LAmtsgericht Mecklenburg-vorpommern
Entscheidung vom 13.12.2011, Az.: 5 Sa 63/11
Tenor
1. Die Berufung wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen hilfsweise fristgemäßen Kündigung durch den Arbeitgeber
Die Klägerin war bei der Beklagten, die ein Hotel betreibt, seit Anfang März 2010 als Reinigungskraft beschäftigt. Die Klägerin arbeitete 42 Stunden in der Woche und hat dafür 1.100 Euro brutto im Monat verdient. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer.
Der Kündigungsanlass entstand in Anschluss an die Ablehnung eines Urlaubsgesuchs der Klägerin.
Die Klägerin hatte am 4. Oktober 2010 bei der Beklagten beantragt, vom 28. Oktober bis zum 7. November Urlaub zu erhalten. Der Antrag wurde zunächst nicht beschieden. Am 18. Oktober 2010 ist sodann die Hausdame der Beklagten, Frau W., auf die Klägerin zugegangen und hat ihr erklärt, der Urlaubsantrag müsse abgelehnt werden. Zur Begründung hat sie sich darauf bezogen, dass am 31. Oktober gleichzeitig 90 Zimmer durch Gäste geräumt würden und daher zu diesem Zeitpunkt besonders viel Arbeit im Reinigungsbereich anfallen werde. Sie hat ihr statt dessen vorgeschlagen, einen gleich langen Urlaub im November anzutreten. Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung der Frau W. als Zeugin in seinem Urteil festgestellt, dass die Klägerin darauf erwidert hat, „nö, dann bin ich eben krank“. Tatsächlich ist die Klägerin wie angekündigt seit dem 25. Oktober 2010 nicht mehr zur Arbeit erschienen und hat stattdessen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung über 2 Wochen vorgelegt.
Daraufhin hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter dem 26. Oktober fristlos zum 27. Oktober 2010, hilfsweise ordentlich, gekündigt. Die Klägerin begehrt mit der noch im Oktober 2010 bei Gericht eingegangenen Klage Kündigungsschutz.
Das Arbeitsgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme mit Urteil vom 1. Februar 2011 abgewiesen. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.
Mit der rechtzeitig eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klageziel unverändert weiter.
Bei der Bewertung des klägerischen Verhaltens müsse beachtet werden, dass sie sich wegen eines Schulterleidens bereits seit August 2010 in ärztlicher Behandlung befunden habe. Das Leiden sei mit einer „medikamentösen, analgetischen und antientzündlichen Therapie“ behandelt worden. Bereits bei ihrem Arztbesuch am 7. Oktober 2010 habe die Klägerin über eine Zunahme der Schmerzen geklagt. Die Schmerzen hätten sich danach noch so gesteigert, dass der Zustand der Arbeitsunfähigkeit eingetreten sei. Rückblickend müsse man davon ausgehen, dass die Klägerin bereits am 18. Oktober 2010 während des Gespräches mit Frau W. objektiv betrachtet arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Der nach wie vor streitigen Äußerung der Klägerin fehle daher der für eine Kündigung nötige Unrechtsgehalt.
Die Klägerin beantragt unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung zum 26.10.2010 zum 27.10.2010 aufgelöst worden wird und zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die ordentliche Kündigung vom 26.10.2010 beendet ist und zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung mit Rechtsargumenten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist nicht begründet. Auf Basis der Feststellungen des Arbeitsgerichts, die die Klägerin nicht mit Rügen angegriffen hat, hat das Arbeitsgericht den Fall zutreffend entschieden. Das Berufungsgericht macht sich die Ausführungen ausdrücklich zu Eigen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht.
Es liegt ein wichtiger Grund zur Kündigung im Sinne von § 626 BGB vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bereits die Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Ankündigung nicht bestehenden Erkrankung durch den Arbeitnehmer für den Fall, dass der Arbeitgeber einem unberechtigten Verlangen auf Gewährung von Urlaub nicht entsprechen sollte, ohne Rücksicht auf eine später tatsächlich auftretende Krankheit an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben (BAG 12. März 2009 – 2 AZR 251/07 – NZA 2009, 779 = AP Nr. 15 zu § 626 BGB Krankheit; BAG 5. November 1992 - 2 AZR 147/92 - AP Nr. 4 zu § 626 BGB Krankheit = EzA BGB § 626 nF Nr. 143; BAG 17. Juni 2003 - 2 AZR 123/02 - AP Nr. 13 zu § 543 ZPO 1977 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 4). Die Pflichtwidrigkeit der Ankündigung einer Krankschreibung bei objektiv nicht bestehender Erkrankung im Zeitpunkt der Ankündigung liegt in erster Linie darin, dass der Arbeitnehmer mit einer solchen Erklärung zum Ausdruck bringt, er sei notfalls bereit, seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsrecht zu missbrauchen, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen. Mit einem solchen Verhalten verletzt der Arbeitnehmer seine aus der Rücksichtnahmepflicht folgende Leistungstreuepflicht erheblich. Zugleich wird durch die Pflichtverletzung das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit und Loyalität des Arbeitnehmers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt, so dass in einer solchen Erklärung regelmäßig auch ohne vorausgehende Abmahnung ein die außerordentliche Kündigung an sich rechtfertigender verhaltensbedingter Grund zur Kündigung liegt. Da der wichtige Grund zur Kündigung in der ausdrücklich oder konkludent erklärten Bereitschaft des Arbeitnehmers zu sehen ist, sich die begehrte Freistellung notfalls durch eine in Wahrheit nicht vorliegende Arbeitsunfähigkeit zu verschaffen, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Arbeitnehmer später (zufällig) tatsächlich erkrankt oder nicht (BAG 12. März 2009 aaO).
Ein solcher Fall liegt hier vor. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt.
Der Klägerin ist es nicht gelungen, Indizien vorzutragen, die darauf hindeuten, dass sie bereits am 18. Oktober 2010, also am Tag der streitigen Äußerung, arbeitsunfähig erkrankt gewesen war. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung selbst lässt keine ausreichenden Rückschlüsse zu. Sie ist zwar für eine ungewöhnlich lange Zeit ausgestellt, das kann aber nicht als Indiz für eine ungewöhnlich schwere Krankheit gewertet werden, da sich die Klägerin zu den Ursachen ihrer Arbeitsunfähigkeit nicht eingehend geäußert hat. In der Klageschrift hatte sie erwähnt, dass sie an Bronchitis erkrankt sei. Legt man dies zu Grunde, gibt es keinerlei Anhaltspunkte, die darauf hindeuten, dass sich dieses Leiden bereits am 18. Oktober 2010 angedeutet hatte. Legt man den weiteren Prozessvortrag mit dem Schulterleiden zu Grunde, lässt auch dies nicht den Schluss zu, dass die Klägerin bereits am 18. Oktober 2010 arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist. Denn es ist nicht ersichtlich weshalb dieses Leiden, dass seit rund 3 Monaten ohne Eintritt der Arbeitsunfähigkeit medikamentös behandelt wurde, nunmehr zur Arbeitsunfähigkeit geführt haben soll. Der bloße Hinweis auf den Arztbesuch vom 7. Oktober 2010 und die seinerzeit schon erhöhten Schmerzen lassen keine seriösen Schlüsse auf das Ausmaß des klägerischen Leidens am 18. Oktober 2010 zu.
Es sind auch keine weiteren Umstände ersichtlich, die im Rahmen der notwendigen Interessenabwägung zu Gunsten der Klägerin ins Feld geführt werden könnten. Die Zusammenarbeit der Parteien hat erst eine sehr kurze Zeit angedauert, und die Klägerin hat weder seinerzeit gegenüber der Beklagten noch hier im Rechtsstreit Hinweise darauf gegeben, weshalb es für sie so besonders wichtig war, zu der gewünschten Zeit von der Arbeitspflicht befreit zu sein.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen, da ihr Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).
Die Revision kann nicht zugelassen werden, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür aus § 72 ArbGG nicht erfüllt sind.