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Landgericht Duisburg

Entscheidung vom 08.12.2004, Az.: 11 S 119/03

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr vom 07.08.2003 (10 C 3002/02) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.200,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÓG seit dem 01.11.2002 zu zahlen.

Im Óbrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge tragen die Klägerin zu 1/4 und der Beklagte zu 3/4, mit Ausnahme der Kosten der Beweisaufnahme im erstinstanzlichen Verfahren, welcher der Klägerin, und der Kosten der Beweisaufnahme im Be-rufungsverfahren, welche dem Beklagten jeweils vollständig auferlegt werden.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien bleibt vorbehalten, die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Dabei bleibt nachgelassen, Sicherheit durch Stellung einer selbstschuldneri-schen, unwiderruflichen, unbefristeten und unbedingten Bürgschaft einer Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse mit Sitz in der Europäischen Union zu erbringen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.399,84 EUR festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I. Die Klägerin begehrt Schadensersatz in Höhe von 1.800,00 EUR in Zusammenhang mit der Tätigkeit des Beklagten als Privatsachverständiger für den Zeugen .

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass dem Beklagten keine fehlerhafte Ermittlung des Restwertes vorgeworfen werden könne. Der Sachverständige müsse sich nur an den Möglichkeiten orientieren, die auch dem Geschädigten für eine zügige und reibungslose Regulierung seines Schadens offenstehe. Ihm sei nicht zuzumuten, den Spezialmarkt für Restwertaufkäufer zu sondieren. Hier sei es ausreichend, dass der Beklagte drei Angebote von seriösen Händlern aus der Region eingeholt habe. Dass der Beklagte dies getan habe, habe die durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt.

Die Klägerin verfolgt mit der Berufung weiterhin ihr erstinstanzliches Begehren. Sie meint, das Amtsgericht habe nicht genügend (abstrakt) definiert, was als hinreichende Sorgfalt bei der Wertermittlung anzusehen sei. Unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des OLG Düsseldorf und der LG Wiesbaden und Gießen hätte das Amtsgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass der Sachverständige verpflichtet gewesen sei, die Nutzung der Onlinebörsen bei der Restwertermittlung zu berücksichtigen. Wäre er dem nachgekommen, hätte er zumindest einen Restwert in Höhe von 3.000 EUR ermittelt. Aufgrund der Pflichtverletzung sei der Beklagte zum Ersatz der Differenz zwischen dem tatsächlichen Restwert und dem von ihm ermittelten Restwert von 1.800 EUR verpflichtet.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr vom 07.08.2003 (AZ 10 C 3002/02) den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.800 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG seit 01.11.2002 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das amtsgerichtliche Urteil. Er meint, er sei seinen Verpflichtungen zur Restermittlung entsprechend den Leitlinien des BGH ausreichend nachgekommen. Demgegenüber sei ein Sachverständiger weder verpflichtet, eine besondere Marktforschung zu betreiben und über eine Internetbörse einen besonders günstigen Restwert zu ermitteln noch sogenannte Ausreißerangebote in seine Bewertung miteinzubeziehen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst keine Online-Angebote eingeholt habe, sondern solche regionaler Restwertaufkäufer und diese zudem aus einer Zeit stammen, als ein Verkauf wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr möglich war. Hilfsweise rechnet der Beklagte mit seinem Vergütungsanspruch in Höhe von 599,84 EUR auf.

Die Kammer hat aufgrund der Beweisanordnung vom 03.03.2004 Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und ergänzende mündliche Anhörung des Sachverständigen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen vom 29.05.2004 und das Protokoll über seine mündliche Anhörung vom 10.11.2004 verwiesen, wobei die Protokollierung der konkreten Ausführungen des Sachverständigen versehentlich unterblieben ist.

Der Beklagte beantragt nach Schluss der mündlichen Verhandlung in diese wieder einzutreten, da der Sachverständige seiner Ansicht nach den Vorgaben des Beweisbeschlusses nicht ausreichend nachgekommen sei und die Frage zu der Unterschiedlichkeit der Gebote aus einer Internetbörse und der Sondermarkthändler nicht befriedigend beantwortet habe.

II. Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor der Entscheidung ersichtlichen Umfang begründet.

Das Amtsgericht hat die Klage nach Ansicht der Kammer zu Unrecht in vollständiger Höhe abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch in beantragter Höhe gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Zusammenhang mit dem zwischen dem Beklagten und seinem Auftraggeber geschlossenen Gutachtenvertrag und der daraus resultierenden Schutzwirkung für die Klägerin zu; dieser ist lediglich in Höhe des dem Beklagten zustehenden Vergütungsanspruchs durch Aufrechnung erloschen.

1. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung der Obergerichte, dass das von einem Sachverständigen angefertigte Gutachten über ein verunfalltes Fahrzeug in der Regel eine bindende Grundlage für die Abwicklung der durch den Unfall verursachten Schäden darstellt und deshalb der Schädiger bzw. die hinter ihm stehende Haftpflichtversicherung in den Schutzbereich des Vertrages zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen einbezogen wird (vgl. OLG München, r + s 1990, 273; LG Koblenz, VersR 2003, 1050; LG Duisburg, Schaden-Praxis 2002, 432; LG Gießen NJW-RR 2002, 751; Palandt - Heinrichs § 328 BGB Rn. 34 m.w.N.). Dies wird vom Beklagten insoweit auch nicht in Zweifel gezogen.

Weiterhin ist hier nach Ansicht der Kammer davon auszugehen, dass der Sachverständige bei der ihm übertragenen Ermittlung des Restwertes seinen Pflichten nicht ausreichend nachgekommen ist. Zwar ist in Anlehnung an die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (NJW 1992, 903; NJW 1993, 1849 und NJW 2000, 800) zunächst davon auszugehen, dass die Anforderungen an eine Restwertermittlung aus dem Blickwinkel des Geschädigten zu beurteilen sind. Insoweit soll das Gutachten vornehmlich den Restwert angeben, den der Geschädigte unter Berücksichtigung des ihm zumutbaren Aufwandes erzielen kann und nicht den Wert, den ein professioneller Profiauf- und -verkäufer erzielen würde. Der Umfang des zumutbaren Aufwandes bemißt sich danach, was ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Mensch in der Situation des Geschädigten tun würde. Zusätzlich ist die Interessenlage des Geschädigten zu berücksichtigen. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass er einerseits ein berechtigtes Interesse daran hat, den von ihm nicht (oder nur teilweise) verursachten Schaden möglichst schnell ausgeglichen zu bekommen; er also frühzeitig ein Ersatzfahrzeug anschaffen und zur (teilweisen) Finanzierung des Ersatzes möglichst schnell auf den Restwerterlös zugreifen möchte und deshalb keine aufwendigen und langfristigen Ermittlungen anstellen möchte. Andererseits muss der Geschädigte aber auch ein Interesse daran haben, einen möglichst hohen Restwert beim Verkauf zu erzielen. Dies gilt vornehmlich dann, wenn er aufgrund einer teilweisen Mithaftung die Differenz zwischen Wiederbeschaffungs- und Restwert nicht vollständig ersetzt bekommt. Daneben muss er dieses Interesse auch dann haben, wenn er zwar einen Anspruch auf vollständigen Schadensersatz hat, aber zu befürchten ist, das sich sein Anspruch nicht durchsetzen läßt, weil der Unfallgegner keine Versicherung hat bzw. diese aus versicherungsvertraglichen Gründen nicht einstehen muss und der Unfallgegner selbst zahlungsunfähig ist.

Unter diesen Umständen ist zu erwarten, dass ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Geschädigter mehrere Vergleichsangebote einholt und dabei alle ihm (ohne außergewöhnlichen Aufwand) zur Verfügung stehenden Mittel einsetzt. Dabei darf der Geschädigte sich auf Angebote in seiner Region beschränken, da die Einholung von überregionalen Angeboten und die Abwicklung eines Verkaufs mit einem nicht regionalen Händler in der Regel einen erheblichen höheren Aufwand mit sich bringt. Innerhalb der von ihm bewohnten Region hat er jedoch alle sich bietenden, ihm offenstehenden Verkaufsmöglichkeiten in seine Überlegungen und Bemühungen miteinzubeziehen. Dazu gehören nach Ansicht der Kammer neben den Angeboten der allgemeinen Fahrzeughändler, die Neu- und Gebrauchtwagenfahrzeuge anbieten, die allgemeinen Gebrauchtwagenhändler und auch spezialisierte Restwertaufkäufer. Die Verpflichtung zur Einholung von Angeboten auch von Restwertaufkäufern kann nach Ansicht der Kammer inzwischen nicht mehr unter Hinweis auf den sogenannten Spezial- oder Sondermarkt abgelehnt werden.

Insoweit kann aufgrund der fortgeschrittenen Entwicklung des Gebrauchtwagen- bzw. Unfallfahrzeugmarktes entgegen der früheren Ansicht des Bundesgerichtshofes nicht mehr zwischen einem allgemeinen Markt ('normale' Gebrauchtwagenhändler), der für alle Personen offen ist und einem Sondermarkt (Restwertaufkäufer), der nur gewerblichen Händler offen steht, unterschieden werden (so auch OLG Düsseldorf, VersR 1998, 518). Hinzu kommt, dass ein vernünftig handelnder Geschädigter die Hilfe des Sachverständigen bzw. sein Knowhow in Anspruch nehmen würde und damit erst recht in seiner Region alle Möglichkeiten der Vermarktung nutzen kann (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O. m.w.N.). Dem steht auch nicht entgegen, dass der Sachverständige im Rahmen des konkreten Gutachtenauftrages weder Gehilfe des Geschädigten noch des Schädigers bzw. dessen Versicherung ist. Insoweit stellt sich allein die Frage, ob dem Geschädigten zumutbar ist, über den konkreten Gutachtenauftrag hinaus die Hilfe des Sachverständigen bei der Vermarktung seines Fahrzeugs in Anspruch zu nehmen. Dem steht nach Ansicht der Kammer kein tragendes Argument entgegen. Insoweit stellt die Einbeziehung von spezialisierten Restwertaufkäufer keinen wesentlich zeitaufwendigeren oder risikoreicheren Weg der Verwertung dar. Die dem Sachverständigen gegenüber abgegebenen Angebote sind bereits in der Welt und müssen vom Geschädigten in der Regel lediglich angenommen werden, etwaige praktische Probleme der tatsächlichen Abwicklung gestalten sich gegenüber einem spezialisierten Restwertaufkäufer nicht anders als gegenüber einem allgemeinen Händler und halten sich bei örtlichen nahen Händlern, auf die hier sowohl bei den Spezialisten als auch bei den allgemeinen Händlern abzustellen ist, in Grenzen. Soweit bei der Einbeziehung von spezialisierten Restwertaufkäufern das Risiko verbleibt, dass der eine oder andere 'Bietende' sich später bei einer Annahme an sein Angebot nicht mehr gebunden fühlt, ist dieses Risiko nicht höher als bei 'normalen' Händlern zu bewerten und kann zudem durch einen noch vorzunehmenden Sicherheitsabschlag vom ermittelten Höchstrestwert erheblich vermindert werden.

Soweit die Gegenmeinung daran festhält, dass der Sachverständige auf die Einbeziehung von spezialisierten Restwertaufkäufern verzichten kann, muss sie sich vielmehr fragen lassen, warum sie überhaupt ein Sachverständigengutachten für die Bewertung des Restwertes eines Pkws für erforderlich erachtet, wenn der Sachverständige bei seinen Ermittlungen nur diejenigen Erkenntnismöglichkeiten einsetzen soll, die auch dem Geschädigten bzw. Laien zur Verfügung stehen. In diesem Fall könnte man auf die Einschaltung eines Sachverständigen verzichten und es dem Geschädigten überlassen, ob er die Angebote selbst einholt und einen anderen 'Laien' dazu beauftragt, der ein wesentlich geringeres Honorar als ein fachlich geschulter Sachverständiger verlangen würde.

Unter diesen Voraussetzungen hat daher der beauftragte Sachverständige in seiner bzw. der Region des Geschädigten alle Möglichkeiten der Vermarktung einschließlich der Einholung von Angeboten spezieller Restwertaufkäufer einzuholen (so auch LG Koblenz, VersR 2003, 1050; LG Gießen, VersR 2002, 328; LG Saarbrücken, Schaden-Praxis 2001, 104; a.A. OLG Köln VersR 2004, 1145). Hierzu gehört auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Recherchemöglichkeiten im Internet und der Einholung von Angeboten auf sogenannten Onlinebörsen, da von einem Fachmann eine zeitgemäße Ausübung seiner Tätigkeit gefordert werden kann (vgl. LG Koblenz a.a.O.). Zwar kann der Sachverständige bei seinen Online-Recherchen die Angebote überregionaler Aufkäufer bzw. solcher aus anderen Regionen unter dem Gesichtspunkt der örtlichen Bezogenheit außer Betracht lassen; er muss jedoch wenigstens die Möglichkeit von Online-Angeboten regionaler Anbieter in seine Ermittlung mit einbeziehen.

Dieser Verpflichtung ist der Beklagte bereits nach seinem eigenen Vortrag nicht nachgekommen, so dass eine objektive Pflichtverletzung gegeben ist. Die objektive Pflichtverletzung indiziert hier das Verschulden des Beklagten im Sinne des § 276 BGB. Dabei kann sich der Beklagte auch nicht deshalb auf ein fehlendes Verschulden berufen, weil immer noch zahlreiche Urteile den von ihm eingeschlagenen Weg als ausreichend erachten würden (a.A. LG Mainz ZfS 1999, 379). Dies wäre nach Ansicht der Kammer allenfalls dann anzuerkennen, wenn bisher keine Gerichtsentscheidungen bekannt geworden wären, welche die (bisherige) Ansicht der Kammer teilen. Dies ist jedoch gerade im Hinblick auf die im Hinweisbeschluss genannten, veröffentlichten Entscheidungen nicht anzunehmen. Erst recht ist die Andeutung des Beklagten, dass diese Kammer des Landgerichts eine völlig neue Rechtsansicht entwickelt habe, nicht nachzuvollziehen. In Anbetracht der sich ständig ändernden Marktverhältnisse und zahlreicher von den früheren Entscheidungen des Bundesgerichtshofes abweichenden Gerichtsentscheidungen darf sich der Sachverständige nicht mehr darauf verlassen, dass eine damals getroffene Grundsatzentscheidung unabänderbar bestehen bleibt. Er muss vielmehr - wie andere Berufsstände auch - seine Tätigkeit immer wieder neu auf veränderte Umstände bzw. Rahmenbedingungen einstellen und bei umstrittener Beurteilung seines Pflichtenkreises den sicheren Weg wählen. Tut er dies nicht, beachtet er nicht mehr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt und handelt damit fahrlässig.

2. Durch die Pflichtverletzung des Beklagten hat die Klägerin einen Schaden in Höhe von 1.800,00 EUR erlitten.

Die Klägerin hat bewiesen, dass für das streitgegenständliche Fahrzeug ein um 1,800 EUR höherer Restwert erzielbar war als vom Beklagten damals angenommen, so dass die Klägerin diesen Differenzbetrag aufgrund des insoweit mangelhaften Gutachtens des Beklagten an den Zeugen ausgekehrt hat.

Insoweit hat der gerichtlich beauftragte Sachverständige überzeugend ausgeführt, dass für das streitgegenständliche Fahrzeug im Februar 2002 ein Restwert von 3.000 EUR erzielbar war. Diese Begutachtung legt die Kammer ihrer Entscheidung ohne Einschränkung zugrunde. Der Sachverständige hat sich ausreichend an sämtliche rechtliche Vorgaben der Kammer gehalten und sich im Übrigen auch überzeugend mit den gegen sein Gutachten erhobenen Einwendungen des Beklagten auseinandergesetzt.

Der Vorwurf des Beklagten, dass den vom Sachverständigen angefragten Aufkäufern keine aussagekräftigen Lichtbilder vorgelegen hätten, ist haltlos. Soweit dieser zur Begründung auf die Ausführungen des Sachverständigen (auf Seite 1) verweist, erfolgt die Wiedergabe unvollständig, weil der Sachverständige zunächst ausführt, dass die durch Rechtsanwalt übermittelten Lichtbilder für eine Vervielfältigung nicht geeignet seien. Demgegenüber hat der Sachverständige nach seinen weiteren zutreffenden Ausführungen nach Rücksprache mit dem Gericht vom Beklagten eine Diskette mit Lichtbildern angefordert und auch bekommen. Mit Hilfe dieser Diskette konnte der Sachverständige dann den von ihm befragten Aufkäufern dieselben aussagekräftigen Lichtbilder vorlegen wie es der Beklagte selbst bei seiner damaligen Begutachtung konnte. Soweit hier aussagekräftige Lichtbilder vom Innenraum fehlten, standen diese auch dem Beklagten nicht zur Verfügung, weil er selbst keine angefertigt hat. Die weiteren mit den Lichtbildern verbundenen Einwendungen und Fragen des Beklagten haben sich damit erledigt.

Ebensowenig beachtlich ist im Ergebnis der Einwand des Beklagten, dass die vom Sachverständigen befragten potentiellen Aufkäufer 'Luftangebote' abgegeben hätten. Zwar weist der Beklagte insoweit zutreffend darauf hin, dass die angefragten Aufkäufer bei der Abgabe ihres jeweiligen Angebots kein Risiko eingegangen sind, weil das beurteilte Fahrzeug nicht mehr für eine tatsächliche Veräußerung zur Verfügung stand. Dieses Problem besteht bei der hier erforderlich gewordenen sachverständigen Begutachtung immanent und betrifft grundsätzlich jeden Sachverständigen. Dem kann lediglich dadurch hinreichend begegnet werden, dass der Sachverständige sich darauf beschränkt - wie hier nach seinen weiteren Ausführungen geschehen -, solvente und vertrauenswürdige Aufkäufer anzufragen, mit denen der Sachverständige seit langen zusammenarbeitet und deshalb die Ernsthaftigkeit und Seriosität der 'risikolosen' Angebote beurteilen kann. Dies stellt auch einen nachvollziehbaren Unterschied zu etwaigen potentiellen Aufkäufern in Online-Börsen dar, welche der Sachverständige nicht hinreichend kennen kann bzw. muss. Insoweit hat der Sachverständige aus Sicht der Kammer sehr wohl ausreichend begründet, warum die nachträgliche Anfrage im Rahmen von Online-Börsen für die geforderte Begutachtung keine verwertbaren Ergebnisse erzielen würde und er deshalb davon abgesehen hat. Dies gilt insbesondere vor dem unbestrittenen Tatsachenhintergrund, dass rückdatierte Anfragen in Internetbörsen nicht möglich sind.

Soweit der Beklagte diesbezüglich weiter beklagt, dass die angefragten Firmen 'Gefälligkeitsangebote' abgegeben hätten, kann dies ebenfalls nicht nachvollzogen werden. Es ist nicht erkennbar und wird vom Beklagten auch nicht näher dargelegt, welches Interesse die angefragten Firmen haben sollten, ein überhöhtes, unrealistisches Angebot abzugeben. Ein solcher Vorwurf ist unter den gegebenen Umständen ebenso haltlos wie der denkbare Vorwurf der Gegenseite, die angefragten Firmen hätten aus 'Gefälligkeit' ein zu niedriges Angebot abgegeben.

Weiterhin wird die Überzeugungskraft der sachverständigen Ausführungen bzw. des Gutachtenergebnisses auch nicht durch den Umstand geschwächt, dass zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedlich hohe Restwertangebote für dasselbe Fahrzeug abgegeben werden, wie das vom Beklagten angeführte Beispiel als auch die Angebote der Fa. für das streitgegenständliche Fahrzeug zeigen. Insoweit ist - wie der Sachverständige weiter überzeugend ausgeführt hat - zu beachten, dass die Höhe des Angebots von zahlreichen Faktoren abhängig ist. Hierzu gehört neben der Frage, wie der Aufkäufer mit dem Unfallfahrzeug umgeht, auch die Frage nach der Auslastung des Aufkäufers sowie die Frage nach dem vom Aufkäufer bedienten Interessentenkreis. Zwar stellt sich damit immer das Problem, dass eine Marktuntersuchung nur eine Momentaufnahme aufzeigt und nicht in der Lage sein kann, ein exaktes und als einzig richtig anzusehendes Ergebnis zu erbringen. Wollte man diese Unsicherheit allein schon ausreichen lassen, ein Gutachten für ungenügend zu erachten, würde die vom Beklagten geäußerte Kritik für sein eigenes Gutachten erst recht gelten. Dem Problem der Marktschwankungen und daraus resultierenden Unsicherheiten bei der Bestimmung eines Wertes kann zunächst nur durch eine möglichst breite Streuung von Anfragen nach Restwertangeboten begegnet werden. Weiterhin sind die eingeholten Angebote kritisch dahingehend zu bewerten, dass sogenannte Ausreißerangebote außer Betracht bleiben und aus den verbleibenden Angeboten ein Mittelwert zu bilden ist. Zwar ist davon auszugehen, dass ein vernünftig handelnder Geschädigter sein Unfallfahrzeug in der Regel nicht zum Durchschnittspreis, sondern zum Höchstgebot verkauft, allerdings verbleibt - wie bereits oben ausgeführt - bei der für den Geschädigten in der Regel gewünschten, wenn nicht sogar erforderlichen kurzfristigen Realisierung der Restverwertung das Risiko, dass sich nicht jedes von einem Händler unterbreitete Angebot auch tatsächlich realisieren läßt. Diesem Problem soll mit der vorzunehmenden Ermittlung des Mittelwertes ebenso begegnet werden, wie den sich aus den üblichen Marktschwankungen ergebenden Abweichungen bei etwaigen Angeboten. Auch diesen Anforderungen an die Begutachtung wurde der Sachverständige vollständig gerecht.

Letztlich kann entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht davon ausgegangen werden, dass die vom Beklagten ermittelten Restwerte (aus Februar 2002) aufgrund des zeitlichen Ablaufs nicht mehr mit den von der Klägerin im Mai 2002 bzw. vom Sachverständigen im Juni 2004 eingeholten Angeboten vergleichbar seien. Dies wäre allenfalls dann der Fall, wenn sich die Gebrauchtwagenpreise allgemein oder wenigstens die Unfallfahrzeugpreise allgemein nach oben oder nach unten entwickelt hätten. Eine entsprechend Nachfrage des Gerichts hat der Sachverständige jedoch nachvollziehbar verneint. Insoweit verwies der Sachverständige nicht nur auf seine eigenen Erfahrungen, sondern auch auf die Marktberichtsliste DAT-Schwacke. Soweit der Beklagte hieran weiterhin Zweifel äußert, wird seine Andeutung, dass es doch eine bestimmte Entwicklung gegeben habe, in keiner Weise näher erläutert oder gar statistisch belegt. Soweit die Kammer im Rahmen der mündlichen Anhörung auf die Änderung des Gewährleistungsrechtes und einen möglichen Einfluss auf den allgemeinen Gebrauchtwagenmarkt verwies, führt der Sachverständige auch hier überzeugend aus, dass das Gewährleistungsrecht auf dem Gebiet der Unfallfahrzeuge praktisch keine Rolle spiele. Dasselbe gilt für Unfallfahrzeuge auch bezogen auf die Jahreszeit bzw. den Monat, da dies ebenfalls für Unfallfahrzeugaufkäufer nicht von besonderem Interesse ist.

3. Der Ersatzanspruch der Klägerin mindert sich hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 599,84 EUR durch die vom Beklagten (hilfsweise) erklärte Aufrechnung mit seinem Vergütungsanspruch.

Die Klägerin hat die Kosten für das dem Geschädigten zu erstattende Honorar des Beklagten unstreitig noch nicht ausgeglichen. Weiterhin erhebt die Klägerin keine Einwendungen gegen die Aktivlegitimation oder Berechnung der Sachverständigenvergütung. Soweit das Gutachten aus den oben genannten Gründen teilweise mangelhaft war, berührt dies den Honoraranspruch des Beklagten nicht. Da die Ermittlung des Restwertes nur einen Teil der Sachverständigenleistung darstellt und er seine übrige Leistung unstreitig mangelfrei erbracht hat, kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass das Gutachten bzw. die Leistung des Sachverständigen insgesamt von vornherein wertlos war. Soweit die Leistung des Sachverständigen fehlerhaft war, rechtfertigt dies lediglich eine Ersatzpflicht bezüglich der durch den Fehler verursachten Schäden, d.h. die Klägerin ist so zu stellen, wie sie ohne die Pflichtverletzung stehen würde. Ohne die Pflichtverletzung des Beklagten wäre aber mangels entgegenstehender Anhaltspunkte dasselbe Honorar zu zahlen gewesen, so dass das Honorar (oder ein Teil davon) keine Schadensposition darstellen kann.

4. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 280, 286, 288 BGB.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 96 ZPO. Dabei waren die Kosten der Beweisaufnahme gemäß § 96 ZPO jeweils derjenigen Partei aufzuerlegen, welche im Rahmen der Beweiserhebungen mit ihren Angriffs- bzw. Verteidigungsmitteln in vollem Umfang unterlegen war.

Die Entscheidung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV. Die Revision ist hier zuzulassen, weil eine Entscheidung über den Umfang der Pflichten eines Sachverständigen bei der Ermittlung des Restwertes von grundsätzlicher Bedeutung ist, die unterschiedlichen Entscheidungen der verschiedene Gerichte unterschiedlicher Instanzen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zuwiderlaufen und eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs, welche sich auch mit den neueren Entwicklungen des Marktes sowie der neueren Rechtsprechungstendenz ab 2002 auseinandersetzt, nicht bekannt ist.

V. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 19 Abs. 3 GKG a.F.