 [53]; Kalisch, DVBl. 1952, 620 [621]; Jaeckel, DÖV 1954, 141).

Aus der Eigenschaft des gemeindlichen Friedhofs als gemeindlicher Anstalt haben die Judikatur unter Vorantritt des Preußischen Oberverwaltungsgerichts, dem sich das Reichsgericht angeschlossen hat, und der überwiegende Teil der Literatur abgeleitet, daß die Gemeinden im Rahmen der Zweckbestimmung die Benutzung des Friedhöfs jederzeit durch Friedhofsordnung regeln, ändern und dabei auch die Benutzungsrechte von Grabstellen begrenzen oder herabsetzen können. Begründet wird diese Auffassung mit der Erwägung, daß die Regelung der Benutzungsbedingungen gemeindlicher Anstalten wie der gemeindlichen Friedhöfe in die Autonomie der Gemeinden falle. Infolgedessen gelangten Rechte auf Benutzung von Grabstellen auf dem gemeindlichen Friedhof nur mit den Einschränkungen zur Entstehung, die sich aus der jeweiligen Friedhofsordnung ergäben. Die Gemeinde könne auf das Recht zur Regelung der Benutzungsbedingungen ebensowenig rechtsgültig, z.B. durch Vertrag über die Benutzung einer Grabstelle, verzichten, wie sie auf das Recht zur Erhebung von Abgaben durch Vertrag verzichten könne (Urteile des Preußischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. September 1891, PrOVG 21, 124; 14. Februar 1902, PrVerwBl. Bd. 24 [1902/03] S. 87; 26. Januar 1926, PrOVG 80, 47 - PrVerwBl. Bd. 47 [1925/26] S. 267 = JW 1927 S. 1285; 24. April 1928, RVerwBl. Bd. 49 [1927/28] S. 911; 11. November 1930, JW 1931, 676; 24. Februar 1931, RVerwBl. Bd. 52 [1931] S. 740 = JW 1931 S. 1742; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Mai 1954 - BVerwG IV C 017.54 -, MDR 1955, 202 [Auszug]; Urteil des Oberverwaltungsgerichts Hamburg vom 2. Dezember 1952, MDR 1953, 252; Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 22. April 1953, OVGE 7, 151 = DÖV 1953, 733; Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz vom 9. September 1954, AS Rh.-Pf. 3, 123 = DÖV 1955, 255; Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 28. März 1957, DVBl. 1958, 253 mit Anmerkungen von Kalisch; Urteil des Reichsgerichts vom 30. April 1934, RGZ 144, 285; Urteil des Reichsgerichts vom 25. April 1938, RGZ 157, 246; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. September 1957, BGHZ 25, 200 = DÖV 1958, 81 = DVBl. 1958, 250; Berner, Das Bestattungswesen in Preußen [1932] S. 101/102; Dornseiff, Die rechtliche Gestaltung des Friedhofs- und Bestattungswesens in den politischen Gemeinden Preußens, Fischers Zeitschrift für Verwaltungsrecht, Bd. 65 [1930] S. 145 [167 ff., 188, 193, 200 ff.]; Brunner, Handbuch für Friedhofs- und Bestattungsämter [1935] S. 36, 49 bis 53, 62 ff., 82 ff.; Peters, Lehrbuch der Verwaltung [1949] S. 137; Bachof, Rechtsnatur, zulässiger Inhalt und gerichtliche Anfechtung von Friedhofsordnungen, AöR 78 [1952/53] S. 82 ff.; Kalisch, Erbbegräbnisrechte, DVBl. 1952, 620; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts [1954] S. XXVII, 10/11, 47/48, 54, 83/84, 90 bis 98).

3)Soweit diese Schlußfolgerungen für Normalgräber (Reihengräber) gezogen worden sind, ist ihnen kaum widersprochen worden. Anders liegen die Dinge jedoch bei den sog. Sondergrabstellen (Familiengrabstellen, Erbbegräbnissen, früher auch Ewigkeitsgräber genannt). Unter Sondergrabstellen versteht man Grabstellen, die sich durch Größe und bevorzugte Lage von den Reihengrabstellen unterscheiden, die infolgedessen auch die Möglichkeit zur Errichtung größerer Grabdenkmäler bieten, auf deren Zuteilung kein Anspruch besteht, die zur Aufnahme nicht nur eines einzelnen Verstorbenen, sondern zur Aufnahme der verstorbenen Angehörigen einer Familie bestimmt sind, und für die früher eine meist unbeschränkte, nach den geltenden Friedhofsordnungen in der Regel eine Benutzungsdauer von 40 bis 60 Jahren eingeräumt ist, wohingegen die Nutzungsdauer von Reihengräbern in der Regel 20 bis 25 Jahre beträgt. Die Sondergrabstellen werden, soweit es sich nicht um Ehrengrabstellen für besonders verdiente Verstorbene handelt, nur gegen Entrichtung einer erhöhten Gebühr ausgegeben.

Auch diese Grabstellen unterstellt das Preußische Oberverwaltungsgericht, wie insbesondere aus der Entscheidung vom 26. Januar 1926 (PrOVG 80, 47 [49]) ersichtlich ist, den allgemeinen Regeln. Es hält es für zulässig, daß auch für diese Grabstellen im Wege einer Änderung der Friedhofsordnung das bisher zeitlich nicht beschränkte Nutzungsrecht auf eine angemessene Frist oder in der Weise beschränkt werden kann, daß es nach Ablauf einer bestimmten Zeit durch Zahlung einer Gebühr erneuert werden muß. Der Bundesgerichtshof ist dem Preußischen Oberverwaltungsgericht in der Entscheidung vom 18. September 1957 (BGHZ 25, 200 [208]) unter Aufgabe der Rechtsprechung des Reichsgerichts und ausdrücklicher Bezeichnung des Nutzungsrechts an einer Sondergrabstelle als einer Sondernutzung an einer öffentlichen Anstalt beigetreten. Auch das Oberverwaltungsgericht Koblenz vertritt in der Entscheidung vom 9. September 1954 (AS Rh.-Pf. 3, 123) mit einigen, hier nicht interessierenden Einschränkungen die gleiche Auffassung, obwohl es von einer Nutzungsverleihung spricht (a.a.O. S. 125). Daß mit dieser Nutzungsverleihung aber nichts anderes gemeint sein kann, als die Verleihung einer Sonderbenutzung - über den Unterschied der Terminologie vgl. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 7. Aufl. [1958] S. 365 -, ergibt sich daraus, daß das Gericht die Ansicht von Forsthoff, daß die Nutzung an einer Sondergrabstelle ein durch Benutzungsverleihung entstandenes Recht sei, ausdrücklich ablehnt (a.a.O. S. 129). In der Literatur hat insbesondere Kalisch (DVBl. 1952, 620 ff.) die Auffassung vertreten, daß auch ein bisher zeitlich nicht begrenztes Nutzungsrecht an einer Sondergrabstelle nachträglich durch eine Friedhofsordnung eingeschränkt werden könne. Demgegenüber wollen das Sächsische Oberverwaltungsgericht in einem Urteil vom 8. Februar 1925 (JW 1927, 476), Berner (a.a.O. S. 107/108), Jaeckel (DÖV 1954, 141) die zeitliche Beschränkung des Nutzungsrechts an einer Sondergrabstelle nur zulassen, wenn diese Beschränkung bei der Einräumung des Nutzungsrechts oder in der zur Zeit der Einräumung geltenden Friedhofsordnung oder in der Weise vorgesehen worden ist, daß die zur Zeit der Einräumung geltende Friedhofsordnung das Recht zur Änderung der Benutzungsbedingungen ausdrücklich vorbehielt. Brunner (Handbuch S. 19; derselbe, Gutachten in der Deutschen Friedhofskultur [1952] 42) und ihm folgend Gaedke (a.a.O. S. 99) halten im Anschluß an die Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts die zeitliche Beschränkung des bisher unbeschränkten Nutzungsrechts an einer Sondergrabstelle für einen Verstoß gegen Treu und Glauben, wenn der Berechtigte die von ihm zu erbringende Leistung bereits voll erbracht hat. Da die vom Berechtigten zu erbringende Leistung in der Zahlung der Gebühr für die Sondergrabstelle besteht und diese Gebühr regelmäßig vor der Zuweisung der Sondergrabstelle entrichtet werden muß, läuft ihre Auffassung praktisch darauf hinaus, daß sie die nachträgliche Begrenzung der Nutzungsdauer an einer Sondergrabstelle durch Friedhofsordnung für unzulässig halten, obwohl man nach ihren unmittelbar vorangehenden Ausführungen annehmen muß, daß sie in Übereinstimmung mit dem Preußischen Oberverwaltungsgericht und dem Bundesgerichtshof eine Begrenzung für zulässig ansehen. Nebinger (Verwaltungsrecht, 2. Aufl. [1949] S. 150 Anm. 52) macht die Zulässigkeit der zeitlichen Begrenzung eines bis dahin unbegrenzten Nutzungsrechts an einer Sondergrabstelle davon abhängig, daß das öffentliche Wohl den Fortbestand des unbegrenzten Rechts nicht mehr zuläßt. Peters (a.a.O. S. 212 Anm. IV) beschränkt die Zulässigkeit der zeitlichen Beschränkung des bis dahin zeitlich unbegrenzten Rechts an einer Sondergrabstelle auf die Fälle, in denen gesetzlich oder nach den allgemeinen Lehren des Verwaltungsrechts eine Entziehung oder Beschränkung von Nutzungsrechten an öffentlichen Sachen zulässig ist. Jellinek (Verwaltungsrecht, 3. Aufl. [1948] S. 512) und Forsthoff (a.a.O. S. 365) erblicken in dem Nutzungsrecht an einer Sondergrabstelle ein subjektives öffentliches Recht, das nur durch Benutzungsverleihung erworben werden kann, das deshalb ein wohlerworbenes Recht darstellt und dem Berechtigten nicht entzogen, also auch zeitlich nicht beschränkt werden kann.

4)Wenn, wie im vorliegenden Falle, das Benutzungsrecht an einer Sondergrabstelle zwar ohne zeitliche Beschränkung, aber unter der Geltung einer Friedhofsordnung eingeräumt ist, kann es nur als widerrufliches Sonderbenutzungsrecht, nicht als durch Benutzungsverleihung erworbenes, auch durch eine Änderung der Friedhofsordnung nicht entziehbares oder beschränkbares wohlerworbenes Recht angesehen werden. Das folgt daraus, daß die Friedhofsordnung nicht nur für die Nutzungsrechte an Reihengrabstellen, sondern mit den oben genannten Besonderheiten auch für Nutzungsrechte an Sondergrabstellen gilt. Das Nutzungsrecht an einer Sondergrabstelle ist im Vergleich zum Nutzungsrecht an einer Reihengrabstelle kein aliud, sondern ein mit gewissen Besonderheiten ausgestattetes gleichartiges Recht. Dann aber müssen auf die Nutzungsrechte an Sondergrabstellen auch die Rechtssätze zur Anwendung kommen, die das Nutzungsrecht an Grabstellen allgemein regeln und beschränken. Der allgemeinste Satz aber, der das Benutzungsrecht an Grabstellen auf Gemeindefriedhöfen regelt, ist der, daß die Gemeinden als Träger der Gemeindeanstalt Gemeindefriedhöfe innerhalb etwaiger Gesetze und des Anstaltszwecks die Benutzungsbedingungen regeln und abändern können. Der Hinweis auf eine bestimmte Friedhofsordnung in der Urkunde, die über die Verleihung des Nutzungsrechts an einer Sondergrabstelle regelmäßig ausgestellt wird, ist als Hinweis auf die jeweils geltende Friedhofsordnung zu verstehen. Infolgedessen verstößt eine nachträgliche Begrenzung des Benutzungsrechts an einer Sondergrabstelle auch nicht gegen. Treu und Glauben. Denn bei Verleihung des Nutzungsrechts war sich der Beliehene klar oder mußte sich wenigstens klar sein, daß er sich einer Anstaltsordnung unterwarf, die geändert werden konnte. Die Autonomie der Gemeinde zu einer Beschränkung des Benutzungsrechts an Sondergrabstellen ist auch nicht auf den Fall beschränkt, daßüberwiegende Gründe des öffentlichen Wohls die Beschränkung fordern. Eine solche Einschränkung der Autonomie der Gemeinde würde nur Platz greifen, wenn das Nutzungsrecht an einer Sondergrabstelle ein wohlerworbenes Recht wäre, das nur durch Enteignung und dann selbstverständlich auch nur gegen Entschädigung entzogen oder beschränkt werden könnte. Wohl aber muß die Beschränkung von Nutzungsrechten an Sondergrabstellen sich innerhalb des Anstaltszwecks und des besonderen Zwecks der Familiengrabstellen halten. Das wäre nicht mehr der Fall, wenn die Benutzungsdauer der Familiengrabstellen unangemessen verkürzt, z.B. auf die Benutzungsdauer der Reihengräber herabgesetzt würde. Denn damit würden die Familiengrabstellen ihrer Bedeutung, den Angehörigen einer Familie eine Ruhestätte auf angemessene Zeit zu verschaffen, entkleidet. Auch darin könnte eine Verletzung des Anstaltszwecks gefunden werden, daß in ausgesprochenen Härtefällen entgegen der Vorschrift des §28 Abs. 2 des nunmehr maßgebenden Gesetzes über die Friedhöfe Berlins vom 12. Juli 1956 (GVBl. S. 918) und des §3 der Gebührenordnung für die landeseigenen Friedhöfe und Krematorien Berlins vom 22. Januar 1957 (GVBl. S. 152) der Erlaß einer Gebühr für die Verlängerung des Ruherechts abgelehnt würde oder die Bestimmungen über den Erlaß von Gebühren in Härtefällen überhaupt gestrichen würden. Dagegen liegt es im Rahmen des Anstaltszwecks, wenn eine zeitliche Begrenzung der Nutzung an Sondergrabstellen und die damit verbundene Erhebung einer Gebühr für die Verlängerung des Nutzungsrechts an Sondergrabstellen eingeführt wird, um einem allzustarken Auseinanderklaffen der Einnahmen und Ausgaben für die Friedhöfe entgegenzuwirken. Im übrigen wird in Anbetracht des Umstands, daß Nutzungsrechte an Sondergrabstellen eine Abart der Nutzungsrechte an Grabstellen überhaupt - nicht Nutzungsrechte an Grabstellen, die mit Reihengrabstellen überhaupt nicht verglichen werden können - sind, die Herstellung einer angemessenen Relation zwischen den Gebühren für Reihengrabstellen und Sondergrabstellen auch durch den Gleichheitssatz gefordert. Diese Relation läßt sich aber, zumal wenn seit der Bewirkung der erhöhten Leistungen durch die Berechtigten beim Erwerb des Nutzungsrechts an Sondergrabstellen zweimal eine Geldentwertung stattgefunden hat, nur durch die Einführung von Gebühren für die Verlängerung des Nutzungsrechts an Sondergrabstellen herbeiführen.

Ob die Rechtslage ebenso wäre, wenn das Nutzungsrecht an einer Sondergrabstelle nach privatem Recht erworben ist, ist nicht im Verwaltungsstreitverfahren zu entscheiden. Hierzu kann nur festgestellt werden, daß ein Erwerb nach privatem Recht nicht schon dann anzunehmen ist, wenn nach alter Gewohnheit die Verleihung des Nutzungsrechts als Kauf der Grabstelle bezeichnet wird (Nebinger, a.a.O. S. 150 Anm. 52; Jaeckel, DÖV 1954, 141 [142]). Wohl aber muß in Abweichung von der Entscheidung des Reichsverwaltungsgerichts vom 4. November 1941 (AS 1, 63 [67/68]) und des Kompetenzkonfliktsgerichtshofs vom 25. Oktober 1930 (RVerwBl. Bd. 55 [1934] 246), auf die sich Surén (Gemeindeabgabenrecht für die ehemals preußischen Gebiete [1950] S. 23) beruft, der Erwerb eines Nutzungsrechts nach öffentlichem Recht unterstellt werden, wenn das Nutzungsrecht unter Bezugnahme auf eine Friedhofsordnung oder zur Zeit der Geltung einer Friedhofsordnung erworben worden ist, es sei denn, daß die Friedhofsordnung den Erwerb von Nutzungsrechten an Sondergrabstellen nach privatem Recht ausdrücklich vorgesehen hat (Fleiner, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl. [1928] S. 365).

Auch ob zeitlich unbeschränkte Nutzungsrechte an Sondergrabstellen denkbar sind, die nach öffentlichem Recht vor Erlaß einer Friedhofsordnung, also zu einer Zeit ausgegeben worden sind, als die Beteiligten sich nicht darüber im klaren waren oder sein mußten, daß auch die Benutzungsbedingungen für Sondergrabstellen sich nach Anstaltsrecht regelten und im Rahmen des Anstaltszwecks abänderbar waren, wofür sich insbesondere Kalisch einsetzt, kann, dahingestellt bleiben. Denn unstreitig ist das Nutzungsrecht für die Sondergrabstelle des Klägers zu einer Zeit erworben, in der bereits eine Friedhofsordnung erlassen war.

5)Aber auch wenn man mit Forsthoff und Jellinek das Nutzungsrecht an einer Sondergrabstelle als ein Recht ansieht, das durch Nutzungsverleihung entstanden ist, kann in der zeitlichen Beschränkung des zunächst ohne eine solche Beschränkung verliehenen Rechts keine Enteignung erblickt werden. Zwar mag das zweifelhaft sein, wenn man von der sehr weit gespannten Eigentumsgarantie ausgeht, wie sie der Bundesgerichtshof in dem Beschluß, vom 10. Juni 1952 (BGHZ 6, 270 [278]) angenommen hat. Denn in dieser Entscheidung wird die Eigentumsgarantie des Art. 14 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1) - GG - auf alle vermögenswerten Reichte erstreckt, gleichgültig, ob sie dem bürgerlichen oder öffentlichen Recht angehören. Eine nähere Prüfung dieser Frage erübrigt sich jedoch dadurch, daß der Bundesgerichtshof selbst in der Entscheidung vom 18. September 1957 (BGHZ 25, 200 [208]) ausgesprochen hat, daß die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG die zeitliche Beschränkung eines ursprünglich zeitlich nicht beschränkten Nutzungsrechts an einer Sondergrabstelle nicht ausschließt. Das Bundesverfassungsgericht hat vermögenswerte Rechte des öffentlichen Rechts - und dazu gehört auch das Nutzungsrecht an einer Sondergrabstelle - grundsätzlich von der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG ausgenommen (BVerfGE 1, 264 [276 bis 279]; 2, 380 [399 bis 403]; 4, 219 [240/41]). Das Bundesverwaltungsgericht und das Bundessozialgericht sind ihm beigetreten (BVerwGE 3, 254 [BVerwG 03.05.1956 - BVerwG I C 172.53] [256/57]; 3, 297 [299]; BSGE 5, 40 [42 ff.]).

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht offengelassen, "ob öffentlich-rechtliche Ansprüche denkbar sind, die so starke privatrechtliche Elemente enthalten, daß sie dem verfassungsrechtlichen Begriff des Eigentums zugerechnet werden müssen", oder "deren Zusicherung ihrem Inhaber eine Rechtsposition verschafft, die derjenigen des Eigentümers so nahe kommt, daß Art. 14 GG Anwendung finden muß". An welche Art von Rechten das Bundesverfassungsgericht im einzelnen denkt, legt es nicht näher dar. Aus seinen Ausführungen geht jedoch hervor, daß es vorzugsweise schutzwürdige Rechtspositionen im Auge hat, die durch Arbeit und Kapitaleinsatz des Einzelnen geschaffen werden und bei denen die Leistung des Staates sich in der Hauptsache darauf beschränkt, daß der Staat dem. Einzelnen die Möglichkeit zu einem erfolgversprechenden Einsatz von Arbeit und Kapital in bestimmter Weise gewährt.

Ganz anders liegen die Dinge, wenn, wie bei der Totenbestattung, die wesentliche Leistung, nämlich die Erstellung der Anlage für eine würdige Totenbestattung, von der öffentlichen Hand erbracht wird, selbst wenn sich der einzelne Benutzer der Einrichtung an ihren Kosten beteiligt und die Leistungen der öffentlichen Hand durch Aufstellung eines Gedenksteins und Anlegung einer Einfriedigung oder Errichtung eines Grabmals ergänzt. Für diese Fälle, in denen die Leistung der öffentlichen Hand das Wesentliche ist, muß es auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der allgemeinen Regel verbleiben, daß die vom Staat verliehenen Rechte, auch wenn sie für den Einzelnen Vermögenswert besitzen, von der Garantie des Art. 14 Abs. 1 GG ausgenommen sind.

6)Dem Wesen der Sache nach stellt die zeitliche Beschränkung des Benutzungsrechts an einer Sondergrabstelle keine Enteignung, sondern eine Inhaltsbestimmung des Eigentums dar. Ob eine Enteignung oder eine Inhaltsbestimmung des Eigentums vorliegt, richtet sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach der Schwere und Tragweite des Eingriffs, richtet sich danach, was von dem ursprünglichen Recht nach dem Eingriff noch übrigbleibt (BVerwGE 5, 143 [BVerwG 27.06.1957 - BVerwG I C 3.56] [145]). Durch die Begrenzung des Nutzungsrechts an einer Sondergrabstelle auf 60 Jahre wird der Wesenskern dieses Nutzungsrechts nicht beeinträchtigt. Der Wesenskern des Nutzungsrechts an einer Grabstelle besteht in dem Recht, die Bereitstellung und Belassung einer Angemessenen Ruhestätte für einen Toten auf angemessene Zeit (Ruhefrist, Verwesungsfrist) verlangen zu können. Bei Familiengrabstellen tritt hinzu der Anspruch darauf, daß die Angehörigen einer Familie an einer Stelle beigesetzt werden können, woraus sich von selbst eine Verlängerung der Ruhefrist für die zuerst bestatteten Angehörigen der Familie ergibt. Darin, daß diese Ruhefrist auf 60 Jahre beschränkt wird und nur gegen Zahlung einer erneuten Gebühr verlängert werden kann, liegt kein Eingriff, der das Nutzungsrecht an einer Sondergrabstelle wesentlich beeinträchtigt. Dieser Eingriff wird auch nicht dadurch unzulässig, daß er als willkürlich angesehen werden könnte (BVerwGE 5, 171 [175]; 7, 297 [299]). Dienst er doch nur dazu, sicherzustellen, daß der Friedhofsträger seiner Fürsorgepflicht für die Toten ohne zu starke Belastung der Lebenden auf die Dauer nachkommen kann.

7)Ob das Nutzungsrecht des Klägers an der von seiner Großmutter erworbenen Familiengrabstelle tatsächlich durch die FO 1932 begrenzt worden ist, ergibt sich aus der Auslegung dieser Friedhofsordnung. Dieser Auslegung hat sich das Berufungsgericht unterzogen. Sie mag zweifelhaft sein. Denn das Gericht gibt selbst zu, daß sie entgegen dem strikten Wortlaut und entgegen den wahrscheinlichen Vorstellungen des seinerzeitigen Ortsgesetzgebers erfolgt ist. Aber selbst eine solche Auslegung stellt keinen Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG dar. Denn die Auslegung von Rechtsvorschriften hat nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 1, 299 [BVerfG 21.05.1952 - 2 BvH 2/52] [312]) nach Wortlaut und Sinnzusammenhang zu erfolgen. Dieser Auffassung folgend hat sich das Berufungsgericht um den Nachweis bemüht, daß im vorliegenden Falle das Gesetz nach dem Sinnzusammenhang anders ausgelegt werden müsse, als das noch dem bloßen Wortlaut zunächst den Anschein habe. Eine solche Auslegung kann nicht als Verstoß gegen die in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Prinzipien des Rechtsstaats und der Gewaltenteilung gewertet werden. Dann aber verbleibt es dabei, daß auch in diesem Falle die Auslegung von Landesrecht durch das Berufungsgericht gemäß §56 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverwaltungsgericht vom 23. September 1952 (BGBl. I S. 625) - BVerwGG - und nach §137 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. Januar 1960 (BGBl. I S. 17) - VwGO - vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft werden kann.

8)Da hiernach die Verkürzung der Benutzungsdauer der von der Rechtsvorgängerin des Klägers erworbenen Sondergrabstelle nicht gegen Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Art. 14 GG verstößt, da ferner die Auslegung der Bestimmungen der Berliner Friedhofsordnung, auf die der Beklagte seine Gebührenforderung stützt, durch das Berufungsgericht der Nachprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht unterliegt, ist die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §154 Abs. 2 VwGO.