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Bundesverwaltungsgericht

Entscheidung vom 04.03.1964, Az.: VIII C 64/61

Tenor

Das Urteil des Oberverwaltungsgerrichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. April 1960 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.

Entscheidungsgründe

I.Der Kläger wurde als Arbeiter der Stadt B. im Mai 1933 GUS politischen Gründen entlassen. Wegen seiner Mitgliedschaft in der KPD befand er sich von 1936 bis April 1945 in Untersuchungshaft, im Zuchthaus und im Konzentrationslager. Nachdem er in B. die Freiheit erhalten hatte, trat er der neugegründeten KPD bei, er gehörte dieser Partei bis zu ihrer Auflösung im August 1956 an. Er beantragte im Jahre 1953, ihn im Wege der Wiedergutmachung als Büroassistenten oder Kontrollmeister wiederanzustellen. Sein Antrag wurde ausschließlich mit der Begründung abgelehnt, er sei gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige das öffentlichen Dienstes - BWGöD -, jetzt geltend in der Fassung vom 24. August 1961 (BGBl. I S. 1627), von der Wiedergutmachung ausgeschlossen, weil er zeitweilig Kreisvorsitzender der KPD gewesen sei und in den Jahren 1951 und 1953 in M. kommunistische Flugblätter verteilt habe. Die Klage, mit der er seinen Wiedergutmachungsanspruch verfolgte, wurde abgewiesen. Seine Berufung wurde zurückgewiesen, im wesentlichen aus den folgenden Gründen:

Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 4 BWGöD sei der Kläger von der Wiedergutmachung ausgeschlossen, weil er nach dem 23. Mai 1949 die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekämpft habe. Die Vorschrift sei rechtsgültig. Auf Grund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 17. August 1956 - BVerfGE 5, 85 [BVerfG 17.08.1956 - 1 BvB 2/51] - stehe die Verfassungswidrigkeit der nach dem Kriege neugegründeten KPD fest. Diese Partei habe die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes bekämpft durch ihre Propaganda und Agitation für die marxistisch-leninistische Lehre und durch ihren politischen Stil, der bewußt und gewollt darauf abgezielt habe, die obersten Verfassungswerte und die verfassungsrechtlichen Institutionen zu verhöhnen und verächtlich zu machen. Die Mitgliedschaft in dieser Partei rechtfertige zwar für sich allein nicht den Schluß, das Mitglied habe bewußt an dieser Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung teilnehmen wollen. Wer sich aber - wie der Kläger - nach dem 23. Mai 1949 aktiv für die verfassungswidrigen Ziele der Partei eingesetzt habe, besonders durch Schulung und Propaganda, habe selbst die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft. Es könnt dahingestellt bleiben, ob § 8 Abs. 1 Nr. 4 BWGöD schon wegen seiner Tätigkeit als Kreissekretär in E. im Jahre 1949 anzuwenden sei. Es stehe nämlich fest, daß er die freiheitliche demokratische Grundordnung durch die Verteilung kommunistischer Flugblätter bekämpft habe. Er habe am 26. Juli 1951 Flugblätter des "Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes" der sowjetischen Besatzungzone und am 1. Mai 1953 Flugblätter der "Arbeitsgemeinschaft Dachau" verteilt. Der Wortlaut der im Jahre 1951 verteilten Flugblätter stehe nicht fest; es sei aber eine Erfahrungstatsache, daß die zur Verteilung in der Bundesrepublik bestimmten Flugblätter einer sowjetzonalen Organisation nur der kommunistischen Propaganda gedient und Angriffe gegen die Verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik zum Inhalt gehabt hätten. Der Wortlaut der im Jahre 1953 verteilten Flugblätter stehe fest. Die Flugblätter seien im Stil der kommunistischen Propaganda abgefaßt gewesen; durch Angriffe auf die Inhaber der höchsten Staatsfunktionen habe das Vertrauen der Bundesbürger erschüttert und die Frage aufgeworfen werden sollen, was eine Verfassungsordnung wert sei, die es ermögliche, daß die Politik Hitlers fortgesetzt werde, daß demokratische Organisationen verboten und Deutsche verfolgt würden und daß die Regierung eine Politik des Krieges treibe; es sei auch die hohe Bewertung außerparlamentarischer Aktionen durch die KPD und die entsprechende Geringschätzung des Parlaments zum Ausdruck gebracht worden. Durch die Verteilung der Flugblätter hebe der Kläger die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft.

Mit seiner vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.Die Revision ist begründet.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts fehlt es an einem Sachverhalt, der dazu führt, daß der Kläger gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 4 BWGöD von der Wiedergutmachung ausgeschlossen ist.

Diese Vorschrift schließt solche Geschädigte von der Wiedergutmachung aus, die nach dem 23. Mai 1949 die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinns des Grundgesetzes bekämpft haben. Sie ist in das Gesetz eingefügt worden durch das Zweite Änderungsgesetz zum Bundeswiedergutmachungsgesetz vom 19. August 1953 (BGBl. I S. 994) und - durch die genannte Zeitabgrenzung - ergänzt worden durch das Dritte Änderungsgesetz zum Bundeswiedergutmachungsgesetz vom 23. Dezember 1955 (BGBl. I S. 820). Unter denselben Voraussetzungen, unter denen sie Geschädigte von der Wiedergutmachung ausschließt, führt der zugleich eingefügte und später geänderte § 31 Abs. 2 BWGöD dazu, daß Geschädigten die ihnen bereits gewährte Wiedergutmachung zu entziehen ist. Gleichartige Ausschließung- und Entziehungsvorschriften finden sich in § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 des Bundesentschädigungsgesetzes - BEG - vom 29. Juni 1956 (BGBl. I S. 562).

Die Ausschließung von der Wiedergutmachung und die nachträgliche Entziehung der Wiedergutmachung wegen Bekämpfens der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beruhen auf einheitlichen Erwägungen und zwingen zu einer einheitlichen Auslegung der genannten Vorschriften. Das Bundesverfassungsgericht erklärt - in Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BEG - diese Rechtsnachteile als eine Folge von "politischer Unwürdigkeit" (BVerfGE 13, 46 [50]) und rechtfertigt sie mit der "in Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 21 Abs. 2 GG zum Ausdruck gekommenen Grundentscheidung des Verfassungsgebers für eine Bekämpfung der aktiven Feinde der demokratischen Wertordnung"; Bestimmungen dieser Art müßten "unter Beachtung der grundgesetzlichen Wertordnung und der zu ihrem Schütze geschaffenen verfassungsrechtlichen Verfahrensvorschriften interpretiert werden" (a.a.O., S. 50 f.).

Die freiheitliche demokratische Grundordnung wird in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestimmt als der Inbegriff der obersten Grundwerte im Rahmen der verfassungsrechtlichen Wertordnung (vgl. BVerfGE 6, 32 [41]), als eine Ordnung, "die unter Ausschluß jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt" (BVerfGE 2, 1 [BVerfG 23.10.1952 - 1 BvB 1/51] [12 f.]) sie ist durch das Grundgesetz vorgezeichnet als "Ausdruck des bewußten verfassungspolitischen willens zur Lösung des Grenzproblems der freiheitlichen demokratischen Staatsordnung" (BVerfGE 5, 85 [BVerfG 17.08.1956 - 1 BvB 2/51] [139] und 10, 118 [123]).

Art. 18 GG sieht die Verwirkung der dort genannten Grundrechte vor, wenn sie zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht werden. § 8 Abs. 1 Nr. 4 BWGöD sieht den Ausschluß von der Wiedergutmachung vor, wenn ein Geschädigter die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat. Das geschützte Rechtsgut ist bei beiden Vorschriften dasselbe; als Voraussetzung der Sanktion ist in gleicher Weise ein Angriff auf dieses Rechtsgut - die freiheitliche demokratische Grundordnung vorgesehen. Dem Mißbrauch des Rechts der freien politischen Betätigung zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung (BVerfGE 10, 118 [123]) sind auch die genannten wiedergutmachungsrechtlichen Ausschließungsvorschriften von § 8 Abs. 1 Nr. 4 BWGöD und von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BEG entgegengetreten.

Die zum Schütze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vorgesehenen Sanktionen fordern zugleich besondere Rechtsgarantien dafür, daß sie nicht leichthin verhängt werden können (BVerfGE 10, 118 [123]). Dieser Hinweis des Bundesverfassungsgerichts betrifft zwar in erster Linie das Verfahren, das in Art. 18 GG für den Ausspruch der Verwirkungsfolge vorgesehen ist, er betrifft aber auch die Voraussetzungen für die Feststellung eines Sachverhalts, der auf dem Gebiet des Wiedergutmachungsrechts den Schluß rechtfertigt, jemand habe die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekämpft (vgl. BVerfGE 13, 46 [53]).

Bei Anwendung des ebenfalls dem Schütze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung dienenden Art. 21 Abs. 2 GG auf politische Parteien fordert das Bundesverfassungsgericht im Urteil BVerfGE 5, 85 [BVerfG 17.08.1956 - 1 BvB 2/51] in subjektiver Einsicht eine Ablehnung der obersten Grundsätze der freiheitlichen Demokratie in der bereits angegebenen Bedeutung (a.a.O., S. 140); in objektiver Einsicht fordert es "eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung" gegenüber dem freiheitlichen Staat, der im Wege der vorgesehenen Sanktionen lediglich Angriffe auf seine Grundordnung abwehrt (a.a.O., S. 141). Bei Anwendung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 BWGöD muß ein solches Verhalten dem Betroffenen persönlich vorgeworfen werden können. Dadurch wird der Grundsatz, daß die Feinde der Freiheit eine Beschränkung ihrer Freiheit hinnehmen müssen, verfassungsrechtlich eingeordnet und zugleich näher bestimmt. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 BWGöD - wie nach den genannten gleichartigen Vorschriften des Wiedergutmachungsrechts erhält derjenige keine Wiedergutmachung für die Folgen nationalsozialistischen Unrechts, der durch Angriffe auf die freiheitliche demokratische Grundordnung, die eine solche Wiedergutmachung ermöglicht hat, Bestrebungen Vorschub leistet, die auf die Einführung einer neuen Herrschaft der Unfreiheit und des Unrechts gerichtet sind.

§ 8 Abs. 1 Nr. 4 BWGöD setzt voraus, daß die im Geltungsbereich des Grundgesetzes errichtete und durch verfassungsrechtliche Regelungen im Bestand garantierte freiheitliche demokratische Grundordnung "bekämpft" worden ist. Erforderlich sind Angriffshandlungen, die auf eine die Verfassungsordnung als solche ablehnende Grundeinstellung zurückzuführen sind. Die Angriffshandlungen müssen Gewicht gehabt und zu Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung geführt haben. Eine feststellbare Aktivität des Betroffenen wird vorausgesetzt; ein "Bekämpfen", das sich in Passivität oder Gleichgültigkeit äußert, reicht nicht hin. Der politische Meinungskampf ist die Bedingung einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Nur wo die Freiheit mißbraucht wird, um die freiheitliche Demokratie als solche zu erschüttern, setzen die von der Verfassung zu ihrem eigenen Schutz geforderten Sanktionen ein.

In einem ähnlichen Sinn wird das Wort "Bekämpfen" an einer anderen Stelle des Gesetzes verwendet: Wer als ein lediglich nominelles Mitglied der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen den Nationalsozialismus aktiv bekämpft hat und deshalb verfolgt worden ist, kann nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BWGöD ausnahmsweise Wiedergutmachung erhalten. Hier werden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Handlungen von einem erheblichen Gewicht gefordert, die auf eine der bekämpften Herrschaft gegnerische Grundeinstellung zurückzuführen sind (vgl. Urteil vom 20. März 1958 - BVerwG II C 125.57 -, Buchholz BVerwG 233, P 8 Nr. 8 = DVBl. 1958 S. 584 = NJW/RzW 1958 S. 333 = RiA 1958 S. 262 = ZBR 1959 S. 61). In gleicher weise fordert § 8 Abs. 1 Nr. 4 BWGöD - was das "Bekämpfen" betrifft - eine der freiheitlichen demokratischen Grundordnung als solcher feindliche Grundeinstellung, die sich äußert durch Angriffshandlungen von einem erheblichen Gericht und eine sich daraus ergebende Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

Im Falle des Klägers sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Voraussetzungen für die Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 4 BWGöD nicht erfüllt.

Der Umstand, daß der Kläger in der Nachkriegszeit der KPD erneut beigetreten ist und dieser Partei bis zu ihrer Auflösung angehört hat, muß außer Betracht bleiben, sofern er nicht unabhängig von seinen organisatorischen Bindungen an die seinerzeit noch nicht aufgelöste Partei die freiheitliche demokratische Ordnung bekämpft hat: "Das in erster Linie die Parteiorganisation schützende Privileg des Art. 21 Abs. 2 GG (BVerfGE 9, 162 [165]) erstreckt sich auch auf die mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitende parteioffizielle Tätigkeit der Funktionäre und Anhänger einer Partei" (BVerfGE 13, 46 [52]). Deshalb kann "die Rechtsordnung nicht ohne. Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit den Gebrauch der zunächst eingeräumten Freiheit, eine Partei zu gründen und für sie zu wirken, nachträglich als rechtswidrig behandeln" (BVerfG a.a.O.).

Auch der Umstand ist unerheblich, daß der Kläger zeitweise das Amt eines Kreissekretärs der KPD hatte, als sie noch nicht aufgelöst war (vgl. dazu den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Oktober 1963 - 2 BvL 7/61, 2 BvL 2/63, 2 BvL 9/63 -. JZ 1964 S. 365).

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Kläger persönlich in den Jahren 1951 und 1953 durch die Verteilung von Flugblättern in Erscheinung getreten.

Am 26. Juli 1951 hat er in M. Flugblätter verteilt, die von dem "Freien Deutschen Gewerkschaftsbund" der sowjetischen Besatzungszone unterzeichnet waren. Der Inhalt dieser Flugblätter ist nicht bekannt. Im Berufungsurteil wird wegen dieses Vorgangs Bezug genommen auf die Akten - 4 Cs 6283/51 - des Amtsgerichts M.. Danach wurde das wegen dieser Flugblattverteilung - für die es an der erforderlichen ortspolizeilichen Erlaubnis gefehlt habe - gegen den Kläger eingeleitete Strafverfahren gemäß § 153 StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt.

Am 1. Mai 1953 hat er in M. Flugblätter verteilt, die von einer "Arbeitsgemeinschaft Dachau" unterzeichnet und nach ihrer Überschrift an "alle Gewerkschaftler" gerichtet waren. Ein Stück dieser Flugblätter liegt bei den vom Berufungsgericht herangezogenen Akten - 1 c Js 578/53 - der Staatsanwaltschaft M.; der Text der Flugblätter wird in den Gründen des Berufungsurteils wiedergegeben. Nach dem Inhalt der vom Berufungsgericht herangezogenen Akten wurde gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wegen Übertretung der M. Straßenordnung und Übertretung nach § 366 Abs. 10 StGO; das Ermittlungsverfahren wurde ebenfalls - diesmal gemäß § 170 Abs. 2 StPO GUS subjektiven Gründen - eingestellt.

Diese beiden Vorfälle rechtfertigen nicht die Anwendung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 BWGöD auf den Kläger. In beiden Fällen handelte es sich um Flugblätter, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Zuge der damaligen kommunistischen Propaganda lagen. Das hat das Berufungsgericht im ersten Fall aus einem Satz der Lebenserfahrung geschlossen und im zweiten Fall aus dem Text des noch vorhandenen Probeexemplars der Flugblätter entnommen. Maßnahmen der Strafverfolgung wurden jedoch nur auf Grund von Vorschriften eingeleitet, die dem Schütze des öffentlichen Verkehrs dienen, nicht aber wegen einer verfassungsfeindlichen Tätigkeit des Klägers; zu einer strafrechtlichen Verurteilung des Klägers kam es in keinem der beiden Fälle. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, der Kläger habe Propaganda im Sinne der damals nicht aufgelösten KPD betrieben. Es liegt aber nichts dafür vor, daß der Kläger unabhängig von seiner organisatorischen Verbindung zu dieser Partei tätig geworden ist im Auftrage des "Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes" der sowjetischen Besatzungszone und der "Arbeitsgemeinschaft Dachau", deren Zusammensetzung und Rechtsform nicht aufgeklärt worden ist.

Hat der Kläger als Mitglied der KPD oder auch als ein Amtsträger dieser Partei im Zeitraum vor ihrer Auflösung Propaganda für die Zwecke dieser Partei betrieben, so gilt auch bei Anwendung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 BWGöD der folgende - die Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BBG betreffende - Satz des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 13, 46 [53]): "Die Verfassung schränkt zwar den Grundsatz politischer Toleranz um seiner Erhaltung willen ein, begegnet aber auch den Feinden der Freiheit, deren politische Tätigkeit sie beschneiden muß, nur mit rechtsstaatlichen Mitteln, soll sich die freiheitliche Demokratie nicht selbst untreu werden". Bei der Verteilung der Flugblätter erschöpfte sich die Tätigkeit des Klägers im Sinne der Entscheidung BVerfGE 13, 46 [53] darin, "im Rahmen einer noch nicht verbotenen verfassungswidrigen Partei sich für die Verwirklichung ihrer Ziele mit allgemein erlaubten Mitteln einzusetzen".

Ob er bei der Verteilung der Flugblätter gegen Vorschriften verstoßen hat, die der Sicherung des öffentlichen Verkehrs dienen, ist unerheblich. Die Sicherheit des Straßenverkehrs ist zwar ein schutzbedürftiges Rechtsgut; sie ist aber nicht Gegenstand der Wertordnung, die sich als die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes darstellt.

Mit der Verteilung der inhaltlich nicht bekannten Flugblätter im Jahre 1951 wollte der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Propaganda im Sinne der KPD betreiben; an diese Feststellung ist das Revisionsgericht gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Daraus ist aber nicht zu entnehmen, daß er selbst - ohne Zusammenhang mit seiner Parteizugehörigkeit - einen Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes beabsichtigt und unternommen hat.

Der Text der Flugblätter, die der Kläger im Jahre 1953 verteilt hat, ist - wie dies dem Charakter solcher Propaganda entspricht - aggressiv im Ton, ohne daß aber damit die Grenzen überschritten werden, die den Mitgliedern einer noch nicht für verfassungswidrig erklärten Partei bei der Teilnahme an Propagandaaktionen dieser Partei gezogen sind. Der Angriff dieser Flugblätter richtet sich gegen die "Verträge von Bonn und Paris". Das Berufungsgericht sieht die dabei verwendeten Argumente als ein "Glied in der Kette" der planmäßigen Angriffe der KPD auf die Verfassungsordnung der Bundesrepublik an. Daraus ergibt sich aber nicht, daß der Kläger selbst die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat. In Fällen einer die Grundwerte der freiheitlichen Demokratie in Frage stellenden Parteipropaganda ergibt sich der Verfassungsschutz aus Art. 21 Abs. 2 GG, ohne daß schon wegen der Teilnahme an einer solchen Propaganda Maßnahmen gegen einzelne Parteimitglieder gerechtfertigt sind. Die Gründe, die zur Auflösung der KPD geführt haben, rechtfertigen deshalb noch nicht individuelle Maßnahmen gegen den Kläger, weil er sich für die Ziele dieser Partei eingesetzt hat.

Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger in anderer Weise den Tatbestand von § 8 Abs. 1 Nr. 4 BWGöD verwirklicht hat, liegen nicht vor.

Eine abschließende Entscheidung ist nicht möglich, weil noch nicht geklärt ist, welche Wiedergutmachung der Kläger beanspruchen kann.

Die Sache war daher an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO).

Die Kostenentscheidung war der Schlußentscheidung vorzubehalten.