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Bundesverwaltungsgericht

Entscheidung vom 24.03.1961, Az.: VII C 29/60

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. November 1959 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Entscheidungsgründe

I.Durch Bescheide vom 22. Juli 1958 und 25. Juli 1958 zog der Beklagte die Klägerin für das Rechnungsjahr 1954 zu einer ergänzenden Gewerbesteuer vom Ertrag und Kapital in Höhe von 5.268,62 DM, für das Rechnungsjahr 1955 zu einer Gewerbesteuer vom Ertrag und Kapital in Höhe von 143.123,39 DM heran. Von diesen Steuerbeträgen entfielen auf die Zweigstellensteuer 1.179,54 DM und 32.042,55 DM, zusammen 33.222,09 DM. Einspruch, Klage und Berufung gegen die Forderung der von der Klägerin als verfassungswidrig betrachteten Zweigstellensteuer blieben erfolglos.

In dem Urteil des Berufungsgerichts wird ausgeführt: Die Klägerin sei ein Wareneinzelhandelsunternehmen, das im Bezirk des Beklagten eine Zweigstelle unterhalte. Infolgedessen habe sie auf Grund des § 17 Abs. 1 der Gewerbesteuergesetze 1950 und 1955 mit einem bis zu 30 v.H. höheren Hebesatz zur Gewerbesteuer herangezogen werden können. Der zulässige Hebesatz sei nicht überschritten. Auch im übrigen bestehe über die Steuerberechnung kein Streit. Die Klägerin halte lediglich die Heranziehung von Zweigstellen mit einem erhöhten Hebesatz - Zweigstellensteuer - für grundgesetzwidrig. § 17 der Gewerbesteuergesetze verstoße jedoch weder gegen Art. 3 Abs. 1 noch gegen die Art. 2 Abs. 1, 11, 12 Abs. 1, 14 des Grundgesetzes noch gegen § 26 des Kartellgesetzes.

Der Zweck des § 17 des Gewerbesteuergesetzes sei die Erschließung zusätzlicher Einnahmen für die Gemeinden. Neben diesem finanzpolitischen habe § 17 des Gewerbesteuergesetzes aber auch einen wirtschaftspolitischen Zweck, was grundsätzlich zulässig sei. Der wirtschaftspolitische Zweck bestehe in dem Schutz des ortsansässigen und ortsgebundenen Gewerbes vor der übermächtigen Konkurrenz der Zweigstellenbetriebe durch zusätzliche steuerliche Belastung dieser Betriebe. Wenn die Möglichkeit einer zusätzlichen steuerlichen Belastung auf Zweigstellen des Wareneinzelhandels und von Banken und Kreditinstituten beschränkt sei, rechtfertige sich diese Beschränkung aus der Erwägung, daß die Bedrohung des ortsgebundenen Gewerbes durch übermächtige Großbetriebe des Wareneinzelhandels und des Bank- und Kreditwesens sich als besonders stark erwiesen habe. Ob die Sonderbelastung zweckmäßig oder durch die Entwicklung der Verhältnisse überholt sei, sei nicht von den Gerichten, sondern vom Gesetzgeber zu entscheiden. Jedenfalls sei der Schutz des ortsansässigen und ortsgebundenen Gewerbes ein legitimes Anliegen, dessen Zulässigkeit durch die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in dem sogenannten Investitionshilfeurteil bestätigt werde. In diesem Urteil habe das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, daß wirtschaftslenkende Gesetze nicht schon deswegen gegen den Gleichheitsgrundsatz verstießen, weil sie die Wettbewerbslage änderten oder im Interesse einzelner Gruppen erlassen seien, vorausgesetzt, daß sie durch das öffentliche Interesse geboten seien und nicht willkürlich die schutzwürdigen Interessen anderer vernachlässigten. Diese Voraussetzungen seien bei einem Gesetz, das den Schutz der mittelständischen Gewerbebetriebe im Auge habe, gegeben. Infolgedessen sei es keine mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbare Willkür, wenn § 17 des Gewerbesteuergesetzes den Gemeinden die Möglichkeit zusätzlicher steuerlicher Belastung von Zweigstellenbetrieben eröffne, wenn er diese Möglichkeit auf Zweigstellen des Wareneinzelhandels und des Bank- und Kreditwesens beschränke, wenn er den Gemeinden ebenso wie bei der Festsetzung der allgemeinen Hebesätze die Entscheidung darüber überlasse, in welcher Höhe sie innerhalb der gesetzlich bestimmten Grenzen von der Möglichkeit eines Gewerbesteuerzuschlags für Zweigstellenbetriebe Gebrauch machen und ob sie überhaupt erhöhte Hebesätze für Zweigstellenbetriebe vorsehen wollten. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz könne auch nicht daraus hergeleitet werden, daß § 17 des Gewerbesteuergesetzes ein unzulässiges Maßnahmegesetz sei. Denn er sei kein Einzelfall- oder Einzelpersonengesetz, sondern treffe, wenn eine Gemeinde ihn zur Anwendung bringe, alle Unternehmen einer bestimmten Kategorie.

Gegen das in Art. 11 des Grundgesetzes gewährleistete Recht der Freizügigkeit verstoße § 17 des Gewerbesteuergesetzes nicht. Diese Vorschrift garantiere jedem Deutschen lediglich das Recht, sich an jedem Orte des Bundesgebietes niederzulassen. In der Wahl des Niederlassungsortes werde die Klägerin durch die Erhebung der Zweigstellensteuer nicht beschränkt. Die in Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes gewährleistete freie Berufswahl werde durch die Erhebung der Zweigstellensteuer nicht angetastet. Die Zweigstellensteuer betreffe ausschließlich die Berufsausübung. Diese aber könne durch Gesetz geregelt werden, sofern die Regelung nicht derart belastende Auflagen enthalte, daß sie die Ausübung und damit auch die Wahl eines bestimmten Berufs unmöglich mache. Davon könne bei den Zweigstellenbetrieben, die sich ungeachtet der Zweigstellensteuer immer mehr ausgebreitet hätten, nicht die Rede sein. Auf Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes könne sich die Klägerin nicht berufen, weil diese Verfassungsvorschrift nur zur Anwendung gelange, wenn ein Lebensbereich nicht durch besondere Grundrechte, wie im vorliegenden Falle durch Art. 12 Abs. 1, geregelt werde. Art. 14 des Grundgesetzes werde durch die Erhebung der Zweigstellensteuer nicht verletzt, weil er nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Vermögen nicht gegen Eingriffe durch Geldleistungspflichten schütze. Das Kartellgesetz schließlich schütze nur gegen Maßnahmen von Konkurrenten, nicht gegen Eingriffe der öffentlichen Gewalt.

Unter diesen Umständen komme die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht in Betracht.

Voraussetzung der Einholung einer solchen Entscheidung sei, daß das Gericht die anzuwendende gesetzliche Vorschrift für ungültig halte. Das sei hier nicht der Fall. Ebensowenig sei eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, über eine anhängige Verfassungsbeschwerde vertretbar, die die Rechtsgültigkeit des § 17 des Gewerbesteuergesetzes betreffe. § 148 ZPO finde in einem solchen Falle keine Anwendung. Auch § 251 ZPO könne nicht angewandt werden, weil der Prozeßgegner der Aussetzung widersprochen habe. Schließlich werde die Klägerin durch eine alsbaldige Entscheidung insofern nicht benachteiligt, als sie dadurch die Möglichkeit erhalte, selbst Verfassungsbeschwerde einzulegen. Das könne sie nämlich erst, wenn der Rechtsweg erschöpft sei. Die Revision wurde zugelassen.

Mit der Revision beantragt die Klägerin, die Urteile der Berufungsgerichts und des Gerichts erster Instanz sowie die Steuerbescheide und den Einspruchsbescheid des Beklagten aufzuheben, soweit sie die Zweigstellensteuer betreffen. Ferner regt sie an, das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber auszusetzen, ob § 17 des Gewerbesteuergesetzes mit den Art. 2, 3, 11, 12 des Grundgesetzes vereinbar sei.

Sie trägt, gestützt auf ein zu den Akten überreichtes Gutachten des Prof. Dr. F. vom Januar 1960 - Gutachten Forsthoff - vor: Zwar sei die Zweigstellensteuer eine Steuer. Ihr Hauptzweck bestehe jedoch nicht in der Erbringung von Einnahmen, sondern in dem Schutz des ortsansässigen Gewerbes vor der Konkurrenz von Zweigstellenbetrieben. Daß ein Steuergesetz wirtschaftslenkende Zwecke verfolge, sei grundsätzlich zulässig Da eine solche Wirtschaftslenkung aber stets eine Regelung der Berufsausübung enthalte, könne sie gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes nur durch Gesetz vorgenormen werden. Es sei unzulässig, die Gemeinden zu ermächtigen, wirtschaftslenkende Maßnahmen durch Satzung vorzunehmen. Wenn die Ermächtigung in so unbestimmter Form erteilt werde, wie das in § 17 des Gewerbesteuergesetzes geschehen sei, nämlich wenn die Voraussetzungen, unter denen die Gemeinden die Zweigstellensteuer einführen dürften, in keiner Weise festgelegt seien, verstoße die Ermächtigung außerdem gegen die Grundsätze des Rechtsstaats. Darüber hinaus verstoße die in Art. 17 des Gewerbesteuergesetzes vorgenommene Regelung der Berufsausübung auch deswegen gegen das Grundgesetz, weil in einer Verfassungsordnung, die von der Freiheit des einzelnen und des Eigentums ausgehe, für eine Beschränkung der Berufsausübung aus Gründen des Konkurrenzschutzes kein Platz sei. Wenn der Konkurrenzschutz speziell gegen von auswärts kommende Firmen gewährt werden solle, verstoße er ferner gegen den in Art. 11 des Grundgesetzes festgelegten Grundsatz der Freizügigkeit. Da die Zweigstellensteuer nicht der Einnahmeerzielung, sondern dem Schutz des ortsansässigen Gewerbes diene, verstoße sie auch gegen Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes. Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes lasse nämlich eine Einschränkung der persönlichen Freiheit nur zu, soweit sie durch die Rechte anderer, die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verlangt werde. Daß die verfassungsmäßige Ordnung unter dem Gesichtspunkt des Mittelstandsschutzes die Einführung einer Zweigstellensteuer erfordere, könne schon um deswillen nicht angenommen werden, weil § 17 des Gewerbesteuergesetzes den Gemeinden den Mittelstandsschutz durch Erhebung einer Zweigstellensteuer nicht zwingend vorschreibe, sondern es in ihr Belieben stelle, ob sie sich zu dieser Schutzmaßnahme entschließen wollten.

Gegen Art. 3 des Grundgesetzes verstoße die Zweigstellensteuer in doppelter Weise: Einmal belaste sie einzelne Gewerbezweige zusätzlich nicht im Rahmen planvoller Wirtschaftslenkung, die eine solche Belastung unter Umständen als zulässig erscheinen lassen könne, sondern zu Zwecken örtlichen Konkurrenzschutzes. Zum anderen beschränke sie die Sonderbelastung auf die Zweigstellen der Wareneinzelhandelsunternehmen und des Bank- und Kreditwesens, obwohl bei den Zweigstellen anderer Wirtschaftssparten, z.B. des Versicherungswesens, der Lichtspieltheater, der Baugesellschaften, der Wohnungsgesellschaften, der Gaststätten, der Reisevermittlung und der Spedition, die Verhältnisse genauso lägen. Die Sonderbehandlung der Zweigstellen der Wareneinzelhandelsunternehmen und des Bank- und Kreditwesens habe ihre Wurzel in der nationalsozialistischen Ideologie. Zwar stehe dem Gesetzgeber bezüglich der Maßnahmen, die er zur Regelung der Berufsausübung ergreifen wolle, ein weitgehender Ermessensspielraum zu. Das Bundesverfassungsgericht habe sich jedoch stets für befugt erachtet, die vom Gesetzgeber getroffenen Maßnahmen daraufhin zu überprüfen, ob sie durch das öffentliche Interesse gefordert würden und ob sich der Gesetzgeber des richtigen Mittels zur Erreichung des von ihm angestrebten Zwecks bedient habe. Die Zweigstellensteuer habe sich als durchaus ungeeignetes Mittel zur Beschränkung der Zahl der Zweigstellen in den von ihr betroffenen Wirtschaftszweigen erwiesen. Die Zahl der Zweigstellen sei ständig gestiegen. Die Zweigstellensteuer habe lediglich eine Gewinnminderung der mit Zweigstellen arbeitenden Betriebe bewirkt. Zu diesem Zweck aber hätten sie einer zusätzlichen Belastung nicht unterworfen werden dürfen. Auch unter diesem Gesichtswinkel müsse die Zweigstellensteuer als unzulässig betrachtet werden.

Der Beklagte hat Zurückweisung der Revision beantragt und diesen Antrag unter Bezugnahme auf ein Gutachten des Prof. Dr. K. vom Herbst 1960 - Gutachten K. - folgendermaßen begründet: Die Anfechtung der Heranziehungsverfügungen des Beklagten sei zulässig. Denn diese Heranziehungsverfügungen stellten Verwaltungsakte einer Gemeindebehörde und nicht Verwaltungsakte einer Finanzbehörde dar, die im Finanzrechtswege anzufechten seien. Sachlich sei davon auszugehen, daß die Zweigstellensteuer eine Steuer besonderer Art und kein Zuschlag zur allgemeinen Gewerbesteuer sei. Wenn diese Steuer die mit Zweigstellen in verschiedenen Gemeinden arbeitenden Unternehmen bestimmter Art besonders belaste, liege darin kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die erhöhte Steuer entspreche der erhöhten steuerlichen Leistungsfähigkeit der mit Zweigstellen in verschiedenen Gemeinden arbeitenden Unternehmen. Ein Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes könne auch nicht daraus abgeleitet werden, daß die Steuer in verschiedenen Gemeinden mit unterschiedlichen Sätzen und nur von Wareneinzelhandelsunternehmen sowie von Bank- und Kreditunternehmen erhoben werde. Die unterschiedliche Festsetzung der Steuersätze sei deswegen zulässig, weil Art. 105 Abs. 2 Ziff. 3 des Grundgesetzes dem Bund das Recht zur Festsetzung der Hebesätze der Realsteuern verwehre und Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes den Gemeinden das Recht zur Regelung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft - und dazu gehöre auch die Festsetzung der auf ihren Finanzbedarf abgestellten Gewerbesteuersätze - im Rahmen der Gesetze gewährleiste. Die Beschränkung der Zweigstellensteuer auf Wareneinzelhandelsunternehmen, Bank- und Kreditinstitute werde dadurch gerechtfertigt, daß der mit der Erhobung der Zweigstellensteuer verfolgte Nebenzweck, der Schutz des ortsansässigen Gewerbes, eine Sonderbelastung der mit Zweigstellen in verschiedenen Gemeinden arbeitenden Unternehmen gerade dieser Wirtschaftszweige fordere, weil in diesen Wirtschaftszweigen das ortsansässige Gewerbe durch die Konkurrenz der Zweigstellen überörtlicher Unternehmen besonders gefährdet werde. Es sei zuzugeben, daß die Erhebung der Zweigstellensteuer eine Regelung zwar nicht der Berufszulassung, wohl aber der Berufsausübung darstelle. Eine solche Regelung könne nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes nur durch Gesetz erfolgen. Gesetz im Sinne dieser Bestimmung sei jede von dem zuständigen Gesetzgeber erlassene Regelung. Bezüglich der Realsteuersätze sei, wie sich aus Art. 105 Abs. 2 Ziff. 3 des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 106 Abs. 6 Satz 1 des Grundgesetzes ergebe, der Ortsgesetzgeber der zuständige Gesetzgeber. Selbst wenn man dieser Auffassung nicht beitreten wolle, müsse man davon ausgehen, daß der Forderung des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes dadurch Genüge getan werde, daß die in der Erhebung der Zweigstellensteuer liegende Regelung der Berufsausübung bereits in § 17 des Gewerbesteuergesetzes enthalten sei. Die gemeindlichen Haushaltssatzungen, in denen die Steuersätze für die einzelnen Gemeinden festgelegt würden, stellten nur Ergänzungen dieser gesetzlichen Vorschrift dar. Die Grundgesetzmäßigkeit der in der Einführung der Zweigstellensteuer liegenden Regelung der Berufsausübung könne auch nicht mit der Begründung bestritten werden, daß eine Beschränkung der Berufsausübung zum Zwecke des Konkurrenzschutzes unzulässig sei. Denn so, wie die Regelung in § 17 des Gewerbesteuergesetzes getroffen sei, trage sie nur der unterschiedlichen steuerlichen Leistungsfähigkeit des ortsansässigen und des mit Zweigstellen arbeitenden Gewerbes Rechnung und sei deshalb zulässig. Infolgedessen sei es gleichgültig, ob bei Einführung der Zweigstellensteuer auch Erwägungen des Konkurrenzschutzes mitgespielt hätten. Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes komme nicht zum Zuge, weil er nur Anwendung finde, wenn ein lebensbereich nicht durch besondere Grundrechtsbestimmungen geregelt werde. Derartige Grundrechtsbestimmungen beständen für den vorliegenden Fall in Gestalt des die Berufswahl und Berufsausübung regelnden und schützenden Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes. Art. 11 des Grundgesetzes sei nicht verletzt, weil die Erhebung der Zweigstellensteuer die Wahl des Niederlassungsorts nicht beschränke. Desgleichen finde Art. 14 des Grundgesetzes keine Anwendung, weil er das Vermögen nicht gegen Auferlegung von Geldleistungspflichten schütze. § 26 des Kartellgesetzes betreffe einen anderen Tatbestand. Er schütze gegen Maßnahmen der Konkurrenz, nicht gegen Maßnahmen der öffentlichen Gewalt. Eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über eine Verfassungsbeschwerde in einem gleichgelagerten Falle empfehle sich nicht, da in keiner Weise übersehen werden könne, wann die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu erwarten sei.

Der Oberbundesanwalt hat unter Hinweis auf die Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen vom 18. Oktober 1960 zu einer die gleiche Materie betreffenden Verfassungsbeschwerde geäußert: Hauptzweck der Zweigstellensteuer sei die Erhöhung der Einnahmen der Gemeinden, nicht der Konkurrenzschutz des ortsansässigen Gewerbes. Die Zweigstellensteuer verstoße auch nicht gegen die Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1, 2 Abs. 1, 11 des Grundgesetzes. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes könne nicht daraus hergeleitet werden, daß die Hebesätze der Gemeinden unterschiedlich seien, daß es den Gemeinden überlassen sei, zu bestimmen, ob sie die Zweigstellensteuer einführen wollten, daß die Zweigstellensteuer nur von Wareneinzelhandelsunternehmen, Banken und Kreditinstituten erhoben werden. Die Berechtigung der Gemeinden zur Festsetzung der Hebesätze folge aus Art. 105 Abs. 2 Ziff. 3 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes. Aus dieser. Vorschriften ergebe sich, daß die Gemeinden die Realsteuerhebesätze entsprechend ihrem unterschiedlichen Finanzbedarf unterschiedlich festsetzen könnten. Daß die Gemeinden darüber entscheiden könnten, ob sie die Zweigstellensteuer einführen wollten, erkläre sich daraus, daß die Zweigstellensteuer auch den zulässigen Nebenzweck verfolge, den gewerblichen Mittelstand vor der übermächtigen Konkurrenz von Zweigstellenbetrieben zu schützen. Nur die Gemeinden aber könnten entscheiden, ob in ihrem Bezirk ein solcher Schutz notwendig sei. Auf die Unternehmen des Wareneinzelhandels und des Bank- und Kreditwesens sei die Erhebung der Zweigstellensteuer beschränkt worden, weil in diesen Wirtschaftszweigen die Existenz des gewerblichen Mittelstandes durch Zweigstellenbetriebe besonders gefährdet worden sei. Unter diesen Umständen könne die Erhebung der Zweigstellensteuer in der in § 17 des Gewerbesteuergesetzes vorgesehenen Form nicht als Willkür und als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz angesehen werden. Vielmehr falle es in den weiten Ermessensspielraum des Gesetzgebers, ob er eine derartige Steuer habe einführen wollen.

Die Zweigstellensteuer stelle auch keine Behinderung in der Wahl des Berufs oder Arbeitsplatzes, sondern nur eine Regelung der Berufsausübung dar, wie sie durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes für zulässig erklärt werde. Die Grenzen, die der Regelung der Berufsausübung gezogen seien, seien nicht überschritten, gleichgültig, ob man mit dem Bundesverwaltungsgericht annehme, daß eine Regelung dann unzulässig sei, wenn sie einen Gewerbezweig erdrossele, oder ob man mit Bachof davon ausgehe, daß mittelbare Auswirkungen von Steuergesetzen von Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht erfaßt würden. Denn davon, daß die mit Zweigstellen arbeitenden Unternehmen des Wareneinzelhandels und des Bank- und Kreditwesens durch die Zweigsttllensteuer erdrosselt würden, könne in Anbetracht der ständig steigenden Zahl der Zweigstellen keine Rede sein. Und daß im vorliegenden Falle die Regelung der Berufsausübung nur die mittelbare Folge eines Steuergesetzes sei, könne gleichfalls nicht bestritten werden. Die Anwendbarkeit des Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes entfalle, weil die Freiheit der Berufsausübung in einer besonderen Grundrechtsbestimmung, dem Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes, geregelt sei. Schließlich sei auch der in Art. 11 des Grundgesetzes statuierte Grundsatz der Freizügigkeit nicht verletzt; denn die Erhebung der Zweigstellensteuer behindere kein Unternehmen in der Wahl seines Niederlassungsortes.

II.Die Revision hat keinen Erfolg.

1)Die Klägerin hat nicht gerügt, daß die ihr erteilten Steuerbescheide der einschlägigen gesetzlichen Vorschrift, dem § 17 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. April 1952 (BGBl. I S. 270) - GewStG 1950 - oder dem § 17 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Dezember 1954 (BGBl. I S. 473) - GewStG 1955 - in Verbindung mit der Festsetzung der Hebesätze in den Haushaltssatzungen der Stadt D. für die Jahre 1954 und 1955, nicht entsprochen hätten. Sie hat lediglich geltend gemacht, daß die ihr erteilten Steuerbescheide deswegen rechtswidrig seien, weil ihre gesetzliche Grundlage, eben der § 17 GewStG 1950 und 1955, mit dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1) - GG - nicht vereinbar sei. § 17 GewStG lautet:"§ 171. Für Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen, die in einer Gemeinde eine Betriebsstätte unterhalten, ohne in dieser ihre Geschäftsleitung zu haben, kann der Hebesatz hinsichtlich der in dieser Gemeinde belegenen Betriebsstätte bis zu drei Zehnteln höher sein als für die übrigen Gewerbebetriebe (Zweigstellensteuer). Für die Zweigstellensteuer sind die Verhältnisse zu Beginn des Erhebungszeitraums maßgebend.2. Dient eine Betriebsstätte, die unter Absatz 1 fällt, nur zum Teil Zwecken des Bank-, Kredit- oder Wareneinzelhandelsgeschäfts (z.B. Fabrikationszweigstellen mit Ladengeschäft), so gilt die Erhöhung des Hebesatzes nur für den Teil des Steuermeßbetrages, der auf dieser. Teil der Betriebsstätte entfällt.3.Die Zweigstellensteuer muß für alle in der Gemeinde vorhandenen Unternehmen der in Absatz 1 bezeichneten Art die gleiche sein."

Ergänzend bestimmt § 25 Abs. 4 GewStG:"4. Die Vorschrift des § 17 (Zweigstellensteuer) gilt entsprechend für die Lohnsummensteuer."

2)Die Zweigstellensteuer entstammt dem preußischen Recht. Ihre gesetzliche Grundlage war ursprünglich das Gesetz zur Deklarierung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893, vom 24. Juli 1906 (GS S. 376) - Deklarationsgesetz -. Dieses Gesetz gestattete eine unterschiedliche Festsetzung der Steuersätze und veranlaßte die häufig von Mittelstandsgruppen beherrschten Gemeinden dazu, besondere Steuersätze für Zweigstellen von Wareneinzelhandelsunternehmen einzuführen, die zum Teil außerordentlich hoch waren (Rohde. Die preußische Gewerbesteuer, 1927, 2. Aufl. [1927], Erl. zu § 43 S. 175).

Erst die Verordnung über die vorläufige Neuregelung der Gewerbesteuer vom 23. November 1923 (GS S. 519) - Gewerbesteuerverordnung - setzte der völligen Entschließungsfreiheit der Gemeinden ein Ende. Sie bestimmte nämlich in § 43:"§ 431. Den Gemeinden ist eine verschiedene Abstufung der Zuschläge gestattet:1) Für Versicherungs-, Bank-, Kredit- und Warenhandelsunternehmen, die im Gemeindebezirk, ohne in ihm ihren Hauptsitz zu haben, Betriebsstätten unterhalten (Zweigstellensteuer),2)...2.Die Zuschläge dürfen um nicht mehr als 20 vom Hundert über die in der Gemeinde sonst festgesetzten Zuschläge hinausgehen."

Diese Vorschrift blieb über alle Änderungen und Neufassungen der Gewerbesteuerverordnung hinaus bis in die nationalsozialistische Zeit unverändert bestehen und wurde durch den Dritten Teil Kap. III § 23 Abs. 2 der Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1. Dezember 1930 (RGBl. I S. 517 [541]) auf das Reich übernommen. Der nationalsozialistische Gesetzgeber gestattete in der Realsteuersperrverordnung 1933 vom 31. März 1933 (RGBl. I S. 157), dem Gesetz zur Regelung der Warenhaussteuer und der Filialsteuer für das Jahr 1933 vom 15. Juli 1933 (RGBl. I S. 492) und dem Realsteuersperrgesetz vom 7. März 1935 (RGBl. I S. 349) die Neueinführung und Erhöhung der Warenhaussteuer und der Zweigstellensteuer mit dem Ergebnis, daß in sämtlichen Ländern mit Ausnahme von Oldenburg und Lippe eine Warenhaussteuer oder Zweigstellensteuer erhoben wurde (Zusammenstellung bei Fuchs, Die Realsteuergesetze, Bd. 1 [1938], Erl. 3 zu § 11 des Realsteuereinführungsgesetzes S. 123). In das Gewerbesteuergesetz vom 1. Dezember 1936 (RGBl. I S. 979) fügte er in die §§ 17, 25 Abs. 4 Bestimmungen über die Zweigstellensteuer ein, die das nationalsozialistische Regime überdauerten, von den zahlreichen Änderungen des Gewerbesteuergesetzes nach 1949 nicht berührt wurden, in den Bekanntmachungen des Gewerbesteuergesetzes bis 1957 (Bekanntmachung vom 30. April 1952 [BGBl. I S. 270] - GewStG 1950 -, geltend ab 1950; Bekanntmachung vom 21. Dezember 1954 [BGBl. I S. 473] - GewStG 1955 -, geltend ab 1955; Bekanntmachung vom 19. Dezember 1957 [BGBl. I S. 1871] - GewStG 1957 -, geltend ab 1957 -) unverändert wiederkehrten und mit dem in Ziff. 1 angegebenen Text wörtlich übereinstimmten. Erst durch Art. 11 Ziff. 4 des Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Ertrag und des Verfahrensrechts vom 18. Juli 1958 (BGBl. I S. 473) und demzufolge auch in der vierten Neufassung des Gewerbesteuergesetzes vom 18. November 1958 (BGBl. I S. 755) wurde § 17 Abs. 1 GewStG durch einen - hier nicht interessierenden - Satz 3 ergänzt, der sich mit den Unternehmen befaßt, deren Steuerpflicht im Laufe des Erhebungszeitraums beginnt.

Die Bekanntmachungen des jeweils geltenden Wortlauts des Gewerbesteuergesetzes sind nicht vom Bundestag beschlossen, sondern auf Grund gesetzlicher Ermächtigung vom Bundesminister der Finanzen erlassen worden. Gleichwohl hat der Bundesgesetzgeber das Gewerbesteuergesetz einschließlich seines § 17 in seinen Villen aufgenommen. Denn er hat das Gewerbesteuergesetz nicht nur immer wieder verändert und ergänzt, sondern in Art. I Ziff. 17 des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts vom 27. Dezember 1951 (BGBl. I S. 996) eine Bestimmung des Inhalts aufgenommen, daß hinter § 17 ein neuer § 17 a eingefügt werde. Damit hat der Bundesgesetzgeber den Fortbestand des § 17 GewStG ausdrücklich anerkannt. Im Jahre 1958 hat er diese Anerkennung durch die Einfügung des Satzes 3 in Abs. 1 des § 17 GewStG bestätigt. Unter diesen Umständen ist § 17 GewStG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 6, 55 [BVerfG 17.01.1957 - 1 BvL 4/54] [64/65]) nachkonstitutionelles Recht, über dessen Grundgesetzmäßigkeit gegebenenfalls das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden hat.

3)Daß die Gewerbesteuer als Ganzes betrachtet eine echte Steuer ist, kann nicht zweifelhaft sein. Steuern sind nach § 1 der Reichsabgabenordnung vom 22. Mai 1931 (RGBl. I S. 161) - RAO - Abgaben, die (vorzugsweise) der Einnahmeerzielung dienen. Diese Begriffsbestimmung gilt nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 1958 (BVerfGE 7, 244 [L 1, 251]) für alle im Abschnitt X des Grundgesetzes erwähnten Steuern, also auch für die Gewerbesteuer. Unbestritten ist allerdings, daß Steuern nebenbei auch andere, insbesondere wirtschaftslenkende Zwecke verfolgen können, ja, daß sie das vornehmste Mittel der Wirtschaftslenkung sind (BVerfGE 4, 7 [13]; 6, 55 [81]; 7, 377 [400]; BVerwGE 3, 205 [207]; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Oktober 1959 - BVerwG VII C 97.58 -, NJW 1960, 165 = MDR 1960, 75 = KomStZ 1960, 9 = DGemStZ 1960, 74; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 1960 - BVerwG VII C 60.60 -; Hübschmann-Hepp-Spitaler, Abgabenordnung, Erl. IV zu § 1; Gerloff-Neumark, Handbuch der Finanzwissenschaft II [1956] S. 254; Wacke, NJW 1958, 776; Huber, Wirtschaftsverwaltungrecht, Bd. II, 2. Aufl. [1954] S. 219; Bachof in Bettermann-Nipperdey-Scheuner, Die Grundrechte, Bd. III, 1 [1958] S. 198; Scheuner, Die staatliche Intervention im Bereich der Wirtschaft, Veröffentlichungen der Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer, Heft 11 [1954] S. 41 ff.; Schule, ebenda, S. 94 ff.).

Über Zweck und Ziel der Zweigstellensteuer führt der besondere Teil der Begründung zu § 45 der Vorlage des Preußischen Staatsministeriums betreffend den Entwurf eines Gewerbesteuergesetzes vom 16. Juli 1923 (Drucksache Nr. 279 des Preußischen Staatsrats [abgedruckt in Materialien betr. vorläufige Regelung der Gewerbesteuer 18.4.1923 - 1926/27 -]) aus:"Eine stärkere Heranziehung der sog. Filialbetriebe entspricht einem vielfach von den Gemeinden geäußerten Wunsche. Dieser Wunsch ist als berechtigt anzuerkennen, da insbesondere in kleinen Gemeinden der Kleinhandel durch kapitalkräftige auswärtige Unternehmen stark in Mitleidenschaft gezogen wird. Dies trifft nicht zu bei Industrieunternehmen, die als eine Konkurrenz für andere in der Gemeinde ansässige Unternehmen kaum anzusehen sind."

Weitere Aufschlüsse geben die Verhandlungen des preußischen Landtags in den Jahren 1929 bis 1931, in denen die Reichspartei des deutschen Mittelstandes (Wirtschaftspartei - WP -), unterstützt von der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), der Deutschen Volkspartei (DVP) und der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), die Aufhebung, mindestens aber eine starke Beschränkung der Gewerbesteuer und die Einbeziehung der freien Berufe in die Gewerbesteuer zu erreichen versuchte (Abgeordneter Donners [WP] in der 50. Sitzung vom 23. Februar 1929, Stenografische Berichte 3895; Abgeordneter Dr. Neumann [DVP] und Donners [WP] in der 61. Sitzung vom 19. März 1929, Stenografische Berichte 4972, 4981; Abgeordneter Donners [WP] in der 103. Sitzung vom 23. Oktober 1929, Stenografische Berichte 8662; Abgeordneter Dr. Neumann [DVP], Donners [WP], Haake [NSDAP] in der 148. Sitzung vom 25. März 1930, Stenografische Berichte 12.586/87, 12.597, 12.605; Abgeordneter Dr. Neumann [DVP] in der 211. Sitzung vom 4. März 1931, Stenografische Berichte 18.406; Anträge der Wirtschaftspartei vom 18. März 1929, Drucks. Nr. 1807, vom 20. März 1929, Drucks. Nr. 1893, vom 26. April 1929, Drucks. Nr. 2357; Anträge der DNVP vom 23. April 1929, Drucks. Nr. 2309, vom 26. April 1929, Drucks. Nr. 2354, vom 20. März 1930, Drucks. Nr. 4543, vom 27. März 1930, Drucks. Nr. 4596; Anträge der DVP vom 25. März 1930, Drucks. Nr. 4555 und vom 4. März 1931, Drucks. Nr. 6518). In diesen Verhandlungen wandte sich der Abgeordnete Donners (WP) gegen die vom internationalen Kapital getragenen Warenhäuser, die nur einen Bruchteil der öffentlichen Lasten aufzubringen hätten, mit denen der bodenständige Mittelstand belastet sei, die eine den Mittelstand vernichtende Pest darstellten, die die große Idee eines freien, auf sich selbst beruhenden Mittelstandes zu Grabe trügen und die deshalb mit einer um 200 % bis 300 % höheren Gewerbesteuer belastet und an der weiteren Ausdehnung gehindert werden müßten. Der Abgeordnete Dr. Neumann (DVP) hielt zwar eine Sonderbesteuerung der Großbetriebe des Einzelhandels, also eine Warenhaussteuer, für untunlich. Er verlangt jedoch besonders hohe Steuersätze für Wareneinzelhandelsunternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten ohne Rücksicht auf die Betriebsform. Eine solche erhöhte Besteuerung sei im Interesse der Erhaltung des Mittelstandes notwendig und könne von den Großbetrieben des Wareneinzelhandels auch ohne weiteres getragen werden. Notwendig sei die erhöhte Steuerbelastung, weil ohne sie die kapitalkräftigen Großbetriebe des Wareneinzelhandels den ortsansässigen Mittelstand dadurch vernichten könnten, daß sie in neu gegründeten Zweigstellen ihre Preise so weit senkten, daß die Zweigstellen keinen Ertrag brächten und keine Ertragsteuer zu zahlen brauchten. Hätten sie dann den ortsansässigen Handel ausgeschaltet, hielten sie sich an ihren Kunden, die nunmehr auf sie angewiesen seien, schadlos. Tragen könnten die Großbetriebe die erhöhte Steuer deswegen, weil sie den Vorteil des unmittelbaren Einkaufs beim Produzenten, vielfach sogar den Vorteil eigener Fertigung hätten. Dadurch sparten sie Umsatzsteuer, so daß es nur gerecht sei, wenn dieser Vorteil durch Mehrbelastung bei der Gewerbesteuer ausgeglichen werde. Der Abgeordnete Haake (NSDAP) beschuldigte die übriger, Parteien, daß sie an eine Warenhaussteuer nur deshalb nicht herangehen wollten, weil sie mit dem Warenhaus-, Bank- und Börsenkapital unter einer Decke steckten. Dementsprechend beantragte die Wirtschaftspartei eine Sondersteuer oder eine Erhöhung der Gewerbesteuer für Warenhäuser und die Einbeziehung der Monopolbetriebe (Gas- und Elektrizitätswerke), die eigene Installationsabteilungen unterhielten und dadurch mit Handel, Handwerk und Gewerbe konkurrierten, in die Zweigstellensteuer. Die DNVP beantragte Verpflichtung der Gemeinden zur Erhebung der Zweigstellensteuer, stärkere Erfassung der Großbetriebe des Einzelhandels, insbesondere bei der Lohnsummensteuer, Ausdehnung der Zweigstellensteuer auf die Zweigstellen am Sitz des Unternehmens. Die DVP beantragte Gleichbehandlung von Wareneinzelhandelsunternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten mit den Zweigstellenbetrieben.

In der Judikatur und Literatur wird einhellig die Auffassung vertreten, daß der Zweck der Zweigstellensteuer im Schutz des einheimischen Gewerbes vor übermächtiger auswärtiger Konkurrenz bestehe, womit auch den besonderen Interessen der Gemeinden Rechnung getragen werde (Urteil des Preuß. OVG vom 23. März 1926, AS 80, 104 [106]; Urteil RFH vom 29. Mai 1935, RStBl. 1935, 1333; Urteil RFH vom 2. August 1940, RStBl. 1940 S. 949; Urteil des Finanzgerichts Kassel vom 8. Juli 1959, KomStZ 1959, 170 = DGemStZ 1959, 155; Hog-Arens, Die Preußische Gewerbesteuer, 4. Aufl. [1928] Erl. 3 zu § 43 S. 184; Rohde, a.a.O., Erl. zu § 43 S. 175; Fuchs, a.a.O., Erl. 1 zu § 11 des Realsteuereinführungsgesetzes S. 122; Dunz-Rohde-Bleich, Das Gewerbesteuergesetz, 2. Aufl. [1939] Erl. zu § 17 S. 376; Blümich-Boyens-Steinbring-Klein, Gewerbesteuergesetz, 6. Aufl. [1958] Erl. 1 zu § 17 S. 650; Bühler-Strickrodt, Steuerrecht, Bd. 2, 3. Aufl. [1958] S. 196; Hübschmann-Hepp-Spitaler, a.a.O., Erl. II zu § 212 c; Schiefer bei Peters, Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. III [1959] S. 321).

Für die NSDAP lagen Zweck und Rechtfertigung der Zweigstellensteuer von Anfang an klar. Sie forderte in Ziff. 11 Abs. 2 ihres Programms die "Berechnung der Zinsknechtschaft", deren Verkörperung sie in den ihrer Meinung nach vom internationalen und insbesondere jüdischen Großkapital beherrschten, mit einem ausgedehnten Netz von Zweigstellen arbeitenden Großbanken erblickte. In Ziff. 16 desselben Programms verlangte die NSDAP die Schaffung eines gesunden Mittelstandes und seine Erhaltung, sofortige Kommunalisierung der Großwarenhäuser und ihre Vermietung zu billigen Preisen an kleine Gewerbetreibende, schärfste Berücksichtigung aller kleinen Gewerbetreibenden bei Lieferungen an den Staat, die Länder und Gemeinden.

Nach 1945 sind im Parlament Charakter und Rechtfertigung der Zweigstellensteuer nicht mehr erörtert worden, obwohl die Steuer weiter erhoben wurde.

Gleichwohl kann man die Zweigstellensteuer um deswillen nicht als vorwiegend wirtschaftslenkende Maßnahme ansehen, weil sie völlig in die allgemeine Gewerbesteuer eingebaut ist. Sie besteht in Zuschlägen zur allgemeinen Gewerbesteuer. Sie wird von den Steuerbehörden veranlagt und eingezogen. Über die Steuerschuldnerschaft entscheidet im Streitfalle das Finanzamt (§ 212 c Abs. 2 RAO in der Fassung des § 28 Ziff. 41 des Einführungsgesetzes zu den Realsteuergesetzen vom 1. Dezember 1936 [RGBl. I S. 961] - EinfGRealStG -). Das Rechtsmittelverfahren richtet sich nach Gewerbesteuerrecht. Unter diesen Umständen kann der Charakter der Zweigstellensteuer nicht isoliert, sondern nur in dem Rahmen, in den sie hineingestellt ist, also im Rahmen der allgemeinen Gewerbesteuer zutreffend bestimmt werden. Dann aber ist unzweifelhaft, daß bei der Gewerbesteuer einschließlich der Zweigstellensteuer der Zweck der Einnahmeerzielung überwiegt, und daß auch die einen Teil der Gewerbesteuer darstellende Zweigstellensteuer eine echte Steuer ist. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 1958 (BVerfGE 7, 244) steht dem nicht entgegen. In dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht den Versuch zur Umgehung der Vorschriften des Grundgesetzesüber die Zuständigkeit zur Steuergesetzgebung für unzulässig erklärt. Bei der Zweigstellensteuer handelt es sich darum, daß der Bundesgesetzgeber, der sowohl für die Gewerbesteuergesetzgebung wie für die Wirtschaftslenkung zuständig ist, sich des Gewerbesteuerrechts zur Wirtschaftslenkung bedient hat.

Im übrigen würde es für die Prüfung der Vereinbarkeit der Zweigstellensteuer mit dem Grundgesetz keinen Unterschied machen, ob die Zweigstellensteuer als Steuer oder als wirtschaftslenkende Maßnahme anzusehen ist. Wenn schon, wie noch darzulegen, die als Steuer betrachtete Zweigstellensteuer mit dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar ist, würde das erst recht für sie als wirtschaftslenkende Maßnahme gelten. Denn die Steuer ist eine Institution, deren Verfassungsmäßigkeit in besonderem Maße von der Einhaltung des zum Grundsatz der Steuergerechtigkeit verdichteten Gleichheitssatzes abhängt (BVerfGZ 6, 55 [70]; 9, 237 [244]; Hamann, Deutsches Wirtschaftsverfassungsrecht [1958] S. 98). Dagegen muß bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von wirtschaftslenkenden Maßnahmen der Gleichheitssatz schon deshalb elastischer gehandhabt werden, weil diese der Natur der Sache nach weitgehend in der Begünstigung bestimmter Wirtschaftsgruppen oder bestimmter wirtschaftlicher Maßnahmen auf Kosten anderer Wirtschaftsgruppen oder Maßnahmen bestehen (Huber, a.a.O., Bd. II S. 216/17). Zu ihrer Verfassungsmäßigkeit genügt es deswegen in der Regel, daß sie nicht willkürlich sind.

4)In Anbetracht ihres Zwecks und ihrer Entstehungsgeschichte halten Vangerow (Vorschläge zur Steuervereinfachung - St.u.W. 1958, 640 [652], Dr. S. (Ist § 17 GewStG verfassungswidrig? - Betrieb 1958, 725 -), Leibrecht (Die Zweigstellensteuer im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes - St.u.W. 1959, 587 -), Mohr (Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Zweigstellensteuer - BB 1960, 44), Roth (Die Zweigstellensteuer im Lichte ihrer Gesetzgebungsmotive - St.u.W. 1960, 570 -) die Zweigstellensteuer für einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 11, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG. Auch Hamann (Rechtsstaat und Wirtschaftslenkung [1953] S. 135) teilt diese Auffassung. Ihre Argumente hat sich die Klägerin zu eigen gemacht.

5)Die Klägerin leitet die Unzulässigkeit der Zweigstellensteuer daraus ab, daß diese ein typisches Produkt nationalsozialistischer Wirtschaftsauffassung sei, sowie daraus, daß die Zweigstellensteuer, ohne daß das durch das Äquivalenzprinzip oder das öffentliche Interesse gerechtfertigt sei, im Interesse des Konkurrensschützes ausschließlich Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen mit auswärtigen Zweigstellen belaste, während sie Konkurrenzunternehmen ohne auswärtige Zweigstellen und Unternehmen anderer Wirtschaftszweige mit auswärtigen Zweigstellen verschone. Leiter meint die Klägerin, daß die Voraussetzungen für eine zusätzliche Belastung der Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehinen mit der Zweigstellensteuer entfallen seien und daß deren Erhebung zu einer völlig unterschiedlichen Belastung der Zweigstellen in den einzelnen Gemeinden führe. Das aber seien Verstöße gegen den Gleichheitssatz.

So beachtlich dieses Vorbringen der Klägerin im einzelnen ist, so wenig greift es in seiner Gesamtheit durch. Zwar trifft es zu, daß die NSDAP, wie sich aus den Ziffern 11 und 16 ihres Programms ergibt, die mit Zweigstellen ausgestatteten Großbanken und die den Kern der Wareneinzelhandelsunternehmen mit Zweigstellen darstellenden Warenhäuser scharf ablehnte. Sie hat sie auch, ihrer Mentalität entsprechend, mit einer Fülle von Boykott- und Terrormaßnahnen belegt (hierzu vgl. im einzelnen Uhlig, Die Warenhäuser im Dritten Reich [1956] S. 31 ff.). Die schärfsten Dauernaßnahnen gegen die Warenhäuser und Zweigstellenunternehmen hat jedoch nicht der Nationalsozialismus, sondern haben die mittelständlerisch beherrschten Gemeinden durch unterschiedliche Festsetzung der Steuersätze auf Grund des Deklarationsgesetzes getroffen. Denn diese Steuersätze waren vielfach so hoch, daß sie die Gründung von Warenhäusern und Zweigstellenunternehmen schlechthin ausschlossen. Wie die Verhandlungen im preußischen Landtag in den Jahren 1929 bis 1931 bewiesen, war schon in vornationalsozialistischer Zeit, insbesondere bei der Wirtschaftspartei, aber auch bei der DNVP und der DVP die Abneigung gegen Zweigstellenbetriebe und Warenhäuser nicht geringer als bei der NSDAP. Diese Einstellung gewann Einfluß auch auf die damalige preußische Staatsregierung, die gewiß des Nationalsozialismus unverdächtig ist, aber trotzdem mit dem § 43 der Gewerbesteuerverordnung von 1923 eine 20 %ige Zweigstellensteuer für mit Zweigstellen arbeitende Versicherungs-, Bank-, Kredit- und Warenhandelsunternehmen einführte. Allerdings lag in dieser Maßnahme für die betroffenen Unternehmen insofern ein Vorteil, als nunmehr die gegen Zweigstellenunternehmen gerichteten völlig diskretionären steuerlichen Maßnahmen der Gemeinden ausgeschlossen waren.

Nach der Machtergreifung hat der Nationalsozialismus die steuerliche Belastung der Warenhäuser und Zweigstellenunternehmen erhöht (Zusammenstellung bei Fuchs, a.a.O., Erl. 3 zu § 11 des Realsteuereinführungsgesetzes S. 123), aber dann doch die Warenhaussteuer durch § 11 EinfGRealStG mit Ablauf des Jahres 1939 beseitigt und sich bezüglich der Zweigstellensteuer in den §§ 17, 25 Abs. 4 GewStG mit einer Kannbestimmung und einem Steuerhöchstsatz von 30 v.H., d.h. einem Steuersatz begnügt, der zwischen dem im Jahre 1923 in Preußen eingeführten Satz von 20 v.H. und dem im Jahre 1933 zunächst für zulässig erklärten Satz von 40 v.H. lag. In dieser Form ist die Zweigstellensteuer von dem Bundesgesetzgeber übernommen und bis heute beibehalten worden. Unter diesen Umständen kann man die Zweigstellensteuer nicht als eine nationalsozialistische Erfindung oder als ein Residuum nationalsozialistischen Geistes ansehen.

Daß das Äquivalenzprinzip die zusätzliche Belastung der Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandeisunternehmen mit auswärtigen Zweigstellen durch die Zweigstellensteuer nicht rechtfertigt, ist zutreffend. Alles, was in dieser Beziehung gesagt worden ist, geht auf die Ausführungen in der Begründung der Regierungsvorlage zur preußischen Gewerbesteuerverordnung zurück und hält einer kritischen Nachprüfung nicht stand. Es ist nicht einzusehen, worin die höheren Belastungen bestehen sollen, die den Gemeinden durch Errichtung von Zweigstellen anstelle von ortsgebundenen Unternehmen gleicher Größe erwachsen. Der Steuerausfall, den die Gemeinden bei Zweigstellen dadurch erleiden, daß bei der Zerlegung der Steuermeßbeträge des Gesamtunternehmens die Gemeinde, in der sich der Sitz des Unternehmens befindet, in gewisser Weise bevorzugt wird, wird dadurch ausgeglichen, daß bei Zweigstellenunternehmen die Meßbeträge für das Gesamtunternehmen berechnet werden und durch Wegfall von Freibeträgen und Staffelung der Steuersätze bei der der Errechnung der Meßbeträge zugrunde liegenden Einkommen- und Körperschaftssteuer und Einheitsbewertung höher sind als die Meßbeträge ortsgebundener Unternehmen mit insgesamt gleichem Gewerbe er trag und Gewerbekapital. Nur für den Fall, daß ein ortsgebundenes Unternehmen ebenso ertrags- und kapitalstark ist wie ein mit Zweigstellen arbeitendes Unternehmen, kann sich die Gemeinde einen gewissen Steuervorteil errechnen. Das ist aber gerade nach der Auffassung der Befürworter der Zweigstellensteuer nur ganz ausnahmsweise der Fall. Denn sie begründen die Zweigstellensteuer gerade damit, daß die Ertrags- und Kapitalkraft der Zweigstellenbetriebe unvergleichlich höher sei als die Ertrags- und Kapitalkraft der ortsgebundenen Unternehmen.

Mit dem Wesen und den Funktionen der Ertragssteuern steht es ferner nicht in Einklang, wenn der Beklagte die Zweigstellensteuer damit zu rechtfertigen sucht, daß bei Zweigstellenunternehnen die Angestellten mit den höchsten Gehältern am Sitz des Unternehmens konzentriert seien, dort ihr Geld ausgäben und die Wirtschaft belebten, während die Wirtschaft in den Gemeinden des Sitzes von Zweigstellen leer ausginge. Dies kann bei der auf die steuerliche Erfassung des Ertrags von Unternehmer abgestellten Gewerbesteuer schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil sich dann eine ungerechtfertigte Sonderbehandlung der Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen mit auswärtigen Zweigstellen im Vergleich zu den zahlreichen anderen Unternehmen mit auswärtigen Zweigstellen ergeben würde, die nicht der Zweigstellensteuer unterworfen sind; denn bei diesen Unternehmen liegen die Verhältnisse bezüglich der Konzentration der leitenden Angestellten am Sitz des Unternehmens genauso wie bei den Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen mit auswärtigen Zweigstellen. Auch die Darlegung, daß Zweigstellen in Krisenzeiten leichter geschlossen würden als ortsansässige Unternehmen, so daß sich die Gemeinden für künftige Ausfälle durch eine Sonderbesteuerung der Zweigstellenunternehmen einen Ersatz verschaffen müßten, ist nicht überzeugend. Denn die Befürworter der Zweigstellensteuer betonen die überlegene Ertrags- und Kapitalkraft der Zweigstellenunternehmen; von besonders ertrags- und kapitalkräftigen Unternehmen muß jedoch angenommen werden, daß sie eine Krise besser überstehen als weniger kapitalkräftige Unternehmen und in Krisen nicht aufgelöst werden, zumal eine Auflösung von Zweigstellen gerade in Krisenzeiten den geschäftlichen Ruf eines Zweigstellenunternehmens erheblich gefährden würde. Inwiefern die Tatsache, daß Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen ihre Kundschaft am Ort haben, während Industrieunternehmen nicht nur am Ort ansässige Kundschaft beliefern, eine zusätzliche Steuerbelastung der Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen ("besondere Opfer dieser Unternehmen für die Gemeinde") rechtfertigen soll, ist unerfindlich. Danach kann das Äquivalenzprinzip die Zweigstellensteuer nicht rechtfertigen.

Unrichtig ist die Behauptung der Klägerin, daß die Zweigstellensteuer ein staatlicher Eingriff sei, der in bestimmten Wirtschaftszweigen die Wettbewerbsverhältnisse zugunsten bestimmter Gruppen verändern solle, ohne daß diese Maßnahme im öffentlichen Interesse liege. Wäre dem so, dann wäre die Erhebung der Zweigstellensteuer unter der Herrschaft des Grundgesetzes zweifellos unzulässig (BVerfGE 7, 377 [408]). Das öffentliche Interesse, das die Erhebung der Zweigstellensteuer rechtfertigt, ist der Mittelstandschutz. Zu diesem hat sich bereits Art. 164 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 (RGBl. S. 1384) - WRV - mit den Worten bekannt: "Der selbständige Mittelstand in Landwirtschaft, Gewerbe und Handel ist in Gesetzgebung und Verwaltung zu fördern und gegen Überlastung und Aufsaugung zu schützen." Zur Durchführung der hier in Aussicht gestellten Maßnahmen ist im Reichswirtschaftsministerium die Stelle eines Reichskommissars für den Mittelstand geschaffen worden. Nach 1945 enthalten Art. 153 der Bayer. Verfassung vom 2. Dezember 1946 (GVBl. S. 333), Art. 40 der Brem. Verfassung vom 21. Oktober 1947 (GVBl. S. 251), Art. 43 der Hess. Verfassung vom 1. Dezember 1946 (GVBl. S. 229), Art. 28 der Verfassung von Nordrhein-Westfalen vom 28. Juni 1950 (GVBl. S. 127) Bestimmungen, die sich eng an Art. 164 WRV anlehnen. Das Grundgesetz enthält eine besondere Bestimmung über den Mittelstandschutz nicht. Es hat die gesetzgebenden Organe überhaupt nicht auf eine bestimmte Wirtschaftspolitik festgelegt, es ist wirtschaftspolitisch neutral (BVerfGE 4, 7 [17 ff.]; 7, 377 [400]; Huber, a.a.O., Bd. I [1953] S. 30; Ballerstedt bei Bettermann-Nipperdey-Scheuner, Die Grundrechte, Bd. III, 1 [1958] S. 49/50; Bachof, ebenda, S. 198; Hamann, Rechtsstaat und Wirtschaftslenkung, S. 31 ff.; derselbe, Deutsches Wirtschaftsverfassungsrecht, S. 31 ff. und die dort angegebene Literatur). Infolgedessen sind Bundestag und Bundesregierung nicht gehindert, eine mittelstandsfreundliche, das heißt eine Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik zu betreiben, die darauf ausgeht, eine möglichst große Zahl mittlerer und kleinerer Unternehmen zu schaffen und zu erhalten, von denen keines marktbeherrschenden Einfluß hat, und zur Durchführung dieser Politik alle Mittel einschließlich der Steuerpolitik einzusetzen, über die die Staatsführung verfügt.

Ihre Grenzen findet diese Politik erst da, wo sie mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG oder anderen Grundrechten in Konflikt gerät. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Grenzen dahingehend erläutert: "Der Gleichheitsgrundsatz verbietet, daß wesentlich Gleiches ungleich, nicht dagegen, daß wesentlich Ungleiches entsprechend der bestehenden Ungleichheit ungleich behandelt wird. Der Gleichheitsgrundsatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt, kurzum, wenn die Bestimmung als willkürlich bezeichnet werden muß" (BVerfGE 1, 14 [52]). Unter Willkür ist Unangemessenheit zu verstehen (BVerfGE 2, 266 [281]; 4, 144 [155]). Auch dürfen nicht alle tatsächlichen Verschiedenheiten zur unterschiedlichen Behandlung im Recht führen, sondern nur solche tatsächlichen Ungleichheiten, denen aus Erwägungen der Gerechtigkeit und Zweckmäßigkeit auch für das Recht entscheidende Bedeutung zukommt (BVerfGE 3, 225 [BVerfG 18.12.1953 - 1 BvL 106/53] [240]; 6, 55 [71]). Der Gleichheitssatz fordert nicht, daß der Gesetzgeber die einzelnen und ihre relevanten wirtschaftlichen Gruppen unbedingt gleichmäßig behandelt; er läßt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind. In welchem Ausmaß der Gleichheitssatz bei der Ordnung bestimmter Materien dem Gesetzgeber Differenzierungen erlaubt, richtet sich nach der Natur des jeweils in Frage stehenden Sachbereichs (BVerfGE 6, 84 [91]). Ob hiernach der Gleichheitssatz eine wirtschaftspolitische Maßnahme zuläßt, entscheidet primär der Gesetzgeber, dem für seine Entscheidungen ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt ist (BVerfGE 3, 225 [BVerfG 18.12.1953 - 1 BvL 106/53] [240]; 4, 7 [18]; 6, 55 [71]). Selbst das Bundesverfassungsgericht kann nur prüfen, ob die äußersten Grenzen dieses Spielraums eingehalten sind. Insbesondere kann selbst das Bundesverfassungsgericht nicht prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste, beste oder gerechteste Maßnahme zur Erreichung eines bestimmten Zwecks getroffen hat (BVerfGE 4, 144 [155]; 8, 174 [183]; 9, 334 [337]). Unverrückbare Grenze für die Eingriffe des Gesetzgebers zieht nur die Verfassung selbst mit dem in § 3 Abs. 1 GG konkretisierten Willkürverbot und seinen sonstigen Wertentscheidungen (BVerfGE 2, 336 [340]; 6, 273 [280]).

Prüft man unter diesen Gesichtspunkten, ob die Zweigstellensteuer mit dem Grundgesetz, insbesondere dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist, so ergibt sich folgendes: Zwar werden durch die Zweigstellensteuer die mit auswärtigen Zweigstellen arbeitenden Bank-, Kredit- und Wareneinzelhahdelsunternehmen im Vergleich zu ihren ohne auswärtige Zweigstellen, arbeitenden Konkurrenten zusätzlich belastet. Diese zusätzliche Belastung ist jedoch schon deshalb keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, weil die mit auswärtigen Zweigstellen arbeitenden Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen, deren Kern die Großbanken und die Warenhauskonzerne bilden, in aller Regel steuerlich leistungsfähiger sind als ihre Konkurrenten. Sie verfügen über eine weit größere Kapitalkraft als ihre ortsansässigen und ortsgebundenen mittelständischen Konkurrenten. Auch eine höhere Ertragskraft kann unterstellt werden. Die Großbanken können insbesondere bei der Industriefinanzierung lukrative Geschäfte tätigen, die den ortsgebundenen Bank- und Kreditunternehmen durch ihre geringere Kapitalkraft verschlossen sind. Die Warenhäuser nehmen die Funktionen mehrerer Handelsstufen, mindestens die Funktionen des Groß- und Einzelhandels wahr und haben dadurch auch steuerliche Vorteile, insbesondere bei der Umsatzsteuer. Außerdem haben sie als Großunternehmen besonders günstige Möglichkeiten beim Einkauf, der Rationalisierung und Werbung. Die zusätzliche Belastung der Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen mit auswärtigen Zweigstellen ist daher nur ein Anwendungsfall der Grundsätze des Sozialstaates (Art. 20 Abs. 3 GG) und der dadurch bedingten Besteuerung nach der steuerlicher, Leistungsfähigkeit. Dem steht nicht entgegen, daß schon die allgemeine Gewerbesteuer eine Steuerprogression insofern enthält, als ihre Meßbeträge auf dem Ergebnis der Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerveranlagung sowie auf der Bewertung nach dem Bewertungsgesetz beruhen. Allgemein bindende Normen für die Steuerprogression gibt es nicht, so daß selbst eine mehrfache Progression für zulässig erachtet werden muß, solange die Steuer dadurch nicht zur Erdrosselungsteuer wird.

Allerdings hat die Erhebung der Zweigstellensteuer in der jetzigen Form zur Folge, daß sie auch weniger ertrags- und kapitalstarke Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen mit auswärtigen Zweigstellen erfaßt, während sie ertrags- und kapitalstarke Unternehmen der gleichen Wirtschaftszweige ohne auswärtige Zweigstellen nicht erfaßt. Dieser Umstand stellt jedoch eine Verletzung des Gleichheitssatzes nicht dar und nötigt nicht zur Aufgabe der Zweigstellensteuer. Denn jede Steuer ist auf typische Fälle zugeschnitten, so daß in Grenz- und Ausnahmefällen immer gewisse Härten entstehen werden. Nur soweit darf der Gesetzgeber nicht gehen, daß er für den Regelfall oder in einer sehr großen Anzahl von Fällen weniger leistungsfähige Betriebe zusätzlich belastet und leistungsfähige Betriebe freistellt. Ein solches Verfahren wäre Willkür und ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz. So liegen jedoch, wie oben dargelegt ist, die Verhältnisse bei der Zweigstellensteuer nicht.

Der Einwand der Klägerin, daß in der einzelnen Gemeinde vor Einführung der Zweigstellensteuer nicht geprüft werde und nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (Urteil vom 2. August 1940, RStBl. S. 949) auch nicht geprüft zu werden brauche, ob die Zweigstelle eines Bank-, Kredit- oder Wareneinzelhandelsunternehmens die in der gleichen Gemeinde vorhandenen mittelständischen Betriebe tatsächlich gefährde, ein Mittelstandschutz also überhaupt nötig sei, greift nicht durch. Die Schutzbedürftigkeit der mittelständischen Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen ergibt sich (allgemein) aus folgenden Überlegungen:

Die Warenhäuser haben nach ihrer Gründung zunächst einen raschen Aufschwung genommen und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit in einem ungewöhnlichen Maße auf sich gezogen (hierzu vgl. Uhlig, a.a.O. S. 18 ff.). Durch den Nationalsozialismus ist ihre Entwicklung zeitweise aufgehalten worden (Uhlig, a.a.O. S. 71 ff.). Nach 1945 aber haben sich mindestens die vier großen Warenhauskonzerne (Karstadt, Kaufhof, Hertie und die Klägerin) stärker ausgedehnt als der Durchschnitt der mittelständischen Wareneinzelhandelsunternehmen, obwohl ihr Umsatz auch im Jahre 1959 erst 6,5 v.H. des Gesamtumsatzes des Einzelhandels erreichte (hierzu vgl. die Angaben im Spiegel, Jahrgang 1960, Heft 52 S. 27/28). Genauer soll der Umfang der Konzentration auch im Wareneinzelhandel nunmehr durch die Befragungen geklärt werden, die nach Maßgabe des Gesetzes über eine Untersuchung der Konzentration in der Wirtschaft vom 31. Dezember 1960 (BGBl. 1961 I S. 9) vorgenommen werden. Allerdings werden auch diese Befragungen nicht zu einer einwandfreien Klärung der Frage führen können, wieviel Existenzen des ortsgebundenen Wareneinzelhandels durch die Konkurrenz der Zweigstellenbetriebe zugrunde gegangen oder ernsthaft gefährdet worden sind. In dieser Beziehung wird man immer weitgehend auf Schätzungen angewiesen sein. Infolgedessen konnte die Einführung der Zweigstellensteuer auch nicht von dem Nachweis abhängig gemacht werden, daß durch eine bestimmte Zweigstelle bestimmte ortsgebundene Wareneinzelhandelsunternehmen gefährdet oder mit Vernichtung bedroht wurden. Die bisherige Entwicklung hat aber ausgereicht, um bei dem mittelständischen Wareneinzelhandel erhebliche Befürchtungen auszulösen, wobei vielleicht die Ausdehnungsmöglichkeiten der Zweigstellenbetriebe des Wareneinzelhandels überschätzt worden sind. Derartige Befürchtungen würden freilich nicht ausgereicht haben, um einen staatlichen Eingriff in die Konkurrenz zwischen Zweigstellenbetrieben des Einzelhandels und mittelständischen Einzelhändlern zu rechtfertigen (BVerfGE 7, 377 [408]). Das war nur möglich unter Wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Leitbildern, die dem gewerblichen Mittelstand eine besondere Bedeutung für das Volksganze zuerkannten und eine staatliche - auch vorbeugende (BVerfGE 6, 104 [120]) - Intervention rechtfertigten.

Ähnlich liegen die Dinge im Bank- und Kreditwesen. In der Weimarer Zeit haben die Großbanken ihr Filialnetz sehr stark ausgedehnt. Hand in Hand damit ging eine Aufsaugung der Privatbankiers. Durch Krieg und Entflechtung ist zwar das Zweigstellennetz der Großbanken wieder zusammengeschmolzen, aber immerhin hat sich die Zahl der Privatbankiers von 1221 im Jahre 1911 auf ca. 300 im Jahre 1954 verringert. Sieht man in diesen Privatbankiers die geborenen Finanziers des gewerblichen Mittelstandes und legt man der Erhaltung und Festigung dieses Mittelstandes besondere Bedeutung bei, dann wird man auch Maßnahmen für gerechtfertigt halten müssen, die einer weiteren Aufsaugung von Privatbankiers vorbeugen (Obst-Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, 34. Aufl. [1955] S. 178 ff., 190, 192). Unter dieser Voraussetzung erweist sich auch die Beschränkung der Zweigstellensteuer auf die mit Zweigstellen arbeitenden Bank- und Kreditunternehmen nicht als eine den Gleichheitssatz verletzende Willkür, sondern als eine durch den Zweck der Zweigstellensteuer gebotene Beschränkung auf das für den Schutz des gewerblichen Mittelstandes Notwendige.

Nicht überzeugend ist auch der Einwand der Klägerin, die Zweigstellensteuer sei ein absolut ungeeignetes Mittel des Mittelstandschutzes. Wenn der Gesetzgeber den Mittelstand vor der Konkurrenz der Zweigstellenunternehmen wirksam habe schützen wollen, dann habe er sich zu einem Zweigstellenverbot oder eine Prohibitivsteuer entschließen müssen. Mit einer ihrer Höhe nach so begrenzten Steuer wie der Zweigstellensteuer, deren Erhebung außerdem in das Belieben der Gemeinden gestellt sei, habe er sein Ziel nie erreichen können. Mit diesem Einwand verkennt die Klägerin, daß es nicht Aufgabe der Gerichte ist zu entscheiden, ob der Gesetzgeber das zweckmäßigste, wirksamste und gerechteste Mittel zur Erreichung seiner Ziele gewählt hat. Die Gerichte können nur prüfen, ob der Gesetzgeber sich im Rahmen des grundsätzlich Zulässigen gehalten und ob er zur Erreichung der von ihm angestrebten, zulässigen Ziele kein übermäßig belastendes Mittel gewählt hat (BVerfGE 3, 162 [Leitsatz 4 [182]; 4, 7 [15, 18]; 4, 144 [155]; 7, 377 [378 Leitsätze 6 a, 6 b, 379 Leitsatz 8, 400, 405/406]). Wenn der Gesetzgeber ein zu wenig belastendes Mittel gewählt hat, hat er seinen Ermessensbereich nicht überschritten, es sei dehn, daß das gewählte Mittel absolut ungeeignet ist. Es kann aber keine Rede davon sein, daß die Zweigstellensteuer ein absolut ungeeignetes Mittel der Mittelstandspolitik ist. Die Zweigstellensteuer ist geeignet, die Ausdehnung der Zweigstellenunternehmen zu hemmen.

Einen weiteren Verstoß gegen den Gleichheitssatz erblickt die Klägerin darin, daß mit auswärtigen Zweigstellen arbeitende Industriebetriebe, Versicherungsunternehmen, Bauunternehmen, Wohnungsunternehmen, Speditionsgeschäfte, Lichtspieltheater, Reisebüros, gastronomische Betriebe, Wandergewerbebetriebe, Versandgeschäfte und Wareneinzelhandelsunternehmen mit Zweigstellen am Ort zur Zweigstellensteuer nicht herangezogen werden.

Bei den mit auswärtigen Zweigwerken arbeitenden industriellen Unternehmen - und dazu gehören auch die Bauunternehmen - liegen die Dinge in mehrfacher Hinsicht anders als bei den mit auswärtigen Zweigstellen arbeitenden Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen. Insbesondere konzentriert sich ihr Absatz nicht auf bestimmte Gemeinden, so daß sie in diesen Gemeinden die Existenz der konkurrierenden Mittel- und Kleinbetriebe nicht gefährden. Schließlich ist das Anwachsen der mit Zweigwerken arbeitenden Industrie eine so notwendige Folge der technischen Entwicklung, daß eine ernsthafte Behinderung der Vermehrung der industriellen Zweigwerke zu unübersehbaren Folgen führen könnte. Die Dinge liegen hier anders als insbesondere im Wareneinzelhandel. Bei ihm ist denkbar, daß die ortsgebundenen Unternehmen des Wareneinzelhandels die Versorgung der Bevölkerung im vollen Umfang übernehmen. Durch eine solche Entwicklung könnten zwar Nachteile für die breite Masse der Verbraucher entstehen, weil die Zweigstellenunternehmen des Wareneinzelhandels sich auch als Preisbrecher übersetzter Einzelhandelspreise betätigen. Diese Möglichkeit darf aber vom Gesetzgeber gegen die Vorteile abgewogen werden, die aus der Förderung des gewerblichen Mittelstandes zu erhoffen sind.

Mit Zweigstellen arbeitende Versicherungsunternehmen, Wohnungsunternehmen, Speditionsgeschäfte, Lichtspieltheater, gastronomische Betriebe, haben den Charakter von Mittelstandbetrieben vielfach nicht verloren. Soweit das der Fall ist, gefährden sie ihre mittelständische Konkurrenz nicht so stark, daß besondere Schutzmaßnahmen geboten erscheinen. Die Herauslassung dieser Betriebe aus der Zweigstellensteuer stellt daher nur einen Verzicht auf eine unnötige Maßnahme dar, deren Zulässigkeit, wenn sie desungeachtet getroffen würde, mit der Begründung angefochten werden könnte, daß sie ein übermäßig belastendes und daher unzulässiges Mittel sei (BVerfGE 7, 377 [408]).

Wandergewerbebetriebe beliefern zwar, ähnlich wie die Zweigstellenunternehmen, die Bewohner mehrerer Gemeinden. Im übrigen aber unterscheiden sie sich von den Zweigstellenbetrieben so eindeutig, daß die Nichterhebung der Zweigstellensteuer von ihnen als Verletzung des Gleichheitssatzes nicht betrachtet werden kann. Die nach 1945 aufgekommenen Versandgeschäfte sind, ähnlich wie die Kaufhäuser, Großbetriebe, die besondere Vorteile im Einkauf genießen, den Großhandel ausschalten und dadurch Steuervorteile haben. Sie unterscheiden sich von den Zweigstellenunternehmen jedoch dadurch, daß ihr Absatzgebiet sich - potentiell wenigstens - auf das ganze Bundesgebiet erstreckt, sich also nicht in gleicher Weise wie bei den Zweigstellenunternehmen auf bestimmte Gemeinden konzentriert. Infolgedessen gefährden sie auch die ortsansässigen Einzelhandelsbetriebe nicht in gleicher Weise wie die Zweigstellenunternehmen.

Bedenklich mag sein, daß die Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen, die Zweigstellen nur am Ort ihres Sitzes unterhalten, mit der Zweigstellensteuer nicht belastet werden. Derartige Unternehmen können in ihrer Ertrags- und Kapitalkraft den Konkurrenzunternehmen mit auswärtigen Zweigstellen nahekommen. Es ist deshalb auch verständlich, daß seinerzeit schon in den Verhandlungen des preußischen Landtags in den Jahren 1929 bis 1931 die Einbeziehung dieser Unternehmen in die Zweigstellensteuer gefordert worden ist. Wenn die Einbeziehung unterblieben ist, erklärt sich das daraus, daß die Zweigstellensteuer vornehmlich die Großbanken und Warenhauskonzerne treffen sollte. Hinter der Ertrags- und Kapitalkraft dieser Unternehmen aber bleibt die Ertrags- und Kapitalkraft auch der bedeutendsten Konkurrenzunternehmen mit Zweigstellen nur am Ort so offensichtlich zurück, daß ihre Zurechnung zum ortsansässigen und ortsgebundenen Gewerbe mindestens verständlich und dem Ermessen des Gesetzgebers anheimgegeben ist.

Der durch Einführung der Zweigstellensteuer angestrebte Mittelstandschutz ist auch nicht dadurch überflüssig geworden, daß sich in den letzten Jahren Inhaber von ortsgebundenen Einzelhandelsbetrieben mit Großhändlern zu Vereinigungen zusammengeschlossen haben, die die Erlangung von Vorteilen im Einkauf, Leistungssteigerung, Rationalisierung und Werbung bei Einzelhandelsgeschäften mit Erfolg betreiben. Denn einmal beschränken sich diese Verbände bislang im wesentlichen auf den Lebensmitteleinzelhandel, zum anderen erfassen sie nur einen Teil der Unternehmen dieser Handelssparte. Auch ist zweifelhaft, inwieweit derartige Verbände die Vorteile, die sich für Zweigstellenbetriebe, die von einer einzelnen Stelle geleitet werden, von selbst ergeben, wirklich erlangen können. Man kann deshalb nicht behaupten, daß durch die Bildung derartiger Verbände die Voraussetzungen für die Zweigstellensteuer entfallen seien, so daß diese nunmehr als willkürliche Verletzung des Gleichheitssatzes erschiene. Eine solche Schlußfolgerung wäre nur zulässig, wenn die Erhebung der Zweigstellensteuer so eng an zweifelsfrei weggefallene Tatbestände geknüpft wäre, daß die Steuer mit dem Wegfall dieser Tatbestände ohne weiteres entfallen müßte (BVerwGE 6, 119 [123]; 7, 114 [117]). So aber liegen die Dinge nicht. Nach wie vor stehen ortsgebundene Unternehmen und Zweigstellenunternehmen im Wettbewerb. Nach wie vor besteht die Möglichkeit, daß die Zweigstellenunternehmen auf Kosten der ortsgebundenen Unternehmen ihren Absatz ausweiten. Nach wie vor besteht unter dem Gesichtspunkt des Mittelstandschutzes das Interesse an einer Erhaltung des selbständigen gewerblichen Mittelstandes. Da sich hiernach die Verhältnisse nicht grundsätzlich geändert haben, hat auch die Bildung von Verbänden der Groß- und Einzelhändler die Vorschriften über die Erhebung der Zweigstellensteuer nicht unanwendbar gemacht.

Schließlich kann ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht darin erblickt werden, daß § 17 GewStG es den Gemeinden überläßt zu bestimmen, ob und mit welchen Hebesätzen innerhalb des gesetzlich zugelassenen Höchstsatzes sie die Zweigstellensteuer erheben wollen. Der Grund dieser Regelung liegt klar zutage: Die Zweigstellensteuer soll nur da erhoben werden, wo ihre Erhebung zur Deckung des Finanzbedarfs oder zum Schutz des ortsansässigen Gewerbes erforderlich ist. Ob das eine oder andere der Fall ist, läßt sich nur nach den örtlichen Verhältnissen entscheiden. Die Folge dieser sachgerechten Einschränkung ist allerdings, daß die Zweigstellenunternehmen für die in verschiedenen Gemeinden belegenen Zweigstellen recht unterschiedlich belastet werden. Eine unterschiedliche Belastung mit Gemeindesteuern ist jedoch nichts Ungewöhnliches. Denn die Gemeinden erheben auch ihre übrigen Steuern (Grundsteuer, allgemeine Gewerbesteuer, kleine Gemeindesteuern) mit sehr verschiedenen Sätzen. Das Recht der Gemeinden, Steuern mit unterschiedlichen Sätzen zu erheben, wurzelt im Selbstverwaltungsrecht. Zwar ermächtigt das Selbstverwaltungsrecht die Gemeinden nicht ohne weiteres zu Eingriffen in Freiheit oder Eigentum der Bürger, insbesondere auch nicht zur Steuererhebung (BVerwGE 6, 247 [250/51] und die dort angegebene Judikatur und Literatur). Wenn aber durch Gesetz, wie z.B. durch § 17 GewStG, den Gemeinden die Erhebung einer Steuer in bestimmten Rahmen gestattet ist, dann fällt die Festsetzung der Steuersätze, gegebenenfalls sogar die Entscheidung über die Erhebung der Steuer selbst, in den Kreis der Selbstverwaltungsangelegenheiten oder, wie Art. 28 Abs. 2 GG es ausdrückt, in den Kreis der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, deren eigenverantwortliche Regelung den Gemeinden gewährleistet ist. Entstehen dadurch zwischengemeindliche Ungleichheiten, sind sie durch Art. 28 Abs. 2 GG gedeckt, der insoweit eine dem Art. 3 Abs. 1 GG vorangehende Spezialregelung darstellt (BVerfGE 6, 55 [BVerfG 17.01.1957 - 1 BvL 4/54] [71]; 8, 210 [221]).

Die in § 17 GewStG den Gemeinden erteilte Ermächtigung zu bestimmen, ob und mit welchen Hebesätzen die Zweigstellensteuer erhoben werden soll, verstößt auch nicht gegen die Prinzipien der Bestimmtheit der Ermächtigung (Art. 80 Abs. 1 GG) und des Rechtsstaats (Art. 20 Abs. 3 GG). Wie das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluß vom 3. Februar 1959 (BVerfGE 9, 137 [148/49]) entschieden hat, fordert das Prinzip des Rechtsstaats nur, daß der einzelne wissen muß, inwieweit die Verwaltung in seinen Rechtskreis eingreifen darf; dieses Prinzip fordert aber weder, daß der Gesetzgeber die Verwaltung bindet, den möglichen Eingriff immer zu vollziehen, noch daß der Gesetzgeber tatbestandsmäßig genau umreißt, wann die Verwaltung von einem zulässigen, nach Tatbestand und Folge eindeutig geregelten Eingriff Abstand nehmen darf. Diese Voraussetzungen sind in § 17 GewStG erfüllt. Denn in ihm ist der Tatbestand, an den die Steuer geknüpft werden darf (Vorhandensein auswärtiger Zweigstellen von Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen in der Gemeinde), wie die Rechtsfolge (Erhebung eines für alle Zweigstellen gleichen Zuschlags bis zu 30 v.H.) genau angegeben. Dann aber muß der vom Bundesverfassungsgericht zunächst für das Verhältnis Gesetzgeber - Exekutive aufgestellte Grundsatz im vorliegenden Falle erst recht gelten. Denn in § 17 GewStG erteilte der Bundesgesetzgeber nicht der Exekutive, sondern dem Ortsgesetzgeber, der ihm mit größerer Selbständigkeit als die Exekutive gegenübersteht, eine Ermächtigung (BVerwGE 6, 247 [Leitsatz 2, 251/53]).

Zusammenfassend läßt sich daher feststellen: Die Zweigstellensteuer ist keine Hinterlassenschaft des Nationalsozialismus. Schon Jahrzehnte vor dem Aufkommen des Nationalsozialismus sind die Großbetriebe des Wareneinzelhandels, die Kaufhäuser, die zugleich den Kern der Zweigstellenunternehmen des Wareneinzelhandels darstellen, aus Gründen des Mittelstandschutzes mit einer Sondersteuer belegt worden, z.B. in Preußen mit der Warenhaussteuer vom 18. Juli 1900 (GS S. 294). Die Zweigstellensteuer, die die Warenhaussteuer abgelöst hat, ist in Preußen bereits 1923 eingeführt, durch Notverordnung des Reichspräsidenten 1930 auf das Reich übernommen und nach 1945 vom. Bund beibehalten worden. Motiv der Zweigstellensteuer ist der Schutz des selbständigen gewerblichen Mittelstandes. Eine dahinzielende Wirtschaftspolitik ist zulässig, soweit sie nicht gegen das Grundgesetz, insbesondere Art. 3 GG, verstößt. Ein solcher Verstoß liegt nicht schon darin, daß die Zweigstellensteuer auf Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen mit auswärtigen Zweigstellen beschränkt ist. Denn diese Unternehmen, deren Kern die Großbanken und die Warenhauskonzerne bilden, sind steuerlich leistungsfähiger als ihre mittelständischen Konkurrenten. Vor Einführung der Zweigstellensteuer in eine Gemeinde kann und braucht in Anbetracht der Tatsache, daß der mittelständische Wareneinzelhandel und die mittelständischen Bank- und Kreditunternehmen insgesamt als schutzwürdig anzuerkennen sind, auch nicht im Einzelfalle geprüft zu werden, ob der Mittelstand in dieser Gemeinde gefährdet ist. Auch kann nicht eingewandt werden, daß die Zweigstellensteuer ein absolut ungeeignetes Mittel des Mittelstandschutzes sei, oder daß die gesetzliche Ermächtigung zur Einführung der Zweigstellensteuer der erforderlichen Bestimmtheit entbehre. Der Verzicht auf die Erhebung der Zweigstellensteuer von industriellen Zweigwerken, von den Unternehmen einzelner anderer Wirtschaftszweige mit auswärtigen Zweigstellen, von Wandergewerbebetrieben, Versandgeschäften und Unternehmen mit Zweigstellen am Ort ist sachlich gerechtfertigt oder mindestens vertretbar. Der Mittelstandschutz ist auch nicht dadurch überholt, daß sich in neuester Zeit die Einzelhändler mit Großhändlern zu Verbänden zusammengeschlossen und dadurch Vorteile gesichert haben, die früher nur den Warenhauskonzernen zugute kamen. Die den Gemeinden in § 17 GewStG erteilte Ermächtigung, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe sie die Zweigstellensteuer erheben wollen, entbehrt nicht der erforderlichen Bestimmtheit und ist im übrigen durch § 28 Abs. 2 GG gedeckt. Ob die Zweigstellensteuer das geeigneteste und gerechteste Mittel für einen Mittelstandschutz und ob die Zweigstellensteuer überhaupt noch zeitgemäß ist, was Bühler (a.a.O., Bd. 2 S. 196), Hübschmann-Hepp-Spitaler (a.a.O., Erl. II zu § 212 c) und Bickel (bei Gerloff-Neumark, a.a.O. S. 439) verneinen, kann vom Gericht nicht nachgeprüft werden. Nur der Gesetzgeber kann entscheiden, ob er dem Mittelstandschutz den Vorrang vor dem Verbraucherschutz einräumen und ob er die Zweigstellensteuer noch als geeignetes Mittel des Mittelstandschutzes und seiner Wirtschafts- und Steuerpolitik ansehen will.

6)Die Klägerin erblickt in der Zweigstellensteuer eine Beschränkung der in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten freien Berufswahl. Diese Auffassung ist abzulehnen. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG untersagt nur die Aufrichtung von rechtlichen Hindernissen der freien Berufswahl. Eine tatsächliche Behinderung steht der rechtlichen Behinderung nur dann gleich, wenn sie eine bestimmte Berufswahl vollkommen ausschließt (BVerwGE 6, 50 [51]; 6, 247 [266]; 7, 304 [317]). Die Erhebung der Zweigstellensteuer hindert die Klägerin rechtlich nicht an der Errichtung von Zweigstellen. Sie ist auch nicht so hoch, daß sie die Errichtung von Zweigstellen tatsächlich ausschließt. Die Zweigstellensteuer ist ein Kostenfaktor wie viele andere, der bei der Entscheidung der Frage, ob eine Zweigstelle errichtet werden soll, berücksichtigt werden muß, aber nicht mehr.

Ob die Erhebung der Zweigstellensteuer eine Regelung der Berufsausübung darstellt, die nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch Gesetz zulässig ist, kann zweifelhaft sein. Von Ballerstedt (a.a.O. S. 72) und Bachof (ebenda S. 196 ff.) wird die Auffassung vertreten, daß wirtschaftslenkende Maßnahmen oder mindestens Steuern, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, keine Regelungen der Berufsausübung darstellen, weil ihr primärer Zweck ein ganz anderer ist. Dem ist beizutreten.

7)Auch aus Art. 2 Abs. 1, 11, 14 Abs. 1 GG sowie aus § 26 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 27. Juli 1957 (BGBl. I S. 1081) - Kartellgesetz - lassen sich Einwendungen gegen die Rechtsgültigkeit des § 17 GewStG nicht ableiten.

Art. 2 Abs. 1 GG schützt die allgemeine Handlungsfreiheit, soweit einzelne Lebensbereiche nicht durch besondere Grundrechte geschützt sind (BVerfGE 8, 274 [328]; 9, 3 [11]). Im vorliegenden Falle ist die Handlungsfreiheit durch Art. 12 Abs. 1 GG nur teilweise, nämlich nur dann geschützt, wenn die Zweigstellensteuer eine Erdrosselungsteuer wäre. Da sie die Errichtung von Zweigstellen nicht tatsächlich unmöglich macht, greift Art. 12 Abs. 1 GG nicht ein. Infolgedessen bleibt Raum auch für die Anwendung des § 2 Abs. 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht hat auch in der Entscheidung vom 3. Dezember 1958 (BVerfGE 9, 3 [11]) ausgeführt, daß ein ungültiges Steuergesetz wie alle anderen verfassungswidrigen Gesetze nicht Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung sei (BVerfGE 6, 32 [41]; 7, 111 [119]; 10, 89 [99]), so daß eine Heranziehung auf Grund eines solchen Gesetzes auch gegen Art. 2 Abs. 1 GG verstoße. Die Zweigstellensteuer verstößt aber, wie vorstehend ausgeführt ist, nicht gegen die Art. 3 Abs. 1 GG und 12 Abs. 1 GG und, wie nachstehend noch darzulegen ist, auch nicht gegen die Art. 11 und 14 Abs. 1 GG. Damit entfällt die Möglichkeit, daß die Zweigstellensteuer wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 GG unzulässig ist. Es kommt vielmehr der Grundsatz zur Anwendung, den das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 20. Juli 1954 (BVerfGE 4, 7 [16]) ausgesprochen hat, daß nämlich der einzelne sich diejenigen Schranken seiner Handlungsfreiheit gefallen lassen muß, die der Gesetzgeber zur Pflege und Förderung des sozialen Zusammenlebens in den Grenzen des bei dem gegebenen Sachverhalt allgemein Zumutbaren zieht, vorausgesetzt, daß dabei die Eigenständigkeit der Person gewahrt wird. Die Zweigstellensteuer hält sich jedoch, wie dargelegt, im Rahmen des Zumutbaren; sie gefährdet die Eigenständigkeit der Person nicht. Die Klägerin trägt selbst vor, daß die Zweigstellensteuer ein ungeeignetes, weil allzu mildes Mittel zum Schütze des Mittelstandes sei, das eine Ausdehnung der Zweigstellenbetriebe nicht habe verhindern können.

Art. 11 GG gewährleistet jedem Deutschen die Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet, nämlich das Recht, sich an jedem Orte der Bundesrepublik niederzulassen (BVerfGE 2, 266 [273]; 8, 95 [97]). Dieses Recht wird durch die Erhebung der Zweigstellensteuer nicht beeinträchtigt. Unrichtig ist die Auffassung der Klägerin, daß Art. 11 GG ebenso wie Art. 111 WRV auch das Recht der Berufsfreiheit, insbesondere das Recht zur Errichtung einer gewerblichen Niederlassung, schützt. Dieses Recht wird nach dem Grundgesetz durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet (Dürig, Freizügigkeit in Neumann-Nipperdey-Scheuner, Die Grundrechte, Bd. 2 [1954] S. 507 [511]; von Mangoldt-Klein, Grundgesetz, Bd. I [1957], Erl. II 1 zu Art. 11 S. 344, Erl. III 1 zu Art. 11 S. 347; Wernicke im Bonner Kommentar, Erl. II 1 g zu Art. 11; Hamann, Grundgesetz, Erl. A/B zu Art. 11 S. 130).

Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet das Eigentum, schützt das Vermögen aber nicht gegen Auferlegung von Geldleistungen (BVerfGE 4, 7 [17], BVerwGE 6, 247 [266]).

§ 26 des Kartellgesetzes schließlich betrifft einen ganz anderen Tatbestand. Er schützt gewerbliche Unternehmen gegen Liefer- und Bezugssperren und die unbillige oder unterschiedliche Behandlung seitens marktbeherrschender Unternehmen, nicht aber gegen Steuerbelastungen.

8)Die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kommt nicht in Betracht, weil der erkennende Senat die Zweigstellensteuer nicht für grundgesetzwidrig hält (BVerfGE 1, 184 [189]). Aber auch eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über eine Verfassungsbeschwerde, die die Verfassungswidrigkeit der Zweigstellensteuer zum Gegenstand hat, erscheint untunlich. Die Sache ist spruchreif. Der Beklagte hat der Aussetzung des Verfahrens widersprochen. Der Zeitpunkt, in dem eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die anhängige Verfassungsbeschwerde zu erwarten ist, ist, wie eine Anfrage ergeben hat, ungewiß. Zwar führt das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 17. Dezember 1953 (BVerfGE 3, 58 [74]) aus, es entspreche der Prozeß Ökonomie, wenn bei anhängigen Verfassungsbeschwerden das Verfahren ausgesetzt werde. Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 1958 (BVerfGE 8, 222 [BVerfG 23.10.1958 - 1 BvR 458/58]) ergibt sich jedoch, daß damit nicht der Grundsatz aufgegeben werden sollte, daß die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde die Erschöpfung des Rechtsweges voraussetzt und daß eine Abweichung von dieser Regel gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 12. März 1951 (BGBl. I S. 243) - BVeffGG - nach wie vor die Ausnahme bilden muß. Ob der Klägerin eine solche Ausnahme zugebilligt werden würde, steht dahin. Infolgedessen liegt eine Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht auch in ihrem eigenen Interesse; denn durch eine solche Entscheidung wird sie in jedem Falle in den Stand gesetzt, auch ihrerseits Verfassungsbeschwerde zu erheben.

9)Da hiernach die Zweigstellensteuer weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen die Art. 12 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 und 14 Abs. 1 GG verstößt und die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht in Betracht kommt und eine Aussetzung des Verfahrens untunlich ist, ist die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Berufungsgerichts zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.