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Hamburgisches Oberverwaltungsgericht

Entscheidung vom 22.06.2010, Az.: 4 Bf 276/07

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. Mai 2007 geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, die Videoüberwachung des Eingangsbereichs des Gebäudes Reeperbahn ... durch die auf dem Mittelstreifen der Reeperbahn in Höhe dieses Gebäudes aufgestellte Videokamera zu unterlassen.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens tragen die Beklagte zu 2/3 und die Klägerin zu 1/3.

Das Urteil ist wegen der Kosten des gesamten Verfahrens vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wehrt sich gegen den Betrieb einer in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung auf öffentlichem Weg aufgestellten Videoüberwachungskamera.

Die Klägerin ist Mitmieterin einer im 2. Obergeschoss des Hauses Reeperbahn ... gelegenen Wohnung und bewohnt darin die zur Straßenseite der Reeperbahn hin gelegenen Räume. In dem Gebäude befinden sich 8 Wohneinheiten sowie Räumlichkeiten für Diskotheken, die nach Angaben der Klägerin derzeit teilweise nicht genutzt werden. Der Eingangsbereich zu den Wohnungen wird von der Reeperbahn aus betreten und ist wie folgt gestaltet: Zwischen zwei massiven Säulen führt eine flache, ca. 1 m tiefe Stufe zum eigentlichen Hauseingang, einer durchbrochenen Metallgittertür, die in ein von der Reeperbahn einsehbares Treppenhaus mündet.

Die Reeperbahn wird seit Ende März 2006 durch 12 Videokameras offen polizeilich überwacht. Die Kameras können jeweils um 360° geschwenkt und variabel geneigt werden, sie verfügen auch über eine Zoomfunktion. Eine der Kameras ist an einem auf dem Mittelstreifen etwa in Höhe des Hauses Reeperbahn Nr. ... errichteten Pfahl in ungefähr vier Meter Höhe befestigt und erfasst in ihrem Schwenkbereich auch das Wohnhaus der Klägerin einschließlich der von ihr bewohnten Räume. Die Kameras werden von der Polizeieinsatzzentrale (PEZ) aus gesteuert und die Bilder auf eine Monitorwand der PEZ übertragen. Diese besteht aus 12 Bildschirmen für die einzelnen Kamerastandorte, die um einen größeren zentralen Bildschirm herum angeordnet sind, auf dem jeweils ein Kamerabild als Großbild aufgeschaltet werden kann. Die Videobilder an den Monitoren werden täglich 24 Stunden lang durch Mitarbeiter der PEZ überwacht. Näheres zur polizeilichen Videoüberwachung ist in der Dienstanweisung in der aktuellen Fassung vom 29. März 2006 (ersetzt durch Dienstanweisung vom 27. Juni 2007) geregelt. Unter Ziffer 5.4 (Kamerasteuerung) heißt es dort:

„Zielrichtung der Videoüberwachung ist eine möglichst umfangreiche Beobachtung der den Fußgängern gewidmeten Straßenteile. Die Ausgangstellung der Kameras (sog. „Nullstellung“) ist deshalb so gewählt, dass im Rahmen einer Übersichtsaufnahme möglichst große Teile des Überwachungsbereichs dargestellt werden. Eine dauerhafte oder auch nur zeitweilige gezielte Beobachtung von Personen oder Objekten (z.B. Eingangsbereiche von Häusern und Geschäften) ist ohne polizeilichen Anlass nicht zulässig. Zur Vermeidung einer dauerhaft anlassunabhängigen Beobachtung einzelner Bereiche werden alle Kameras, sofern sie ihren Überwachungsbereich nicht verändern, nach Ablauf von 20 min (bzw. nach der überarbeiteten Dienstanweisung vom 27. Juni 2007 von 10 min) programmseitig in ihre Ausgangstellung versetzt. Um hierdurch eine laufende anlassbezogene Beobachtung nicht unterbrechen zu müssen, kann die Zurücksetzung in die Ausgangsstellung vom durchführenden Beamten verzögert werden. Die Vorgesetzten haben sicherzustellen, dass eine anlassunabhängige gezielte Beobachtung von Personen und Objekten unterbleibt.“

Zum Schutz der während des Schwenkens erfassten Privatbereiche ist nach Ziffern 3 und 4.2 der Dienstanweisung eine sog. „Schwarzschaltung“ etabliert worden. Sie führt dazu, dass in ihrem Anwendungsbereich grundsätzlich weder eine Übertragung noch eine Aufzeichnung von Bildern stattfindet. Die Schwarzschaltung wird durch eine entsprechende Programmierung der dem Kamerabetrieb zu Grunde liegenden Software durch einen externen, privaten Auftragnehmer erreicht. Die von der Klägerin bewohnten Räume im zweiten Obergeschoss des Gebäudes sind von der Schwarzschaltung erfasst, nicht hingegen der Eingangsbereich des Hauses.

Die durch den Probebetrieb der Kamera aufmerksam gewordene Klägerin beantragte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 27. März 2006, die vor ihrer Wohnung errichtete Videokamera dauerhaft mit mechanischen Sperren zu versehen, so dass Videoaufnahmen durch die Fenster im 2. Obergeschoss unmöglich würden, sowie die Kamera bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung des genannten Begehrens vorübergehend objektiv erkennbar unbrauchbar zu machen, wie z.B. durch Abschirmung mittels einer Mülltüte. Zur Begründung führte die Klägerin aus, gemäß § 8 Abs. 3 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei (HmbPolDVG) dürfe die Polizei öffentlich zugängliche Orte mittels Bildaufzeichnung überwachen. Bei ihren Wohnräumen handele es sich nicht um einen solchen öffentlich zugänglichen Ort. Gleichwohl sei die überwachende Videokamera wiederholt auf das Fenster ihrer Wohnung ausgerichtet worden.

Dieses Ansinnen lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 29. März 2006 ab. Das Ziel der Videoüberwachung sei es, Besucher, Beschäftigte und Anwohner der Reeperbahn vor Straftaten zu schützen und damit einhergehend die Kriminalitätszahlen bei Delikten im öffentlichen Raum zu senken sowie die subjektive Sicherheit zu erhöhen. Angesichts der räumlichen Ausdehnung des überwachten Bereichs sei es zur Erreichung des genannten Ziels notwendig, dass die Kameras um 360° geschwenkt und variabel geneigt werden könnten sowie über eine Zoomfunktion verfügten. Der Schutz privater Bereiche vor einer Beobachtung und Aufzeichnung werde durch eine automatisierte Schwarzschaltung erreicht. Nur ausnahmsweise sei in konkreten Gefahrensituationen auch die Einsichtnahme in private Bereiche zulässig; für eine derartige Maßnahme gälten jedoch andere Rechtsgrundlagen. Zudem würden diese Maßnahmen protokolliert und die Betroffenen benachrichtigt, um gegebenenfalls eine gerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen.

Am 8. April 2006 erhob die Klägerin Widerspruch gegen das Schreiben vom 29. März 2006 und trug zur Begründung unter anderem vor: Die in Rede stehenden Realakte in Form der Datenerhebung seien rechtswidrig. Die für die Datenerhebung maßgebliche Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG sei verfassungswidrig. Es liege ein nicht gerechtfertigter Eingriff in Art. 13 GG, wenigstens aber in Art. 2 Abs. 1 GG vor. Das Gesetz enthalte keine Regelungen zur Kontrolle und Prüfung der Rechtmäßigkeit des polizeilichen Handelns. Dieses wäre aber geboten gewesen, um dem Parlamentsvorbehalt Rechnung zu tragen, da sowohl die Unverletzlichkeit der Wohnung als auch das informationelle Selbstbestimmungsrecht durch das polizeiliche Handeln tangiert sein könnten und es sich damit um die Regelung von wesentlichen Fragen handele.

Am 22. Mai 2006 beantragte die Klägerin beim Verwaltungsgericht Hamburg (4 E 1653/06) die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache die Videoüberwachung ihrer im 2. Obergeschoss gelegenen Wohnung nach außen erkennbar durch technische Vorkehrungen unmöglich zu machen. Bezüglich des Hauseingangsbereichs machte die Klägerin u.a. geltend, es liege ein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG vor. Da in § 8 Abs. 3 HmbPolDVG keine zeitliche Begrenzung für die Dauer der Überwachung von Eingangsbereichen zu Wohnhäusern gesetzlich normiert sei, würden ihre Belange nicht angemessen berücksichtigt. Zwar bestehe ein öffentliches Interesse daran, Eingangsbereiche, in denen häufig Straftaten begangen würden, möglichst lange überwachen zu können. Jedoch seien auf der anderen Seite ihre Interessen zu berücksichtigen. Ihr gehe es darum zu verhindern, dass von ihr Bewegungsprofile erstellt werden könnten, nämlich dass mittels Videoaufzeichnung dokumentiert werde, zu welchem Zeitpunkt sie alltäglich das Haus verlasse und zu welchen Zeitpunkten sie es wieder aufsuche.

Im Rahmen des Eilverfahrens hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Schwarzschaltung die im 2. Obergeschoss belegene Wohnung der Klägerin vollständig erfasst. Mit Beschluss vom 21. Juli 2006 hat das Verwaltungsgericht daraufhin den Antrag der Klägerin abgelehnt. In der Begründung heißt es, zwar ermögliche § 8 Abs. 3 HmbPolDVG nur die offene Videobeobachtung öffentlich zugänglicher Orte, zu denen die Wohnung der Klägerin zweifelsfrei nicht gehöre. Jedoch stellten §§ 6 Nr. 1, 9, 10 HmbPolDVG Rechtsgrundlagen für die Bildübertragung und -aufzeichnung im Zusammenhang mit der Wohnung der Klägerin dar. Die derzeit vorhandenen Sicherungen, insbesondere die elektronisch veranlasste Schwarzschaltung, seien ausreichend, um eine missbräuchliche Anfertigung derartiger Aufnahmen auszuschließen. Auf die Beschwerde der Klägerin untersagte der erkennende Senat mit Beschluss vom 22. November 2006 (4 Bs 244/06) der Beklagten, die streitbefangene Videokamera „freizuschalten“, soweit sie die Wohnung der Klägerin erfasse. Die Überwachung mit einer Videokamera greife in die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) ein. Weder § 6 Nr. 1 noch §§ 9, 10 HmbPolDVG stellten eine den Anforderungen des Art. 13 Abs. 4 GG genügende Ermächtigungsgrundlage dar. Dem Begehren der Klägerin werde aber bereits durch eine Untersagung der Freischaltung der Kamera Rechnung getragen, darüber hinausgehende Maßnahmen seien nicht erforderlich.

Mit am 1. August 2006 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück: Dieser sei bereits unzulässig, weil dem angegriffenen Schreiben vom 29. März 2006 mangels Regelungsgehaltes kein Verwaltungsakt zu entnehmen sei. Das Begehren der Klägerin sei vielmehr auf Realakte gerichtet; eine verbindliche Regelung eines Rechtsverhältnisses sei mit dem Schreiben gerade nicht verbunden gewesen. Im Übrigen sei der Widerspruch auch unbegründet, denn es existierten in Gestalt von § 10 i.V.m. § 9 HmbPolDVG sowie § 6 Nr. 1 HmbPolDVG und § 100f (jetzt 100h) StPO durchaus Rechtsgrundlagen, die das Filmen und Speichern von Bildern im Privatbereich der Klägerin zulassen könnten. Durchgreifende Zweifel an der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit von § 8 Abs. 3 HmbPolDVG bestünden nicht. Rechtswidrige und/oder missbräuchliche Nutzungen der Videokamera würden durch die Bestimmungen der polizeiinternen Dienstanweisung verhindert. Dort sei auch geregelt, dass eine dauerhafte oder auch nur zeitweilige gezielte Beobachtung von Hauseingängen, die sich am Rande des überwachten öffentlichen Bereichs befänden, ohne polizeilichen Anlass nicht zulässig sei.

Auf ihren am 21. August 2006 gestellten Antrag bewilligte das Verwaltungsgericht der Klägerin mit Beschluss vom 14. Dezember 2006 Prozesskostenhilfe. Daraufhin hat die Klägerin am 14. Dezember 2006 wegen „Videoüberwachung auf der Reeperbahn“ Klage erhoben, mit der sie einerseits die Aufhebung der angefochtenen Bescheide und andererseits begehrt hat, die Beklagte zu verpflichten, die Überwachungsmöglichkeit der vor ihrem Wohnhaus aufgestellten Videokamera nach außen erkennbar unmöglich zu machen. Zur Begründung letzteren, von der Klägerin als „Leistungsantrag“ bezeichneten Begehrens hat sie zunächst Bezug auf ihre Ausführungen im gerichtlichen Eilverfahren genommen. Mit Schriftsatz vom 14. Mai 2007 hat sie ergänzend vorgetragen, die Überwachung des Eingangsbereichs sei ebenso rechtswidrig wie die Überwachung des gesamten öffentlichen Raumes durch die in Rede stehende Videokamera. Hierdurch sei sie in ihren Rechten aus Art. 13 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG verletzt. Eingangsbereiche zu Wohnhäusern seien vom Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG umfasst. Durch eine Videoüberwachung von Hauseingängen werde der grundrechtliche Schutz umgangen, indem durch die Datenerhebung Rückschlüsse auf Vorgänge innerhalb des geschützten Bereichs gezogen werden könnten. Vorliegend sei in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass sich die Überwachungsmöglichkeit auch in den durch ein Sperrgitter befriedeten, räumlich vom Zutritt der Öffentlichkeit abgeschotteten Bereich hinein erstrecke; auch dieser Bereich könne mittels der installierten Videokamera vollständig eingesehen und die Bilder aufgezeichnet werden. Jedenfalls liege aber durch die Überwachungsmöglichkeit des Hauseingangs eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG vor. Sie, die Klägerin, habe als Anwohnerin keine Möglichkeit, der Videoüberwachung zu entgehen. § 8 Abs. 3 HmbPolDVG stelle keine verfassungsmäßige Rechtsgrundlage für die Überwachung von Hauseingängen dar, weil die Vorschrift insofern keine besonderen Anforderungen enthalte. Die Überwachung des öffentlichen Raumes sei mangels verfassungsmäßiger Rechtsgrundlage ebenfalls insgesamt rechtswidrig. § 8 Abs. 3 HmbPolDVG sei unbestimmt und unverhältnismäßig. Das mit der Videoüberwachung verfolgte Ziel der Abschreckung werde offensichtlich nicht erreicht. Soweit Zwecke der Strafverfolgung verfolgt würden, liege die Gesetzgebungskompetenz beim Bund; außerdem sei die Videoüberwachung zur Strafverfolgung nicht geeignet. Die Belastungen seien für sie als unmittelbare Anwohnerin besonders gravierend, da durch die Videoüberwachung ein Bewegungs- und Kontaktprofil erstellt werden könne.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Bescheid vom 29. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2006 aufzuheben,

insoweit hilfsweise,

den Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2006, soweit die Klägerin zur Kostentragung verpflichtet wurde, aufzuheben

und die Beklagte zu verpflichten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen der Klägerin für das Widerspruchsverfahren zu tragen.

2. die Beklagte zu verpflichten, die Videokameraüberwachungsmöglichkeit der Videokamera, welche sich auf dem Mittelstreifen der Reeperbahn zwischen dem Wohnhaus Reeperbahn ... und ... befindet, nach außen erkennbar zu verunmöglichen, wobei die Art und Weise der Verunmöglichung in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Hilfsweise und im Sinne einer Abstufung hat die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, die Software zur Ansteuerung des Elektromotors, auf dem die Videokamera montiert wurde, die sich auf dem Mittelstreifen der Reeperbahn zwischen dem Wohnhaus Reeperbahn ... und ... befindet, dahingehend zu ändern, dass eine Ausrichtung der Videokamera zur Einsichtnahme in die Wohnung der Klägerin verunmöglicht wird,

weiter hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, auch bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine sog. Aufhebung der Schwarzschaltung, wie sie sich aus der Dienstanweisung für die polizeiliche Videoüberwachung der Reeperbahn vom 29. März 2006 ergeben, diese zu unterlassen, soweit hierdurch die Einsichtnahme in die Wohnung der Klägerin im zweiten Stock des Gebäudes Reeperbahn ... ermöglicht wird,

höchst hilfsweise,

festzustellen, dass auch bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine sog. Aufhebung der Schwarzschaltung, wie sie sich aus der Dienstanweisung für die polizeiliche Videoüberwachung der Reeperbahn vom 29.03.2006 ergeben, diese, soweit hierdurch die Einsichtnahme in die Wohnung der Klägerin im zweiten Stock des Gebäudes Reeperbahn ... ermöglicht wird, rechtswidrig ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass ausreichende Rechtsgrundlagen vorhanden seien, um unter bestimmten Voraussetzungen eine Aufhebung der Schwarzschaltung auch für die „private zones“ zu rechtfertigen. So sei die hier in Rede stehende Kamera auch für „verdeckte“ Einsätze im Sinne des § 10 Abs. 1 PolDVG verwendbar; außerdem komme die Aufhebung der Schwarzschaltung im Rahmen einer strafprozessualen Maßnahme im Sinne des § 100f (jetzt 100h) StPO in Betracht. Schließlich lasse § 6 Nr. 1 PolDVG auch Gefahraufklärungsmaßnahmen zu, in deren Rahmen ggf. auch die in Rede stehende Kamera Einsatz finden könne. In keinem der bislang verzeichneten wenigen Fälle, in denen die Schwarzschaltung aufgehoben worden sei, sei es zu einer gezielten Wohnraumüberwachung gekommen, die eine vorherige oder nachträgliche Überprüfung durch ein Gericht erfordert hätte. Vor diesem Hintergrund komme es nicht in Betracht, eine Videoüberwachung der Wohnung der Klägerin nach außen erkennbar unmöglich zu machen.

Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. Mai 2007 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 29. März 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2006 aufgehoben und der Beklagten untersagt, die Schwarzschaltung der Videokamera aufzuheben, soweit diese die Wohnung der Klägerin im 2. Obergeschoss erfasst. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. In der Begründung heißt es, Klagegegenstand sei es allein, die Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung der Wohnung, nicht aber des öffentlichen Straßenraumes, zu überprüfen. Die Erweiterung der Klage mit Schriftsatz vom 14. Mai 2007 sei insoweit nicht zulässig, da die Beklagte nicht eingewilligt habe und die Änderung nicht sachdienlich sei. In Bezug auf die Wohnung der Klägerin sei ein rechtswidriger Eingriff in Art. 13 Abs. 1 GG gegeben. Für den Schutz der Klägerin sei es ausreichend, die Aufhebung der Schwarzschaltung zu untersagen; weitergehende Maßnahmen seien nicht erforderlich. Eine Ausdehnung der Schwarzschaltung auch auf den Hauseingangsbereich sei nicht geboten, weil dieser nicht vom Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG erfasst werde. Das Urteil ist der Klägerin am 26. Juli 2007 zugestellt worden.

Auf Antrag der Klägerin hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom 15. Januar 2010 die Berufung insoweit zugelassen, als darin die Klage der Klägerin auf Verpflichtung der Beklagten abgewiesen wird, die Videoüberwachung des Eingangsbereichs des Wohnhauses Reeperbahn Nr. ... und des öffentlichen Straßenraumes durch die auf dem Mittelstreifen der Reeperbahn Höhe Nr. ... angebrachte Videokamera nach außen erkennbar unmöglich zu machen. Im Übrigen, das heißt bezogen auf die Wohnung der Klägerin im 2. Obergeschoss, hat das Berufungsgericht den Antrag abgelehnt. Der Beschluss ist der Klägerin am 21. Januar 2010 zugestellt worden.

Am 22. Februar 2010 (Montag) hat die Klägerin ihre Berufung begründet. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht: Ihre Betroffenheit als Nutzerin des öffentlichen Straßenraumes sei von Anfang an Gegenstand ihrer Klage gewesen. Der Hauseingangsbereich falle in den Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 GG; jedenfalls liege aber eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG vor. Auf § 8 Abs. 3 HmbPolDVG könne die Videoüberwachung des Hauseingangs nicht gestützt werden. Es sei offensichtlich, dass der Gesetzgeber insoweit keine Regelung getroffen habe, die dies zulasse. Die Vorschrift spreche nur allgemein von öffentlich zugänglichen Orten und sehe keine besonderen, sich von der Überwachung des allgemeinen öffentlichen Raumes unterscheidenden Anforderungen vor. Im Hinblick auf den öffentlichen Raum liege schon keine Klagänderung vor, jedenfalls sei eine solche sachdienlich. Die Videoüberwachung des öffentlichen Raums sei rechtswidrig, da § 8 Abs. 3 HmbPolDVG verfassungswidrig sei. Die Vorschrift entspreche nicht dem Bestimmtheitsgebot und sei zudem unverhältnismäßig. Soweit die Videoüberwachung Zwecken der Strafverfolgung diene, liege die Gesetzgebungskompetenz beim Bund und nicht bei den Ländern.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. Mai 2007 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die Videoüberwachung des Eingangsbereichs des Wohnhauses Reeperbahn und des öffentlichen Straßenraums durch die auf dem Mittelstreifen der Reeperbahn in Höhe dieses Hauses angebrachte Videokamera a) nach außen erkennbar unmöglich zu machen, hilfsweise b) zu unterlassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt die Beklagte vor: Die Klage sei bereits unzulässig. Es liege eine unzulässige Klageänderung vor. Bis zum Schriftsatz vom 14. Mai 2007 sei es der Klägerin ausschließlich um die Klärung der Frage gegangen, ob und inwieweit eine Videoüberwachung den grundrechtlich geschützten Wohnungsbereich in unzulässiger Weise beeinträchtige. Erst durch den betreffenden Schriftsatz sei das Klagebegehren um die Frage der Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung des gesamten öffentlichen Raums erweitert worden. Die Klageänderung sei unzulässig, da sie, die Beklagte, ihr nach wie vor widerspreche und die Klagänderung nicht sachdienlich sei. Jedenfalls sei die Klage aber unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Unterlassen der Videoüberwachung. Die aufgrund von § 8 Abs. 3 HmbPolDVG durchgeführte Videoüberwachung sei rechtmäßig. Die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers sei gegeben. Die beobachtende und aufzeichnende Videoüberwachung des Hauseingangsbereiches und des öffentlichen Straßenraums greife zwar in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ein. § 8 Abs. 3 HmbPolDVG stelle jedoch eine verfassungsgemäße Schranke dieses Grundrechts dar. Die Vorschrift werde den Anforderungen an Bestimmtheit und Normenklarheit gerecht. Die Regelung sei auch verhältnismäßig. Die Anwendung im konkreten Fall sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 8 Abs. 3 HmbPolDVG seien erfüllt. Insbesondere handele es sich bei der Reeperbahn um einen Kriminalitätsbrennpunkt, an dem auch zukünftig mit der Begehung von Straftaten zu rechnen sei. Sie, die Beklagte, habe das ihr zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Zweck der Videoüberwachung sei vor allem die Verhinderung von Straftaten, gleichzeitig jedoch auch die Effektivierung der Strafverfolgungsvorsorge. Zur Erreichung dieser Ziele sei die Videoüberwachung geeignet, erforderlich und angemessen. Wegen der Einzelheiten, insbesondere der Zahlen zur Kriminalitätsbelastung und der Ergebnisse der Videoüberwachung wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beklagten vom 19. April, 21. Mai und 16. Juni 2010 sowie den diesen Schriftsätzen beigefügten Anlagen Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere auf die Schriftsätze der Beteiligten, und auf den Inhalt der Sachakte der Beklagten, ferner auf die Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft vom 7. April 2009 (Bü-Drs. 19/2732) und das darin enthaltene Zahlenmaterial Bezug genommen. Die Akten und Erkenntnisquellen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

A.

Gegen die Zulässigkeit der vom Senat mit Beschluss vom 15. Januar 2010 zugelassenen Berufung der Klägerin bestehen keine Bedenken. Die Berufung ist fristgemäß begründet worden.

Die Berufung der Klägerin ist nur teilweise begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die Videoüberwachung des Eingangsbereichs des Gebäudes Reeperbahn ... durch die auf dem Mittelstreifen der Reeperbahn in Höhe dieses Gebäudes aufgestellte Videokamera zu unterlassen. Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin hingegen nicht zu.

I.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren der Klägerin, die Videoüberwachung ihres Hauseingangs und des öffentlichen Straßenraums der Reeperbahn durch die auf dem Mittelstreifen vor dem Haus Reeperbahn aufgestellte Kamera zu unterbinden. Die Klägerin wendet sich insoweit gegen die Durchführung der Videoüberwachung in der Form der Bildübertragung und Bildaufzeichnung einschließlich der einmonatigen anlasslosen Speicherung der Daten gemäß § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei vom 2. Mai 1991 (HmbGVBl. S. 187, 191, mit späteren Änderungen; im folgenden: HmbPolDVG). Nicht vom Klageantrag erfasst ist dagegen die Regelung in § 8 Abs. 3, 1 Satz 4 HmbPolDVG, wonach die Bilddaten unter bestimmten Voraussetzungen auch länger aufbewahrt werden dürfen. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass derzeit Bildaufnahmen der Klägerin länger als einen Monat gespeichert werden oder dass dies künftig geschehen könnte. Dies macht die Klägerin auch nicht geltend.

II.

Die so verstandene Klage ist zulässig.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Der Klägerin begehrt die Einrichtung von Schutzmaßnahmen zur Abwehr weiterhin drohender Beeinträchtigungen durch die von ihr beanstandete Videoüberwachung. Die bloße Beobachtung öffentlicher Räume und Speicherung von Bilddaten mittels Videokamera dient nur der Informationsgewinnung und ist deshalb unmittelbar nicht auf Herbeiführung einer Rechtsfolge, sondern lediglich eines tatsächlichen Erfolges gerichtet (VGH Mannheim, Urt. v. 21.7.2003, VBlBW 2004, 20, juris Rn. 17). Soweit die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag ein reines Unterlassungsbegehren geltend macht, ist die Klage als allgemeine Leistungsklage in der Form der Unterlassungsklage zulässig.

Eine unzulässige Klagänderung bzw. Klagerweiterung (§ 91 VwGO) liegt nicht vor. Es bedarf keiner Entscheidung mehr, ob sich die Klage von Anfang an auch darauf gerichtet hat, die Videoüberwachung des öffentlichen Straßenraums zu unterbinden. Selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgeht, dass das nicht der Fall gewesen ist, so ist die - nicht fristgebundene - Klage im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Berufungsinstanz zulässig. Unzweifelhaft hat sich das Klagebegehren von Anfang an auf den Hauseingangsbereich erstreckt, zu dem nicht nur der innere Raum hinter der Gittertür, sondern auch die jenseits der Tür liegende Stufe gehört. In der bei Klagerhebung in Bezug genommenen Antragsschrift vom 22. Mai 2006 hat sich die Klägerin ausdrücklich gegen die Videoüberwachung ihres Hauseingangs mit der Begründung gewandt, sie wolle verhindern, dass von ihr ein Bewegungsprofil erstellt werden könne. Eine (etwaige) Erweiterung der Klage auf die Unterbindung der Videoüberwachung auch hinsichtlich des öffentlichen Straßenraums ist vor diesem Hintergrund sachdienlich (§ 91 Abs. 1 VwGO). Sachdienlichkeit ist anzunehmen, wenn auch für die geänderte Klage der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt und die Klageänderung die endgültige Beilegung des Rechtsstreits fördert (BVerwG, Urt. v. 3.7.1987, NJW 1988, 1228). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Sowohl im Hinblick auf den äußeren Teil des Hauseingangsbereichs als auch auf den öffentlichen Straßenraum ist zu prüfen, ob eine Videoüberwachung auf der Grundlage von § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG Rechte der Klägerin aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG verletzt. Die Klagerweiterung fördert auch die endgültige Beilegung des Rechtsstreits, weil ein Folgeprozess um die Videoüberwachung des öffentlichen Straßenraums vermieden wird.

Die Klägerin ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung). Sie macht mit ihrer Klage eigene subjektive Rechte geltend, nämlich jedenfalls das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie durch die Videoüberwachung, insbesondere in der Form der Bildaufzeichnung, in diesem Grundrecht nachteilig betroffen sein kann. Dies ist schon deshalb anzunehmen, weil die Klägerin als Anwohnerin der Reeperbahn die überwachten Örtlichkeiten notwendigerweise täglich oder nahezu täglich betreten muss.

Der Umstand, dass die Klägerin ihren Antrag vom 27. März 2006 auf den Schutz ihrer Wohnung im 2. Obergeschoss beschränkt und bei der Beklagten vor Klagerhebung ausdrücklich weder die Unterlassung der Videoüberwachung des Hauseingangs noch des öffentlichen Straßenraums formell beantragt hat, ist für die Zulässigkeit der allgemeinen Leistungsklage unschädlich. Denn für diese Klageart gilt, anders als für die Verpflichtungsklage (vgl. § 75 VwGO), kein besonderes Antragserfordernis (BVerwG, Urt. v. 28.6.2001, BVerwGE 114, 350).

Für die Klage besteht ein Rechtsschutzbedürfnis. Die Beklagte hat ausdrücklich erklärt, die Videoüberwachung in der bestehenden Weise fortsetzen zu wollen. Die Beklagte war zudem vor Klagerhebung mit dem Begehren befasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.6.2001, a.a.O.). Im Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2006 hat sich die Beklagte mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung sowohl des Hauseingangs als auch des öffentlichen Straßenraums der Reeperbahn beschäftigt. Zur Problematik der Videoüberwachung von Hauseingängen hat die Beklagte auf die entsprechenden Regelungen in der Dienstanweisung hingewiesen (S. 8 des Bescheides) und allgemein zur Rechtmäßigkeit von § 8 Abs. 3 HmbPolDVG ausgeführt, an der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieser Vorschrift bestünden keine durchgreifenden Zweifel (S. 7 des Bescheides).

III.

Die Klage ist nur teilweise begründet.

Die Klägerin hat keinen Abwehranspruch gegen die Videoüberwachung des öffentlichen Straßenraums durch die betreffende Kamera (1.), ihr steht aber ein Anspruch darauf zu, dass die von der Beklagten durchgeführte Videoüberwachung des Hauseingangsbereichs unterbleibt. Allerdings kann die Klägerin insoweit nur die Unterlassung, nicht jedoch verlangen, dass die Videoüberwachung auch nach außen erkennbar unmöglich gemacht wird (2.).

Anspruchsgrundlage ist in Ermangelung einer spezialgesetzlichen Grundlage der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch, der sich aus den Grundrechten ableitet. Die Grundrechte schützen den Grundrechtsträger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln. Infolgedessen kann der Bürger, wenn ihm - wie dies von der Klägerin geltend gemacht wird - eine derartige Rechtsverletzung droht, gestützt auf das jeweils berührte Grundrecht Unterlassung verlangen (BVerwG, Urt. v. 21.5.2008, BVerwGE 131, 171, juris Rn. 13).

1. Hinsichtlich der Videoüberwachung des öffentlichen Straßenraums der Reeperbahn hat die Klage weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg, weil der Klägerin insoweit kein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch zusteht . Diese Maßnahme der Beklagten greift zwar in das Grundrecht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ein (a). Jedoch stellt die Regelung des § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG eine verfassungsmäßige Schranke dieses Grundrechts dar (b). Mit der Anordnung und Durchführung der Videoüberwachung macht die Beklagte von dieser Ermächtigung auch rechtsfehlerfrei Gebrauch (c).

a) Die auf der Grundlage von § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG in der maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit in Hamburg vom 16. Juni 2005 (HmbGVBl. S. 233) durchgeführte Videoüberwachung stellt einen Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung dar. Die Vorschrift lautet:

§ 8Datenerhebung im öffentlichen Raum und an besonders gefährdeten Objekten        (1) 1 Die Polizei darf bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen personenbezogene Daten, auch durch den Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bild- und Tonaufzeichnungen über die für eine Gefahr Verantwortlichen erheben, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dabei Straftaten begangen werden. Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden. Bild- und Tonaufzeichnungen, in Dateien suchfähig gespeicherte personenbezogene Daten sowie zu einer Person suchfähig angelegte Akten sind spätestens einen Monat nach der Datenerhebung zu löschen oder zu vernichten. Dies gilt nicht, wenn die Daten zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder von Straftaten benötigt werden oder Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person künftig Straftaten begehen wird, und die Aufbewahrung zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung erforderlich ist.        (2) . . .        (3) 1 Die Polizei darf öffentlich zugängliche Orte mittels Bildübertragung und -aufzeichnung offen beobachten, soweit an diesen Orten wiederholt Straftaten begangen worden sind und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort auch künftig mit der Begehung von Straftaten zu rechnen ist. Absatz 1 Sätze 2 bis 4 gilt entsprechend.        . . .Das in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst die - aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende - Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit setzt unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des Einzelnen gegen die unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen, also auf ihn bezogenen, individualisierten oder individualisierbaren Daten voraus. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (BVerfG, Urt. v. 15.12.1983, BVerfGE 65, 1, juris Rn. 146). Dieses Recht flankiert und erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und Privatheit; es lässt ihn schon auf der Stufe der Persönlichkeitsgefährdung beginnen (BVerfG, Urt. v. 11.3.2008, BVerfGE 120, 378, juris Rn. 63). Vom Schutzbereich umfasst sind dabei nicht allein personenbezogene Informationen, die die Privat- oder Intimsphäre des Einzelnen betreffen. Unter den Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung kann auch das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, also auch der Aufenthalt und das Verhalten an einem bestimmten öffentlichen Platz zu einer bestimmten Zeit eine vom Schutzbereich des Grundrechts grundsätzlich erfasste personenbezogene Information sein (BVerfG, Urt. v. 11.3.2008, a.a.O., juris Rn. 67).

§ 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG ermächtigt zu Eingriffen in den Schutzbereich des durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verbürgten Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung derjenigen Personen, deren personenbezogene Daten durch die Videoüberwachung verarbeitet werden. Die Regelung in § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG lässt ihrem Wortlaut nach die offene Beobachtung öffentlich zugänglicher Orte mittels Bildübertragung und Bildaufzeichnung einschließlich einer einmonatigen Speicherung zu. Dies beinhaltet gerade auch die Beobachtung von Personen, die sich an diesen Örtlichkeiten aufhalten.

Die Videoüberwachung in der Form der Bildaufzeichnung von Personen greift als Datenspeicherung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Hamburgisches Datenschutzgesetz vom 5. Juli 1990 (HmbGVBl. S. 133, 165, 226) in der seit 1997 geltenden Fassung (HmbGVBl. S. 76; im Folgenden: HmbDSG) i.V.m. § 1 Abs. 2 HmbPolDVG in den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung ein (allgemeine Meinung, vgl. nur BVerfG, Urt. v. 11.3.2008, BVerfGE 120, 378, juris Rn. 69; BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.2.2007, NVwZ 2007, 688, juris Rn. 38; VGH Mannheim, Urt. v. 21.7.2003, VBlBW 2004, 20, juris Rn. 34; Fischer, VBlBW 2002, 89, 92 m.w.N.). Bildaufzeichnungen von Personen sind Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse bestimmter oder bestimmbarer natürlicher Personen und damit personenbezogene Daten im Sinne von § 4 Abs. 1 HmbDSG i.V.m. § 1 Abs. 2 HmbPolDVG. Bei der Bildaufzeichnung werden die durch die Kamera übermittelten Bilddaten nicht nur am Monitor beobachtet, sondern auf einem Datenträger gespeichert. Die Speicherung von Daten ermöglicht es, die beobachteten Lebensvorgänge am Bildschirm jederzeit abzurufen und die Bilddaten nachträglich mittels moderner Techniken (Abschnittsvergrößerungen, Bildaufhellungen, Kontrastverstärkungen) aufzubereiten sowie - ggf. elektronisch - auszuwerten. So kann eine Vielzahl von Informationen über bestimmte identifizierbare Betroffene gewonnen werden, die sich im Extremfall zu Profilen des Verhaltens der betroffenen Personen in dem überwachten Raum verdichten lassen.

Auch der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit der (bloßen) Beobachtung mittels Bildübertragung (sog. Kamera-Monitor-Prinzip) kommt Eingriffscharakter zu (VGH Mannheim, Urt. v. 21.7.2003, a.a.O., juris Rn. 35; Büllesfeld, Polizeiliche Videoüberwachung öffentlicher Straßen und Plätze zur Kriminalitätsvorsorge, 2002, S. 142 ff.; a.A. Henrichs, BayVBl. 2005, 289 ff.). Es handelt sich um das Erheben personenbezogener Daten im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 HmbDSG i.V.m. § 1 Abs. 2 HmbPolDVG. Da die gesetzliche Regelung keine Beschränkungen hinsichtlich der technischen Möglichkeiten enthält, sind angesichts des heutigen technischen Standards Videoüberwachungssysteme einsetzbar, die über Kameras mit Zoom-, Standbild- und Einzelbildschaltungsfunktion sowie Dreh- und Schwenktechnik verfügen und damit gegenüber dem bloßen menschlichen Auge eine weit großflächigere und intensivere Beobachtung ermöglichen. Darüber hinaus ist aufgrund der Leistungsfähigkeit der Kameras eine 'Rund-um-die-Uhr-Überwachung' auch bei schwierigen Lichtverhältnissen möglich und es können identifizierbare Personenaufnahmen auch über große Entfernungen geliefert werden. Auch kann jederzeit ohne weiteres von der Übersichtsaufnahme in die Nahaufnahme übergegangen werden und es ist damit nicht nur möglich, einzelne Personen zu identifizieren, sondern auch detaillierte Momentaufnahmen bestimmter individueller Verhaltensweisen und Gesichtsausdrücke zu erfassen. Eingriffscharakter kommt der Bildübertragung auch deshalb zu, weil sich der Betroffene wegen des psychisch wirkenden Überwachungsdrucks ggf. zu einem angepassten Verhalten veranlasst sieht (Kloepfer/Breitkreuz, DVBl. 1998, 1149, 1152; Roggan, NVwZ 2001, 134).

Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist aber nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne muss vielmehr solche Beschränkungen seines Rechts hinnehmen, die durch überwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt sind. Diese Beschränkungen bedürfen jedoch einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage, die insbesondere dem rechtsstaatlichen Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (BVerfG, Urt. v. 15.12.1983, BVerfGE 65, 1, juris Rn. 150 ff.).

b) Die Regelung des § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG stellt eine solche verfassungsmäßige Schranke des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung dar. Die Vorschrift ist noch hinreichend bestimmt (aa), unterliegt der Gesetzgebungskompetenz des hamburgischen Gesetzgebers (bb) und verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (cc).

aa) Die Vorschrift wird dem Gebot der Normenklarheit und Bestimmtheit noch gerecht. Das Bestimmtheitsgebot soll sicherstellen, dass der demokratisch legitimierte Gesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen über Grundrechtseingriffe und deren Reichweite selbst trifft, dass die gesetzesausführende Verwaltung für ihr Verhalten steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfindet und dass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle durchführen können (BVerfG, Urt. v. 27.7.2005, BVerfGE 113, 348, juris Rn. 118 ff.). Ferner dienen Bestimmtheit und Klarheit der Norm dazu, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann. Der Gesetzgeber hat daher Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs in der Ermächtigung bereichsspezifisch, präzise und normenklar festzulegen (BVerfG, Urt. v. 11.3.2008, BVerfGE 120, 378, juris Rn. 75 ff.). Die konkreten Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Ermächtigung richten sich nach der Art und Schwere des Eingriffs. Diese ergeben sich aus der Art der vorgesehenen Maßnahme und der von ihr für den Betroffenen ausgehenden Wirkungen. Welchem Ziel die Maßnahme dient, etwa der Gefahrenabwehr oder der Gefahrenverhütung, ist für die Beurteilung ihrer Schwere für den Betroffenen ohne Belang. Allerdings findet der Gesetzgeber je nach der zu erfüllenden Aufgabe zur Rechtfertigung der Eingriffsvoraussetzungen und zu ihrer Umsetzung unterschiedliche Möglichkeiten vor. Die Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes richten sich auch nach diesen Regelungsmöglichkeiten (BVerfG, Urt. v. 27.2.2008, BVerfGE 120, 274, juris Rn. 191 f.). Bei der Datenverarbeitung gehört zu den Bestimmtheitsvoraussetzungen, den Erhebungszweck in einer dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung genügenden Weise festzulegen. Mindestvoraussetzung dafür ist die Angabe im Gesetz, welche staatliche Stelle zur Erfüllung welcher Aufgaben zu der geregelten Informationserhebung berechtigt sein soll (BVerfG, Beschl. v. 13.6.2007, BVerfGE 118, 168, juris Rn. 98; BVerfG, Urt. v. 2.3.2010, NJW 2010, 833, juris Rn. 285). Aus der Funktion des Bestimmtheitsgebotes, die Bürger auf mögliche belastende Maßnahmen hinzuweisen, folgt aber nicht zwingend, dass Zweck, Anlass und Grenzen möglicher Eingriffmaßnahmen unmittelbar aus der Eingriffsnorm selbst zu entnehmen sein müssen; vielmehr ist eine Präzisierung mithilfe der üblichen Auslegungsmethoden möglich (BVerfG, Urt. v. 15.12.1983, BVerfGE 65, 1, juris Rn. 174 f.; Beschl. v. 3.3.2004, BVerfGE 110, 33, juris Rn. 133 f.).

Hiervon ausgehend bestehen an der ausreichenden Bestimmtheit von § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmPolDVG keine durchgreifenden Zweifel. Mithilfe der herkömmlichen Auslegungsmethoden ist es möglich, Zweck, Anlass und Grenzen des durch die Norm zugelassenen Eingriffs zu ermitteln.

(1) Der Gesetzgeber hat den Zweck der Videoüberwachung hinreichend bestimmt und klar festgelegt. Zwar wird in § 8 Abs. 3 Satz 1 HmbPolDVG ein Zweck für die Maßnahme nicht ausdrücklich genannt. Eine an Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Vorschrift orientierte Auslegung ergibt jedoch, dass sowohl die Verhütung von Straftaten einschließlich der Vorbereitung ihrer Abwehr als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten gleichermaßen und gleichrangige Ziele der Videoüberwachung sind.

Dass mit der Videoüberwachung diese Ziele verfolgt werden, ergibt sich allerdings noch nicht allein daraus, dass diese Ziele in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 HmbPolDVG den Aufgaben der Polizei zugeordnet sind. wobei es hier einer genauen Abgrenzung dieser beiden Nummern zueinander und im Verhältnis zu § 1 Abs. 1 Satz 1 HmbPolDVG mit seinem umfassenden Bezug auf die Aufgaben der Gefahrenabwehr nicht bedarf. So gehört nach Nr. 1 dieser Regelung zu den Aufgaben der Polizei die Datenverarbeitung - einerseits - zur Verhütung von Straftaten und - andererseits - zur Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten, was mit dem Oberbegriff „vorbeugende Bekämpfung von Straftaten“ umschrieben wird. Nach Nr. 2 dieser Regelung gehört zu den Aufgaben der Polizei auch die Datenverarbeitung u.a. zur Vorbereitung für das Handeln in Gefahrenfällen. Hierzu gehören auch Maßnahmen, die dazu dienen zu erforschen, ob eine Gefahr besteht. Durch diese Regelungen wird polizeiliches Handeln, das im Vorfeldbereich von konkreten Gefahren liegt, auch wenn diese Gefahren mit Straftaten einhergehen, dem Aufgabenbereich der Polizei zugeordnet. Dass einzelne Maßnahmen zum polizeilichen Aufgabenbereich gehören, sagt für sich genommen jedoch nichts darüber aus, ob speziell die Regelung in § 8 Abs. 3 Satz 1 HmbPolDVG den damit verbundenen Zielen dient. Denn nicht jede Aufgabe im Bereich der Gefahrenabwehr geht mit einer entsprechenden Ermächtigung zu Eingriffen in Rechtspositionen Einzelner einher; hierfür bedarf es - wie ausgeführt - einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage (vgl. Urt. d. Senats v. 4.6.2009, NordÖR 2009, 518, juris Rn. 63). Diese muss selbst zum Ausdruck bringen, welche der verschiedenen denkbaren Aufgaben angesprochen werden und welche Ziele den konkret geregelten Eingriff tragen sollen. Die Formulierung in § 8 Abs. 3 Satz 1 HmbPolDVG „dass dort auch künftig mit der Begehung von Straftaten zu rechnen ist“ deutet allerdings darauf hin, dass es bei der Videoüberwachung jedenfalls um die sog. vorbeugende Bekämpfung von Straftaten geht.

Aus der Gesetzessystematik ergibt sich, dass die Strafverfolgungsvorsorge Zweck der Videoüberwachung ist. Das wird durch die Verweisung in § 8 Abs. 3 Satz 2 HmbPolDVG auf § 8 Abs. 1 Sätze 3 und 4 HmbPolDVG und die damit begründete Möglichkeit belegt, die Daten zu speichern und aufzubewahren. Da Gefahrensituationen zu diesem Zeitpunkt beendet sind, kann dies nur noch dazu dienen, die erhobenen Daten für ein etwaiges künftiges Strafverfahren vorzuhalten. Dabei spricht die Länge der anlasslosen Aufbewahrungsfrist von bis zu einem Monat gemäß § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG für eine hohe Bedeutung dieses Zwecks, nämlich durch die Videoüberwachung möglichst alle im Überwachungsbereich begangenen Straftaten zu erfassen und verfolgen zu können.

Die Entstehungsgeschichte belegt, dass alle genannten Aspekte - die Verhütung von Straftaten, die Vorbereitung von Maßnahmen zu deren Abwehr, wenn sie konkret drohen sowie die Vorsorge für deren Verfolgung - die Regelung der Videoüberwachung tragen sollen. Nach der Gesetzesbegründung zur maßgeblichen Änderung des § 8 HmbPolDVG durch Art. 2 des Gesetzes zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit in Hamburg (vgl. Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft vom 14.12.2004, Bü-Drs. 18/1487, S. 15) wird als Zweck der Maßnahme einerseits ausdrücklich die Verhütung von Straßenkriminalität und die Stärkung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung genannt; dabei beschreibt letzteres ersichtlich nur einen Teilaspekt des Ziels „Straftatenverhütung“, nämlich dessen - für sich genommen nicht messbare - Wirkung auf die Beobachteten, nicht aber einen eigenständigen und von der Straftatenverhütung losgelösten Zweck einer Datenverarbeitung. Andererseits wird darauf hingewiesen, dass die Videoüberwachung (auch) dazu dient, Straftaten zu verhindern. Dies wird nicht nur in dem Sinne verstanden, Straftaten in einem Stadium zu verhüten, in dem es noch nicht zu einer konkreten Gefahr ihrer Verwirklichung gekommen ist, sondern auch dahingehend, dass konkret drohende Straftaten abgewehrt werden sollen. So stellt die Gesetzesbegründung ausdrücklich darauf ab, dass zur Gefahrenabwehr eine Videoüberwachung nach den Absätzen 1 und 2 des § 8 HmbPolDVG nur an bestimmten Anlagen oder unter bestimmten Umständen zulässig sei, was eine umfassende Überwachung nicht zulasse. Mit dem neuen Absatz 3 solle dies ermöglicht werden. Da die Videoüberwachung ständig und anlasslos, also bereits im Vorfeld einer drohenden Gefahr ermöglicht werden soll, kann die Gesetzesbegründung mit ihrem Hinweis darauf, dass Straftaten verhindert werden sollen, nur so verstanden werden, dass mit der Videoüberwachung auch künftig erforderlich werdende Maßnahmen zur Gefahrenabwehr vorbereitet werden sollen. Die ständige und anlasslose Videoüberwachung soll hiernach insbesondere auch gewährleisten, dass rechtzeitig erkannt wird, ob Straftaten drohen, so dass es der Polizei ermöglicht wird, durch schnelles Einschreiten diese drohenden Straftaten zu verhindern, also diese Gefahren abzuwehren. Schließlich stellt die Gesetzesbegründung ausdrücklich darauf ab, dass die Videoüberwachung auch dazu dient, die Aufklärungsrate zu verbessern. Darüber hinaus wird die Aufbewahrungsfrist damit gerechtfertigt, die Frist von einem Monat sei für die Strafverfolgung erforderlich, weil Straftaten erfahrungsgemäß teilweise erst verzögert angezeigt würden.

Weder aus dem Wortlaut der Norm oder ihrer Entstehungsgeschichte noch aus anderen Vorschriften ergibt sich hingegen, dass auch die sonstige (vorbeugende) Gefahrenabwehr, z.B. die Abwehr solcher Gefahren, die nicht bereits Straftaten darstellen, Ziel der Videoüberwachung sein soll. Dass dies zu den in § 1 HmbPolDVG genannten Aufgaben der Polizei gehört, sagt, wie ausgeführt, für sich genommen nichts darüber aus, ob dies auch die speziell mit einer Videoüberwachung verbundenen Grundrechtseingriffe rechtfertigen soll.

(2) Auch der sachlich-zeitliche Anwendungsbereich der Vorschrift ist hinreichend bestimmt.

Bereits aus dem Wortlaut geht hervor, welcher technischen Einsatzformen sich die Polizei im Rahmen einer Videoüberwachung bedienen kann, nämlich der Bildübertragung und -aufzeichnung. Es ist offensichtlich, dass Bilder von Personen, die sich im Aufnahmebereich der Kameras befinden, übertragen und aufgezeichnet werden sollen. Da die Vorschrift insofern keine Beschränkungen enthält, ist klar erkennbar, dass die Videoüberwachung unter Ausnutzung des geltenden technischen Standards, also einschließlich gezielter Nahaufnahmen, möglich sein soll.

Die zulässige Einsatzweise der Videoüberwachung wird durch die Formulierung „darf ... mittels Bildübertragung und -aufzeichnung offen beobachten“ hinreichend deutlich festgelegt. Dabei ist davon auszugehen, dass 'offen' im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 1 HmbPolDVG mehr verlangt, als dass die Maßnahme nicht 'verdeckt' (vgl. § 10 Abs. 1 HmbPolDVG) erfolgt. Die Tatsache der Überwachung der Örtlichkeit muss vielmehr für den Bürger klar erkennbar sein; die Erkennbarkeit kann durch die hinreichende Wahrnehmbarkeit der Aufnahmekameras, aber auch durch Hinweisschilder, Presseveröffentlichungen u.ä. gewährleistet werden. Daneben ergeben sich genaue Vorgaben im Hinblick auf die Nutzung der Bilddaten. Da nur das „Beobachten“ zulässig ist und die Videoaufzeichnung nur ein Mittel zum Beobachten eines früheren Geschehens darstellt, muss sich auch jede spätere Verwendung auf das bloße Beobachten, also das Betrachten der Bilddaten beschränken. Andere als derartige rein optische Nutzungen der Bilddaten sind damit vom Tatbestand der Vorschrift nicht erfasst. Insbesondere ist damit jegliche Form der automatisierten Auswertung ausgeschlossen. Außerdem müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass auf dem zu betrachtenden Bildmaterial Straftaten aus dem Bereich der Straßenkriminalität zu erkennen sein werden. Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung, wonach die Aufzeichnung der Vorsorge für die Verfolgung dieser Straftaten dient.

Mangels zeitlicher Beschränkungen ist erkennbar, dass die Videoüberwachung dauerhaft, nämlich 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr, stattfinden kann. Den im Volkszählungsurteil herausgestellten Bestimmtheitsanforderungen bei der Speicherung personenbezogener Daten (BVerfG, Urt. v. 15.12.1983, BVerfGE 65, 1, juris Rn. 156) genügend normiert das Gesetz in § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG mit der Löschungspflicht spätestens nach einem Monat die regelmäßige Dauer der Aufbewahrung sowie die mit der Angabe der Aufbewahrungszwecke hinreichend konkret beschriebenen Ausnahmen von der Löschungspflicht (§ 8 Abs. 3, 1 Satz 4 HmbPolDVG).

(3) Schließlich hat der Gesetzgeber auch den sachlich-räumlichen Anwendungsbereich und damit zusammenhängend den Anlass für die Videoüberwachung noch hinreichend deutlich festgelegt. Eine Bestimmung der zu überwachenden Örtlichkeiten lässt sich jedenfalls durch eine an Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Vorschrift orientierte und auch die Bedeutung der Grundrechte berücksichtigende Auslegung ermitteln.

(a) Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Frage, an welchen Örtlichkeiten überhaupt eine offene Videoüberwachung zulässig sein soll.

Der in § 8 Abs. 3 Satz 1 HmbPolDVG verwendete Begriff der „öffentlich zugänglichen Orte“ ist aus sich heraus allerdings nicht eindeutig. Es ist nicht klar, ob damit nur Straßen, Wege und Plätze oder aber darüber hinausgehend auch andere (anliegende, öffentliche, private) Flächen bzw. Gebäude umfasst sein sollen, soweit diese öffentlich zugänglich sind. Eine systematische Auslegung spricht zunächst eher für das weite Verständnis, da in anderen Zusammenhängen Regelungen auf den 'öffentlichen Verkehrsraum' beschränkt werden (vgl. § 8 Abs. 5 und 6 HmbPolDVG). Jedoch ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift hinreichend deutlich, dass sich der Anwendungsbereich der Vorschrift gleichwohl auf öffentlich zugängliche Straßen, Wege und Plätze beschränken soll. Diese werden in der Gesetzesbegründung (Bü-Drs. 18/1487) mehrfach ausdrücklich in Bezug genommen. So heißt es beispielsweise, es würden „Möglichkeiten zur Nutzung von Technik geschaffen, um die Kriminalität auf einzelnen öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen zu reduzieren“ (S. 8), es solle „eine Rechtsgrundlage für Bildübertragungen und -aufzeichnungen an öffentlich zugänglichen Straßen und Plätzen geschaffen werden“ und es dürften „nur öffentlich zugängliche Straßen und Plätze überwacht werden“ (S. 15). Dagegen enthält die Gesetzesbegründung keinerlei Hinweise, dass darüber hinaus auch die an die öffentlich zugänglichen Straßen, Wege und Plätze anliegenden Flächen und Gebäude vom Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst werden sollen.

Damit ermächtigt § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG nicht zur Videoüberwachung von Gebäuden, Gebäudeteilen und Flächen, die zwar öffentlich zugänglich sind, aber nicht zu den öffentlich zugänglichen Straßen, Wegen und Plätzen gehören. Diese sind auch nicht deshalb dem zu überwachenden Bereich zuzurechnen, weil sie zwangsläufig im Aufnahmebereich der Kameras lägen. Das Gesetz trifft keine Regelungen über den Blickwinkel, aus dem öffentlich zugängliche Straßen, Wege und Plätze beobachtet werden dürfen. Es verlangt insbesondere nicht, dass dies von der Mitte einer Straße aus mit Blick auf die angrenzenden Gebäude geschieht. Tatsächlich ist es auch möglich, öffentliche Straßen, Wege und Plätze zu beobachten, ohne die Fenster oder Eingangsbereiche von Gebäuden zu erfassen. Dies kann durch den Standort der Kameras gewährleistet werden, etwa indem sie von den Gebäuden aus auf die Straße gerichtet werden.

Dieses - bereits durch einfache Auslegung gewonnene - Verständnis der Vorschrift ist vor dem Hintergrund betroffener Grundrechte auch sinnvoll; anderenfalls wäre die Norm dagegen verfassungswidrig.

Ohne die Beschränkung auf öffentlich zugängliche Straßen, Wege und Plätze verstieße die Regelung gegen den Grundsatz der Bestimmtheit und Normenklarheit. Es wäre nicht hinreichend sicher ausgeschlossen, dass die Videoüberwachung zu Eingriffen in die durch Art. 13 Abs. 1 GG garantierte Unverletzlichkeit der Wohnung ermächtigt. Der Begriff der „öffentlich zugänglichen Orte“ allein gewährleistet dies nicht. Sinn der Garantie ist die Abschirmung der Privatsphäre in räumlicher Hinsicht. In diese sollen der Staat oder von ihm ermächtigte Dritte grundsätzlich nicht gegen den Willen der Bewohner eindringen dürfen. Im Interesse eines wirksamen Schutzes der Wohnung ist der Wohnungsbegriff weit auszulegen. Dem Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 GG können deshalb auch solche Orte unterfallen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind; dies gilt insbesondere für die der Öffentlichkeit zugänglichen Betriebs- und Geschäftsräume (allgemein BVerfG, Urt. v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, juris Rn. 134; für Geschäftsräume einer Drogenberatungsstelle, BVerfG, Urt. v. 24.5.1977, BVerfGE 44, 353, juris Rn. 55; für eine öffentlich zugängliche Teestube BVerwG Urt. v. 25.8.2004, BVerwGE 121, 345, juris Rn. 23; a.A. BGH, Beschl. v. 15.1.1997, NJW 1997, 1018; Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl., Art. 13, Rn. 5). Im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot ist es aber erforderlich, dass die Ermächtigungsgrundlage selbst sicherstellt, dass keine durch Art. 13 Abs. 1 GG geschützten Bereiche von der Überwachung betroffen werden (a.A. VGH Mannheim, Urt. v. 21.7.2003, VBLBW 2004 S. 20, juris Rn. 45, 64; Büllesfeld, Polizeiliche Videoüberwachung, S. 180). Denn das Bestimmtheitsgebot steht in enger Beziehung zum Parlamentsvorbehalt. Dieser soll sicherstellen, dass Entscheidungen von solcher Tragweite aus einem Verfahren hervorgehen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und die Volksvertretung dazu anhält, Notwendigkeit und Ausmaß von Grundrechtseingriffen in öffentlicher Debatte zu klären (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.3.2008, BVerfGE 120, 378, juris Rn. 95, m.w.N.). Die konkreten Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Ermächtigung richten sich nach der Art und Schwere des Eingriffs. Die Eingriffsgrundlage muss darum erkennen lassen, ob auch schwerwiegende Eingriffe zugelassen werden sollen. Wird die Möglichkeit derartiger Eingriffe nicht hinreichend deutlich ausgeschlossen, so muss die Ermächtigung die besonderen Bestimmtheitsanforderungen wahren, die bei solchen Eingriffen zu stellen sind (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.3.2008, a.a.O.). Dem entspräche § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmPolDVG nicht. Die Norm enthält insbesondere keinerlei spezielle Regelungen darüber, aus welchem Anlass und in welchem Umfang es zulässig oder unzulässig sein soll, trotz des damit möglicherweise verbundenen Eingriffs in den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG auch das Innere an den öffentlichen Straßenraum angrenzender Gebäude mittels Bildübertragung und -aufzeichnung zu beobachten.

Ohne die Beschränkung der Videoüberwachung auf öffentlich zugängliche Straßen, Wege und Plätze verstieße die Norm auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Denn es würden dann auch solche Bereiche von der Videoüberwachung betroffen, die - selbst wenn sie nicht dem Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG unterfallen - jedenfalls im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung derjenigen Personen, die sich darin aufhalten, sehr viel schutzwürdiger sind als der öffentliche Straßenraum, z.B. Eingänge zu Wohnhäusern, Arztpraxen, Rechtsanwaltskanzleien, Aids- und Drogenberatungsstellen sowie Etablissements des Rotlichtmilieus (vgl. auch Fischer, VBlBW 2002, 94). Angesichts des Umstands, dass es sich um eine anlass- und verdachtsunabhängige Maßnahme mit großer Streubreite im Vorfeldstadium der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung handelt, müsste bereits der Gesetzgeber durch entsprechende Regelungen sicherstellen, dass sich die Eingriffsintensität im Rahmen hält (vgl. LVerfG MV, Urt. v. 21.10.1999, NordÖR 1999, 502, juris Rn. 96; a.A. offenbar VGH Mannheim, Urt. v. 21.7.2003, a.a.O, juris Rn. 64) und jedenfalls eine längerfristige gezielte Überwachung solcher Bereiche ausgeschlossen ist. Hierzu enthält § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmPolDVG nichts.

(b) Auch unter dem Aspekt des erforderlichen Gefahrenpotentials kann § 8 Abs. 3 Satz 1 HmbPolDVG ein hinreichend bestimmter räumlicher Anwendungsbereich entnommen werden.

Der Wortlaut der Vorschrift allein ist allerdings unergiebig, da danach die Videoüberwachung an allen öffentlich zugänglichen Straßen, Wegen und Plätzen zulässig sein soll, an denen wiederholt Straftaten begangen worden sind und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort auch künftig mit der Begehung von Straftaten zu rechnen ist. Aus dieser Formulierung ergibt sich weder, welche Straftaten maßgeblich sein sollen noch, in welcher Häufigkeit und in welchem zeitlichen Rahmen es in der Vergangenheit zu Straftaten gekommen ist. Ebenso bleibt unklar, welche Tatsachen für die Annahme maßgeblich sein sollen, dass dort auch künftig von der Begehung von Straftaten auszugehen ist. Ohne nähere Präzision wäre dem Bestimmtheitsgebot damit nicht Genüge getan. Soweit, wie hier, der Zweck nicht Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung im eigentlichen Sinne ist, sondern die Aufgabe darin besteht, im Vorfeld der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung Vorsorge im Hinblick auf in der Zukunft eventuell zu erwartende Straftaten zu treffen, müssen die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden. Sieht der Gesetzgeber bereits in einer solchen Vorfeldsituation Grundrechtseingriffe vor, so hat er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm muss handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist (BVerfG, Urt. v. 27.7.2005, BVerfGE 113, 348, juris Rn. 122 f.).

Solche dem Bestimmtheitsgebot noch genügenden handlungsbegrenzenden Tatbestandselemente lassen sich vorliegend durch eine Auslegung der in § 8 Abs. 3 Satz 1 HmbPolDVG verwendeten Begrifflichkeiten anhand des Zwecks der Norm und ihrer Entstehungsgeschichte ermitteln.

So ergibt sich aus dem Regelungsgegenstand, das Geschehen auf öffentlich zugänglichen Straßen, Wegen und Plätzen zu beobachten, sowie aus der Gesetzesbegründung (Bü-Drs. 18/1487 S. 15), dass mit den in § 8 Abs. 3 Satz 1 HmbPolDVG genannten „Straftaten“ ausschließlich Delikte der Straßenkriminalität gemeint sind. Der Begriff der Straßenkriminalität ist auch hinreichend bestimmt. Es handelt sich dabei um Straftaten, die in ihrer Tatphase ausschließlich oder überwiegend auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen begangen werden und visuell wahrnehmbar sind (VGH Mannheim, Urt. v. 21.7.2003, VBLBW 2004, 20, juris Rn. 78).

Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift folgt weiter eine Beschränkung ihres Anwendungsbereichs auf sog. Kriminalitätsbrennpunkte. Alle am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten gingen übereinstimmend von einer Beschränkung der Videoüberwachung auf Kriminalitätsbrennpunkte aus (Bericht des Innenausschusses gemeinsam mit dem mitberatenden Rechtsausschuss, Bü-Drs. 18/2288 S. 22, 37 f., 73, 150; Plenarprotokoll 18/33 S. 1684 ff.). Die Gesetzesbegründung (Bü-Drs. 18/1487) nimmt im Hinblick auf die Videoüberwachung gemäß § 8 Abs. 3 HmbPolDVG an verschiedenen Stellen ausdrücklich den Kriminalitätsbrennpunkt in Bezug (S. 15). So heißt es insbesondere, mit § 8 Abs. 3 HmbPolDVG solle „die Videoüberwachung von Kriminalitätsbrennpunkten . . . ermöglicht werden“ (S. 8).

Mit dem Tatbestandsmerkmal eines Kriminalitätsbrennpunktes entspricht das Gesetz dem Bestimmtheitsgebot. Die Voraussetzungen dieses unbestimmten Rechtsbegriffs sind hinreichend konkretisiert und einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die Annahme eines Kriminalitätsbrennpunktes setzt voraus, dass sich die Kriminalitätsbelastung des Ortes erheblich von der an anderen Orten abhebt, wobei die Vergleichsorte - was in Hamburg unproblematisch ist - innerhalb derselben Stadt liegen müssen, da die Überwachung nach ihrer Zweckrichtung den besonderen örtlichen Gefahrenschwerpunkten gilt und damit einen örtlichen Bezug hat (VGH Mannheim, Urt. v. 21.7.2003, VBLBW 2004, 20, juris Rn. 60). In Verbindung mit dem Bezug zur Straßenkriminalität wird vorliegend ohne weiteres deutlich, dass es sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers um Bereiche handelt, die über einen längeren Zeitraum erheblich stärker von Straßenkriminalität belastet sind als das übrige Stadtgebiet, wobei es auf die Höhe der Belastung in absoluten Zahlen ankommt. Zwar wird in der Gesetzesbegründung auch angeführt, dass die Anforderungen an Häufigkeit und zeitliche Nähe der Straftaten in dem Maße sinken, in dem der drohende Schaden steigt. Damit ist jedoch keine Erweiterung des oben beschriebenen Begriffs des Kriminalitätsbrennpunktes über Schwerpunkte der Straßenkriminalität hinaus verbunden. Eine solche Erweiterung scheidet schon deshalb aus, weil damit die Grenzen der noch hinreichenden Bestimmtheit verlassen würden. Es wären dann der gesetzesausführenden Verwaltung gerade keine steuernden und begrenzenden Handlungsmaßstäbe an die Hand gegeben, sondern es würde der Einzelfallentscheidung der Polizei obliegen, ob sie bestimmte Straftaten als schwerwiegend ansieht und welche zeitlichen Zusammenhänge noch noch als angemessen erachtet. Dies würde den oben aufgezeigten Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit einer Eingriffsnorm im Vorfeldbereich der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung gerade nicht entsprechen.

Die Anforderungen an die Tatsachen, die auf die künftige Begehung von Straftaten hindeuten, lassen sich der Gesetzesbegründung ebenfalls hinreichend deutlich entnehmen. Danach sind insbesondere polizeiliche Lageerkenntnisse oder andere nachprüfbare Tatsachen erforderlich, aufgrund derer damit zu rechnen ist, dass an dem Ort noch weitere Straftaten begangen werden. In Verbindung mit dem Begriff des Kriminalitätsbrennpunktes wird daraus deutlich, dass diese Tatsachen die Prognose erlauben müssen, dass es sich bei den überwachten Örtlichkeiten auch in naher Zukunft um einen Kriminalitätsbrennpunkt handeln wird.

bb) Für die so verstandene Regelung hatte das Land Hamburg auch die Gesetzgebungskompetenz. Nach Art. 70 Abs. 1 GG verfügen die Länder über das Recht der Gesetzgebung, soweit die Gesetzgebungsbefugnis nicht dem Bund zugewiesen ist.

(1) Soweit § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG dazu dient, Straftaten der Straßenkriminalität zu verhüten oder vorzubereiten, dass sie - wenn sie drohen - abgewehrt werden können, ist die landesrechtliche Gesetzgebungskompetenz ohne weiteres gegeben. Die Gesetzgebungsbefugnis der Länder für die Gefahrenabwehr betrifft nicht nur die Abwehr selbst, sondern auch vorgelagerte Maßnahmen zu deren Verhütung oder zur Vorbereitung von Maßnahmen, die der späteren Gefahrenabwehr dienen. Sie schließt auch solche Vorfeldmaßnahmen ein, die speziell der Verhütung von Straftaten dienen (BVerfG, Urt. v. 27.7.2005, BVerfGE 113, 348, juris Rn. 93 ff.). Insoweit besteht keine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (gerichtliches Verfahren unter Einschluss des Strafverfahrens).

(2) Die Videoüberwachung ist vorliegend allerdings nicht auf die Ziele beschränkt, Straftaten zu verhüten und deren Abwehr vorzubereiten, sondern sie soll daneben auch der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten dienen. Diesem Ziel dient die Datenspeicherung, also die Bildaufzeichnung einschließlich der einmonatigen anlasslosen Aufbewahrung. § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG bezweckt insoweit, Beweise für zukünftige Strafverfahren zu sichern. Derartige Vorschriften, die der Beweisbeschaffung zur Verwendung in Strafverfahren dienen, sind dem Strafverfahrensrecht zuzurechnen (so bereits BVerfG, Kammerbeschl. v. 14.12.2000, BVerfGE 103, 21, juris Rn. 47 f). Die Vorsorge für die Verfolgung noch nicht begangener, sondern in ungewisser Zukunft bevorstehender Straftaten gehört danach zum gerichtlichen Verfahren im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Diese Vorschrift enthält keine Einschränkungen dahingehend, dass vorsorgende Maßnahmen, die sich auf die Durchführung künftiger Strafverfahren beziehen, von der Zuweisung zur konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nicht erfasst sein sollen (BVerfG, Urt. v. 27.7.2005, BVerwGE 113, 348, juris Rn. 99 ff.). Auf dem Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung sind die Länder gemäß Art. 72 Abs. 1 GG von der Gesetzgebung ausgeschlossen, wenn und soweit der Bundesgesetzgeber von der in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG normierten konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch gemacht hat. Das ist etwa der Fall, wenn der Bundesgesetzgeber eine Maßnahme zum Zwecke der Strafverfolgung nach Umfang, Zuständigkeit und Zweck sowie hinsichtlich der für die jeweilige Maßnahme erforderlichen Voraussetzungen umfassend - ggf. auch durch ein absichtsvolles Unterlassen - geregelt hat (BVerfG, Urt. v. 27.7.2005, a.a.O., juris Rn. 109 ff.).

Nach diesen Maßstäben bestand und besteht die Gesetzgebungsbefugnis des hamburgischen Gesetzgebers für die Vorschrift des § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG. Der Bundesgesetzgeber hat zwar in der Strafprozessordnung geregelt, unter welchen Umständen Bildaufnahmen zum Zwecke der Strafverfolgung hergestellt werden dürfen (§§ 100h, 163f, 81b StPO). Diese Regelungen sind in Bezug auf eine offene Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Straßen, Wege und Plätze, wie sie in § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG ermöglicht wird, jedoch nicht abschließend.

§ 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO steht der landesgesetzlichen Regelung nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift dürfen auch ohne Wissen des Betroffenen außerhalb von Wohnungen Bildaufnahmen hergestellt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten auf andere Weise weniger erfolgversprechend oder erschwert wäre. § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO regelt damit - wie sich insbesondere aus dem Zusammenhang mit § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO ergibt - die kurz- und mittelfristige Observation durch technische Hilfsmittel (Meyer-Großner, StPO, 51. Auflage, § 100h, Rn. 1; Pfeiffer, StPO, 5. Auflage, zur Vorläuferregelung § 100c, Rn. 1); bei längerfristigen Observationen durch technische Hilfsmittel sind zusätzlich die Anordnungsvoraussetzungen von § 163f StPO zu beachten. Der Vorschrift sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, dass damit die - nicht geregelte - offene Videoüberwachung bestimmter Kriminalitätsbrennpunkte unzulässig sein sollte und die Länder damit gehindert wären, hierüber eigene Regelungen zu treffen (so auch Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 6. Auflage 2009, Rn. 185; Büllesfeld, Polizeiliche Videoüberwachung S. 175; Fischer, VBlBW 2002, 90; a.A. Vahle, NVwZ 2001, 167). Zwar ermächtigt § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO in seinem Anwendungsbereich zur „Herstellung von Bildaufnahmen“ und damit wie bei der Videoüberwachung zu Bildübertragungen und Bildaufzeichnungen von Personen. Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift („auch ohne Wissen des Betroffenen“) wird aber deutlich, dass es bei § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO (ggf. i.V.m. § 163f StPO) um die gezielte, verdeckte Beobachtung von bestimmten Personen geht (Meyer-Großner, a.a.O. Rn. 6; Pfeiffer, a.a.O. § 163f, Rn. 6). Dies belegt auch die Entstehungsgeschichte der Norm. In der Gesetzesbegründung zur Vorläuferregelung, dem früheren § 100c StPO („Ohne Wissen des Betroffenen dürfen Lichtbilder und Bildaufzeichnungen hergestellt sowie besondere Sichthilfen eingesetzt werden“), eingeführt durch Gesetz vom 15. Juli 1992 (BGBl. I S. 1302), wird an mehreren Stellen betont, dass es sich um heimliche Maßnahmen handeln muss (vgl. BT-Drs. 12/989 S. 39 f.). Nach ihrer Systematik gehört die Vorschrift zum Gefüge der §§ 100a ff StPO, die sämtlich verdeckte Maßnahmen regeln und hinsichtlich derer (sowie auch hinsichtlich der Maßnahmen nach § 163f StPO) in § 101 Abs. 4 StPO eine Benachrichtigungspflicht angeordnet ist. Dem entspricht auch das Regelungsziel, eine Beobachtung ohne Wissen des Betroffenen zu ermöglichen. Hat aber der Bundesgesetzgeber in §§ 100h, 163 f StPO die verdeckte Bildherstellung und -aufzeichnung zugelassen, wenn auch unter teilweise hohen Anforderungen (vgl. insbesondere § 163f Abs. 1 und 3 StPO), so liegt es fern anzunehmen, dass er damit zugleich die erheblich weniger belastenden Formen der offenen optischen Überwachung im öffentlichen Straßenraum ausschließen wollte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er derartige offene Überwachungsformen nicht in den Blick genommen und diesbezüglich keine Regelung - auch nicht durch absichtsvolles Unterlassen - getroffen hat.

§ 81b Alt. 2 StPO steht einer landesrechtlichen Regelung ebenfalls nicht entgegen (so auch Fischer, VBlBW 2002, 90). Nach dieser Vorschrift dürfen u.a. Lichtbilder des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen werden, soweit es für Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Die offene Videoüberwachung von Brennpunkten der Straßenkriminalität stellt keine erkennungsdienstliche Behandlung im Sinne von § 81b 2. Alt. StPO dar. Erkennungsdienstliche Maßnahmen werden gezielt an bestimmten, bereits bekannten Personen vorgenommen. Die offene Videoüberwachung betrifft demgegenüber ungezielt alle Personen, die sich an den besonders kriminalitätsbelasteten öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen aufhalten, sie ist mit anderen Worten nicht personen- sondern ortsbezogen. Schon aufgrund dieses unterschiedlichen Regelungszwecks ist nicht anzunehmen, dass der Bundesgesetzgeber durch die Regelung in § 81b Alt. 2 StPO landesrechtliche Regelungen zur offenen Videoüberwachung des öffentlichen Straßenraums ausschließen wollte.

cc) Die Regelung wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser verlangt, dass ein Grundrechtseingriff einem legitimen Zweck dient und als Mittel zu diesem Zweck geeignet, erforderlich und angemessen ist (BVerfG, Urt. v. 27.2.2008, BVerfGE 120, 274, juris Rn. 200).

Die mit der Videoüberwachung verfolgten Ziele - Verhütung von Delikten der Straßenkriminalität einschließlich der Vorbereitung ihrer Abwehr sowie Vorsorge für ihre strafrechtliche Verfolgung - sind legitime Zwecke (vgl. BVerfG, Urt. v. 2.3.2010, NJW 2010, 833, juris Rn. 206), die einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung grundsätzlich rechtfertigen können. Bei der Videoüberwachung handelt es sich allerdings um eine Maßnahme, die abweichend vom 'klassischen' Polizeirecht nicht an eine konkrete polizeiliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung anknüpft, sondern lediglich ein gewisses 'Gefährdungspotential' bzw. die potentielle Gefährlichkeit des überwachten Ortes verlangt. Da die durch das Anknüpfen an eine konkrete Gefahr markierte grundrechtssichernde Eingriffsschwelle der überkommenen polizeirechtlichen Befugnisnormen unterschritten wird und um einer Ausuferung polizeilicher Eingriffskompetenzen im Vorfeld von Gefahren entgegenzuwirken, bedürfen derartige Maßnahmen aber besonderer Rechtfertigung und sind deshalb in spezifischer Weise am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen (VGH Mannheim, Urt. v. 21.7.2003, VBlBW 2004, 20, juris Rn. 49, m.w.N.).

(1) Die Beklagte durfte die Videoüberwachung als geeignetes Mittel ansehen, die Gesetzeszwecke zu erreichen.

Ein Gesetz ist zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit seiner Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann. Bei der Beurteilung der Eignung des gewählten Mittels sowie bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Prognose und Einschätzung der der Allgemeinheit drohenden Gefahren steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn sich die Maßnahme als objektiv oder evident untauglich erweist (st. Rechtsprechung des BVerfG, vgl. nur BVerfG, Urt. v. 14.7.1999, BVerfGE 100, 313, juris Rn. 214; BVerfG, Urt. v. 3.3.2004, BVerfGE 109, 279, juris Rn. 209 ff.).

Ob und inwieweit die Videoüberwachung öffentlich zugänglich zugänglicher Straßen, Wege und Plätze in besonderer Weise dazu beitragen kann, Straftaten im Bereich der Straßenkriminalität von vornherein in einem Stadium zu verhüten, in dem sie noch nicht konkret drohen, war für den Gesetzgeber nicht abschließend erkennbar. Die Gesetzesbegründung beruft sich insoweit nur allgemein auf überwiegend positive Erfahrungen, die man in Großbritannien und anderen deutschen Großstädten gemacht habe. Dass diese Erfahrungen überprüft worden sind, ist nicht ersichtlich. Es ist verfassungsrechtlich jedoch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber gleichwohl schon von der grundsätzlichen Geeignetheit der Maßnahme zu diesem Zweck ausgegangen ist. Angesichts der Erfahrungen in Mannheim, wo seit Juli 2001 der Innenstadtbereich videoüberwacht wurde und die Anzahl der Straftaten offenbar deutlich zurückgegangen ist (vgl. Internetportal der Stadt Mannheim, www.mann-heim.de/io2/printView/webseiten/politik/aemter/fb31/a-z/videoueberwachung), erscheint diese Einschätzung zumindest plausibel. Die verbleibende Unsicherheit macht es jedoch erforderlich, die Entwicklung zu beobachten und fortlaufend zu prüfen, ob die Videoüberwachung tatsächlich geeignet ist, einen nennenswerten Beitrag zur Straftatenverhütung zu leisten (vgl. BVerfG, Urt. v. 3.3.2004, BVerfGE 109, 279, juris Rn. 220 ff.). Der Gesetzgeber hat dafür Vorkehrungen getroffen, indem er durch Art. 5 des Gesetzes zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit in Hamburg (v. 16.6.2005, HmbGVBl. S. 233) nach Ablauf von drei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes eine Berichtspflicht über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der unter anderem auf Grundlage von § 8 Abs. 3 HmbPolDVG durchgeführten Maßnahmen statuiert hat. Diese Regelung dient dazu, der Bürgerschaft die Überprüfung zu ermöglichen, ob die Zielsetzungen, die mit den neu eingeführten polizeilichen Eingriffsbefugnissen verknüpft sind, erreicht wurden (vgl. Gesetzesbegründung Bü-Drs. 18/1487 S. 22). Mit der Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft vom 7. April 2009 (Bü-Drs. 19/2732 S. 6 ff.) wurde ein erster Bericht speziell zur Videoüberwachung der Reeperbahn erstellt, der eine nach Ablauf einer dreijährigen Betriebszeit (30. März 2009) durch die Polizei vorzulegende gesonderte Wirksamkeitsanalyse ankündigt und Angaben über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der Videoüberwachung Reeperbahn enthält. Dieser Bericht steht der Einschätzung des Hamburgischen Gesetzgebers, die Videoüberwachung stelle eine geeignete Maßnahme zur Verhütung von Straftaten dar, nicht entgegen. Insbesondere ergibt sich aus ihm nicht, dass eine Videoüberwachung (generell) objektiv oder evident untauglich ist, um dieses Ziel zu erreichen. Zwar bestehen nach dem vorgelegten Bericht Zweifel, ob die Videoüberwachung geeignet ist, die Anzahl der Straftaten im Bereich Reeperbahn zu senken. Aus ihm ergibt sich aber noch nicht, dass das Mittel einer Videoüberwachung schlechterdings ungeeignet ist, potentielle Straftäter davon abzuhalten, Straftaten aus dem Bereich der Straßenkriminalität zu begehen.

Dass eine Videoüberwachung dazu geeignet ist vorzubereiten, dass drohende Straftaten der Straßenkriminalität abgewehrt werden können, liegt auf der Hand. Sie ermöglicht es der Polizei, rechtzeitig zu erkennen, ob entsprechende Gefahrensituationen bestehen, und ggf. schnell einzugreifen und hierdurch Straftaten zu verhindern. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Einschätzung des Gesetzgebers, dass die Videoüberwachung auch einen Beitrag zur Strafverfolgungsvorsorge bieten könne. Durch das aufgezeichnete und gespeicherte Bildmaterial können Straftaten erkannt und ggf. Täter ermittelt werden. Auch insofern enthält der Bericht (Bü-Drs. 19/2732 S. 6) im Übrigen keine Hinweise, dass die Videoüberwachung zur Erreichung dieser Ziele objektiv oder evident untauglich sein könnte.

(2) Die Videoüberwachung ist erforderlich, die mit ihr verfolgten Zwecke zu erreichen.

Die Einschätzung des Gesetzgebers, dass ein gleich wirksames, die Grundrechtsträger aber weniger beeinträchtigendes Mittel nicht zur Verfügung steht, kann nicht beanstandet werden. Dies gilt zunächst für die Alternativen, durch einen verstärkten Einsatz von Polizeikräften vor Ort Straftaten der Straßenkriminalität zu verhüten und ihre Abwehr vorzubereiten. Mit Blick auf die Situation der öffentlichen Haushalte im Allgemeinen und die angespannte Personalsituation im Polizeibereich im Besonderen erscheint es ausgeschlossen, dass die Polizeipräsenz so weit gesteigert werden könnte, dass eine mit der Videokamera vergleichbare Überwachungswirkung gewährleistet wird. Jedenfalls wäre dies an gefährlichen Orten wegen deutlich höherer Kosten weniger geeignet (zur Erforderlichkeitsprüfung unter dem Gesichtspunkt der nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.10.1987, BVerfGE 77, 84, juris Rn. 86; BVerfG, Beschl. v. 14.11.1989, BVerfGE 81, 70, juris Rn. 66). Weniger geeignet dürfte die verstärkte polizeiliche Präsenz schließlich auch wegen des Vorsprungs der technischen Überwachung insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeiten des Zoomens sein.

Bedenken bestehen auch nicht insoweit, als die Regelung eine Bildaufzeichnung zulässt. Zwar wäre auch ein anderes Regelungskonzept denkbar, z.B. dass im Regelfall lediglich eine Beobachtung mittels Bildübertragung stattfindet, die erst unter qualifizierten tatbestandlichen Voraussetzungen in eine Aufzeichnung übergehen darf, etwa wenn eine Straftat erkennbar wird (vgl. Gesetzentwurf zu § 30 Abs. 2 HmbDSG, Bü-Drs. 19/6086 S. 2). Demgegenüber stellt sich die permanente Bildaufzeichnung als gravierenderer Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar (s.o.). Indes lässt sich nicht feststellen, dass eine reine Bildübertragung in Verbindung mit einer anlassbezogenen Aufzeichnung in gleicher Weise geeignet wäre, die vom Gesetzgeber angestrebten Zwecke zu erreichen wie eine permanente Bildaufzeichnung. Zwar wird die reine Bildübertragung in aller Regel ausreichen, um im Falle der drohenden Begehung von Straftaten ein rechtzeitiges Eingreifen zu ermöglichen. Jedoch gewährleisten nur die Bildaufzeichnung und Speicherung, dass die Bilddaten weiterhin verfügbar bleiben, dass Personenbeschreibungen erstellt werden können und dass die Videoüberwachung damit den gewünschten Beitrag zur ebenfalls bezweckten Strafverfolgungsvorsorge leisten kann. Vor dem Hintergrund des weiten Beurteilungsspielraums und der verfolgten Zwecke ist die Entscheidung des Gesetzgebers für die permanente Bildaufzeichnung daher nicht zu beanstanden.

Die Frist der anlasslosen Speicherung der aufgezeichneten Daten von einem Monat kann noch als erforderlich angesehen werden. Die Begründung des Gesetzgebers, Straftaten gelangten zum Teil erst verzögert zur Anzeige und eine zu schnelle Löschung würde die Verfolgung der Tat unnötig erschweren (Bü-Drs. 18/1487 S. 15), ist nicht zu beanstanden. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass gerade auch schwere Delikte (Sexualdelikte, Raub, Diebstahl) erst verzögert angezeigt werden; in diesen Fällen kann die Aufklärung durch die einmonatige Speicherfrist verbessert werden.

(3) Die Regelung in § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG ist verhältnismäßig im engeren Sinne.

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt, dass die Einbußen an grundrechtlich geschützter Freiheit nicht in unangemessenem Verhältnis zu den Gemeinwohlzwecken stehen, denen die Grundrechtsbeschränkung dient. Für den vom Gesetzgeber herbeizuführenden angemessenen Ausgleich kommt es auf grundrechtlicher Seite auf die Gestaltung der Einschreitschwellen, die Zahl der Betroffenen und die Intensität der Beeinträchtigungen an; auf Seiten der Gemeinwohlinteressen ist das Gewicht der verfolgten Ziele und Belange maßgeblich, das unter anderem davon abhängt, wie groß die Gefahren sind, denen begegnet werden soll, und wie wahrscheinlich ihr Eintritt ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 27.7.2005, BVerfGE 113, 348, juris Rn. 137 ff.). Hieran gemessen greift die Regelung des § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG nicht unzumutbar in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen ein.

Die mit der Vorschrift ermöglichte Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Straßen, Wege und Plätze stellt - insbesondere in der Form der Bildaufzeichnung - einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Zusätzliches Gewicht erhält der Eingriff dadurch, dass er nicht an ein störendes Verhalten des Betroffenen anknüpft, sondern anlasslos im Vorfeld der Begehung von Straftaten stattfindet und eine Vielzahl von Personen betrifft. Von der Videoüberwachung werden unterschiedslos alle Personen erfasst, die sich im überwachten Bereich aufhalten. Jedoch stehen diesen Beeinträchtigungen die öffentlichen Interessen an der Verhütung und Abwehr von Straftaten der Straßenkriminalität sowie an deren wirksamer Verfolgung gegenüber. Diesen öffentlichen Interessen kommt eine hohe Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund trägt der Gesetzgeber mit der Bestimmung der Eingriffsvoraussetzungen, unter denen eine Videoüberwachung zulässig ist, dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung noch hinreichend Rechnung. Der Gesetzgeber hat dafür gesorgt, dass Grundrechtseingriffe dieser Art die Ausnahme bleiben. Ein großflächiges oder gar flächendeckendes Überwachungssystem, etwa nach dem Vorbild Londons (vgl. hierzu Fischer, VBlBW 2002, 93), ist ausgeschlossen. Vielmehr wird der Anwendungsbereich der Videoüberwachung auf Örtlichkeiten mit einer besonderen Kriminalitätsbelastung, die sog. 'Kriminalitätsbrennpunkte', beschränkt. Mit der Begrenzung auf Brennpunkte der Straßenkriminalität wird eine nachvollziehbare Eingriffsschwelle markiert, die Maßnahme auf wenige Örtlichkeiten beschränkt und die Zahl der Betroffenen eingegrenzt. Das Gewicht der grundrechtlichen Belange relativiert sich schließlich dadurch, dass die Maßnahme offen erfolgt und lediglich das Verhalten der Betroffenen in der Öffentlichkeit betrifft. Da nur öffentlich zugängliche Straßen, Wege und Plätze betroffen sind, ist sichergestellt, dass im Rahmen von Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG besonders empfindliche und schutzbedürftige Bereiche wie z.B. Eingänge zu Wohnhäusern, Arztpraxen, Anwaltskanzleien, sozialen Hilfseinrichtungen wie Aids- oder Drogenberatungsstellen und Etablissements des Rotlichtmilieus der Überwachung vollkommen entzogen sind. Der Staat greift damit durch die Videoüberwachung nicht in den besonders schutzbedürftigen Bereich der Privat- oder Intimsphäre des Einzelnen ein, vielmehr gewinnt er lediglich Informationen über Lebensumstände und Verhaltensweisen, die der „auf der Straße“ Betroffene ohnehin aufgrund freier Entschließung von sich aus jedenfalls teilweise der Beobachtung durch die Allgemeinheit preisgegeben hat.

Nichts anderes gilt im Hinblick darauf, dass § 8 Abs. 3 Satz 1 HmbPolDVG an die Zulässigkeit der Bildaufzeichnung keine höheren Anforderungen stellt als an die reine Bildübertragung. Im Hinblick auf das Gewicht der öffentlichen Belange ist - wie oben ausgeführt - davon auszugehen, dass die Bildaufzeichnung gegenüber der reinen Bildübertragung zur Strafverfolgungsvorsorge besser geeignet ist. Auf der anderen Seite wird der Grundrechtseingriff durch die Bildaufzeichnung zwar vertieft, weil das aufgezeichnete und bis zu einem Monat lang aufbewahrte Material wiederholt betrachtet und ausgewertet werden kann. Die Möglichkeit der Auswertung ist jedoch derart eingeschränkt, dass das Übermaßverbot nicht verletzt wird. Aufgrund der tatbestandlichen Beschränkung auf ausschließlich optische Nutzungen der Bildaufnahmen sind - wie ebenfalls oben ausgeführt - der weiteren Verwendung der Daten von vornherein enge Grenzen gesetzt; insbesondere ist jegliche Form der automatisierten Auswertung des Bildmaterials ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund erscheint auch die Speicherfrist von bis zu einem Monat noch angemessen. Durch die - mit der Klage nicht angegriffenen - Regelungen der §§ 14 ff. HmbPolDVG und die Verweisung in § 1 Abs. 2 HmbPolDVG auf die Vorschriften des Hamburgischen Datenschutzgesetzes stellt der Gesetzgeber im Übrigen eine enge gesetzliche Zweckbindung sicher und schützt die Bilddaten gegen missbräuchliche Weitergabe und Nutzung. Aufgrund der engen Zweckbindung und der höchstens einmonatigen Speicherfrist ist auch sichergestellt, dass keine Sammlung nicht anonymisierter Daten auf Vorrat zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken entstehen kann.

Sollte die Videoüberwachung über den aufgezeigten Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hinaus mit anderen Freiheitsrechten kollidieren - etwa wenn in einem videoüberwachten Bereich Versammlungen durchgeführt werden -, kann dem durch eine einschränkende Auslegung und Handhabung der Vorschrift im Einzelfall Rechnung getragen werden (VGH Mannheim, Urt. v. 21.7.2003, VBlBW 2004, 20, juris Rn. 64).

c) Mit der Anordnung und Durchführung der Videoüberwachung macht die Beklagte im Hinblick auf den öffentlichen Straßenraum der Reeperbahn von der Ermächtigung des § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG rechtsfehlerfrei Gebrauch.

aa) Die Überwachungsmaßnahme begegnet keinen formell-rechtlichen Bedenken. Insbesondere war und ist die Polizei für deren Anordnung und Durchführung zuständig. Weitere besondere formelle Vorgaben für die Anordnung der Videoüberwachung bestehen nicht.

bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 8 Abs. 3 HmbPolDVG sind erfüllt.

Bei der Reeperbahn handelte es sich bereits bei Einführung der Videoüberwachung um einen Kriminalitätsbrennpunkt, also um einen Ort, der sich hinsichtlich der Belastung mit Delikten der Straßenkriminalität erheblich von anderen Orten im Stadtgebiet abhob. Die Örtlichkeiten, die nach einer Befragung an den Hamburger Polizeikommissariaten (PK) im Mai 2003 für die Videoüberwachung als geeignet angesehen wurden (Hansaplatz, U/S-Bhf. Sternschanze, Steintorplatz, S-Bhf. Bergedorf, Bhf. Altona, S-Bhf. Neugraben und U-Bhf. Farmsen), wiesen bereits auffällig hohe Belastungswerte hinsichtlich der Straßenkriminalität auf. Gegenüber diesen Werten waren die Fallzahlen für die Reeperbahn noch einmal deutlich erhöht (vgl. Bl. 330 d.A. für den Zeitraum Mai 2004/April 2005: Reeperbahn West 553 Delikte, Reeperbahn Ost 309 Delikte, Hansaplatz 304 Delikte, U/S-Bahnhof Sternschanze 245 Delikte, Steintorplatz 205 Delikte, S-Bhf Bergedorf 181 Delikte, Bhf Altona 140 Delikte, S-Bhf Neugraben 120 Delikte, U-Bhf Farmsen 85 Delikte; vgl. Bl. 331 d.A. für den Zeitraum April 2005/März 2006: Reeperbahn insgesamt 856 Delikte, Hansaplatz 286 Delikte, Steintorplatz 213 Delikte, S-Bhf Bergedorf 170 Delikte, S-Bhf Neugraben 108 Delikte, Bhf Altona 86 Delikte, U-Bhf Farmsen 78 Delikte, U/S-Bhf Sternschanze 58 Delikte).

An dieser Situation hat sich nichts geändert. Auch heute ist davon auszugehen, dass die Reeperbahn ein Brennpunkt der Straßenkriminalität ist und dass dort auch zukünftig in erheblichem Maße derartige Straftaten begangen werden. Dafür sprechen bereits die aktuellen Fallzahlen. Im Zeitraum April 2008/März 2009 sind für die Reeperbahn insgesamt 1130 Delikte und für den Zeitraum April 2009/März 2010 insgesamt 1136 Delikte verzeichnet worden (vgl. Bl. 378 d.A.). Auch sonst hat sich der Charakter der Reeperbahn nicht verändert. Nach wie vor zieht die Reeperbahn als „Amüsiermeile“ in erheblichem Umfang - die Beklagte spricht von bis zu 200.000 Besuchern an einzelnen Wochenenden (Bl. 381 d.A.) - sowohl Einheimische als auch Touristen an.

An der vom Gesetz geforderten Offenheit der Überwachungsmaßnahme bestehen keine Zweifel. Wie oben ausgeführt, muss die Überwachung der Örtlichkeit für den Bürger klar erkennbar sein; die Erkennbarkeit kann durch die hinreichende Wahrnehmbarkeit der Aufnahmekameras, aber auch durch Hinweisschilder, Presseveröffentlichungen u.ä. gewährleistet werden. Ausgehend hiervon begegnet die Offenheit der Überwachungsmaßnahme keinen Bedenken und wird auch von der Klägerin nicht angezweifelt. Die in Streit stehende Videokamera ist gut sichtbar installiert und an den Zugängen zum Überwachungsbereich weisen Hinweisschilder auf die Videoüberwachung hin. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Beklagten wurde auf die offene Videobeobachtung der Reeper-bahn auch immer wieder hingewiesen.

cc) Die Beklagte hat das ihr nach § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG zustehende Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Entsprechend der gesetzlichen Regelung bezweckt die Beklagte mit der Videoüberwachung der Reeperbahn sowohl Straftaten zu verhüten und ihre Abwehr vorzubereiten als auch, wie sie in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, für eine effektivere Strafverfolgung vorzusorgen. Dabei hat sich die Beklagte ersichtlich davon leiten lassen, dass jeder dieser Zwecke für sich genommen die Videoüberwachung tragen soll. Die Videoüberwachung war und ist geeignet, die damit verfolgten Zwecke zu erreichen (1). Die Maßnahme ist erforderlich (2), angemessen und weist auch sonst keine Fehler auf (3).

(1) Die Videoüberwachung der Reeperbahn stellt eine geeignete Vorbereitungsmaßnahme dar, drohende Straftaten der Straßenkriminalität abzuwehren(a). Sie ist auch ein geeignetes Mittel zur Strafverfolgungsvorsorge (b). Ob sie darüber hinaus geeignet ist, Straftaten von vornherein zu verhüten, bedarf keiner Entscheidung (c).

(a) Die Videoüberwachung der Reeperbahn ist geeignet, die Polizei in die Lage zu versetzen, im Falle der drohenden Begehung von Straftaten schnell und wirksam einzugreifen und dadurch Straftaten der Straßenkriminalität abzuwehren.

Die Videoüberwachung ermöglicht es der Polizei auf der Grundlage des Konzepts, das nach der Dienstanweisung vom 27. März 2007 angewandt wird, drohende Straftaten aus dem Bereich der Straßenkriminalität zu erkennen und schnell einzugreifen, um diese Straftaten zu verhindern. So befindet sich der für die Videoüberwachung vorgesehene Arbeitsplatz im Funkbereich der Polizeieinsatzzentrale (PEZ), damit auf die Einsatzkräfte unmittelbar zugegriffen werden kann (5.1). Die Videobilder werden an den Monitoren täglich 24 Stunden durch Kräfte der PEZ überwacht. Die Mitarbeiter der PEZ sind so ausgebildet, dass ein ständiger Wechsel bei der Besetzung der Monitore gewährleistet ist. Dem für diese Aufgabe eingeteilten Beamten werden keine zusätzlichen, nicht unmittelbar mit der Videoüberwachung in Zusammenhang stehenden Aufgaben übertragen (5.3), so dass er sich voll auf die Videoüberwachung konzentrieren kann. Die PEZ setzt aufgrund eines am Monitor beobachteten Sachverhalts Polizeikräfte vor Ort ein, weist diese ein und koordiniert den „Einsatz im Ersten Angriff“, bis durch den örtlichen Einsatzleiter die Führung des Einsatzes übernommen wird (5.5.2). Einsätze, die durch die Videoüberwachung ausgelöst werden, sind unverzüglich vorzunehmen und genießen gegenüber anderen Einsatzanlässen erhöhte Priorität (5.5.3). Auch am direkt an der Reeperbahn befindlichen Polizeikommissariat 15 ist ein Monitor eingerichtet, über den die Dienststelle nach eigener Wahl jeweils ein einzelnes Kamerabild beobachten kann. Die PEZ kann auf Anforderung in Einzelfällen für die Dauer einer konkreten Lagebewältigung das Recht zur Steuerung der jeweils ausgewählten Kamera dem PK 15 übertragen (5.6). Im Nachtdienst und am Wochenende stehen für Einsätze aus der Videoüberwachung Zusatzkräfte zur Verfügung (7.2).

Die Videoüberwachung hat in den vergangenen Jahren auch tatsächlich dazu beigetragen, dass Straftaten der Straßenkriminalität im Bereich Reeperbahn verhindert werden konnten. Die von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen belegen das ausreichend. Während der bislang vierjährigen Überwachungszeit (April 2006 - März 2010) wurden insgesamt 714 Einsätze durch die Videoüberwachung ausgelöst (vgl. Bl. 534 d.A.), und zwar im Zeitraum April 2006/März 2007 insgesamt 271, im Zeitraum 2007/2008 insgesamt 162, im Zeitraum 2008/2009 insgesamt 145 und im Zeitraum 2009/2010 insgesamt 136 Einsätze. In einer Vielzahl von Fällen erfolgten die Einsätze, bevor mit der Ausübung von Straftaten aus dem Bereich der Straßenkriminalität begonnen wurde, und konnte die Polizei aufgrund des frühen Einschreitens noch verhindern, dass dies geschah. Besonders deutlich wird dies bei der von der Beklagten so bezeichneten Fallgruppe „Streit“, der 127 durch die Videoüberwachung ausgelöste Einsätze zugeordnet werden. Ohne ein schnelles Eingreifen hätten sich aus dem mit den Videokameras beobachteten Verhalten (u.a. Belästigungen, Randale, Streit) mit hoher Wahrscheinlichkeit Straftaten der Straßenkriminalität wie z.B. Sexualdelikte, Körperverletzungen und Sachbeschädigungen entwickelt. Gleiches gilt für die Fallgruppe „Hilflose und gefährdete Personen“, der 164 Einsätze zugeordnet werden, die während der vierjährigen Überwachungszeit durch die Videobeobachtung ausgelöst worden sind. Die Videoüberwachung ermöglichte es der Polizei, betrunkenen, verwirrten oder verletzten Personen rasch zur Seite zu stehen und so zu verhindern, dass diese Personen - was nach den Angaben der Beklagten häufig geschieht - Opfer von Straftaten (insbesondere Raub und Diebstahl) wurden. Bei dem Verdacht, dass eine Straftat bereits begangen wird, wurde durch die Videoüberwachung während der vierjährigen Überwachungszeit ebenfalls eine große Anzahl von Einsätzen ausgelöst, nämlich 216 unter der so bezeichneten Fallgruppe „Körperverletzung/Schlägerei“ und 59 unter der Fallgruppe „Verdacht einer Straftat“. Tatsächlich beziehen sich diese Zahlen nicht sämtlich auf bereits begangene Straftaten. Nach den Angaben der Beklagten beruht die Zuordnung der Einsatzanlässe nämlich jeweils auf den ersten Wahrnehmungen und Bewertungen der feststellenden Polizeibeamten und kann sich im Nachhinein anders darstellen, ohne dass dies in der Statistik vermerkt wird. Daher ist davon auszugehen, dass sich bei diesen beiden Fallgruppen jedenfalls teilweise Straftaten noch im Vorbereitungsstadium befanden, so dass die Videoüberwachung hier ebenfalls dazu beigetragen hat, sie noch zu verhindern.

(b) Eine geeignete Maßnahme stellte und stellt die Videoüberwachung auch hinsichtlich des ebenfalls verfolgten Zwecks der Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten dar. Die Aufzeichnung und einmonatige Speicherung der Bilder ermöglicht es, Straftaten aufzuklären und Tatverdächtige zu identifizieren. Nach den Angaben der Beklagten (Bl. 540 d.A.) wurden seit Einführung der Videoüberwachung der Reeperbahn in Ermittlungsverfahren insgesamt 1942 Bilder gesichtet und davon 994 in Ermittlungsverfahren auch genutzt, nämlich im Zeitraum April 2006/März 2007 insgesamt 446 gesichtet (davon 176 genutzt), im Zeitraum 2007/2008 insgesamt 546 gesichtet (davon 248 genutzt), im Zeitraum 2008/2009 insgesamt 498 gesichtet (davon 324 genutzt) und im Zeitraum 2009/2010 insgesamt 452 gesichtet (davon 246 genutzt). Zu Unrecht meint die Klägerin, es fehle an der Eignung, weil eine lückenlose Überwachung nicht möglich sei, so dass Straftäter häufig flüchten könnten. Für die Eignung, das Gesetzesziel „Strafverfolgungsvorsorge“ zu erreichen, genügt es, dass die Videoüberwachung dadurch einen maßgeblichen Beitrag zur Überführung von Straftätern leistet, dass in Strafverfahren das Bildmaterial zu Beweiszwecken zur Verfügung steht. Dies ist der Fall.

(c) Da die Videoüberwachung sowohl dazu geeignet ist, Gefahrensituationen zu erkennen und Polizeieinsätze vorzubereiten, durch die Straftaten der Straßenkriminalität verhindert werden, als auch die Strafverfolgung zu verbessern, kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit die Videoüberwachung auch geeignet ist, potentielle Straftäter von vornherein davon abzuhalten, Straftaten zu begehen. Wie ausgeführt, wird die Videoüberwachung der Reeperbahn von jedem dieser Zwecke getragen.

(2) Die von der Beklagten durchgeführte Videoüberwachung der Reeperbahn ist erforderlich. Insbesondere ist keine weniger belastende Maßnahme ersichtlich, die ebenso geeignet wäre, die genannten Ziele zu erreichen.

Die Videoüberwachung muss nicht als milderes Mittel auf die Abend- und Nachtstunden beschränkt werden. Wie sich aus den eingereichten Unterlagen ergibt, ist die Kriminalitätsbelastung allerdings tagsüber deutlich geringer als nachts (Bl. 338 d.A.). So ereigneten sich innerhalb der ersten drei Überwachungsjahre von April 2006 bis März 2009 mehr als drei Viertel aller Straftaten (2.398 Delikte) im Zeitraum zwischen 23:00 Uhr und 8:00 Uhr. Jedoch wurde damit andererseits fast ein Viertel aller Straftaten (676 Straftaten) in der übrigen Zeit zwischen 8:00 Uhr und 23:00 Uhr begangen. Diese ebenfalls noch sehr hohe Zahl rechtfertigt die Durchführung der Videoüberwachung auch in den weniger belasteten Zeiten.

Auch eine Beschränkung der Videoüberwachung auf die Zeit zwischen Donnerstagabend und Sonntagmorgen kommt als milderes Mittel nicht in Betracht. Wie sich aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (Bl. 379 d.A.) ergibt, ist die Kriminalitätsbelastung in der Zeit zwischen Sonntagmorgen (8 Uhr) und Donnerstagabend (20 Uhr) zwar deutlich niedriger als am Wochenende. Jedoch ereignen sich in dieser Zeit immer noch etwa ein Viertel aller Straftaten (298 von 979 Fällen im Überwachungszeitraum April 2006/ März 2007, 237 von 1008 Fällen im Überwachungszeitraum 2007/2008, 313 von 1130 Fällen im Überwachungszeitraum 2008/2009 und 277 von 1136 Fällen im Überwachungszeitraum 2009/2010). Diese noch sehr hohen Zahlen rechtfertigen es, die Reeperbahn auch unter der Woche zu überwachen.

Die einmonatige Aufbewahrungsfrist der Aufnahmen ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach den Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht wird die Reeperbahn stark von Personengruppen frequentiert, die typischerweise Straftaten erst verzögert anzeigen. Dies rechtfertigt es, die zulässige Aufbewahrungsfrist gemäß § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG auszuschöpfen. So zeigten insbesondere die vielen ortsunkundigen Besucher Straftaten teilweise erst an ihrem Wohnort an. Auch bei alkoholisierten Personen sei das Anzeigeverhalten beeinträchtigt. Schließlich offenbarten vor allem Jugendliche z.B. Raubüberfälle erst längere Zeit nach der Tat ihren Eltern, so dass es auch in diesen Fällen erst spät zu Anzeigen komme. Das Berufungsgericht hat keine Zweifel, dass diese Angaben zutreffen. Sie sind auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen worden.

(3) Die Videoüberwachung ist angemessen und weist auch sonst keine Fehler auf.

Dass sich die Beklagte bei der Auswahl der zu überwachenden Örtlichkeiten von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Beklagte hat bei der Standortwahl maßgeblich darauf abgestellt, ob die Videoüberwachung im Hinblick auf eine weit überproportionale Belastung mit Delikten der Straßenkriminalität gerechtfertigt ist.

Die Ausgestaltung der räumlichen Grenzen des überwachten Bereichs ist nicht zu beanstanden und verletzt nicht das Übermaßverbot. Da die Reeperbahn in ihrer gesamten Länge einen Brennpunkt der Straßenkriminalität darstellt, ist es sachgerecht, sie auch in ganzer Länge zu überwachen.

Dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) wird bei der Durchführung der Überwachung und Aufzeichnung in ausreichender Weise Rechnung getragen. Nach Ziffer 3 der Dienstanweisung werden die Videokameras bei öffentlichen Veranstaltungen und Versammlungen in dem überwachten Bereich abgeschaltet, es sei denn, die Voraussetzungen der §§ 12 a, 19 a VersG sind gegeben.

Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass bei der Durchführung der Videoüberwachung Vorschriften der §§ 14 ff. HmbPolDVG bzw. § 1 Abs. 2 HmbPolDVG i.V.m. den Vorschriften des Hamburgischen Datenschutzgesetzes verletzt werden.

2. Hinsichtlich der Videoüberwachung des Hauseingangs hat die Klage dagegen mit dem Hilfsantrag Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass die Videoüberwachung des gesamten Eingangsbereichs unterlassen wird. Die Klägerin kann jedoch nicht verlangen, dass diese Überwachung nach außen erkennbar unmöglich gemacht wird. Mit ihrem Hauptantrag bleibt die Klägerin deshalb erfolglos.

a) Wie die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Straßen, Wege und Plätze greift die Überwachung des Eingangsbereiches jedenfalls auch in das Grundrecht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG ein. Der Eingriff ist hier noch intensiver als bei der Videoüberwachung des öffentlichen Straßenraums. Denn mit dem Hauseingang ist der Übergang zum Privatbereich der Klägerin betroffen. Durch die in Streit stehende Videokamera werden Bildübertragungen und -aufzeichnungen sowohl des inneren als auch des äußeren Hauseingangsbereichs vorgenommen. Auf diese Weise kann ohne weiteres ein Bewegungs- und Besuchsprofil der Klägerin erstellt werden.

b) Für diesen Eingriff gibt es keine rechtliche Grundlage; § 8 Abs. 3, 1 Satz 3 HmbPolDVG lässt den Eingriff nicht zu. Wie oben ausgeführt, dürfen nach dieser Norm nur öffentlich zugängliche Straßen, Wege und Plätze überwacht werden. Hierzu gehört der Hauseingangsbereich nicht. Andere Rechtsgrundlagen können die Maßnahme ebenfalls nicht tragen. Das macht die Beklagte auch nicht mehr geltend.

c) Die Klägerin hat jedoch nur einen Anspruch darauf, dass die Videoüberwachung durch die in Streit stehende Kamera unterlassen wird. Weitergehende Maßnahmen, insbesondere die Videoüberwachung nach außen hin erkennbar unmöglich zu machen, sind zum Schutz der Klägerin nicht erforderlich. Bereits durch eine gerichtliche Untersagung der Videoüberwachung des Hauseingangs wird der Schutzanspruch der Klägerin gesichert. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich an eine solche gerichtliche Untersagung nicht halten wird. Insoweit wird auf den Beschluss des Senats vom 15. Januar 2010 verwiesen, mit dem der Antrag der Klägerin abgelehnt worden ist, die Berufung hinsichtlich des entsprechenden Begehrens bei der Videoüberwachung ihrer Wohnung zuzulassen.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2 VwGO. Bei der Kostenverteilung hat der Senat den Erfolg der Klägerin in der ersten Instanz sowie ihren Teilerfolg in der Rechtsmittelinstanz berücksichtigt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.