Landgericht Duisburg
Entscheidung vom 21.03.2011, Az.: 2 O 7/09
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig voll-streckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 01.02.2006, bei dem die Beklagte zu 1) mit einem bei der Beklagten zu 2) versicherten Pkw auf das Fahrzeug der Klägerin aufgefahren war. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.
Nachdem die Klägerin vor dem Amtsgericht Duisburg Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1.000,- EUR wegen einer HWS-Distorsion erhoben hatte, zahlte die Beklagte zu 2) 700,- EUR. Die Klage wurde sodann zurückgenommen.
Die Klägerin verlangt nun ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 12.000,- EUR, Schadensersatz sowie Feststellung der weiteren Ersatzpflicht für immaterielle Schäden.
Die Klägerin behauptet, sie habe aufgrund des Unfalles neben der HWS-Distorsion einen Bandscheibenvorfall im Halswirbelbereich erlitten. Hierdurch seien dauerhafte Schäden entstanden, insbesondere habe sich ein chronisches Schmerzbild eingestellt. Ihre Erwerbsfähigkeit sei gemindert.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie, die Klägerin, ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, welches in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch in Höhe von 12.000,- EUR, sowie Kosten der Behandlung der Klägerin in Höhe von 275,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen weiteren immateriellen Schaden zu ersetzen, der aus dem Verkehrsunfall mit der Beklagten zu 1) vom 01.02.2006 in Duisburg zukünftig noch entstehen wird.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, der Bandscheibenvorfall sei auf eine degenerative Veränderung (Osteochondrose) zurückzuführen.
Es ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung des Zeugen und durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2009, Bl. 103 ff. d. A., und auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. vom 20.05.2010 (im Anlagenband).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten keine Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB i. V. m. § 3 Nr. 1, 2 PflVG.
Voraussetzung für diese Ansprüche ist, dass die Beklagte zu 1) den Körper oder die Gesundheit der Klägerin verletzt hat. Diese Voraussetzung ist aber nur im Hinblick auf die HWS-Distorsion der Fall. Der Anspruch wurde durch die Zahlung von 700,- EUR bereits vollständig ausgeglichen.
Der nunmehr geltend gemachte und auf den Bandscheibenvorfall gestützte Anspruch steht der Klägerin hingegen nicht zu.
Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht fest, dass der Verkehrsunfall für den Bandscheibenvorfall ursächlich war.
Die Klägerin hat den ihr obliegenden Nachweis der Ursächlichkeit des Auffahrunfalls für die von ihr behauptete schädigende Folge des Bandscheibenvorfalls nicht geführt.
Da der Auffahrunfall nach dem unstreitigen Sachverhalt zu einer Primärverletzung der Klägerin geführt hatte, die ansonsten nach § 286 ZPO im Wege des Vollbeweises nachzuweisen war, war der von der Klägerin behauptete Bandscheibenvorfall mit dem Beweismaß des § 287 Abs. 1 BGB nachzuweisen, der nicht auf Folgeschäden einer einzelnen Verletzung beschränkt ist, sondern auch die neben der feststehenden Körperverletzung entstehenden weiteren Schäden aus derselben Schädigungsursache umfasst (vgl.OLG Frankfurt, Urteil vom 01.04.2009, Az. 7 U 163/08 m. w. N.). Dieser Beweis ist nur dann als geführt anzusehen, wenn eine erhebliche, überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass der Auffahrunfall den Bandscheibenvorfall der Klägerin herbeigeführt hat (vgl. OLG Frankfurt, a. a. O.; KG Berlin, Beschluss vom 03.12.2009, Az. 12 U 232/08; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 11.11.2010, Az. 12 U 33/10).
Diesen Nachweis hat die Klägerin nicht erbracht.
Das hierzu eingeholte gerichtliche Gutachten des Sachverständigen Dr. hat nicht den erforderlichen Nachweis einer Unfallkausalität für den aufgetretenen Bandscheibenvorfall ergeben.
Der Sachverständige kam vielmehr zu dem Ergebnis, dass die Beschwerden sich nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich oder teilursächlich auf den Unfall zurückzuführen lassen. Denn bei der Klägerin bestand unzweifelhaft bereits vor dem Unfall eine strukturelle Veränderung der Halswirbelsäule im Sinne degenerativer bandscheibenbedingter Schäden. Zum Entstehen dieser Schäden bedarf es nach Feststellung des Sachverständigen langer Zeit, sogar mehrerer Jahre, so dass die keine Folge des Unfalles sein können.
Das Gericht schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen an. Sie sind schlüssig, gut begründet und auch für den medizinischen Laien nachvollziehbar.
Da nicht ersichtlich ist, dass aus dem Unfallereignis noch weitere immaterielle Schäden entstehen, ist der gemäß § 256 ZPO zulässige Feststellungsantrag ebenfalls unbegründet.
Ein Anspruch auf Ersatz der Nebenforderungen besteht nicht, da die Hauptforderungen nicht bestehen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 ZPO.
Streitwert: 13.275,- EUR