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Hamburgisches Oberverwaltungsgericht

Entscheidung vom 11.04.2013, Az.: 4 Bf 141/11

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund mündlicher Verhandlung vom 31. Mai 2011 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung seiner erkennungsdienstlichen Behandlung.

Der Kläger unterhielt in den Jahren 2007 bis 2008 Beziehungen zu Frau M. und zu Frau S.. Der Kläger nahm nach der Beendigung der Beziehungen gegen den Willen der Frauen wiederholt Kontakt zu beiden auf. Diese Kontaktaufnahmen bestanden in erster Linie aus Telefonanrufen, zahlreichen SMS, E-Mails und dem Aufenthalt in der unmittelbaren Nähe von Frau M. und Frau S.. Frau S. fand in dieser Zeit auch Postkarten in ihrem Briefkasten sowie ein Kuscheltier und ähnliche Souvenirs vor ihrer Haustür vor. Außerdem wurde dem Kläger das Ausspähen von Daten vorgeworfen.

Das Amtsgericht Hamburg erließ gegen den Kläger auf Antrag von Frau S. durch Beschluss vom 28. November 2008 (Bl. 7 ff. der Akte des Amtsgerichts Hamburg 8B C 535/08) und auf Antrag von Frau M. durch Beschluss vom 4. Februar 2009 (Bl. 6 ff. der Akte des Amtsgerichts Hamburg 8B C 61/09/ 268 F 68/11) einstweilige Verfügungen nach dem Gewaltschutzgesetz. In den Beschlüssen wurde dem Kläger insbesondere jedwede Kontaktaufnahme zu Frau S. bzw. Frau M. untersagt. Wegen der Einzelheiten wird auf die jeweiligen Beschlüsse verwiesen.

Der Kläger nahm in der Folgezeit zu beiden Frauen auf unterschiedliche Art und Weise erneut Kontakt auf. Daher führte die Beklagte zwischen November 2008 und Mai 2009 gegen den Kläger mehrere Ermittlungen wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz (Az. u.a 2270 Js 195/08, 2270 Js 34/09, 2270 Js 65/09, 7450 Js 89/09 und 2270 Js 92/09).

Aus Anlass des Ermittlungsverfahrens 2270 Js 65/09 ordnete die Beklagte gegen den Kläger am 17. März 2009 eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO an, weil der Kläger durch wiederholtes strafrechtliches Handeln kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten sei und das erkennungsdienstliche Material bei künftigen Straftaten als Beweismittel benötigt werde.

Gegen diese Anordnung legte der Kläger mit Schreiben vom 30. März 2009 Widerspruch mit der Begründung ein, er sei nicht vorbestraft und die Maßnahme sei in Anbetracht der gegen ihn erhobenen Vorwürfe unverhältnismäßig.

Mit Urteil vom 18. August 2009 verurteilte das Amtsgericht Hamburg-Barmbek den Kläger wegen Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz in 31 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen (Az.: 845 Ds 2270 Js 195/08 [91/09]). Die 31 Fälle, in denen der Kläger geständig war, bezogen sich auf 23 versuchte Kontaktaufnahmen per SMS, einen Telefonanruf, eine E-Mail und drei persönliche Kontaktaufnahmen gegenüber Frau M. sowie eine E-Mail an Frau S. und das zweimalige Ablegen von Gegenständen vor der Wohnungstür von Frau S. .

Die Staatsanwaltschaft stellte die weiteren gegen den Kläger eingeleiteten Ermittlungsverfahren durch Verfügungen vom 27. Mai 2009 (2270 Js 92/09), 2. März 2010 (2270 Js 34/09, 2270 Js 65/09) und 7. April 2010 (7450 Js 89/09) gemäß § 154 Abs. 1 StPO ein.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2010 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Die erkennungsdienstliche Behandlung umfasse im vorliegenden Verfahren die Abnahme von Fingerabdrücken, die Aufnahme von Lichtbildern, die Feststellung äußerlich wahrnehmbarer Merkmale sowie die Messung der Körpergröße und des Gewichts. Der Kläger sei zum Zeitpunkt der Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahme Beschuldigter gewesen, so dass die Einstellung des Verfahrens 2270 Js 65/09 auf die Rechtmäßigkeit der Anordnung keinen Einfluss habe. Im Falle des Klägers sei die Anfertigung erkennungsdienstlicher Unterlagen notwendig im Sinne von § 81b StPO. Es bestehe die begründete Gefahr, dass der Kläger wieder Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren werde, weil er sein Handeln trotz der gegen ihn ergangenen einstweiligen Verfügungen fortgesetzt habe und ihm auch jedes Unrechtsbewusstsein fehle. Zur Förderung weiterer Ermittlungsverfahren – insbesondere wegen des Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz – seien die erkennungsdienstlichen Maßnahmen geeignet und stellten bei Würdigung aller Umstände auch keine unverhältnismäßige Belastung dar. Die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Klägers hätten hinter dem Interesse der Öffentlichkeit an einer zügigen Aufklärung von Straftaten zurückzustehen.

Am 25. Mai 2010 hat der Kläger Klage mit folgender Begründung erhoben: Es bestehe keine Gefahr, dass er erneut Beschuldigter eines Ermittlungsverfahrens werde. Er sei einsichtig, habe aus seinem Verhalten gelernt und bedaure es sehr. Seit Mai 2009 lebe er in einer neuen Partnerschaft, mittlerweile habe er sich verlobt und keinerlei Interesse mehr an einem Kontakt mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin. Darüber hinaus habe er sich in der fraglichen Zeit im Frühjahr 2009 in einer schwierigen persönlichen Situation befunden. Eine mit dem Verlust der Partnerin entstandene Lebenskrise habe er mittlerweile überwunden. Seit August 2009 habe es keine gewollten und bewussten Kontaktaufnahmen mehr gegeben. Die Tatvorwürfe bezögen sich auf Kommunikationsversuche über SMS oder E-Mail, so dass auch erkennungsdienstliche Informationen keinen Beitrag zur Aufklärung von Vorwürfen dieser Art leisten könnten. Die erkennungsdienstliche Behandlung stelle eine psychologisch unverhältnismäßige Belastung dar.

Der Kläger hat beantragt,

die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung vom 17. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. April 2010 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid bezogen und ergänzend vorgetragen, gegen den Kläger sei seit der Anlasstat in 15 weiteren Strafverfahren ermittelt worden. Es handele sich jeweils um Verstöße gegen vollstreckbare Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz sowie Bedrohungen und Beleidigungen. Auch derzeit liefen noch zwei Ermittlungsverfahren.

Mit Schreiben vom 23. Juni 2010 hat der Kläger die Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 4. Februar 2009 beantragt. Das Amtsgericht Hamburg hat durch Versäumnisurteil vom 28. August 2010 und das dieses Urteil bestätigende Urteil vom 13. Januar 2011 (8 B 61/09) entschieden, dass die einstweilige Verfügung vom 4. Februar 2009 aufrechterhalten bleibt. Einen erneuten Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 4. Februar 2009 hat der Kläger am 5. September 2011 zurückgenommen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 31. Mai 2011 der Klage stattgegeben und die streitgegenständlichen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung sei vorliegend nicht von § 81b Alt. 2 StPO gedeckt, weil der Kläger im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides nicht mehr Beschuldigter gewesen sei. Bei Erlass des Widerspruchsbescheides am 29. April 2010 sei gegen den Kläger kein Verfahren als Beschuldigter betrieben worden. Im Anlassverfahren 2270 Js 65/07 habe die Beschuldigteneigenschaft des Klägers am 2. März 2010 mit der Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft geendet, im Verfahren 845 Ds 2270 Js 195/09 mit der Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek vom 18. August 2009 am 26. August 2009 und in den weiteren Verfahren mit deren Einstellung am 27. Mai 2009 (2270 Js 92/09), 2. März 2010 (2270 Js 34/09) und 7. April 2010 (7450 Js 89/09). Die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Maßnahme nach § 81b Alt. 2 StPO bleibe im Gegensatz zu Maßnahmen nach § 81b 1. Alt. StPO zwar auch dann rechtmäßig, wenn der Betroffene bis zum Vollzug der Maßnahme seine Beschuldigteneigenschaft verliere. Im Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahme müsse aber die Beschuldigteneigenschaft noch bestehen. Als Anordnungszeitpunkt gelte dabei der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides. Diese Voraussetzung ergebe sich aus den allgemeinen Grundsätzen des Widerspruchsverfahrens, nach denen die Widerspruchsbehörde ihrer Entscheidung die Sach- und Rechtslage zu diesem Zeitpunkt zugrunde zu legen habe. Daher sei die Beklagte auch berechtigt gewesen, die zunächst nicht hinreichend bestimmte Anordnung vom 17. März 2009 im Widerspruchsbescheid zu konkretisieren. Aus dem materiellen Recht ergäben sich keine Anhaltspunkte, von diesen Grundsätzen abzuweichen. Praktische Schwierigkeiten für die Beklagte seien mit diesem Erfordernis nicht verbunden. Die Beklagte könne die Widersprüche zeitlich vorrangig bearbeiten. Es sei der Beklagten auch unbenommen, die Anordnung nach Wegfall der Beschuldigteneigenschaft auf eine andere Rechtsgrundlage zu stützen.

Gegen das ihr am 24. Juni 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung am 20. Juli 2011 erhoben und gleichzeitig begründet. Sie macht geltend: Der Kläger sei im Zeitpunkt der Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen Beschuldigter in einem Strafverfahren gewesen. Der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft lasse die Rechtmäßigkeit der Maßnahme unberührt. Vorliegend bestehe weiter ein Restverdacht gegen den Kläger. Auch die Tatsache, dass der Kläger bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides nicht mehr Beschuldigter gewesen sei, ändere hieran nichts. Zwar ergehe die Entscheidung der Widerspruchsbehörde aufgrund der Rechtslage, die im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung gelte. Für die Frage, ob ein rechtmäßig erlassener Verwaltungsakt durch die nachträgliche Veränderung der Sach- und Rechtslage rechtswidrig geworden sei, sei jedoch allein das materielle Recht maßgeblich. Dieses erfordere nicht, dass die Beschuldigteneigenschaft noch im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides bestehen müsse. Die Anordnung bleibe rechtmäßig, auch wenn die Beschuldigteneigenschaft anschließend, etwa schon vor Erlass des Widerspruchsbescheides, entfalle. Sofern der Tatverdacht nicht restlos ausgeräumt worden sei, bestehe weiterhin Grund zur Sorge, dass der Betroffene erneut straffällig werde, auch wenn er nicht mehr Beschuldigter sei. Auch müsse sich die Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung aus den Ergebnissen des gegen den Betroffenen geführten Anlassverfahrens herleiten lassen. Gesicherte Ergebnisse ergäben sich jedoch erst aus der verfahrensbeendenden Entscheidung. Letztlich ergebe sich die Rechtmäßigkeit der Anordnung jedenfalls auf Grundlage von § 7 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei (HmbPolDVG). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien erfüllt. Die zu § 81b Alt. 2 StPO vorgetragenen Umstände und Ermessenserwägungen könnten entsprechend herangezogen werden. Die erkennungsdienstliche Behandlung sei auch weiterhin notwendig. Ab Oktober 2012 sei der Kläger erneut strafrechtlich wegen Stalking-Handlungen zu Lasten einer weiteren Geschädigten in Erscheinung getreten. Unter dem Aktenzeichen 2271 Js 238/12 werde gegen ihn ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren geführt. Unter den Aktenzeichen 033/1K/868608/2012, 037/1K/0828536/2012, 033KED/1K/0841460/2012, 037/1K/0885208/2012, 033KED/1K0878041/2012 und 037/1K/0006333/2013 werde gegen den Kläger polizeilich wegen Stalking-Handlungen ermittelt. Gegenstand dieser Ermittlungen seien Nachstellungen durch Anrufe und SMS, Sachbeschädigungen und Bedrohungen. Auch die weitere Geschädigte habe mittlerweile eine Schutzanordnung gegen den Kläger nach dem Gewaltschutzgesetz erwirkt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund mündlicher Verhandlung vom 31. Mai 2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, und auf den Inhalt der Sachakte der Beklagten sowie die Akten des Amtsgerichts Hamburg 8B C 535/08 und 8B C 61/09/ 268 F 68/11 sowie die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten 2270 Js 195/08, 2270 Js 65/09 und 2270 Js 140/10 Bezug genommen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung vom 17. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. April 2010 aufgehoben. Die Klage ist zwar zulässig (I.) aber nicht begründet (II.).

I.

Die Klage ist zulässig. Die angefochtene Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung ist eine Maßnahme der Strafverfolgungsvorsorge. Eine Klage gegen eine solche Anordnung ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art, für die der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet ist (vgl. zur Anordnung nach § 81b Alt. 2 StPO: BVerwG, Beschl. v. 18.5.2011, 6 B 1/11, NVwZ-RR 2011, 312, juris Rn. 2, 3, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

II.

Die Klage ist aber nicht begründet. Denn die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzten den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung findet ihre Rechtsgrundlage zwar nicht in § 81b Alt. 2 StPO (1.), wohl aber in § 7 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei (HmbPolDVG) vom 2. Mai 1991 (GVBl. 1991, S. 187 mit späteren, diese Regelung jedoch nicht berührenden Änderungen) (2.).

1. § 81b Alt. 2 StPO scheidet als Rechtsgrundlage für die Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen aus.

Nach § 81 b 2. Alt. StPO dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Der Kläger war im maßgeblichen Zeitpunkt jedoch nicht (mehr) Beschuldigter im Sinne dieser Vorschrift.

Die Beschuldigteneigenschaft ist Tatbestandsvoraussetzung für die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung (a). Die Beschuldigteneigenschaft in einem Strafverfahren beginnt mit der Aufnahme von Ermittlungen gegen den Betroffenen und endet mit der Einstellung der Ermittlung oder einer sonstigen die Beschuldigteneigenschaft entfallen lassenden Prozesshandlung des jeweils zuständigen Prozessorgans (b). Die Beschuldigteneigenschaft muss auch im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids noch vorliegen (c). Dies war bei dem Kläger jedoch nicht der Fall (d).

a) Tatbestandsvoraussetzung der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung ist, dass der Betroffene im Zeitpunkt der Anordnung Beschuldigter ist. Denn die als Verwaltungsakt ergehende Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung stellt die Grundlage für die erkennungsdienstliche Behandlung dar. Durch sie werden die gesetzliche Pflicht des Betroffenen zur Duldung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen präzisiert und die im Einzelfall konkret beabsichtigten Maßnahmen bestimmt. Grundlage für diesen Verwaltungsakt ist die in § 81b Alt. 2 StPO normierte Duldungspflicht des Betroffenen als Beschuldigter eines gegen ihn gerichteten Strafverfahrens. Voraussetzung der Anordnung ist daher, dass ein Straf- oder Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen schwebt. Nur während der Anhängigkeit eines solchen Verfahrens kann die Anordnung ergehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.10.1982, 1 C 29/79, BVerwGE 66, 192, juris Rn. 25; VGH München, Urt. v. 9.2.2004, 24 B 03.695, juris Rn. 13; OVG Bautzen, Beschl. v. 10.10.2000, 3 BS 53/00, NVwZ-RR 2001, 238).

b) Der Begriff des Beschuldigten ist in der StPO nicht ausdrücklich definiert. Nach herrschender Ansicht ist Beschuldigter im Sinne von § 81b StPO der Verdächtige, gegen den aufgrund zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte ein Strafverfahren betrieben wird (KrauseLöwe-Rosenberg, StPO, § 81b Rn. 8, 9; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. 2012, Einl. Rn. 76, jeweils m.w.N.). Dabei beginnt die Beschuldigteneigenschaft mit jeder Maßnahme, die erkennbar darauf gerichtet ist, gegen jemanden als Beschuldigten vorzugehen (sog. Inkulpationsakt; vgl. ErbLöwe-Rosenberg, StPO, § 163a Rn. 11). Ein Verdächtiger erlangt danach die Stellung eines Beschuldigten, wenn die zuständige Strafverfolgungsbehörde Maßnahmen gegen ihn ergreift, die erkennbar darauf abzielen, gegen ihn wegen einer Straftat vorzugehen (BVerfG, Kammerbeschl. v. 21.8.2000, 2 BvR 1372/00, NJW 2000, 3775, juris Rn. 16). Die Beschuldigteneigenschaft endet mit der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO, mit der Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder des gerichtlichen Verfahrens nach den §§ 153 ff. StPO und mit der rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens durch Urteil, Strafbefehl, Einstellungsbeschluss nach den §§ 206a, 206b StPO oder Nichteröffnungsbeschluss nach § 204 StPO. Die Beendigung der Beschuldigteneigenschaft erfordert dabei eine Prozesshandlung des jeweils zuständigen Prozessorgans (ErbLöwe-Rosenberg, a.a.O., Rn. 24).

Eine solche, die Beschuldigteneigenschaft beendende Prozesshandlung stellt auch die rechtskräftige Verurteilung dar, d.h. auch die Beschuldigteneigenschaft im Sinne des § 81b StPO endet mit einer rechtskräftigen Verurteilung (BVerwG, Urt. v. 23.11.2005, 6 C 2/05, NJW 2006, 1225, juris Rn. 20). Denn durch eine rechtskräftige Verurteilung wird der Beschuldigte, der gemäß § 157 Halbs. 1 StPO durch Erhebung der öffentlichen Klage zum Angeschuldigten und gemäß § 157 Halbs. 2 StPO mit der Eröffnung des Hauptverfahrens zum Angeklagten wird, zum Verurteilten (Meyer-Goßner, a.a.O., Rn. 81). Dass ein rechtskräftig Verurteilter nicht mehr Beschuldigter im Sinne von § 81b StPO ist, hat zwar die Konsequenz, dass nach den Regeln der StPO keine Rechtsgrundlage für die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen gegen diesen Personenkreis zur Verfügung steht. Eine Maßnahme nach § 81b Alt. 2 StPO ist danach zwar während des Ermittlungsverfahrens zulässig, aber nicht mehr, wenn der Verdacht sich durch die Verurteilung zur Erkenntnis verstärkt hat und die Notwendigkeit vorbeugender Maßnahmen für den Wiederholungsfall umso eher anzunehmen ist (so Fugmann in NJW 1981, 2227). Einer Ausweitung des Beschuldigtenbegriffs auf den rechtskräftig Verurteilten, wie sie zum Teil in der Literatur vertreten wird (vgl. nur Fugmann, a.a.O.; Senge, in Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl. 2003, § 81b Rn. 2; Pfeiffer, StPO, 4. Aufl. 2005 Rn. 1) steht jedoch die Gesetzessystematik der StPO entgegen. Denn das Tatbestandsmerkmal des Beschuldigten setzt für die erste Alternative des § 81b StPO begrifflich ein laufendes und kein abgeschlossenes Strafverfahren voraus, da die danach zulässigen erkennungsdienstlichen Maßnahmen für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens angeordnet werden können. Der Begriff des Beschuldigten in § 81b StPO kann jedoch nicht unterschiedlich ausgelegt werden, weil § 81b StPO in seinen beiden Alternativen zwar nach dem Zweck der Maßnahme, nicht aber nach dem Kreis der Betroffenen differenziert (vgl. Kramer in JR 1994, 244; KrauseLöwe-Rosenberg, StPO, § 81b Rn. 9; Meyer, Goßner, StPO, 55. Aufl. 2012, § 81b Rn. 7; Benfer in NJW 1980, 901; Apel/ Eisenhardt, Der Strafverteidiger 2006, 490; Schenke in JZ 2006, 707; Bach in NJW 1962, 1001; Riegel in DÖV 1978, 17; Frister, in Lisken/ Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2011, Abschnitt F Rn. 284; vgl. auch OVG Münster, Beschl. v. 13.1.1999, 5 B 2562/98, DÖV 1999, 522, juris Rn. 8 a.E.; VGH München, Urt. v. 9.2.2004, 24 B 03.695, juris Rn. 14; OLG Hamm, Beschl. v. 17.1.1974, 4 Ws 350/73, NJW 1974, 914 zum Begriff des Beschuldigten in §§ 81, 81a StPO).

c) Die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO setzt voraus, dass der Betroffene im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides Beschuldigter ist.

Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer Anfechtungsklage grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung abzustellen. Dies folgt daraus, dass die Widerspruchsbehörde die Ausgangsentscheidung in vollem Umfang zu überprüfen hat. Die Widerspruchsbehörde hat ihrer Entscheidung die bei Erlass des Widerspruchsbescheids geltende Rechtslage zugrunde zu legen und deshalb eine gegenüber dem Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides eingetretene Änderung der Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen, sofern sich aus dem materiellen Recht nicht etwas Abweichendes ergibt. Grund hierfür ist, dass das Ausgangsverfahren mit dem Widerspruchsverfahren eine verfahrensmäßige Einheit bildet und erst mit dem Widerspruchsbescheid abgeschlossen wird. Erst der Widerspruchsbescheid gibt dem Ausgangsverwaltungsakt seine endgültige, für den Verwaltungsprozess maßgebliche Gestalt (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 3.11.2006, 10 B 19/06, Buchholz 424.01 § 41 FlurbG Nr. 8, juris Rn. 3 mit zahlreichen Nachweisen).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gilt auch für eine Anordnung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen nach § 81b Alt. 2 StPO, dass der Betroffene im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides noch Beschuldigter sein muss. Denn aus dem materiellen Recht ergibt sich für die Beschuldigteneigenschaft kein Grund, von diesem Grundsatz abzuweichen.

Zwar ist anerkannt, dass der Rechtmäßigkeit der Anordnung nach § 81b Alt. 2 StPO – im Gegensatz zu Maßnahmen nach § 81b Alt. 1 StPO - nicht entgegensteht, dass die Beschuldigteneigenschaft vor der Durchführung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen entfällt. Denn während Maßnahmen nach § 81b Alt. 1 StPO der Durchführung eines konkreten gegen den Beschuldigten gerichteten Strafverfahren dienen und dieser Zweck nach Wegfall der Beschuldigteneigenschaft nicht mehr verfolgt werden kann, werden erkennungsdienstliche Unterlagen nach § 81 b Alt. 2 StPO nicht für die Zwecke eines gegen den Betroffenen gerichteten oder irgendeines anderen konkreten Strafverfahrens erhoben. Die Anfertigung erkennungsdienstlicher Unterlagen, ihre Aufbewahrung und systematische Zusammenstellung in kriminalpolizeilichen Sammlungen dient nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung vielmehr - ohne unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Strafverfahren - der vorsorgenden Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben, die der Kriminalpolizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen sind. Ein unmittelbarer Zweckzusammenhang zwischen der Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen und den gesetzlichen Zielen der Aufnahme und Aufbewahrung von erkennungsdienstlichen Unterlagen nach § 81 b Alt. 2 StPO besteht daher nicht. Dass gegen den Betroffenen bei Anordnung der Maßnahme ein Ermittlungsverfahren als Beschuldigter geführt werden muss, besagt insoweit lediglich, dass dieses Ermittlungsverfahren den Anlass für die Anordnung darstellt, aus dessen Erkenntnissen sich auch die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der Anordnung herleiten lässt (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.10.1982, 1 C 29/79, BVerwGE 66, 192, juris, Rn. 26 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 23.11.2005, 6 C 2/05, NJW 2006, 1225, juris Rn. 20; VGH München, Beschl. v. 28.11.2012, 10 ZB 12.1468, juris Rn. 6; OVG Lüneburg, Urt. v. 28.9.2006, 11 LB 53/06, NordÖR 2007, 76, juris Rn. 23; OVG Berlin, Beschl. v. 24.6.2004, 1 S 76.03, juris Rn. 9).

Der Umstand, dass zwischen dem Anlass und dem Zweck der Maßnahme nach § 81b Alt. 2 StPO kein Zusammenhang besteht, rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, dass die Beschuldigteneigenschaft im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides nicht mehr gegeben sein muss.

Der Wortlaut des § 81b Alt. 2 StPO spricht bereits dafür, dass die Beschuldigteneigenschaft noch bei der Entscheidung über den Widerspruch vorliegen muss. Denn er verknüpft den Anlass der Maßnahme – die Beschuldigteneigenschaft – mit der Anordnung; die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Maßnahme ist (nur) gegenüber einem Beschuldigten zulässig. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Anordnung kann jedoch wegen des durch den Wortlaut der Regelung nicht in Frage gestellten Grundsatzes, dass Ausgangsbescheid und der Widerspruchsbescheid eine verfahrensmäßige Einheit bilden, nur der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids sein. Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen erhält erst durch den Widerspruchsbescheid seine entscheidungserhebliche, gerichtlich überprüfbare Gestalt. Die Widerspruchsbehörde ist daher berechtigt, den Ausgangsbescheid noch zu ändern und zu präzisieren. Sie ist befugt, ursprüngliche Fehler des Ausgangsbescheides zu beheben, indem sie – wie z.B. im vorliegenden Fall - die erkennungsdienstlichen Maßnahmen nachträglich konkretisiert. Bei der von ihr vorzunehmenden Prüfung, ob die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen auf einen Widerspruch hin aufzuheben oder der Widerspruch zurückzuweisen ist, hat sie die im Zeitpunkt ihrer Entscheidung geltende Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen und daher auch zu prüfen, ob noch alle Tatbestandsmerkmale für die Anordnung – und damit auch die Beschuldigteneigenschaft – vorliegen. Die vom Gesetz vorgegebene Verknüpfung zwischen Anlass und Maßnahme wäre dagegen nicht mehr gegeben, wenn zu diesem Zeitpunkt die Beschuldigteneigenschaft nicht mehr vorliegen müsste. Dem Wortlaut der Vorschrift lassen sich insbesondere keine Hinweise darauf entnehmen, dass es für eine Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen ausreichen würde, dass der Betroffene einmal Beschuldigter gewesen ist.

Sinn und Zweck der Vorschrift lassen nicht erkennen, dass es für die Rechtmäßigkeit einer Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen nach § 81b Alt. 2 StPO ausreicht, dass der Betroffene (nur) im Zeitpunkt des Ausgangsbescheides Beschuldigter gewesen ist. Dass ein Wegfall der Beschuldigteneigenschaft die Rechtmäßigkeit der Anordnung vor der Durchführung der Maßnahmen nicht entgegensteht, weil zwischen dem gesetzlichen Zweck und dem Anlass kein unmittelbarer Zusammenhang besteht, sagt nichts darüber aus, bis zu welchem Zeitpunkt der Anlass noch bestanden haben muss. Würde die Beschuldigteneigenschaft nur die „Schwelle“ darstellen, deren Überschreitung die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen rechtfertigt, und könnte die Beschuldigteneigenschaft nach Überschreiten dieser „Schwelle“ wegen des Ausnahmecharakters der Vorschrift, die im Gegensatz zu Maßnahmen nach §§ 111 Abs. 1 Satz 2, 163 Abs. 1 Satz 3 StPO erkennungsdienstliche Maßnahmen für Zwecke zulässt, die außerhalb eines konkreten Strafverfahrens lägen, jederzeit – also auch schon vor Erlass des Widerspruchsbescheids - wegfallen (so OVG Bautzen, Beschl. v. 10.10.2000, 3 BS 53/00, NVwZ-RR 2001, 238), bekäme die Regelung einen Charakter, der es für eine Anordnung erkennungsdienstlicher Unterlagen ausreichen ließe, dass der Betroffene irgendwann einmal Beschuldigter gewesen ist. Diesem Ergebnis steht jedoch – wie bereits ausgeführt - entgegen, dass die Anordnung tatbestandlich an die Beschuldigteneigenschaft anknüpft. Das Abstellen auf den Erlass des Widerspruchsbescheides als maßgeblichen Zeitpunkt für das Vorliegen der Beschuldigteneigenschaft führt auch nicht zu unzweckmäßigen Ergebnissen, denn die von § 81b Alt. 2 StPO gegenüber einem Beschuldigten vorgesehenen Maßnahmen bleiben weiterhin möglich. Zwar können dann keine Maßnahmen mehr angeordnet werden, wenn die Beschuldigteneigenschaft während des Widerspruchsverfahrens wegfällt. Doch ist dies keine Folge, die dem Gesetzeszweck zuwiderläuft. Denn durch die in § 81b Alt. 2 StPO vorgegebene Verknüpfung von Anlass und Maßnahme nimmt die Regelung ohnehin in Kauf, dass andere Personen als Beschuldigte nicht erkennungsdienstlich behandelt werden können, obwohl auch bei solchen Personen - wie z. B. etwa bei einem kurz vor Erlass des Ausgangsbescheids rechtskräftig Verurteilten (siehe oben II. 1. b) - ebenfalls ein Bedürfnis für eine erkennungsdienstliche Behandlung vorliegen kann.

Auch die von der Beklagten angeführten Argumente der Verwaltungspraktikabilität stellen diese Auslegung nicht in Frage. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist sie für eine mögliche Bestätigung des Ausgangsbescheids im Widerspruchsbescheid nicht zwingend auf die Ergebnisse der Ermittlungen nach deren Abschluss angewiesen. Vielmehr kann die Beklagte sich sowohl beim Erlass des Ausgangsbescheids als auch beim Erlass des Widerspruchsbescheids auf die Erkenntnisse stützen, die zu dem jeweiligen Zeitpunkt bereits vorliegen und die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen notwendig machen.

Ein Grund, vom Vorliegen der Beschuldigteneigenschaft im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids abzusehen, besteht daher nicht (so im Ergebnis auch VGH München, Urt. v. 9.2.2004, 24 B 03.965, juris Rn. 11; a. A. OVG Bautzen, a.a.O., VG Hamburg, Urt. v. 27.3.2007, juris Rn. 19; offen gelassen von BVerwG, Urt. v. 19.10.1982, 1 C 29/79, BVerwGE 66, 192, juris Rn. 25 a.E.).

d) Die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen konnte vorliegend nicht auf § 81b Alt. 2 StPO gestützt werden, weil der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids nicht mehr Beschuldigter im Sinne der Vorschrift war.

Der Kläger war zwar im Zeitpunkt des Ausgangsbescheides am 17. März 2009 Beschuldigter, denn gegen ihn wurde in mehreren Strafverfahren – unter anderem auch im Anlassverfahren 2270 Js 65/09 – ermittelt. Dagegen war der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 29. April 2010 nicht mehr Beschuldigter. Im Verfahren 845 Ds 2270 Js 195/08 war er am 19. August 2009 rechtskräftig verurteilt worden, alle anderen Ermittlungsverfahren waren bis zum 7. April 2010 gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden.

2. Die Maßnahme findet jedoch in § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG eine ausreichende Rechtsgrundlage.

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG darf die Polizei erkennungsdienstliche Maßnahmen zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten durchführen, wenn der Betroffene verdächtig ist, eine mit Strafe bedrohte Tat begangen zu haben, und wegen der Art oder Ausführung der Tat sowie der Persönlichkeit des Betroffenen die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten besteht. Erkennungsdienstliche Maßnahmen sind nach § 7 Abs. 3 HmbPolDVG die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, die Aufnahme von Lichtbildern, die Feststellung äußerlich wahrnehmbarer Merkmale und Messungen. Der Rechtmäßigkeit der Anordnung steht nicht entgegen, dass die Beklagte die Maßnahme nicht auf § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG gestützt hat (a). Die Vorschrift ist verfassungsgemäß (b). Die tatbestandlichen Voraussetzungen liegen vor und die Beklagte hat ihr Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (c).

a) Dass die Beklagte ihre Anordnung auf § 81b Alt. 2 StPO und nicht auf § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG gestützt hat, steht der Anwendung der Vorschrift nicht entgegen.

Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO überprüft das Gericht, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Das Gericht hebt nach dieser Vorschrift einen Verwaltungsakt auf, soweit er rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt. In § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO kommt die Verpflichtung des Gerichts zum Ausdruck zu prüfen, ob der angefochtene Verwaltungsakt mit dem objektiven Recht in Einklang steht und, falls nicht, ob er den Kläger in seinen Rechten verletzt. Bei dieser Prüfung hat das Gericht daher alle einschlägigen Rechtsvorschriften und - nach Maßgabe der Sachaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO - alle rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen, gleichgültig, ob die Normen und Tatsachen von der erlassenden Behörde zur Begründung des Verwaltungsaktes angeführt worden sind oder nicht. Hierin liegt keine Umdeutung des Verwaltungsakts in eine andere Maßnahme. Umdeutung besteht in einem verändernden Eingriff in den Verfügungssatz des Verwaltungsaktes, der hier jedoch unverändert bleibt. Andere als im angefochtenen Bescheid genannte Normen und Tatsachen sind nur dann nicht heranzuziehen, wenn dadurch die Grenzen überschritten würden, die der Zulässigkeit des sogenannten Nachschiebens von Gründen gezogen sind, d.h., wenn die anderweitige rechtliche Begründung oder das Zugrundelegen anderer Tatsachen zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Bescheides führen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.11.1989, 9 C 28/89, NVwZ 1990, 673, juris Rn. 12; grundlegend schon BVerwG, Urt. v. 27.1.1982, 8 C 12/81, BVerwGE 64, 356, juris Rn. 12; OVG Bautzen, Beschl. v. 16.6.2010, 4 B 57/10, juris Rn. 13; BSG, Urt. v. 24.2.2011, B 14 AS 45/09 R, FamRZ 2011, 1055, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 25.4.2002, B 11 AL 69/01 R, juris Rn. 16 ff.; Decker, in Posser/ Wolff, VwGO 2008, § 113 Rn. 12).

Eine Wesensveränderung des angefochtenen Bescheides kommt hier indes nicht in Betracht; die angeordnete Maßnahme bleibt auch auf der Grundlage von § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung zur Strafverfolgungsvorsorge (hierzu unter 2 b bb [2]). Die erkennungsdienstliche Behandlung - Abnahme von Fingerabdrücken, die Aufnahme von Lichtbildern, die Feststellung äußerlich wahrnehmbarer Merkmale sowie die Messung der Körpergröße und des Gewichts - verändert sich auf der Grundlage von § 7 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 HmbPolDVG nicht. Die Normen weisen bis auf den Personenkreis inhaltlich im Wesentlichen dieselben Tatbestandsvoraussetzungen auf (hierzu unter 2 c). Der Anwendung der Vorschrift steht auch nicht entgegen, dass es sich sowohl bei § 81b Alt. 2 StPO als auch bei § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG um ermessenseröffnende Normen handelt, weil die Normen demselben Zweck, nämlich der Strafverfolgungsvorsorge, dienen und die Ermessenserwägungen der Beklagten auch die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach dieser Vorschrift tragen (vgl. zum Auswechseln einer Rechtsgrundlage bei Ermessensentscheidungen: BVerwG, Urt. v. 30.6.1989, 4 C 40/88, BVerwGE 82, 185, juris Rn. 20; OVG Magdeburg, Beschl. v. 29.12.1999, BS 2 73/99, juris Rn. 3; OVG Bautzen, Beschl. v. 16.6.2010, 4 B 57/10, juris Rn. 13; a. A. VGH München, Urt. v. 9.2.2004, 24 B 03.695, juris Rn. 14).

b) Die Vorschrift ist verfassungsgemäß. Sie ist hinreichend bestimmt (aa), der Landesgesetzgeber war – eingeschränkt - gesetzgebungsbefugt (bb) und § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVH ist insoweit auch verhältnismäßig (cc).

aa) § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG ist hinreichend bestimmt. Das Gebot der Bestimmtheit soll sicherstellen, dass die wesentlichen Entscheidungen über Grundrechtseingriffe und deren Reichweite vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber selbst getroffen werden, dass die gesetzesausführende Verwaltung für ihr Verhalten steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfindet und dass die Gerichte die Rechtskontrolle durchführen können. Der betroffene Bürger soll sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen können. Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs müssen in der Ermächtigung bereichsspezifisch, präzise und normenklar festgelegt werden (vgl. BVerfG, Urt. v. 27.7.2005, 1 BvR 668/04, BVerfGE 113, 348, juris Rn. 118 ff.; vgl. auch BVerfG, Urt. v. 27.2.2008, 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07, BVerfGE 120, 274, juris, Rn. 191 ff., OVG Hamburg, Urt. v. 22.6.2010, 4 Bf 276/07, NordÖR 498, juris Rn. 58). Diesen Anforderungen genügt die Norm.

Indem § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG bestimmt, dass erkennungsdienstliche Maßnahmen zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten durchgeführt werden dürfen, knüpft die Vorschrift ihrem Wortlaut nach unmittelbar an die Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HmbPolDVG an. Danach umfasst die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sowohl die Verhütung von Straftaten als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten. Der Zweck der Maßnahme ist somit ausreichend erkennbar, denn es ist klargestellt, dass eine Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen nur dann möglich sein soll, wenn durch die Datenerhebung die mögliche Begehung von Straftaten verhütet oder wenn die Verfolgung künftiger Straftaten erleichtert werden kann.

Auch der Anlass ist deutlich genug definiert, indem in der Norm darauf abgestellt wird, dass diese Maßnahmen durchgeführt werden dürfen, wenn der Betroffene einer Straftat verdächtig ist und eine Gefahr der Begehung weiterer Straftaten besteht. Damit hat der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass eine solche Anordnung gegen einen Betroffenen nicht ohne einen besonderen Anknüpfungspunkt vorgenommen werden darf, so dass ausgeschlossen ist, dass eine erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt werden kann, wenn nicht ein unmittelbarer Zusammenhang mit einer möglichen Straftat gegeben ist.

Schließlich sind auch die Grenzen hinreichend festgelegt, weil § 7 Abs. 3 HmbPolDVG die möglichen erkennungsdienstlichen Maßnahmen konkret bezeichnet.

Der Gesetzgeber selbst hat mithin der Verwaltung Handlungsmaßstäbe vorgegeben, die auch gerichtlich überprüfbar sind. Der Bürger weiß, warum und unter welchen Umständen welche Maßnahmen auf ihn zukommen können.

bb) Der Hamburger Gesetzgeber war auch eingeschränkt gesetzgebungsbefugt. Nach Art. 70 Abs. 1 GG verfügen die Länder über die Gesetzgebungskompetenz, soweit diese nicht dem Bund zugewiesen ist. § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG dient der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten umfasst – wie bereits ausgeführt – nach § 1 Abs. 1 Satz 2 HmbPolDVG die Verhütung von Straftaten und die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Soweit § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG zur Verhütung von Straftaten zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen berechtigt, bestehen an der Gesetzgebungsbefugnis keine Bedenken (1). Soweit erkennungsdienstliche Maßnahmen zur Strafverfolgungsvorsorge dienen sollen, ist die Vorschrift verfassungskonform auszulegen und ermächtigt die Beklagte zur Anordnung dieser Maßnahmen zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge gegenüber Personen, die nicht Beschuldigte im Sinne des § 81b StPO sind (2).

(1) Im Hinblick auf die Anordnung zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen zur Verhütung von Straftaten ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz der Beklagten aus ihrer Befugnis zur Gesetzgebung für den Bereich der Gefahrenabwehr. Denn diese umfasst nicht nur die Abwehr von Gefahren selbst, sondern auch vorgelagerte Maßnahmen zu deren Verhütung oder zur Vorbereitung von Maßnahmen, die der späteren Gefahrenabwehr dienen. Dazu zählen auch Vorfeldmaßnahmen, die speziell der Verhütung von Straftaten dienen (vgl. BVerfG, Urt. v. 27.7.2005, 1 BvR 668/04, BVerfGE 113, 348, juris Rn. 95).

(2) Soweit allerdings die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen dazu dienen soll, der Verfolgung von Straftaten vorzusorgen, ist § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG verfassungskonform auszulegen. Ihr Anwendungsbereich ist auf Maßnahmen zu beschränken, die nicht nach § 81b Alt. 2 StPO zulässig oder ausgeschlossen sind.

Bei § 81b Alt. 2 StPO handelt es sich um eine Ermächtigung zu Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge. Denn nach dieser Vorschrift dienen – wie bereits unter 1. c) ausgeführt - die Anfertigung erkennungsdienstlicher Unterlagen, ihre Aufbewahrung und systematische Zusammenstellung in kriminalpolizeilichen Sammlungen nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung - ohne unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Strafverfahren - der vorsorgenden Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben, die der Kriminalpolizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen sind. Die Ermächtigung soll der zukünftigen Durchführung der Strafverfolgung in Bezug auf mögliche spätere oder später bekannt werdende Straftaten zugutekommen (BVerwG, Urt. v. 23.11.2005, 6 C 2/05, NJW 2006, 1225, juris Rn. 18). Demselben Zweck, nämlich der Strafverfolgungsvorsorge, dient § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG, soweit es um die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 2 HmbPolDVG geht. Denn auch hier ist Sinn der Vorschrift, sächliche Hilfsmittel für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben, die der Kriminalpolizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen sind, bereit zu stellen. Beide Vorschriften dienen damit der Beweisbeschaffung für eine zukünftige Strafverfolgung.

Eine Vorschrift, die der Beweisbeschaffung für ein Strafverfahren dient, ist dem Strafverfahrensrecht zuzuordnen (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 14.12.2000, 2 BvR 1741/99, 2 BvR 276/00, 2 BvR 2061/00, BVerfGE 103, 21, juris Rn. 48) und unterliegt damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 GG, weil die Vorsorge für die Verfolgung zukünftiger Straftaten zum gerichtlichen Verfahren im Sinne dieser Norm gehört. Die konkurrierende Gesetzgebung umfasst dabei auch vorsorgende Maßnahmen, die sich auf die Durchführung zukünftiger Strafverfahren beziehen (vgl. BVerfG, Urt. v. 27.7.2005, 1 BvR 668/04, BVerfGE 113, 348, juris Rn. 103). Auf dem Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung sind nach Art. 72 Abs. 1 GG die Länder von der Gesetzgebung ausgeschlossen, wenn und soweit der Bundesgesetzgeber von der konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch gemacht hat. Dies ist dann der Fall, wenn der Bundesgesetzgeber eine Maßnahme nach Umfang, Zuständigkeit und Zweck sowie hinsichtlich der für die jeweilige Maßnahme erforderlichen Voraussetzungen umfassend – gegebenenfalls auch durch ein absichtsvolles Unterlassen – geregelt hat. Zu einem erkennbar gewordenen Willen des Bundesgesetzgebers, zusätzliche Regelungen auszuschließen, darf sich ein Landesgesetzgeber nicht in Widerspruch setzen, selbst wenn er das Gesetz für unzureichend hält. Ob und inwieweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat, kann nur anhand der einschlägigen Bestimmungen und des jeweiligen Sachbereichs festgestellt werden. Es ist in erster Linie auf das Bundesgesetz selbst, sodann auf den hinter dem Gesetz stehenden Regelungszweck, auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzesmaterialien abzustellen (vgl. BVerfG, Urt. v. 27.7.2005, 1 BvR 668/04, BVerfGE 113, 348, Rn. 103, 105; BVerfG, Urt. v. 27.10.1998, 1 BvR 2306/96 u.a., BVerfGE 98, 265, juris Rn. 161). Dabei ist der Landesgesetzgeber im Bereich der Strafverfolgungsvorsorge nicht von vornherein zu Regelungen außerhalb der StPO von der Gesetzgebungsbefugnis ausgeschlossen (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 25.1.2012, 6 C 9/11, BVerwGE 141, 329, juris Rn. 36), so dass auch keine Verpflichtung des Hamburgischen Gesetzgebers bestand, den Bereich der Strafverfolgungsvorsorge aus dem HmbPolDVG herauszunehmen (so aber die Reaktion des Niedersächsischen Gesetzgebers auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2005, mit dem die niedersächsischen Regelungen zur Telekommunikationsüberwachung für verfassungswidrig erklärt wurden, vgl. hierzu OVG Lüneburg, Urt. v. 26.2.2009, 11 LB 431/08, NdsVBl. 2009, 202, juris Rn. 42; OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.9.2009, 11 ME 402/09, NVwZ 2010, 69, juris Rn. 32; Schenke, POR, 7. Aufl. 2011 Rn. 126).

Nach diesen Maßstäben besteht eine Gesetzgebungsbefugnis des Landesgesetzgebers für § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG nur in einem eingeschränkten Umfang. Der Bundesgesetzgeber hat die Möglichkeit, die Anordnung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen gegenüber einem Beschuldigten anzuordnen, in § 81b Alt. 2 StPO abschließend geregelt (a). Dies gilt auch hinsichtlich des Umfangs der gegen den Beschuldigten gerichteten Maßnahmen (b). Dagegen ist § 81b Alt. 2 StPO hinsichtlich der Zuständigkeit (c) und des möglichen Adressatenkreises der Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen (d) nicht abschließend.

(a) Soweit § 81b Alt. 2 StPO zu Anordnungen von erkennungsdienstlichen Maßnahmen gegen einen Beschuldigten zum Zwecke der Strafverfolgungsvorsorge ermächtigt, ist die Vorschrift abschließend. Dies ergibt sich bereits aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut; eine Gesetzgebungskompetenz des Landes besteht in Bezug auf diesen Personenkreis nicht mehr (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 13.1.1999, 5 B 2562/98, DÖV 1999, 522, juris Rn. 8 – 10; OVG Koblenz, Beschl. v. 17.11.2000, 11 B 11859/00, DÖV 2001, 212; Beaucamp/ Ettemeyer/ Rogosch/ Stammer, Hamburger Sicherheits- und Ordnungsrecht – SOG/PolDVG -, 2. Aufl. 2009, § 7 HmbPolDVG Rn. 3, 4; Berner/ Köhler/ Käß, Kommentar zum bayerischen Polizeiaufgabengesetz, 20. Aufl. 2010, Art. 14 Rn. 9, 10).

b) Auch hinsichtlich des Umfangs der gegen einen Beschuldigten gerichteten Maßnahmen stellt § 81b Alt. 2 StPO eine abschließende Vorschrift dar, da danach nur die Aufnahme von Lichtbildern und Fingerabdrücken, die Vornahme von Messungen und „ähnliche“ Maßnahmen zulässig sind.

c) Hinsichtlich der Zuständigkeit für Anordnungen erkennungsdienstlicher Maßnahmen enthält § 81b Alt. 2 StPO keine abschließende Regelung, so dass der Landesgesetzgeber insoweit tätig werden kann (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 23.11.2005, 6 C 2/05, NJW 2006, 1225, juris Rn. 19).

d) § 81b Alt. 2 StPO stellt auch hinsichtlich des Adressatenkreises keine abschließende Regelung für eine Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung zur Strafverfolgungsvorsorge dar. Soweit § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG den Adressatenkreis auf Nichtbeschuldigte erweitert, ist dies durch die Gesetzgebungskompetenz des hamburgischen Gesetzgebers gedeckt. Weder aus dem Wortlaut oder der Systematik des § 81b Alt. 2 StPO (aa) noch aus der Gesetzgebungsgeschichte und den Gesetzesmaterialen (bb) lässt sich entnehmen, dass der Bundesgesetzgeber hinsichtlich des Adressatenkreises eine abschließende Regelung getroffen hat. Der hinter der Norm stehende Regelungszweck spricht dafür, dass eine abschließende Regelung nicht beabsichtigt war (cc).

(aa) Das Gesetz selbst ist weder nach seinem Wortlaut noch nach systematischer Betrachtung der einzelnen Regelungen in der StPO in Bezug auf den Adressatenkreis als abschließende Regelung anzusehen.

Der Wortlaut des § 81b StPO ist insoweit nicht eindeutig, denn ihm ist nur zu entnehmen, dass die Anordnung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen gegen einen Beschuldigten für die Zwecke des Erkennungsdienstes ergehen darf. Dass der Gesetzgeber damit in der Form des absichtsvollen Unterlassens eine Regelung getroffen hat, die eine Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen gegenüber anderen Personen als Beschuldigten gerade ausschließen sollte, erschließt sich hieraus nicht. Die Eingriffstatbestände sind durch den Wortlaut der Vorschrift nicht weiter genau umrissen (vgl. Rachor, in Lisken/ Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2011, E Rn. 419). So heißt es insbesondere nicht, die Maßnahmen seien „nur“ gegen Beschuldigte zulässig.

Auch bei systematischer Betrachtung der Vorschriften der StPO ergibt sich nicht, dass eine abschließende Regelung in Bezug auf den Adressatenkreis getroffen wurde. Erkennungsdienstliche Maßnahmen sieht die StPO außer in § 81b Alt. 2 StPO noch in § 163b Abs. 1 Satz 3 StPO und in § 111 Abs. 1 Satz 2 StPO vor. Nach § 163b Abs. 1 Satz 3 StPO dürfen erkennungsdienstliche Maßnahmen an einem Verdächtigen vorgenommen werden, wenn seine Identität sonst nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Nach § 111 Abs. 1 Satz 2 StPO ist jedermann, also auch ein Nichtverdächtiger, verpflichtet, seine Identität feststellen zu lassen; dabei sind erkennungsdienstliche Maßnahmen unter denselben Maßstäben wie bei § 163b StPO ebenfalls zulässig (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. 2012, § 111 Rn. 11, Nack, in Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl. 2003, § 111 Rn. 14). Hieraus erschließt sich zwar, dass sich der Gesetzgeber seiner Möglichkeit, erkennungsdienstliche Maßnahmen auch unterhalb der Schwelle des Beschuldigten anzuordnen, durchaus bewusst war. Es ergibt sich hieraus indes nicht, dass die Beschränkung in § 81b Alt. 2 StPO auf Beschuldigte als absichtsvolles Unterlassen anzusehen ist (so aber Fugmann in NJW 1981, 2227) und dass der Gesetzgeber damit eine konzeptionelle Entscheidung, erkennungsdienstliche Maßnahmen für die Strafverfolgungsvorsorge hinsichtlich des Adressatenkreises abschließend geregelt zu haben, getroffen hat (vgl. auch OVG Schleswig, Urt. v. 5.5.1998, NJW 1999, 1418, juris Rn. 32). Denn die 1978 im Rahmen des Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung vom 14. April 1978 (BGBl. I, S. 497) in die StPO aufgenommenen Vorschriften der §§ 163b, 111 StPO ergänzen nicht § 81b Alt. 2 StPO für erkennungsdienstliche Maßnahmen zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge, sondern § 81b Alt. 1 StPO für erkennungsdienstliche Maßnahmen zum Zwecke der Strafverfolgung. Gegen eine abschließende Regelung spricht auch § 484 Abs. 4 StPO. Nach dieser Vorschrift richtet sich die Verwendung personenbezogener Daten, die für Zwecke künftiger Strafverfahren in Dateien der Polizei gespeichert sind, nach den Polizeigesetzen. Die Vorschrift setzt damit die Möglichkeit, erkennungsdienstliche Unterlagen auch nach Landesrecht zu speichern (und somit wohl auch zu erheben) voraus (vgl. Schenke in JZ 2006, 707).

(bb) Auch aus der Gesetzgebungsgeschichte und den Gesetzgebungsmaterialien lässt sich nicht schließen, dass der Gesetzgeber mit der Norm eine abschließende Regelung hinsichtlich des möglichen Adressatenkreises erkennungsdienstlicher Maßnahmen schaffen wollte.

Vor Einführung des § 81b StPO durch Art. 2 Nr. 4 des Ausführungsgesetzes zum Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl. I, 1000) war streitig, ob für die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen überhaupt eine tragende Ermächtigungsgrundlage bestand (vgl. Schweckendieck in ZRP 1989, 125). Aus der Gesetzesbegründung kann allenfalls entnommen werden, dass der Gesetzgeber davon ausging, für diesen Eingriff eine gesetzliche Grundlage zu benötigen. Die unveränderte Übernahme von § 81b StPO durch Art. 3 Nr. 34 des Vereinheitlichungsgesetzes vom 12. September 1950 (BGBl. 455) besagt ebenfalls nichts über den Willen des Gesetzgebers, hierdurch eine abschließende Regelung geschaffen zu haben.

cc) Sinn und Zweck des § 81b Alt. 2 StPO sprechen dagegen, dass die Norm eine abschließende Regelung hinsichtlich des Adressatenkreises darstellt.

Die in § 81b Alt. 2 StPO enthaltene Ermächtigung dient nach dem oben Ausgeführten der zukünftigen Durchführung der Strafverfolgung in Bezug auf mögliche spätere oder später bekannt werdende Straftaten (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.11.2005, 6 C 2/05, NJW 2006, 1225, juris Rn. 18). Dieser Zweck wird nicht in Frage gestellt, wenn der Kreis der möglichen Adressaten der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung erweitert wird. Vielmehr würde eine abschließende Beschränkung auf den Personenkreis des Beschuldigten dem Sinn und Zweck, der mit § 81b Alt. 2 StPO für die Strafverfolgungsvorsorge verfolgt wird, widersprechen. Zweck der Strafverfolgungsvorsorge ist es, sächliche Hilfsmittel für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben, die der Kriminalpolizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen sind, bereit zu stellen. Diesem Zweck entspricht es, wenn erkennungsdienstliche Maßnahmen auch gegenüber Personen ermöglicht werden, die nicht (mehr) Beschuldigte sind. Insbesondere gegenüber rechtskräftig Verurteilten, aber auch bei Personen, die mangels Beweisen freigesprochen worden sind, und Personen, bei denen das Ermittlungsverfahren nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden ist, kann es weiterhin geboten sein, die durch die erkennungsdienstlichen Maßnahmen zu gewinnenden Daten für künftige Ermittlungsverfahren vorrätig zu haben, um den jeweils Betroffenen als möglichen Täter überführen oder entlasten zu können (vgl. Schenke in JZ 2006, 707; Alberts/ Merten, Kommentar zum Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei, 3. Aufl. 2002, § 7 Rn. 3). Bei Personen, die mangels Beweisen freigesprochen worden sind oder deren Ermittlungsverfahren nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden sind, kann im Einzelfall weiter ein hinreichender Tatverdacht bestehen, der es rechtfertigen kann, für die Strafverfolgungsvorsorge entsprechende erkennungsdienstliche Unterlagen bereit zu halten. Auch im Hinblick auf den rechtskräftig Verurteilten ist kein einleuchtender Grund erkennbar, warum die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen während der Ermittlungen zulässig sein sollte, nach der Verurteilung jedoch nicht mehr (vgl. bereits oben unter 1. b, Fugmann in NJW 1981, 2227, die jedoch aus diesem Grund den Beschuldigtenbegriff auf den rechtskräftig Verurteilten ausweiten will). Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass im Falle eines rechtskräftig Verurteilten schon während der laufenden Ermittlungen die Möglichkeit bestanden hätte, erkennungsdienstliche Maßnahmen anzuordnen. Denn es ist nicht auszuschließen, dass sich die Notwendigkeit für diese Maßnahme nicht bereits während dieser Ermittlungen abzeichnete, sondern erst durch die rechtskräftige Verurteilung feststeht (vgl. Schenke a.a.O.). Dass der Bundesgesetzgeber es absichtlich unterlassen hat, zu ermöglichen, dass auch dieser Personenkreis erkennungsdienstlich behandelt werden darf, kann angesichts dieser Umstände nicht angenommen werden.

Nach alledem ist der Landesgesetzgeber befugt, den möglichen Adressatenkreis erkennungsdienstlicher Anordnungen über den Kreis des Beschuldigten im Sinne von § 81b Alt. 2 StPO hinaus zu erweitern (so im Ergebnis auch OVG Münster, Beschl. v. 13.1.1999, 5 B 2562/98, DÖV 1999, 522, juris Rn. 8; OVG Schleswig, Urt. v. 5.5.1998, NJW 1999, 1418, juris Rn. 32; OVG Koblenz, Beschl. v. 17.11.2000, 11 B 11859/00, DÖV 2001, 212; VGH München, Beschl. v. 17.11.2008, 10 C 08.2872, juris Rn. 12; OVG Saarlouis, Beschl. v. 13.3.2009, 3 B 34/09; Schenke, in JZ 2006, 707; Berner/ Köhler/ Käß, Kommentar zum [bayerischen] Polizeiaufgabengesetz, 20. Aufl. 2010, Art. 14 Rn. 9; Randl in NVwZ 1992, 1070; Rachor, in Lisken/ Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2011, E Rn. 419; Beaucamp/ Ettemayer/ Rogosch/ Stammer, Hamburger Sicherheits- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 2009, § 7 HmbPolDVG Rn. 4; a.A. Pieroth/ Schlink/ Kniesel, POR, 6. Aufl. 2010, § 14, Rn. 58; Fugmann in NJW 1981, 2227; Apel/ Eisenhardt in Der Strafverteidiger 2006, 490; missverständlich Schenke in POR, 7. Aufl. 2011 Rn. 126).

cc) Die Vorschrift ist auch verhältnismäßig. § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG dient in dem hier zu überprüfenden Umfang mit der Strafverfolgungsvorsorge einem legitimen Gesetzeszweck. Die danach mögliche Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen ist hierzu grundsätzlich auch geeignet, erforderlich und zumutbar, soweit im jeweiligen Einzelfall der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird.

c) Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG für die getroffene Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen liegen vor.

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG darf die Beklagte erkennungsdienstliche Maßnahmen zum Zwecke der Strafverfolgungsvorsorge als Unterfall der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 2 HmbPolDVG) durchführen, wenn der Betroffene verdächtig ist, eine mit Strafe bedrohte Tat begangen zu haben und wegen der Art oder Ausführung der Tat sowie der Persönlichkeit des Betroffenen die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten besteht. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt (aa). Die Beklagte hat auch ihr Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (bb).

aa) Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG liegen vor. Der Kläger war zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides im Sinne der Vorschrift verdächtig, eine mit Strafe bedrohte Tat begangen zu haben (1). Wegen der Art oder Ausführung der Tat sowie seiner Persönlichkeit bestand auch die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten (2). Die angeordneten Maßnahmen sind auch bestimmt genug (3).

(1) Der Kläger war im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG verdächtig, eine mit Strafe bedrohte Tat begangen zu haben. Der Begriff des Verdächtigen knüpft dabei nicht an den Begriff des Tatverdachts in der StPO an. Verdächtig im Sinne dieser Vorschrift ist vielmehr jeder, bei dem Tatsachen dafür sprechen, dass er eine Straftat begangen hat, ohne dass der Betroffene Beschuldigter im Sinne des § 81b StPO ist (vgl. hierzu Rachor, in Lisken/ Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2011, E Rn. 412; Berner/ Köhler/ Käß, Kommentar zum bayrischen Polizeiaufgabengesetz, 20. Aufl. 2010, Art. 14 Rn. 11).

Hierzu zählen insbesondere Personen, die mangels Beweisen freigesprochen worden sind, und Personen, bei denen das Ermittlungsverfahren nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden ist (Schenke in JZ 2006, 707), weil in beiden Fällen der ursprünglich bestehende Tatverdacht gerade nicht weggefallen ist, sondern weiter besteht. Im Fall eines derartigen Freispruchs hat sich der Verdacht lediglich nicht zu der zur Verurteilung notwendigen Sicherheit verfestigt. Soweit Verfahren nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt werden, geschieht dies allein aus prozessökonomischen Gründen und nicht, weil der bestehende Tatverdacht ausgeräumt werden konnte.

Verdächtiger im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG ist auch der rechtskräftig Verurteilte. Hierfür sprechen schon Sinn und Zweck der Vorschrift, denn gerade bei einem rechtskräftig Verurteilten hat sich der Verdacht zur Erkenntnis verstärkt (Fugmann in NJW 1981, 2227), so dass erst recht Tatsachen dafür sprechen, dass er eine Straftat begangen hat, und die Maßnahme gegen ihn zulässig ist (vgl. Berner/ Köhler/ Käß a.a.O.; in diesem Sinne auch Rachor in Lisken/ Denninger a.a.O.; Schenke a.a.O.; Beaucamp/ Ettemayer/ Rogosch/ Stammer, Hamburger Sicherheits- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 2009, § 7 HmbDVG Rn. 3; Alberts/ Merten, Kommentar zum Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei, 3. Aufl. 2002, § 7 Rn. 4; Söllner, in Polizei- und Ordnungsrecht, Berliner Kommentar, 1. Aufl. 2009, § 23 Rn. 24; vgl. auch OVG Münster, Beschl. v. 13.1.1999, 5 B 2562/98, DÖV 1999, 522, juris Rn. 8). Diese Auslegung entspricht auch dem erklärten Willen des hamburgischen Gesetzgebers, der ausdrücklich ausgeführt hat, die Vorschrift sei insbesondere von Bedeutung für die erkennungsdienstliche Behandlung von (u. a.) rechtskräftig Verurteilten, die begrifflich nicht mehr in den Anwendungsbereich des § 81b StPO fielen (Bü-Drs. 13/5422, S. 24; vgl. zum Willen, rechtskräftig Verurteilte in den Kreis derer, die erkennungsdienstlich zu behandeln sind, einzubeziehen, auch die Begründung zu § 10 des Musterentwurfs für ein einheitliches Polizeigesetz, abgedruckt bei Heise 1976, S. 46).

Vorliegend war der Kläger – ohne Beschuldigter im Sinne von § 81b Alt. 2 StPO zu sein – verdächtig, mehrere mit Strafe bedrohte Taten wegen des Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz begangen zu haben. In einem Fall ist er rechtskräftig verurteilt worden, weitere gegen ihn laufende Ermittlungsverfahren sind nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden.

(2) Wegen der Art und Ausführung der Tat sowie der Persönlichkeit des Klägers bestand im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids auch die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten. Dabei meint „Gefahr der Begehung weiterer Straftaten“ eine Wiederholungsgefahr und nicht die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Straftatbedrohung im allgemeinen polizeirechtlichen Sinn (vgl. Rachor, in Lisken/ Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2011, E, Rn. 413; Beaucamp/ Ettemayer/ Rogosch/ Stammer, Hamburger Sicherheits- und Ordnungsrecht – SOG/PolDVG, 2. Aufl. 2009, § 7 HmbPolDVG Rn. 8; Schmidbauer/ Steiner, bayr. PAG, Art. 14 Rn. 19; Berner/Köhler/ Käß, Kommentar zum bayerischen Polizeiaufgabengesetz, 20. Aufl. 2010, Art. 14 Rn. 12). Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm decken sich mit den Anforderungen, die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Notwendigkeit der Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen herausgearbeitet worden sind (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 13.1.1999, 5 B 2562/98, DÖV 1999, 522, juris Rn. 15, 16 zu § 14 Abs. 1 Nr. 2 PolG NW, der nordrhein-westfälischen Parallelvorschrift zu § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG; Söllner, in Polizei- und Ordnungsrecht, Berliner Kommentar, 1. Aufl. 2009, § 23 ASOG Rn. 23). Danach kann eine Wiederholungsgefahr bejaht werden, wenn Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass der Betroffene zukünftig erneut als Verdächtiger in strafrechtliche Ermittlungen einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen diese Ermittlungen fördern könnten, indem der Betroffene dadurch überführt oder entlastet wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.10.1982, 1 C 29/79, BVerwGE 66, 192, juris, Rn. 33). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Die Umstände des Einzelfalls rechtfertigen die Prognose, dass der Kläger wieder als Verdächtiger an einer noch aufzuklärenden Straftat in Verbindung mit einer Stalking-Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen fördern könnten.

Art und Ausführung der Taten, die vom Kläger in den Jahren 2008 und 2009 begangen worden sind bzw. begangen worden sein sollen, rechtfertigen eine erkennungsdienstliche Behandlung. Es handelt sich bei den Verstößen gegen die von Frau S. und Frau M. erwirkten einstweiligen Verfügungen um Taten nach dem Gewaltschutzgesetz, die durch verbotene Kontaktaufnahme begangen wurden. Es hat zwar kein ausgesprochen aggressives Verhalten im Sinne von Gewalt oder Gewaltandrohung gegeben, aber der Kläger hat in einem bestimmten Zeitraum sehr hartnäckig und oft gegen die einstweiligen Verfügungen verstoßen; entsprechend zahlreich sind die staatsanwaltschaftlichen und kriminalpolizeilichen Ermittlungen in der Zeit von August 2008 bis ca. Juli 2009 gewesen. Auch sind die dem Kläger vorgeworfenen Delikte keine Bagatelldelikte. Stalking, das mit „sich heranpirschen“ oder „jagen“ übersetzt werden kann, umfasst in der Regel böswillige, wiederkehrende und in ihrer Intensität zunehmende Handlungen, die die Sicherheit des Opfers bedrohen bzw. vom Opfer als bedrohlich empfunden werden. Stalking kommt dabei typischerweise vor, wenn zwischen dem Stalker und dem Opfer vorher eine persönliche Beziehung bestand. Beim Opfer können Stalkinghandlungen zu erheblichen psychischen Belastungen führen. Dass die Ermittlungsverfahren nur zu einer Verurteilung in 31 Fällen geführt haben und ansonsten nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden sind, führt – wie bereits ausgeführt – nicht dazu, dass der Tatverdacht gegen den Kläger entfallen ist.

Auch die Persönlichkeit des Klägers spricht dafür, dass eine Wiederholungsgefahr bestand. Zugunsten des Klägers ist zwar zu berücksichtigen, dass er vor der Verurteilung nicht vorbestraft war und anscheinend auch ansonsten nicht aufgefallen ist. Zu seinen Lasten ist jedoch zu berücksichtigen, dass er jedenfalls im Tatzeitraum uneinsichtig war, die Vorgänge bagatellisiert und schon seinerzeit immer wieder beteuert hat, mit seinem Verhalten aufzuhören, sowie die Vielzahl der von ihm begangenen Nachstellungen. Auch der Vortrag des Klägers, er habe sich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden, führt nicht dazu, eine bestehenden Wiederholungsgefahr verneinen zu können. Vielmehr ist der Kläger nach den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen der Beklagten bereits vor den beiden einstweiligen Verfügungen wegen Stalkings auffällig gewesen und hat dieses Verhalten auch danach noch fortgesetzt, so dass die Befürchtung nahelag, der Kläger werde auch in Zukunft durch das Ende einer Beziehung wieder in eine psychische Ausnahmesituation gelangen. Dabei kann dahinstehen, ob anzunehmen ist, dass der Kläger wieder Stalking-Handlungen gegen Frau S. – deren erwirkte einstweilige Verfügung mittlerweile außer Kraft ist – oder Frau M. vornehmen könnte.

(3) Die angeordneten Maßnahmen sind auch bestimmt genug. Für die Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen ist erforderlich, dass sie im Einzelnen diejenigen Maßnahmen erkennen lässt, welche die Beklagte an dem Betroffenen vornehmen will und die er auch gegen seinen Willen zu dulden hat (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 5.2.2004, 11 ME 271/03, NordÖR 167, juris Rn. 3; OVG Lüneburg, Urt. v. 26.2.2009, DVBl. 604, juris Rn. 48; OVG Hamburg, Beschl. v. 23.8.2010, 4 So 96/10). Diesem Erfordernis genügte zwar noch nicht der Ausgangsbescheid vom 7. März 2009, wohl aber der Widerspruchsbescheid vom 29. April 2010, in dem ausgeführt worden ist, die erkennungsdienstlichen Maßnahmen umfassten die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrucken, die Aufnahme von Lichtbildern, die Feststellung äußerlich wahrnehmbarer Merkmale sowie die Messung der Körpergröße und des Gewichts.

bb) Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Die Anordnung ist insbesondere verhältnismäßig. Sie ist geeignet (1), erforderlich (2) und dem Kläger auch zumutbar (3). Auch anderweitige Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (4).

(1) Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung ist geeignet. Geeignet ist nur die Erhebung solcher erkennungsdienstlicher Unterlagen, die zukünftige Ermittlungen fördern können. Dies ist bei den gegen den Kläger beabsichtigten Maßnahmen der Fall. Zwar konnte der Kläger in den Jahren 2008 und 2009 jeweils zweifelsfrei als Täter identifiziert werden, und es mag im Hinblick auf Nachstellungen durch E-Mails, SMS und Telefon fraglich sein, ob die angeordneten Maßnahmen geeignet sind, da sie insoweit möglicherweise nicht zu einer Entlastung oder Überführung des Klägers führen können. Auch soweit der Kläger die unmittelbare Nähe der Geschädigten gesucht hat, dürfte eine Identifizierung bereits durch die jeweils betroffene Person sichergestellt sein. Die Maßnahmen sind jedoch insoweit geeignet, zu führende Ermittlungen zu fördern, indem die erkennungsdienstlichen Unterlagen den Verdacht bestätigen oder ausräumen können, ob der Kläger die Wohnungen der geschädigten Frauen beobachtet, Gegenstände vor den Wohnungen platziert sowie Postkarten geschickt hat. Denn der Kläger könnte durch Finger- und Handflächenabdrücke bei Gegenständen, die er bei potentiellen Opfern abgelegt hat, überführt oder entlastet werden. Ebenso könnten angefertigte Lichtbilder, äußerlich wahrnehmbare Merkmale sowie Angaben von Körpergröße und Gewicht im Rahmen von Zeugenaussagen dabei helfen, ob der Kläger als Täter in Betracht oder nicht in Betracht kommen könnte, wenn beispielsweise die Wohnung oder der Arbeitsplatz eines potentiellen Opfers beobachtet worden ist.

(2) Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen ist auch erforderlich, weil auch zum jetzigen Zeitpunkt noch von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden muss. Für die Beurteilung der Erforderlichkeit ist – wie bei der Notwendigkeit erkennungsdienstlicher Maßnahmen im Rahmen des § 81b Alt. 2 StPO - nicht (nur) auf den Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung, sondern auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Vornahme dieser Maßnahmen abzustellen. Im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle kommt es deshalb auf die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz - hier also auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Berufung – an (vgl. jeweils zur Notwendigkeit nach § 81b Alt. 2 StPO: BVerwG, Urt. v. 19.10.1982, 1 C 29/79, BVerwGE 66, 192, juris Rn. 31; OVG Lüneburg, Urt. v. 21.2.2008, 11 LB 417/07, juris Rn. 24, 25). Dass eine solche die Erforderlichkeit der Maßnahme begründende Wiederholungsgefahr auch jetzt noch besteht, ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass nach den unstreitig gebliebenen Angaben der Beklagten gegen den Kläger erneut staatsanwaltschaftliche und kriminalpolizeiliche Ermittlungsverfahren wegen Stalkinghandlungen geführt werden.

(3) Weiter ist die Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen dem Kläger auch zumutbar. Zwar darf im konkreten Einzelfall die Schwere des mit der konkreten erkennungsdienstlichen Maßnahme verbundenen Grundrechtseingriffs nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht des mit der Maßnahme verfolgten öffentlichen Interesses namentlich an der Aufklärung künftiger Straftaten stehen. Ausgehend von den oben beschriebenen möglichen schweren Folgen für die Opfer und der Tatsache, dass eine erfolgreiche Strafverfolgung dazu führen kann, den Täter zu überführen und vielleicht auch die Begehung weiterer Straftaten zu verhindern, haben die Grundrechte des Klägers auf körperliche Unversehrtheit und informationelle Selbstbestimmung zurückzutreten.

(4) Auch anderweitige Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Dass die Beklagte das ihr zustehende Entschließungsermessen erkannt hat, ergibt sich daraus, dass sie unter Bezugnahme auf die dem Kläger seinerzeit vorgeworfenen Vorfälle die Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Maßnahmen unter Berücksichtigung der Gesamtumstände bejaht hat. Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind auch vom Zweck der Maßnahme gedeckt, denn sie sind auf die Strafverfolgungsvorsorge gerichtet. Dass die Beklagte ihr Ermessen auf der Grundlage von § 81b Alt. 2 StPO und nicht von § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG ausgeübt hat, steht dem nicht entgegen. Denn die zu § 81b Alt. 2 StPO angestellten Erwägungen tragen auch eine Anordnung erkennungsdienstlicher Unterlagen nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG, da diese Anordnung inhaltlich nicht verändert wird, - bis auf den Adressaten - dieselben Voraussetzungen aufweist und auch demselben Zweck, nämlich der Strafverfolgungsvorsorge, dient.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Gründe, gem. § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Die Frage, ob die Beschuldigteneigenschaft zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids noch vorliegen muss, hat keine – was hier allein in Betracht kommt - grundsätzliche Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Frage wird zwar in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (VGH München, Urt. v. 9.2.2004, 24 B 03.695, juris Rn. 11 einerseits; OVG Bautzen, Beschl. v. 10.10.2000, 3 BS 53/00, NVwZ-RR 2001, 238 andererseits). Die Beantwortung dieser Frage ist im vorliegenden Fall jedoch nicht entscheidungserheblich, weil die angegriffene Maßnahme ihre Rechtsgrundlage in der landesrechtlichen Vorschrift des § 7 Abs. 1 Nr. 2 HmbPolDVG findet und insoweit Fragen grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgeworfen sind.