Landgericht Hamburg
Entscheidung vom 21.03.2012, Az.: 608 KLs 8/11
Tenor
Es sind schuldig:
der Angeklagte S des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gewerbsmäßiger strafbarer Kennzeichenverletzung und in einem Fall in Tateinheit mit gewerbsmäßiger strafbarer Kennzeichenverletzung und gewerbsmäßiger unerlaubter Verwertung, sowie des Betrugs,
der Angeklagte S des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gewerbsmäßiger strafbarer Kennzeichenverletzung und gewerbsmäßiger unerlaubter Verwertung, sowie des Betrugs,
der Angeklagte M der Beihilfe zum gewerbs- und bandenmäßigen Betrug in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gewerbsmäßiger strafbarer Kennzeichenverletzung und gewerbsmäßiger unerlaubter Verwertung,
der Angeklagte S der Beihilfe zum Betrug,
der Angeklagte S der Beihilfe zum Betrug in drei Fällen,
die Angeklagten H und K der Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen.
Es werden verurteilt:
der Angeklagte S zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 (drei) Jahren 9 (neun) Monaten,
der Angeklagte S zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 (einem) Jahr 10 (zehn) Monaten,
der Angeklagte M zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 (einem) Jahr 5 (fünf) Monaten,
der Angeklagte S zu einer Freiheitsstrafe von 1 (einem) Jahr,
der Angeklagte S zu einer Gesamtgeldstrafe von 130 (einhundertdreißig) Tagessätzen zu je EUR 20,00,
der Angeklagte H zu einer Gesamtgeldstrafe von 140 (einhundertvierzig) Tagessätzen zu je EUR 20,00.
Den Angeklagten S und H wird gestattet, die Geldstrafe in monatlichen Raten von EUR 100,00, beginnend am 15. des auf die Rechtskraft folgenden Monats, zu zahlen. Diese Vergünstigung entfällt, wenn der jeweilige Angeklagte mit einer Rate mehr als zwei Wochen in Rückstand kommt.
Der Angeklagte K wird verwarnt. Die Verurteilung zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 (einhundertzwanzig) Tagessätzen zu je EUR 10,00 bleibt vorbehalten.
Die Vollstreckung der gegen die Angeklagten S, S und M verhängten (Gesamt-)Freiheitsstrafen wird zur Bewährung ausgesetzt.
Gegen die Nebenbeteiligte GmbH wird der Verfall eines Geldbetrages in Höhe von EUR 85.235,41 angeordnet.
Einer Anordnung des Verfalls gegen einzelne Angeklagte und Nebenbeteiligte stehen jeweils Ansprüche Verletzter entgegen; dem Wert des Erlangten entspricht ein Geldbetrag in Höhe von:
EUR 98.597,86 bei dem Angeklagten S,
EUR 112.479,20 bei dem Angeklagten S,
EUR 100.087,55 bei dem Angeklagten S,
EUR 7.582,83 bei der Nebenbeteiligten E ,
EUR 101.192,72 bei der Nebenbeteiligten O GmbH.
EUR 977.805,16 bei der Nebenbeteiligten O GmbH,
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens, die Angeklagten S, M und S einschließlich der den Nebenklägerinnen A S, M F und M C entstandenen notwendigen Auslagen.
Angewendete Vorschriften:
Angeklagter S:
§§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 5, 25 Abs. 2, 52, 53, 73 Abs. 1, 73a, 73c Abs. 1 StGB, § 143 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5, Abs. 2 MarkenG, §§ 106 Abs. 1, 108a Abs. 1 UrhG
Angeklagter S:
§§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 5, 25 Abs. 2, 46b, 49 Abs. 1, 52, 53, 56 Abs. 1 und Abs. 2, 73 Abs. 1, 73a, 73c Abs. 1 StGB, § 143 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 MarkenG, §§ 106 Abs. 1, 108a Abs. 1 UrhG
Angeklagter M:
§§ 263 Abs. 1 und Abs. 5, 25 Abs. 2, 27, 49 Abs. 1, 52, 53, 56 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, § 143 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 MarkenG, §§ 106 Abs. 1, 108a Abs. 1 UrhG
Angeklagter S:
§§ 263 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 und Nr. 2, 27, 49 Abs. 1, 56 Abs. 1, 73 Abs. 1, 73a, 73c Abs. 1 StGB
Angeklagte S und H:
§§ 263 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 und Nr. 2, 27, 42, 49 Abs. 1, 53 StGB
Angeklagter K:
§§ 263 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 und Nr. 2, 27, 49 Abs. 1, 53, 59 Abs. 1 StGB
Nebenbeteiligte E , O GmbH, O GmbH und X GmbH:
§§ 73 Abs. 1 und Abs. 3, 73a, 73c Abs. 1 StGB
Entscheidungsgründe
(hinsichtlich der Nebenbeteiligten abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
I. Zusammenfassung
Gegenstand des Strafverfahrens sind sogenannte Kostenfallen im Internet. Die Angeklagten S und S betrieben zwischen Anfang des Jahres 2008 und Anfang des Jahres 2010 gemeinsam drei verschiedene Projekte, die derartige Kostenfallen zum Inhalt hatten, wobei sie von den übrigen fünf Angeklagten in unterschiedlichem Umfang unterstützt wurden. Dabei handelte es sich um die Internetauftritte der Online P C (Fall 1) sowie die Internetauftritte www..de (Fall 2) und www.de (Fall 3).
Die Funktionsweise der Kostenfalle war in allen drei Fällen identisch. Stets boten die Angeklagten auf ihren Internetseiten Leistungen an, die im Internet in vergleichbarer Form vielfach und ohne Aufwand kostenlos erhältlich waren. Im Falle der Online P C handelte es sich um sogenannte Sinnlos-Angebote (z.B. einen „Liebestest“ oder einen „Sextest“) und um Datenbanken mit im Internet allgemein zugänglichen Informationen (z.B. eine Märchen- oder Zitatesammlung). Bei .de und .de boten die Angeklagten sogenannte Freeware zum Herunterladen an, d.h. Computerprogramme, die im Internet kostenlos vertrieben werden (z.B. die Programme Adobe Reader oder Mozilla Firefox). Um die Leistung zu erhalten, mussten die Nutzer auf einer Anmeldeseite ihre persönlichen Daten eingeben. Auf der Anmeldeseite befand sich ein zwar nicht deutlich hervorgehobener, aber bei sorgfältiger Prüfung der Seite durchaus erkennbarer Kostenhinweis, wonach der Anmelder einen Vertrag mit einer einjährigen Laufzeit abschließe und sich zur Zahlung von EUR 60,- bzw. EUR 84,- verpflichte. Dabei wussten die Angeklagten, dass sich – von vereinzelten Ausnahmen abgesehen – kein Besucher anmelden würde, der den Kostenhinweis gelesen hatte. Das gesamte Geschäftsmodell beruhte darauf, bei möglichst vielen Besuchern der Seiten die angesichts der angebotenen Leistung naheliegende Vorstellung hervorzurufen oder zu unterhalten, dass es sich um ein kostenloses Angebot handele. Die Angeklagten hatten die Absicht, möglichst viele Besucher, die den Kostenhinweis nicht gesehen hatten und daher nicht von einem kostenpflichtigen Angebot ausgingen, zu Anmeldungen zu veranlassen. Sobald sich Besucher aufgrund dieser Fehlvorstellung angemeldet hatten, schickten ihnen die Angeklagten eine Rechnung über ein „Nutzungsentgelt“, obwohl sie davon ausgingen, dass die Anmelder nie einen entgeltlichen Vertrag abschließen wollten. Wenn die Anmelder nicht bezahlten, folgten mehrere Mahnungen und Inkassoschreiben, in denen für den Fall der Nichtzahlung Weiterungen angedroht wurden. Zusätzlich betrieben die Angeklagten ein Callcenter mit einer kostenpflichtigen Hotline, dessen Mitarbeiter die Beschwerden der Anmelder entgegennahmen und diese ebenfalls aufforderten zu bezahlen. Aufgrund der Zahlungsaufforderungen und gegebenenfalls der Auskünfte aus dem Callcenter dachten zahlreiche Anmelder, dass ihr Verhalten als verbindliche, auf den Abschluss eines entgeltlichen Vertrags gerichtete Erklärung zu verstehen gewesen sei und sie deshalb das geforderte Nutzungsentgelt schuldeten. Auf der Grundlage dieser Fehlvorstellung bezahlten sie in der Folge den geltend gemachten Forderungsbetrag.
In Fall 1 (O P Ct ) verursachten die Angeklagten einen Gesamtschaden von mindestens EUR 272.285,-; insgesamt wurden in diesem Fall mindestens 4.441 Personen geschädigt, die das geforderte Nutzungsentgelt täuschungs- und irrtumsbedingt ganz oder teilweise bezahlten. In Fall 2 (.de) entstand ein Gesamtschaden von mindestens EUR 1.485.339,-; es wurden mindestens 23.829 Personen geschädigt. In Fall 3 .de) verursachten die Angeklagten einen Gesamtschaden von mindestens EUR 2.787.919,-, wobei mindestens 32.195 Personen geschädigt wurden. Insgesamt kam es durch alle drei Taten somit zu einem Betrugsschaden von mindestens EUR 4.545.543,-. Die Angeklagten schädigten insgesamt mindestens 60.465 Personen. Dabei übersteigt der Versuchsschaden (d.h. die Summe der von den Angeklagten mit Betrugsvorsatz geltend gemachten Forderungen) den Vollendungsschaden um ein Vielfaches, da die Zahlungsquote sehr gering war und in Fall 1 durchschnittlich bei 14,28%, in Fall 2 bei 8,09% und in Fall 3 bei 8,53% lag.
Alle drei Projekte wurden von den Angeklagten S und S geleitet. Dabei war der Angeklagte S in allen Fällen der unbestrittene Anführer. Er war Initiator und Ideengeber und hatte stets das letzte Wort. Im Wesentlichen befasste er sich mit der Organisationsstruktur und der technischen Umsetzung. Obwohl er stets die Schlüsselfigur war, trat er nach außen kaum in Erscheinung.
Der Angeklagte S war der Partner und die rechte Hand des Angeklagten Sund partizipierte neben diesem als einziger unmittelbar an den Tatgewinnen. An allen wesentlichen Entscheidungen wurde der Angeklagte S beteiligt, auch wenn im Zweifel das Wort des Angeklagten S galt. Der Angeklagte S war für die Leitung des Tagesgeschäfts und für die Kommunikation mit Steuerberatern, Rechtsanwälten und Werbepartnern verantwortlich. Er leitete zunächst auch das Callcenter, bis der Angeklagte M diese Aufgabe übernahm.
Der Angeklagte M war ab dem Projekt .de als Leiter des Callcenters tätig. Außerdem bewarb er die Internetseiten von .de.
Bei dem Angeklagten S handelt es sich um einen Rechtsanwalt, der die Angeklagten S und S bei der Durchführung des Inkassoverfahrens für .de unterstützte. Hierzu stellte er im Wesentlichen seinen Namen und seinen Rechtsanwaltstitel zur Verfügung, damit unter dem Briefkopf der „Rechtsanwaltskanzlei S“ Inkassoschreiben verschickt werden konnten.
Die Angeklagten S, H und K waren Scheingeschäftsführer von Gesellschaften, die von den Angeklagten S und S beherrscht wurden. Der Angeklagte S war Scheingeschäftsführer der O P C , die die Internetauftritte in Fall 1 betrieb. Die Angeklagten H und K stellten sich als Scheingeschäftsführer für Abrechnungsgesellschaften zur Verfügung, über die die Zahlungen der Anmelder abgerechnet wurden. Außerdem waren alle drei Angeklagten im Callcenter tätig.
Von der Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO ausgenommen worden sind die das Projekt „W“ betreffenden Anklagevorwürfe. Außerdem ist das Verfahren gemäß § 154a Abs. 2 StPO hinsichtlich der Vorwürfe der gewerbsmäßigen strafbaren Kennzeichenverletzung und der gewerbsmäßigen unerlaubten Verwertung auf die die Nebenklägerinnen betreffenden Vorwürfe beschränkt worden.
Die Kammer hat mit allen sieben Angeklagten Verständigungen gemäß § 257c StPO getroffen. Dementsprechend beruhen die Feststellungen des Urteils im Wesentlichen auf den in der Hauptverhandlung abgelegten Geständnissen.
II. Zur Person
Zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:
1. Angeklagter S
Der Angeklagte S wurde am in L geboren und ist deutscher Staatsbürger. Er ist ledig und hat keine Kinder.
Der Angeklagte besuchte das Gymnasium bis zur zehnten Klasse. Dann brach er die Schule ab und machte sich mit Internetdienstleistungen selbständig. Zunächst betrieb er eine Internetseite mit Wertpapierinformationen, deren Inhalt er selbst erstellte. Ab 2007 gestaltete er für kleine und mittelständische Unternehmen Internetseiten. Er beschäftigte bis zu vier freie Mitarbeiter und verdiente mit dieser Tätigkeit im Jahr 2007 ca. EUR 80.000,- netto. Im selben Jahr begann er, Internetseiten mit kostenpflichtigen Inhalten zu betreiben, bei denen es sich um Vorläufer zu den verfahrensgegenständlichen Seiten handelte.
Vom 05.02.2011 bis zur Außervollzugsetzung des Haftbefehls am 21.03.2012 befand sich der Angeklagte S in dieser Sache in Untersuchungshaft. Er verfügt derzeit über kein Einkommen und besitzt – soweit ersichtlich – über die in diesem Verfahren gepfändete Bankforderung hinaus keine Vermögenswerte. Das Finanzamt L nimmt ihn wegen Steuerforderungen in Höhe von ca. EUR 160.000,- in Anspruch, die im Zusammenhang mit den abgeurteilten Taten stehen.
Der Angeklagte S ist wie folgt vorbestraft:
Am 18.03.2004 verurteilte ihn das Amtsgericht Lüneburg wegen Betrugs zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen. Das Urteil ist seit dem 26.03.2004 rechtskräftig.
Am 06.03.2006 verurteilte ihn das Amtsgericht Lüneburg wegen Betrugs zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen. Das Urteil ist seit dem 14.03.2006 rechtskräftig.
Am 04.04.2008 erließ das Amtsgericht Lüneburg gegen ihn einen am 17.12.2008 in Rechtskraft erwachsenen Strafbefehl, in dem es wegen Ausspähens von Daten in Tateinheit mit Computerbetrug eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen verhängte. In dem Strafbefehl wird dem Angeklagten S folgendes Tatgeschehen zwischen dem 06.01.2004 und dem 19.03.2005 zur Last gelegt:
„Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im oben genannten Zeitraum verschafften Sie sich u.a. unter Verwendung des Computers Ihres Vaters, G S, Zugang zur durch Passwörter geschützten Abrechnungsdatenbank der M GmbH, welche für die Geschädigten A J, A Ltd., T S, D GmbH & Co. KG und M G die Umsätze derer kostenpflichtigen Internetinhalte abrechnete und dabei Provisionen an Werber auszahlte. Hier trugen Sie fiktive Personaldaten als Werber diverser Kunden der Geschädigten ein, wobei Sie als Kontoverbindung das Girokonto des R K [...] angaben, wodurch diesem Konto, zu welchem Sie Zugang hatten, im Zeitraum vom 07.12.2004 bis 18.02.2005 Provisionen zu Lasten des Geschädigten A J in Höhe von 100,60 Euro, zu Lasten der A Ltd. in Höhe von 1.865,37 Euro, zu Lasten des Geschädigten T S in Höhe von 2.512,81 Euro, zu Lasten der D GmbH & Co. KG in Höhe von 798,98 Euro und zu Lasten des Geschädigten M G in Höhe von 1.349 Euro, insgesamt somit 6.626,89 Euro gutgeschrieben wurden. Über diese Summe verfügten Sie in der Folgezeit durch Barabhebungen und Überweisungen, mit denen Sie Ihre Rechnungen bezahlten.“
2. Angeklagter S
Der nicht vorbestrafte Angeklagte S wurde am in L geboren und ist deutscher Staatsbürger. Er ist ledig und hat keine Kinder.
Der Angeklagte S erwarb den Erweiterten Sekundärabschluss I und besuchte sodann für zwei Jahre die Höhere Handelsschule. In der Folge absolvierte er bei der D erfolgreich eine dreijährige Ausbildung zum Versicherungskaufmann. Nach der Ausbildung wurde er übernommen und arbeitete dort für weitere zwei Jahre. Dann wechselte er zur N Versicherung, wo er zum Organisationsleiter im Bereich Autohausvertrieb befördert wurde. Diese Stelle gab der Angeklagte S im Sommer des Jahres 2008 auf, da ihm für seine Arbeit neben der Tätigkeit für die verfahrensgegenständlichen Projekte keine Zeit mehr blieb.
Vom 05.02.2011 bis zur Außervollzugsetzung des Haftbefehls am 04.03.2011 befand sich der Angeklagte S in dieser Sache in Untersuchungshaft.
In der Folge fand der Angeklagte S eine Anstellung als Spielhallenaufsicht, mit der er monatlich ca. EUR 1.500,- netto verdiente. Wegen der bevorstehenden Hauptverhandlung in diesem Verfahren wurde ihm jedoch im September 2011 gekündigt. Derzeit arbeitet der Angeklagte S als Barmann in einer Discothek und verdient monatlich EUR 400,- netto. Außerdem unterstützen ihn seine Eltern mit monatlichen Zahlungen in Höhe von ca. EUR 400,-. Seine Wohnungsmiete in Höhe von monatlich EUR 590,- wird ebenfalls von seinen Eltern bezahlt. Er hat Arbeitslosengeld II beantragt, das aber noch nicht bewilligt worden ist. Abgesehen von der in diesem Verfahren gepfändeten Bankforderung ist er vermögenslos.
Das Finanzamt L macht gegen den Angeklagten S derzeit Steuerforderungen in Höhe von ca. EUR 60.000,- geltend. Diese Forderungen stehen in Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Projekten.
3. Angeklagter M
Der nicht vorbestrafte Angeklagte M wurde am in T (R) geboren. Im Alter von acht Jahren kam er als Spätaussiedler nach Deutschland und erhielt die deutsche Staatsbürgerschaft. Er hat keine Kinder und ist ledig, lebt jedoch in einer festen Partnerschaft.
Der Angeklagte M erwarb den Erweiterten Realschulabschluss und absolvierte die elfte Klasse eines Wirtschaftsgymnasiums. Er schloss eine dreijährige Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten ab und arbeitete dann für sieben Monate bei der B M. In 2004 nahm er ein Studium an einer Fachhochschule für Wirtschaftsrecht auf mit den Schwerpunkten Personalmanagement und internationaler Wirtschaftsverkehr, das er im Frühjahr 2009 abschloss.
Derzeit bezieht der Angeklagte M Arbeitslosengeld II. Zusätzliche Einnahmen in Höhe von EUR 7,- brutto pro Stunde erzielt er durch eine Teilzeitbeschäftigung als Callcenter-Agent. Er verfügt über kein Vermögen, hat jedoch BaFöG-Schulden in Höhe von EUR 3.000,- bis EUR 4.000,-.
4. Angeklagter S
Der Angeklagte S wurde am in H geboren. Er ist deutscher Staatsbürger und hat keine Kinder. Der Angeklagte S ist verheiratet, lebt derzeit jedoch von seiner Ehefrau getrennt.
Nachdem der Angeklagte S das Gymnasium mit dem Abitur abgeschlossen hatte, studierte er Jura an der Universität H und bestand das Erste Staatsexamen mit der Note „ausreichend“. Sodann absolvierte er das Referendariat in N-W. Dort bestand er das Zweite Staatsexamen im Jahre 2007 ebenfalls mit der Note „ausreichend“. Im März 2007 wurde der Angeklagte S in H als Rechtsanwalt zugelassen. Er absolvierte einen Fachanwaltskurs zum Gesellschafts- und Handelsrecht, legte jedoch die Prüfung nicht ab. Da es ihm in der Folge nicht gelang, eine Anstellung als Rechtsanwalt zu finden, verdiente er seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten im Bereich der Produktvermarktung, bis er im Jahre 2009 begann, an den verfahrensgegenständlichen Projekten mitzuwirken. Neben seiner Inkasso-Tätigkeit für diese Projekte bearbeitete er ungefähr zehn Mandate als selbständiger Rechtsanwalt. Im Frühjahr des Jahres 2009 verstarb die Mutter des Angeklagten, was ihn erheblich belastete.
Derzeit ist der Angeklagte S als selbständiger Rechtsanwalt tätig und verdient monatlich zwischen EUR 1.000,- und EUR 2.000,- netto. Seine Ehefrau arbeitet als Flugbegleiterin und verdient monatlich ca. EUR 1.300,- netto. Der Angeklagte verfügt über keine Vermögenswerte und hat keine Schulden. Die in diesem Verfahren gepfändeten Bankforderungen rühren aus dem Projekt .de her und beziehen sich auf Gelder, die er an die Angeklagten Si und S bzw. an von diesen beherrschte Gesellschaften hätte weiterleiten sollen.
Der Angeklagte S ist vorbestraft. Am 26.07.2010 verurteilte ihn das Amtsgericht Hamburg-St. Georg wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen. Das Urteil ist seit dem 02.09.2010 rechtskräftig. Die Geldstrafe hat der Angeklagte S vollständig bezahlt.
Gegen den Angeklagten S wurde wegen der in dem vorliegenden Verfahren erhobenen Vorwürfe bislang kein berufsrechtliches Verfahren eingeleitet.
5. Angeklagter S
Der nicht vorbestrafte Angeklagte S wurde am in L geboren und ist deutscher Staatsbürger. Er ist ledig und hat keine Kinder.
Nach Erwerb des Hauptschulabschlusses absolvierte der Angeklagte S ein Berufsgrundbildungsjahr. Dann begann er eine Ausbildung als Straßenbauer, die er jedoch im zweiten Ausbildungsjahr abbrach. Sodann begann er eine Ausbildung als Koch, die er in 2001 erfolgreich abschloss. Er arbeitete für ein Jahr als Koch in einer Gaststätte, bis der Betrieb aufgegeben wurde. Da es ihm in der Folge nicht mehr gelang, eine neue Anstellung als Koch zu finden, arbeitete er dann als Kellner. Im Jahre 2007 fing er mit einer Umschulung zum Feinwerkzeugmechaniker an, die er nach einem Betriebsunfall abbrach. Derzeit arbeitet der Angeklagte S wieder als Kellner. Er ist jedes Jahr während der Saison für fünf bis sechs Monate auf den Inseln S, A oder N tätig. Als Saisonarbeiter verdient er derzeit monatlich EUR 1.500,- brutto. Wegen Pfändungsmaßnahmen der Finanzbehörden aufgrund von Steuerforderungen in Höhe von ca. EUR 6.000,-, die aus der Tätigkeit des Angeklagten für die verfahrensgegenständlichen Projekte resultieren, bleiben ihm hiervon jedoch nur EUR 950,-. Desweiteren werden von ihm wegen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer noch Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von ca. EUR 3.500,- gefordert. Über Vermögenswerte verfügt der Angeklagte nicht.
6. Angeklagter H
Der Angeklagte H wurde am in D (E) geboren. Er ist deutscher Staatsbürger, ledig und hat keine Kinder.
Im Jahre 2002 erwarb der Angeklagte H den Erweiterten Realschulabschluss. Danach besuchte er die elfte Klasse eines Gymnasiums, brach die Schule jedoch ab. Nach Ableistung des Wehrdienstes begann er eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann, die er im Jahre 2008 erfolgreich abschloss. Von dem ausbildenden Betrieb wurde er jedoch nicht übernommen. Er war für kurze Zeit auf 400-Euro-Basis tätig und in der Folge für einige Monate arbeitslos. Im März 2009 begann er dann mit seiner Tätigkeit für die verfahrensgegenständlichen Projekte.
Derzeit arbeitet der Angeklagte H in Vollzeit als Kurierfahrer und verdient monatlich zwischen EUR 800,- und EUR 1.100,- netto. Das Finanzamt L macht gegen ihn wegen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Projekte Steuerforderungen in Höhe von ca. EUR 209.000,- geltend. Weitere Schulden hat er nicht. Er verfügt über keine Vermögenswerte.
Der Angeklagte H hat eine Vorstrafe. Das Amtsgericht Lüneburg verurteilte ihn am 23.11.2007 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen. Das Urteil ist seit dem 13.12.2007 rechtskräftig.
7. Angeklagter K
Der nicht vorbestrafte Angeklagte K wurde am in L geboren. Er ist deutscher Staatsbürger, ledig und hat keine Kinder.
Im Jahr 2002 beendete der Angeklagte K die Realschule ohne Abschluss. Er besuchte eine berufsbildende Schule im Bereich Bau und erwarb den Hauptschulabschluss. Im Jahre 2004 erwarb er dann den Erweiterten Hauptschulabschluss und absolvierte erfolgreich eine Ausbildung zur Fachkraft im Lagerwesen, wurde von dem ausbildenden Betrieb aber während der Probezeit entlassen. In der Folge übernahm er diverse Gelegenheitsarbeiten auf 400-Euro-Basis und arbeitete dann als Callcenter-Agent. Im Jahre 2008 war er wieder arbeitssuchend, bis er begann, für die verfahrensgegenständlichen Internetprojekte zu arbeiten.
Derzeit bezieht der Angeklagte K Arbeitslosengeld II. Außerdem arbeitet er seit Juni 2011 auf 400-Euro-Basis als Lieferbote für ein Restaurant. Von den EUR 400,- bleiben ihm nach Anrechnung auf das Arbeitslosengeld monatlich EUR 130,-. Seine Wohnungsmiete beträgt EUR 390,- warm. Die Finanzbehörden machen gegen ihn wegen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Projekte derzeit Steuerforderungen in Höhe von ca. EUR 200.000,- geltend. Im Übrigen hat er keine Schulden.
Die Feststellungen zur Person beruhen auf den glaubhaften Angaben der Angeklagten, auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Auszügen aus dem Bundeszentralregister vom 11.10.2011 sowie auf den im Selbstleseverfahren eingeführten Entscheidungen betreffend die Angeklagten S und S.
III. Zur Sache
Zur Sache hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:
1. Vorgeschichte
Nachdem der Angeklagte S die Schule abgebrochen hatte, verdiente er seinen Lebensunterhalt mit der Erstellung von Internetseiten und sonstigen Internetdienstleistungen. In diesem Zusammenhang beobachtete er in den Jahren 2006 und 2007, dass mehrere Anbieter große wirtschaftliche Erfolge mit Internetseiten erzielten, auf denen sie verschiedene Leistungen (z.B. einen Intelligenztest, eine Vorhersage der Lebenserwartung oder Datenbanken mit Kochrezepten u.ä.) gegen Entgelt anboten, den Hinweis auf die Kosten jedoch derart unscheinbar gestalteten, dass die Nutzer regelmäßig davon ausgingen, dass sie eine kostenlose Leistung erhalten würden. Zahlreiche Nutzer registrierten sich auf diesen Internetseiten, da sie nicht wussten, dass die Anbieter von ihnen ein Entgelt verlangen würden. Dass das Geschäftsmodell hierauf beruhte, war dem Angeklagten S bewusst.
Der Angeklagte S sah in diesem Geschäftsmodell eine Chance und entschloss sich, entsprechende Internetseiten zu betreiben. Zu diesem Zweck gründete er die Betreibergesellschaft V D S & A KG Ltd. & Co. (im Folgenden: V). Über diese Gesellschaft betrieb er nach dem oben geschilderten Schema mindestens die Internetseite „www.s.de“ mit Informationen für Schuldner und die Internetseite „www.b.de“, auf der er Computerprogramme zum Herunterladen anbot. Später betrieb er zudem über die Gesellschaft A P C Limited (im Folgenden: A) eine Internetseite, auf der ein „Online-Liebestest“ angeboten wurde.
2. Zu den Taten
Zu Beginn des Jahres 2008 lernte der Angeklagte S beim Pokern den Angeklagten S über einen gemeinsamen Bekannten, den Angeklagten S, kennen. Der Angeklagte S wollte seine Internetprojekte in größerem Ausmaß als bisher betreiben und sah in dem Angeklagten S einen geeigneten Partner. Daher fragte er den Angeklagten S, ob dieser Interesse habe, mit ihm gemeinsam Projekte im Internet durchzuführen. Der Angeklagte S skizzierte sein Geschäftsmodell in groben Zügen, ohne hierbei auf Einzelheiten einzugehen. Nach mehreren Gesprächen sagte der Angeklagte S zu, woraufhin die Angeklagten S und Smit ihrem ersten gemeinsamen Projekt begannen.
a) Fall 1: O P C
Über die Betreibergesellschaft O P C (im Folgenden: O) betrieben die Angeklagten S und S diverse Internetseiten, auf denen sie z.B. einen Liebestest oder eine Zitatesammlung anboten und die alle nach demselben Muster konzipiert waren. Um zu der angebotenen Leistung zu gelangen, mussten sich die Nutzer registrieren. Auf der jeweiligen Anmeldeseite verwies ein Sternchen („*“) auf einen Text am Ende der Seite, aus dem sich ergab, dass es sich um ein kostenpflichtiges Angebot handelte. Dabei waren die Anmeldeseiten so gestaltet, dass die Nutzer den Kostenhinweis bei einer üblichen Auflösung, einer üblichen Bildschirmgröße und üblichen Browser-Einstellungen nur sehen konnten, wenn sie in ihrem Browser-Fenster nach unten scrollten, also die angezeigte Seite mit ihrer Maus oder ihrer Tastatur nach oben rückten. Die Angeklagten wussten, dass sich fast kein Nutzer, der den Kostenhinweis gelesen hatte, anmelden würde. Sie bauten jedoch darauf, dass viele Nutzer den Kostenhinweis aufgrund der Seitengestaltung übersehen und sich deshalb anmelden würden. Gegen die Nutzer, die sich anmeldeten, machten die Angeklagten sodann Forderungen geltend, obwohl sie wussten, dass fast alle Anmelder zu keinem Zeitpunkt die Absicht hatten, sich für eine kostenpflichtige Leistung zu registrieren.
Im Einzelnen gingen die Angeklagten wie folgt vor:
aa) Das Projekt
Zunächst gründeten die Angeklagten S und S die O, über die das Internetprojekt betrieben werden sollte. Am 09.04.2008 schlossen sie einen Gesellschaftsvertrag ab, wonach der Angeklagte S 75% der Gesellschaftsanteile und der Angeklagte S 25% der Gesellschaftsanteile halten sollte. Die Angeklagten hatten vereinbart, dass auch die Verteilung der mit der O erzielten Gewinne dieser Quotelung entsprechen sollte. Demnach sollte der Angeklagte S einen größeren Gewinnanteil erhalten, da von ihm die Idee für das Projekt stammte und er mit derartigen Modellen bereits Erfahrung hatte. Auf der Grundlage dieser Absprache sollten später auch die Gewinne aus den Folgeprojekten .de und .de verteilt werden. Allerdings erhielt der Angeklagte S bei einigen Auszahlungen einen Anteil von 35% und somit etwas mehr, als ursprünglich vereinbart worden war. Letztlich konnten aber nur die unten unter III.4. beschriebenen Auszahlungen festgestellt werden.
Da die Angeklagten S und S wussten, dass ihr Projekt in den Medien, in Internetforen und von Verbraucherschützern heftig kritisiert werden würde, und da jedenfalls der Angeklagte S zu diesem Zeitpunkt bereits eine Strafbarkeit wegen Betruges für möglich hielt, beschlossen die Angeklagten, einen Scheingeschäftsführer einzusetzen. Für den Außenauftritt der O sollte nur der Name dieses Strohmannes verwendet werden, während die Angeklagten S und S im Hintergrund bleiben wollten. Für die Rolle dieses Scheingeschäftsführers konnten sie den Angeklagten S gewinnen. Dieser unterzeichnete ebenfalls den Gesellschaftsvertrag vom 09.04.2008.
Am 02.09.2008 wurden die O und ihr Geschäftsführer S in das deutsche Handelsregister eingetragen. Später sorgte der Angeklagte S dafür, dass am 22.12.2008 auf seinen Namen eine Prokura eingetragen wurde. Dies hatte den Grund, dass der Angeklagte S meinte, den Scheingeschäftsführer S auf diese Weise besser kontrollieren zu können. Dafür nahm er es in Kauf, dass sein Name – entgegen der ursprünglichen Vereinbarung mit dem Angeklagten S – ab der Eintragung im Handelsregister sichtbar war. Zu diesem Zeitpunkt war das Internetprojekt der O bereits in vollem Gange.
Die Angeklagten S und S entschieden, für die O zum Schein Büroräume in der L Straße in H anzumieten. Einen entsprechenden Mietvertrag unterzeichnete der Angeklagte S am 17.03.2008. Diese Anschrift wurde in der Folge auch nach außen kommuniziert. Tatsächlich nutzten die Angeklagten jedoch zunächst ein Büro Bei der R in L. Mitte 2008 bezogen die Angeklagten dann Büroräume im Bl in L. Den entsprechenden Mietvertrag unterzeichneten die Angeklagten S und S am 19.06.2008. Die Scheinanschrift in H nutzten sie weiter.
Etwa in der Mitte des Jahres 2008 – noch vor dem Umzug in den B – begannen die Angeklagten S und S mit dem Betrieb ihrer Internetseiten. Die erfolgreichste Internetseite der O war die Seite o.de. Dabei handelte es sich um einen automatisierten „Partnerschaftstest“, bei dem die Nutzer Fragen beantworten mussten, um sodann eine vorformulierte Aussage darüber zu erhalten, ob eine bestimmte Person zu ihnen passt. Die Zahl der Nutzer, die sich auf dieser Seite anmeldeten, sowie die Zahl der Anmelder, die auf die sodann folgende Rechnung zahlten, stellen sich nach der von den Angeklagten angelegten Kundendatenbank wie folgt dar:
- o.de (26.513 Anmeldungen, 3.289 Zahler).
Bei den weiteren Internetauftritten der O, die hinsichtlich der Anmeldungen und Zahler ins Gewicht fielen, handelte es sich um folgende Seiten:
- o.de (5161 Anmeldungen, 1215 Zahler),
- ode (897 Anmeldungen, 117 Zahler),
- o.de (776 Anmeldungen, 186 Zahler).
Außerdem betrieben die Angeklagten über die O ähnliche Internetseiten, die jedoch kaum beworben und teilweise lediglich getestet wurden und für die es daher nur wenige Anmelder gab:
- f-.de (289 Anmeldungen, 2 Zahler),
- i.de (eine Anmeldung, kein Zahler),
- o.de (52 Anmeldungen, zwei Zahler),
- o.de (438 Anmeldungen, 52 Zahler),
- o.de (314 Anmeldungen, 52 Zahler),
- o.de (58 Anmeldungen, zwei Zahler),
- o.de (13 Anmeldungen, vier Zahler),
- p-.de (zwei Anmeldungen, kein Zahler),
- z-.de (44 Anmeldungen, 14 Zahler).
Alle Internetauftritte der O waren gleich strukturiert. So gelangte der Nutzer zunächst auf eine Startseite, auf der das jeweilige Angebot vorgestellt wurde. Hier musste der Nutzer auf einen Button klicken (z.B. mit der Aufschrift „Test starten“ oder „zur Gedichte Datenbank“), um auf eine Anmeldeseite zu gelangen. Diese Seite enthielt eine Anmeldemaske, in die der Nutzer seine Daten eintragen sollte. Über der Anmeldeseite befand sich in relativ großen Buchstaben ein Satz wie „Gleich geht es zum Liebestest...“ bei o.de oder „Nur noch 1 Klick entfernt – jetzt hier anmelden:“ bei o.de. Zudem stand auf den Anmeldeseiten in kleineren Buchstaben ein Satz, in dem das Wort „Anmeldung“ zusammen mit einem Sternchen („*“) vorkam, z.B. bei o.de
„Nach der Anmeldung* erhalten Sie sofort Zugang zum Liebestest mit 50 Fragen in 6 Kategorien. Nach Abschluss des Tests erhalten Sie eine umfangreiche Auswertung mit Online-Urkunde.“
oder bei o.de
„Nach der Anmeldung* erhalten Sie Zugriff auf unsere Gedichtesammlung mit über 2000 verschiedenen Gedichten zu vielen Themen, Anlässen und von großen Autoren, Dichtern und Denkern. Sie nehmen außerdem an unserem Gewinnspiel teil, bei dem Sie die Chance auf einen Kino- oder Theatergutschein haben.“
Die darunter liegende Anmeldemaske war überschrieben mit dem Satz „Bitte füllen Sie alle Felder vollständig aus!*“. Darunter waren Eingabefelder für folgende Nutzerdaten vorgesehen: E-Mail-Adresse, Vorname, Nachname, Straße und Hausnummer, Land und Geburtsdatum. Unmittelbar unter diesen Eingabefeldern befand sich auf der Anmeldeseite für den O der Satz
„Ich habe die AGB / Verbraucherinformationen gelesen und akzeptiert, und nehme ab sofort bei O-L.de teil“.
Bei den anderen Internetauftritten der O war dieser Satz entsprechend angepasst. Auf die Wörter „AGB / Verbraucherinformationen“ konnte der Nutzer klicken und gelangte hierdurch zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der O, in denen stets ein Kostenhinweis vorhanden war. Links neben dem Hinweis auf die AGB war ein kleines Kästchen, in dem der Nutzer mit einem Mausklick einen Haken setzen konnte. Darunter befand sich eine große Klickfläche, auf die der Nutzer klicken musste, um den Anmeldevorgang abzuschließen (z.B. mit der Aufschrift „Test starten“ oder „zur Gedichte Datenbank“). Der Anmeldevorgang konnte nur abgeschlossen werden, wenn der Nutzer einen Haken in das Feld neben dem AGB-Hinweis gesetzt hatte. Unterhalb der Anmeldemaske stand neben einem Sternchen („*“) ein sechs- oder siebenzeiliger Text, in dem am Ende auf die Kostenpflichtigkeit des Angebotes hingewiesen wurde. Der Text lautete z.B. im Falle des Online-Liebestestes:
„Um Missbrauch und wissentliche Falscheingaben zu vermeiden, wird ihre IP-Adresse [es folgt eine IP-Adresse] bei der Teilnahme gespeichert. Anhand dieser Adresse sind Sie über Ihren Provider [es folgt die Bezeichnung eines Providers] identifizierbar. Durch Bestätigung des Button „TEST STARTEN“ beauftrage ich O.de, mich für die Teilnahme am Liebestest für das Liebestest-Gewinnspiel zu registrieren. Der einmalige Preis für die Teilnahme am Liebestest beträgt 60 Euro inkl. gesetzlicher Mehrwertsteuer.“
Dabei waren die Wörter „60 Euro inkl. gesetzlicher Mehrwertsteuer“ in Form von Fettdruck leicht hervorgehoben. Bei den anderen Internetauftritten der O war dieser Satz entsprechend angepasst. So lautete er etwa auf der Anmeldeseite von o.de:
„Um Missbrauch und wissentliche Falscheingaben zu vermeiden, wird Ihre IP-Adresse [es folgt eine IP-Adresse] bei der Teilnahme gespeichert. Anhand dieser Adresse sind Sie über Ihren Provider [es folgt die Bezeichnung eines Providers] identifizierbar. Durch Bestätigung des Button „zur Gedichte Datenbank“ beauftrage ich O-, für mich einen Zugang zur Gedichte-Datenbank freizuschalten und mich für das Theatergutschein-Gewinnspiel zu registrieren. Der einmalige Preis für einen Zwölf-Monats-Zugang zu unserer Gedichte-Datenbank beträgt 60 € inkl. gesetzlicher Mehrwertsteuer“.
Dabei hatte der Angeklagte S die Anmeldeseiten bewusst so konzipiert, dass der Nutzer den Hinweis auf die Kosten – wenn er einen Monitor mit üblichen 17 Zoll, eine übliche Bildschirmauflösung von 1024 x 786 Bildpunkten und übliche Browsereinstellungen verwendete – zunächst nicht sehen konnte. Denn der Hinweis auf die Kosten befand sich am unteren Rand der Anmeldeseite und somit außerhalb des auf dem Monitor üblicherweise sichtbaren Bereiches. Dagegen war der Button, mit dem die Anmeldung abgeschlossen werden konnte, innerhalb des unmittelbar sichtbaren Bereichs. Um den Kostenhinweis in den sichtbaren Bereich zu rücken, mussten die Nutzer vor der Anmeldung herunterscrollen, d.h. über ihre Maus oder Tastatur die angezeigte Seite nach oben rücken.
Wegen der Einzelheiten der grafischen Gestaltung der Anmeldeseiten von o.de und o.de wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildungen auf Bl. 45 und Bl. 43 (obere Seitenhälfte) des Sonderbandes 1 Auswertung Datenträger verwiesen.
Das gesamte über die O betriebene Geschäftsmodell basierte darauf, dass zahlreiche Besucher der Internetseiten den Kostenhinweis übersahen, deshalb von einem kostenlosen Angebot ausgingen und sich anmeldeten. Fast alle Besucher, die sich auf den Seiten der O anmeldeten, hatten zuvor den Kostenhinweis übersehen und hätten sich nicht angemeldet, wenn sie den Hinweis gelesen hätten. Hiervon gingen auch sämtliche Angeklagte aus. Allen Angeklagten war bewusst, dass das Geschäftsmodell nur funktionieren konnte, weil der Kostenhinweis von vielen Nutzern übersehen wurde und sich eben diese Nutzer anmeldeten.
Mit der Anmeldung bekam der Nutzer nicht direkt Zugang zu der angebotenen Leistung, für die er sich registriert hatte, z.B. zu dem Liebestest. Vielmehr erhielt der Nutzer von der O zunächst eine E-Mail (sog. „Aktivierungsmail“). Diese E-Mail enthielt eine Verknüpfung, auf die der Nutzer klicken musste, um den Zugang zu der Leistung der O zu erhalten (sog. „Aktivierungslink“). Einen Kostenhinweis enthielt diese E-Mail nicht. Wenn der Nutzer auf den Aktivierungslink klickte, schickten ihm die Angeklagten S und S am nächsten Tag eine Zahlungsaufforderung und machten unter dem Briefkopf der O ein „Nutzungsentgelt“ in Höhe von EUR 60,- geltend. Wenn der Nutzer nicht auf den Aktivierungslink klickte, erhielt er die Zahlungsaufforderung nach Ablauf von 14 Tagen. Gegenüber den Anmeldern vertraten die Angeklagten dann den Standpunkt, dass ihr Widerrufsrecht bei Erhalt der Rechnung bereits erloschen sei. Entweder sei die zweiwöchige Widerrufsfrist abgelaufen, oder der Nutzer habe durch Betätigung des Aktivierungslinks die angebotene Leistung in Anspruch genommen, wodurch das Widerrufsrecht vorzeitig erloschen sei. Den Versand der Zahlungsaufforderungen hatten die Angeklagten S und S weitestgehend automatisiert. Wenn der Anmelder den Aktivierungslink betätigte oder die zweiwöchige Frist abgelaufen war, wurde durch das Computersystem am Folgetag automatisch eine Zahlungsaufforderung per E-Mail verschickt. Soweit die Angeklagten auch Zahlungsaufforderungen per Briefpost versandten, wurden die Briefe vom System auf Knopfdruck automatisch generiert und gedruckt. Briefe wurden von den Angeklagten nicht fortlaufend verschickt, sondern gesammelt und dann in größeren Mengen versandt. Zu Beginn des O-Projekts kuvertierten die Angeklagten S und S noch selbst. Bald schickten sie die Daten jedoch an eine Druckerei, die Druck und Versand übernahm.
In den verschickten Zahlungsaufforderungen – hier am Beispiel einer Anmeldung bei online.liebestest.de – heißt es unmittelbar nach der Anrede auszugsweise:
„vielen Dank für Ihre Anmeldung vom [Datum] unter der IP-Adresse [es folgt eine IP-Adresse] auf Online-Liebestest.de.
Da Sie nicht von Ihrem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht haben, erlauben wir uns die Rechnungsstellung für die bereit gestellte und erbrachte Dienstleistung für die Vertragslaufzeit von 12 Monaten. [...]“
Nutzer, die die geltend gemachte Forderung nicht beglichen, erhielten von den Angeklagten zunächst eine „Zahlungserinnerung“. An die Nutzer, die daraufhin nicht bezahlten, verschickten die Angeklagten Mahnungen, in denen sie zusätzlich zu dem Nutzungsentgelt eine Mahnpauschale von EUR 3,- geltend machten. Zudem kündigten sie in den Schreiben an, die Forderung im Falle der Nichtzahlung zur gerichtlichen Titulierung an einen Rechtsanwalt zu übergeben. Tatsächlich leiteten die Angeklagten S und S dann jedoch ein Inkasso-Verfahren ein. Zunächst beauftragten sie mit der Einziehung der Forderungen die Inkassounternehmen eI Gesellschaft für Forderungsmanagement mbH mit Sitz in H und M AG mit Sitz in O. Später verschickten die Angeklagten S und S im Einvernehmen mit dem Angeklagten S, der in Fall 1 allerdings nicht angeklagt ist, Inkassoschreiben, die die Unterschrift des Angeklagten S und den Briefkopf der „Rechtsanwaltskanzlei S“ trugen.
Auf die Startseite der Internetauftritte der O gelangten die Nutzer über Werbung bei der Internetsuchmaschine G. Diese Werbung schalteten – anders als bei den Folgeprojekten – ausschließlich die Angeklagten S und S. Hierzu nutzten sie das von G betriebene Werbeprogramm. Bei G wählen Anbieter beliebige Schlagwörter aus, die sich auf das zu bewerbende Angebot beziehen. Wenn ein Nutzer dann in der Internetsuchmaschine nach einem dieser Schlagwörter sucht, erscheint über den Suchtreffern zu diesem Schlagwort der Werbeeintrag des Anbieters. Klickt der Nutzer auf diesen Werbeeintrag, so gelangt er zu einer von dem Anbieter festgelegten Internetseite. Der Vergütungsanspruch von G – der variiert und von mehreren Faktoren abhängt – entsteht, sobald der Internetnutzer auf die Werbeanzeige geklickt hat. Auf diese Weise konnten die Angeklagten bei G Schlagwörter wie „Liebestest“ oder „Gedichte“ hinterlegen und dadurch Besucher zu ihren Internetseiten leiten. Für jeden Besucher, der auf eine der Werbeanzeigen der Angeklagten klickte und auf diesem Wege auf die Internetseiten der Angeklagten gelangte, mussten die Angeklagten ein Werbeentgelt zwischen 10 und 35 Cent an G AdWords bezahlen, unabhängig davon, ob sich der Besucher später auch anmeldete oder gar eine Zahlung an die Angeklagten leistete. Neben der Werbung über G betrieben die Angeklagten auch Werbung über „Y! “. Hierbei handelt es sich um das Werbeprogramm der Internetsuchmaschine Y, das in allen wesentlichen Punkten wie G funktioniert.
Da die Angeklagten somit erhebliche Beträge in die Werbung bei G und Y investieren mussten, bevor der erste Kunde das geforderte „Nutzungsentgelt“ bezahlt hatte, bestand bei den Angeklagten zu Beginn des Projektes ein Vorfinanzierungsbedarf. Daher machten die Angeklagten zunächst auch Forderungen gegen Nutzer geltend, die sich zuvor auf Internetseiten der A angemeldet hatten. Zu diesem Zweck fertigten die Angeklagten einen Vertrag über eine Forderungsabtretung an. Demnach trat die A 7.000 angebliche – zum Teil bereits gemahnte – Forderungen in Höhe von je EUR 60,- zum Kaufpreis von insgesamt EUR 5.000,- an die O ab. Dieses Dokument wurde unter dem 10.04.2008 von den Angeklagten S (als Geschäftsführer der O) und S(als Gesellschafter der O) sowie einem B S (in Vertretung für die A) unterzeichnet. Die Internetseiten der A entsprachen im Hinblick auf ihren Inhalt und ihre Seitenstruktur vollständig den Seiten der O. Lediglich das Layout der Seiten war für den Betrieb durch die O angepasst worden.
Beschwerden und Anfragen von Kunden wurden zunächst von den Angeklagten S und S bearbeitet. Der Angeklagte S hatte hierfür mehrere standardisierte Antworten entworfen. Da insbesondere die Beschwerden erheblich zunahmen und diese in irgendeiner Weise bearbeitet werden mussten, um der Unternehmung einen möglichst seriösen Anschein zu geben, entschlossen sich die Angeklagten S und S, ein Callcenter einzurichten. Hierfür wurde zum 01.07.2008 die gesondert verfolgte S S eingestellt. Sie bearbeitete Beschwerden und Anfragen von Anmeldern, die per E-Mail, per Telefax, per Briefpost oder über eine von den Angeklagten geschaltete „Servicehotline“ eingingen, bei der die Anrufer mindestens 14 Cent pro Minute bezahlen mussten. Die meisten Anrufer bzw. Absender beschwerten sich darüber, dass sie keinen Kostenhinweis gesehen oder sich nicht angemeldet hätten. Nach den Vorgaben der Angeklagten S und S sollte S die „Kunden“ zur Zahlung bewegen. Da das Arbeitsaufkommen, insbesondere aufgrund zahlreicher Beschwerden, weiterhin zunahm, stellten die Angeklagten bald weitere Mitarbeiter für das Callcenter ein.
Einen wirtschaftlichen Wert hatten die Angebote der O – wie den Angeklagten S und S bewusst war und der Angeklagte S zumindest für möglich hielt – für die Besucher der Seiten nicht, da es sich dabei um Inhalte handelte, die im Internet – auf werbefinanzierten Seiten oder auf nicht gewinnorientierten Seiten – vielerorts kostenlos verfügbar waren und denen von Internetnutzern daher grundsätzlich kein Marktwert beigemessen wurde.
Auf die beschriebene Weise generierten die Angeklagten S und S mit den O-Seiten Anmeldungen im Wesentlichen bis zum Ende des Jahres 2008, vereinzelte Anmeldungen aber noch bis zum 13.10.2009. Die letzte Zahlungsaufforderung, die sich auf eine Anmeldung bei einer O-Seite bezog, verschickten die Angeklagten am 14.10.2009. Zu Anmeldern und Zahlern ergaben sich aus der Kundendatenbank der Angeklagten folgende Daten: Während der gesamten Laufzeit des Projektes meldeten sich auf den Seiten der O insgesamt 34.558 Nutzer an. Hiervon bezahlten 4.935 Nutzer das von ihnen geforderte „Nutzungsentgelt“. Insgesamt vereinnahmten die Angeklagten mit ihrem O-Projekt EUR 302.539,55 (einschließlich der gezahlten Mahngebühren). In welchem Umfang darin Einkünfte, die die Angeklagten im Rahmen des Inkasso-Verfahrens erzielten, enthalten sind, konnte nicht festgestellt werden. Nicht enthalten sind Einkünfte, die die Angeklagten mit der kostenpflichtigen Servicehotline erzielten, da auch insoweit keine sicheren Feststellungen getroffen werden konnten und die hierdurch erzielten Einkünfte im Verhältnis zu den sonstigen Einkünften im Übrigen nicht ins Gewicht fallen.
Bei der Berechnung des betrugsrelevanten Schadens hat die Kammer zu Gunsten der Angeklagten einen Sicherheitsabschlag vorgenommen, da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass eine geringfügige Anzahl von Zahlern den Kostenhinweis gesehen und sich in Kenntnis der Kostenpflichtigkeit angemeldet hatte. Außerdem konnte nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die Datenbank, auf deren Auswertung durch einen Sachverständigen die Feststellungen beruhen, vereinzelt fehlerhafte Eintragungen zu Ungunsten der Angeklagten enthielt. Die Kammer hat daher einen Sicherheitsabschlag von 10% vorgenommen. Den betrugsrelevanten Schaden hat die Kammer folglich mit 90% der Kundenzahlungen und mithin mit EUR 272.285,- angesetzt. Dementsprechend ist die Kammer von 4.441 Geschädigten ausgegangen, die das Nutzungsentgelt ganz oder teilweise bezahlt haben.
bb) Beteiligung des Angeklagten S
Der Angeklagte S stellte die Schlüsselfigur für das O-Projekt dar. Er hatte die Idee für das gesamte Modell entwickelt, leitete das Projekt und traf letztverbindlich alle wichtigen Entscheidungen. Zwar arbeiteten die Angeklagten S und S partnerschaftlich und arbeitsteilig zusammen. Sobald es jedoch zu unterschiedlichen Auffassungen kam, hatte der Angeklagte S stets das letzte Wort. Gleichwohl trat der Angeklagte S nach außen hin nicht in Erscheinung. Dies wurde – soweit es etwa um die Eröffnung von Bankkonten oder die Darstellung im Internet ging – dem Scheingeschäftsführer S und im Übrigen weitestgehend dem Angeklagten S überlassen.
Neben den strategischen Grundentscheidungen und dem strukturellen Aufbau befasste sich der Angeklagte S insbesondere mit der technischen Umsetzung. Zusammen mit von ihm beauftragten Programmieren und Webdesignern richtete er die „Kundendatenbank“ ein, konzipierte die Internetseiten, organisierte den Rechnungsversand und kümmerte sich um die technischen Grundlagen für das Callcenter. Außerdem war er es, der ganz überwiegend die Werbeanzeigen für die Internetseiten der Angeklagten bei G und Y schaltete.
Der Angeklagte S wusste von Anfang an, dass fast alle Nutzer, die sich auf den O-Seiten anmeldeten, dies nur taten, weil sie keinen Kostenhinweis gesehen hatten. Er wusste, dass das von ihm initiierte Geschäftsmodell darauf basierte, dass die Anmelder annahmen, die Angebote der O seien kostenlos. Dementsprechend war es gerade seine Absicht, bei möglichst vielen Besuchern den Eindruck hervorzurufen, die Angebote seien kostenlos, um sie dadurch zur Anmeldung zu bewegen. Zu diesem Zweck ließ er die Anmeldeseiten so gestalten, dass der Kostenhinweis bei üblicherweise vorliegenden Nutzungsbedingungen nur durch Herunterscrollen sichtbar wurde. Der Angeklagte wusste auch, dass die Nutzer – von vereinzelten Ausnahmen abgesehen – nicht bereit waren, für die Angebote der O etwas zu bezahlen, und dass diese keinen Marktwert hatten.
Keine sichere Feststellung konnte die Kammer zu der Frage treffen, ob der Angeklagte S wusste, dass die O gegen die Anmelder keinerlei Zahlungsansprüche erwarb, weil die Anmelder – wie die Angeklagten wussten – hinsichtlich der Kostenpflicht keinerlei Erklärungsbewusstsein hatten. Möglicherweise ging der Angeklagte S fälschlich davon aus, dass gleichwohl zunächst wirksame, auf Zahlung eines Entgelts gerichtete Verträge zustande gekommen seien.
Der Angeklagte S wusste von Anfang an, dass sein Geschäftsmodell als strafbarer Betrug angesehen werden könnte. Er handelte stets in dem Bewusstsein, sich in einer „Grauzone“ zu befinden, wobei er mit der Möglichkeit einer Strafbarkeit rechnete. Dies nahm er jedoch billigend in Kauf und fand sich damit ab.
cc) Beteiligung des Angeklagten S
Bei dem Angeklagten S handelte es sich um den „zweiten Mann“ hinter dem Angeklagten S. Er war zwar an allen maßgeblichen Entscheidungen beteiligt, im Zweifel bestimmte jedoch der Angeklagte S. Dies lag zum einen daran, dass der Angeklagte S bereits Erfahrungen mit Internetprojekten gesammelt hatte und den größeren Sachverstand besaß. Zum anderen entsprach diese Hierarchie aber auch dem Selbstverständnis insbesondere des Angeklagten S. Der Angeklagte S erkannte, dass er mangels besonderer Kenntnisse letztlich ersetzlich war, und wusste es zu schätzen, dass der Angeklagte S ihn gleichwohl als Partner akzeptierte.
Nach der von den Angeklagten S und S vorgenommenen Arbeitsteilung war der Angeklagte S im Wesentlichen für die Leitung des Tagesgeschäftes und die Kommunikation nach außen zuständig. So war der Angeklagte S vor allem für die Mitarbeiter der O verantwortlich. Er war der Ansprechpartner für den Scheingeschäftsführer S und die Mitarbeiter des Callcenters. Außerdem war der Angeklagte S für den Kontakt zu dem Steuerberater der O und zu Rechtsanwälten zuständig. In geringem Maße schaltete der Angeklagte S auch Werbung bei G .
Zu Beginn des Projekts war dem Angeklagten S nicht klar, dass das Geschäftsmodell allein darauf beruhte, dass die Anmelder von kostenlosen Angeboten ausgingen. Spätestens im Juni 2008 hatte er jedoch verstanden, dass fast kein Anmelder den Kostenhinweis gesehen hatte und dass die Seiten mit Absicht so gestaltet waren, dass der Kostenhinweis – unter üblichen Rahmenbedingungen – nur durch Herunterscrollen sichtbar wurde. Da sich das Geschäft jedoch als lukrativ erwiesen hatte, akzeptierte er dies. Er beschloss, seine Tätigkeit fortzusetzen in der
Absicht, bei möglichst vielen Nutzern, die Vorstellung hervorzurufen, dass das Angebot der O kostenlos sei, und sie auf diese Weise zur Anmeldung zu verleiten. Dabei ging er davon aus, dass durch die Anmeldung bei den Nutzern keine Verpflichtung dazu entstand, das später geforderte Nutzungsentgelt zu bezahlen. Ferner wusste der Angeklagte, dass die Angebote der O keinen Marktwert hatten.
Dass dieses Geschäftsmodell strafbar sein könnte, hielt der Angeklagte Sr für möglich. Er nahm dies in Kauf und fand sich damit ab.
dd) Beteiligung des Angeklagten S
Im April 2008 kamen die Angeklagten S und S auf den Angeklagten S zu, erklärten ihm, dass sie für ihr Internetprojekt einen Scheingeschäftsführer benötigten, und fragten, ob er bereit sei, diese Rolle zu übernehmen. Dabei teilten sie ihm mit, dass er lediglich seinen Namen hergeben und Unterschriften leisten solle. Hierfür sollte er ein monatliches Bruttogehalt von EUR 1.100,- erhalten. Da der Angeklagte S nicht über ein regelmäßiges Einkommen verfügte, erklärte er sich mit dieser Vereinbarung einverstanden.
Kurz darauf – noch im April 2008 – führte der Angeklagte Sdem Angeklagten S die Liebestest-Internetseite vor. Dabei erklärte ihm der Angeklagte S, dass man den Kostenhinweis nur sehen könne, wenn man herunterscrolle, und dass es sich hierbei um eine heikle und gefährliche „Grauzone“ handele, da das Geschäftsmodell „nicht ganz legal“ sei.
Ebenfalls im April 2008 unterzeichnete der Angeklagte S den Gesellschaftsvertrag vom 09.04.2008. In der Folge bestand seine Aufgabe als Scheingeschäftsführer darin, Konten für die O zu eröffnen und Urkunden zu unterzeichnen, wann immer die Unterschrift des Geschäftsführers erforderlich war. Letzteres tat er in der Regel, ohne die ihm vorgelegten Dokumente zu prüfen.
Das erste Konto für die O eröffnete der Angeklagte S im April oder Mai 2008. Sodann begab er sich für die Zeit von Mai 2008 bis August 2008 an die
Nordseeküste, um dort einer Saisonbeschäftigung nachzugehen. Während dieser Zeit kehrte er nur ein Mal nach L zurück, nahm als Geschäftsführer der O einen Banktermin war und leistete mehrere Unterschriften.
Nach seiner Rückkehr nach L im September 2008 eröffnete der Angeklagte S mindestens zwei weitere Konten für die O. Dies war erforderlich geworden, da bei den kontoführenden Banken zahlreiche Beschwerden über die O eingingen und aus diesem Grund Konten gekündigt wurden. Zudem unterstützte der Angeklagte S die Angeklagten S und S bei der täglichen Büroarbeit. Zeitweise arbeitete er im Callcenter und nahm dort Telefonanrufe entgegen. Im Übrigen erledigte er kleinere Aufgaben, wie z.B. das Abholen der Briefpost. Oft war der Angeklagte S aber auch nur in den Büroräumen anwesend und verfügbar, ohne dass er eine konkrete Aufgabe wahrnahm.
Der Angeklagte S wusste von Beginn an, dass fast alle Nutzer, die sich auf den Seiten der O anmeldeten, den Kostenhinweis nicht gesehen hatten, von einem kostenlosen Angebot ausgingen und sich nicht angemeldet hätten, wenn sie gewusst hätten, das hierfür ein Entgelt berechnet würde. Dabei hielt er es jedenfalls für möglich, dass die Angebote der O für die Nutzer wertlos waren, was er billigend in Kauf nahm. Keine Feststellung konnte die Kammer dazu treffen, ob der Angeklagte S fälschlich annahm, mit den „Kunden“ seien wirksame entgeltliche Verträge zustande gekommen. Dem Angeklagten S waren die Dimensionen des O-Projekts bekannt. Infolge seiner Callcenter-Mitarbeit und seinem Kontakt zu den Mitangeklagten wusste er, dass zehntausende Anmeldungen eingingen und Anmelder mehrere hunderttausend Euro zahlten.
Der Angeklagten S ging davon aus, dass ihm der Posten des Geschäftsführers angeboten worden war, weil mit dem Betrieb der O-Seiten Strafbarkeitsrisiken einhergingen, denen sich die Angeklagten S und S nach Möglichkeit nicht aussetzen wollten. Die Strafbarkeit des gesamten Geschäftsmodells hielt der Angeklagte für möglich. Er nahm dies jedoch in Kauf, da er auf die ihm angebotene Geschäftsführervergütung angewiesen war.
b) Fall 2: .de
Zu Beginn des Jahres 2009 starteten die Angeklagten S und S ein neues, wesentlich umfangreicheres und lukrativeres Internetprojekt. Über die Gesellschaft B P (im Folgenden: B) betrieben sie den Internetauftritt „.de“. Die Grundidee entsprach dabei der des O-Modells. Auch bei .de ging es den Angeklagten S und S darum, möglichst viele Anmeldungen für ein vermeintlich kostenloses An-gebot zu generieren und hierfür ein Entgelt einzufordern. Auf .de boten die Angeklagten sogenannte Freeware, d.h. Computerprogramme, die im Internet kostenlos verfügbar sind, zum Herunterladen an. Bevor ein Nutzer die Software herunterladen konnte, musste er sich mit seinen persönlichen Daten auf einer Anmeldeseite anmelden. Die Angeklagten S und S wussten, dass sich kaum ein Besucher, der den auf der Anmeldeseite neben der Anmeldemaske angebrachten Kostenhinweis gesehen hatte, anmelden würde. Sie beabsichtigten, möglichst viele Anmeldungen von Besuchern zu generieren, die diesen nicht gelesen hatten und von einer kostenlosen Downloadmöglichkeit ausgingen.
Dabei gingen die Angeklagten im Einzelnen wie folgt vor:
aa) Das Projekt
Mitte des Jahres 2008 beschlossen die Angeklagten S und S das Geschäftsmodell der O auszubauen und mit einer neuen Gesellschaft ein größeres und lukrativeres Projekt zu betreiben. Hierfür gründeten sie im Juli 2008 die B als neue Betreibergesellschaft. Für diese Gesellschaft benötigten die Angeklagten einen neuen Scheingeschäftsführer. Der Angeklagte S kam hierfür nicht in Frage. Sein Name erschien bereits „verbraucht“, da er sowohl im Internet als auch bei Banken mit den Geschäftspraktiken der O in Verbindung gebracht wurde. Daher setzten die Angeklagten S und S ihre Callcenter-Mitarbeiterin S S als Scheingeschäftsführerin ein. Zudem setzten die Angeklagten sie offiziell als alleinige Gesellschafterin der B ein, wobei der Gewinn weiterhin zu 75% an den Angeklagten S und zu 25% an den Angeklagten S fließen sollte. Bereits durch Gesellschafterbeschluss vom 17.07.2008 – wenige Tage nachdem die anderweitig verfolgte Schneider ihre Tätigkeit für die O begonnen hatte – wurde sie zur Geschäftsführerin der B bestellt. Am 17.12.2008 wurde die B mit S S als Geschäftsführerin in das deutsche Handelsregister eingetragen. Der Angeklagte S sorgte dafür, dass er am 23.12.2008 – wie bei der O – als Prokurist eingetragen wurde, um die Geschäftsführung besser kontrollieren zu können.
Auf den Seiten von .de boten die Angeklagten zahlreiche Computerprogramme zum Herunterladen an. Dabei handelte es sich ausschließlich um sogenannte Freeware, also um Programme, die von den Rechteinhabern zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung gestellt werden und die dementsprechend kostenlos im Internet erhältlich sind. Zu der angebotenen Software gehörten unter anderem die Programme A R (zuvor: A R) und A F der Nebenklägerin Ae S Inc. sowie das Programm M F der Nebenklägerinnen M F und M C. Dass auf .de das Programm M T angeboten wurde, war nicht festzustellen. Auf die Seiten von .de gelangten die Nutzer wie bei der O über im Internet, insbesondere bei G , geschaltete Werbung. Wenn also Internetnutzer ein bestimmtes, kostenloses Programm suchten und hierzu bei G eines der von den Angeklagten hinterlegten Schlagworte eingaben, erschien über den Suchtreffern auch eine Anzeige, die zu den Seiten von .de führte. Klickte der Nutzer auf diese Anzeige, gelangte er zu einer Anmeldeseite von.de, die auf das vom Nutzer gesuchte Freeware-Programm abgestimmt war. Dabei verwendeten die Angeklagten zwei verschiedene Arten von Anmeldeseiten.
Für die Programme, die am meisten nachgefragt waren, gab es speziell angepasste Seiten, die von den Angeklagten als „Landingpages“ bezeichnet wurden. Diese Seiten hatten die Angeklagten S und Sr bei .de absichtlich so gestaltet, dass ein durchschnittlicher Nutzer bei oberflächlicher Betrachtung annehmen konnte, er befände sich auf der Seite des Herstellers. Dies erreichten die Angeklagten, indem sie Farben verwendeten, die Nutzer mit dem gesuchten Programm oder mit dem Logo des Herstellers assoziieren würden, indem sie jedenfalls teilweise die Logos der Hersteller abbildeten und indem sie den Namen des Programms in großer Schrift in den Vordergrund rückten. So war beispielsweise die Landingpage für das Programm M F wie folgt gestaltet: Im oberen Teil der Seite befanden sich links ein mit dem F-Logo (ein orangefarbener Fuchs, der eine blaue Erdkugel umfasst) nahezu identisches, sich lediglich hinsichtlich des Zuschnitts der abgebildeten Landmassen unterscheidendes Logo sowie in großen Buchstaben der Programmname „F“. Darunter stand in erheblich kleineren Buchstaben „powered by “. Es folgte eine kurze Programmbeschreibung, unter der sich links, auf etwa zwei Dritteln der Seitenbreite die orange-rot unterlegte Anmeldemaske befand. Im oberen Teil der Anmeldemaske stand die Textzeile „Jetzt anmelden und F sofort downloaden“. Darunter befanden sich folgende Eingabefelder für Nutzerdaten: E-Mail-Adresse, Vorname, Nachname, Straße und Hausnummer, Land und Geburtsdatum. Sodann folgte der Hinweis „Ihre Daten werden nicht für Werbezwecke eingesetzt und nicht an Dritte weitergegeben“. Darunter folgte der Satz „Ich akzeptiere die AGB und wurde zudem über das Widerrufsrecht informiert.“ Durch einen Klick auf das Wort „AGB“ konnte der Nutzer die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufrufen, in denen auf die Kostenpflichtigkeit des Angebots hingewiesen wurde. Links neben diesem Satz befand sich ein kleines Kästchen, in dem der Nutzer mit einem Mausklick einen Haken setzen konnte. Solange der Nutzer diesen Haken nicht gesetzt hatte, konnte der Anmeldevorgang nicht abgeschlossen werden. Darunter befand sich ein großer Button mit der Aufschrift „Anmeldung & Download“, auf den man klicken musste, um den Anmeldevorgang zu beenden. Rechts neben der Anmeldemaske befand sich auf dem verbleibenden Drittel der Seitenbreite eine weitere Textbox, die rudimentäre Informationen über F enthielt (Version, Größe, Hersteller, Betriebssysteme, Sprache) und in deren unterer Hälfte sich folgender, zehnzeiliger Text befand:
„Nach der Anmeldung erhalten Sie einen Zugang zum Downloadportal von .de. Durch drücken des Buttons „Anmeldung und Download“ entstehen Ihnen Kosten von 60 Euro inkl. Mehrwertsteuer pro Jahr (12 Monate zu je 5 Euro), zahlbar im Voraus.“
Diese Landingpage wurde von den Angeklagten jedenfalls zeitweise für F verwendet. Wegen der Einzelheiten der grafischen Gestaltung dieser Seite wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildung auf Bl. 7793 der Leitakte verwiesen.
Auch für andere häufig nachgefragte Programme benutzen die Angeklagten zumindest zeitweise entsprechende Landingpages.
Soweit die Angeklagten keine speziellen Landingpages verwendeten – sei es zeitweise bei den häufig nachgefragten Programmen oder dauerhaft bei weniger stark gefragten Programmen, für die es gar keine Landingpages gab –, benutzten die Angeklagten einheitlich gestaltete, aber an das vom Nutzer jeweils gesuchte Programm angepasste Anmeldeseiten. Auf diesen Seiten wurde zwar auch der Name des gesuchten Programms sowie – jedenfalls teilweise – das Herstellerlogo verwendet, gleichwohl konnte ein durchschnittlicher Nutzer diese Seiten schon wegen der orange-braunen farblichen Gestaltung nicht mit den Seiten der Hersteller verwechseln. Inhaltlich und strukturell entsprachen diese Seiten im Wesentlichen der oben beschriebenen Landingpage. Hier befand sich in einer Textbox am rechten Rand der Seite ein achtzeiliger Kostenhinweis, der wie folgt lautete:
„Nach der Anmeldung erhalten Sie direkten Zugang zu unserem Download-Portal. Durch Drücken des Buttons „Jetzt Anmelden“ entstehen Ihnen Kosten von 60 Euro inkl. Mehrwertsteuer pro Jahr (12 Monate zu je 5 Euro), zahlbar im Voraus.“
Wegen der Einzelheiten der grafischen Gestaltung der einheitlichen, lediglich an das jeweilige Programm angepassten Anmeldeseiten wird – hier am Beispiel des A (At) R – gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildung auf Bl. 102 des Sonderbandes 1 Dokumentation Webseite verwiesen.
Wie schon zuvor bei der O basierte das gesamte Geschäftsmodell von 99d....de darauf, dass viele Besucher den Kostenhinweis übersahen, zumal sie nach einem kostenlosen Computerprogramm gesucht hatten. Die Angeklagten wussten, dass fast alle Anmelder von einer kostenlosen Downloadmöglichkeit ausgingen. Es war ihre Absicht, möglichst viele Besucher in diese Kostenfalle zu locken.
Die Angeklagten S und S erwogen, den Kostenhinweis zeitweise gänzlich auszublenden. So fragte der Angeklagte S den Angeklagten S Anfang 2009, ob dieser etwas dagegen habe, wenn man den Kostenhinweis zu bestimmten Zeiten entferne, worauf dieser antwortete, dass ihm dies egal sei. Der Angeklagte S ging in der Folge davon aus, dass der Angeklagte S den Kostenhinweis auf den Anmeldeseiten zeitweise gänzlich ausblendete. Die Kammer konnte jedoch nicht feststellen, dass tatsächlich Anmeldeseiten betrieben wurden, auf denen der Kostenhinweis ausgeblendet war.
Neben den Anmeldeseiten für bestimmte Programme gab es eine sogenannte „Startseite“, über die man zu einer allgemeinen, nicht auf ein bestimmtes Programm zugeschnittenen Anmeldeseite gelangte. Von hier – wie auch von den Anmeldeseiten – gelangte man zu weiteren Seiten des Downloadportals, nämlich einer Login-Seite für registrierte Nutzer, einer Seite mit einer Beschreibung des Angebots sowie einer Seite zu dem Betreff „Was ist ein Download?“. Die Startseite, auf der sich zeitweise ein Kostenhinweis befand, und die allgemeine Anmeldeseite waren für das Projekt bedeutungslos, da sich niemand auf diesem Wege anmeldete. Denn um zu der Startseite zu gelangen, musste man „.de“ in die Adresszeile des Internetbrowsers eingeben. Hierzu hatten Internetnutzer jedoch keinerlei Veranlassung, da die Startseite und die allgemeine Anmeldeseite nicht beworben wurden.
Einen Wert hatten die Leistungen von .de nicht, da alle von den Angeklagten angebotenen Programme im Internet kostenlos verfügbar waren und diese kostenlosen Quellen für die Internetnutzer, die Suchmaschinen benutzten, auch leicht zu finden und ohne jeden Aufwand zugänglich waren. Zu den Nutzern, die mit Suchmaschinen umgehen können, gehörten zwangsläufig auch die Anmelder, da diese sonst nicht zu den Internetseiten der Angeklagten gelangt wären. Eine werthaltige Leistung lag auch nicht deshalb vor, weil die Angeklagten zahlreiche kostenlose Programme in einem einzigen Portal anboten. Denn zum einen gab es im Internet mehrere kostenlose Portale, auf denen Freeware angeboten wurde. Zum anderen konnten die angebotenen Programme auch ohne Nutzung eines Portals kostenlos und ohne Aufwand in einer Suchmaschine gefunden und dann beim Hersteller heruntergeladen werden. Dass ihre Leistung weder objektiv noch für die konkreten Anmelder einen Wert hatte, war auch sämtlichen Angeklagten bewusst.
Nachdem sich die Nutzer bei.de angemeldet hatten, erhielten sie wie im Rahmen des O-Projektes eine Aktivierungsmail mit einem Aktivierungslink.
Insoweit kann auf die Ausführungen zur O verwiesen werden. Sobald der Nutzer auf diesen Link klickte, spätestens aber nach 14 Tagen, erhielt er von den Angeklagten unter dem Briefkopf der Beine Zahlungsaufforderung, in der die Angeklagten ein „Nutzungsentgelt“ von EUR 60,- geltend machten. Der Versand der Zahlungsaufforderungen war weitestgehend automatisiert. E-Mails verschickte das System automatisch nach Betätigung des Aktivierungslinks oder Ablauf der zweiwöchigen Frist. Der Druck und Versand von Briefen erfolgte über eine Druckerei, die die hierfür erforderlichen Daten in regelmäßigen Abständen zugeschickt bekam.
Inhaltlich entsprachen die Zahlungsaufforderungen denen, die im Rahmen des O-Projektes verschickt wurden. Lediglich die Internetseite, auf der die kostenpflichtige Anmeldung vorgeblich erfolgt sein sollte, wurde angepasst (www.de). Wurde die Forderung nicht beglichen, erhielten die Nutzer – wie bei der O – eine „Zahlungserinnerung“. Wurde daraufhin nicht gezahlt, verschickten die Angeklagten – ebenfalls wie bei der O – Mahnungen, in denen sie eine Mahnpauschale von EUR 3,- geltend machten und ankündigten, die Forderung zur gerichtlichen Titulierung an einen Rechtsanwalt zu übergeben. Die Datensätze der Kunden, die weiterhin nicht bezahlten, wurden in die Inkasso-Datenbank übertragen. Sodann wurde das Inkasso-Verfahren durchgeführt. Per Briefpost oder per E-Mail erhielten diese Kunden unter dem Briefkopf der „Rechtsanwaltskanzlei S“ ein Schreiben mit der Betreffzeile „Anwaltliche Mahnung“, in dem sie aufgefordert wurden, nunmehr EUR 110,29 auf ein Konto der Rechtsanwaltskanzlei zu zahlen. Zudem wurde in dem Schreiben angekündigt, dass die offene Forderung der Prozessabteilung übergeben werde, die das gerichtliche Verfahren vorbereiten und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten werde. Weiter heißt es in dem Schreiben wörtlich und in Fettdruck:
„Die dadurch entstehenden Mehrkosten gehen voll zu Ihren Lasten.
Unsere Prozessabteilung wird im Falle der erfolgreichen Titulierung der Forderung die Pfändung von Bankkonten sowie die Pfändung von Lohn und Gehalt bei Ihrem Arbeitgeber erwirken.“
Allein mit diesen Anwaltsschreiben bewirkten die Angeklagten, dass eine Vielzahl von Anmeldern insgesamt ca. EUR 400.000,- auf Konten des Angeklagten S überwiesen.
Die Bewerbung des Internetauftritts von .de organisierten die Angeklagten Siund S grundlegend neu. Zum einen wollten die Angeklagten für ihr neues Projekt in viel größerem Umfang werben als für das O-Projekt. Zum anderen wollten sie Werbeanzeigen nicht mehr selbst schalten müssen, sondern sich auf die Organisation und Leitung des Projekts konzentrieren. Deshalb entschieden sie, große Teile der Werbung auf sogenannte „Werbepartner“ zu verlagern. Zu diesem Zweck entwickelte der Angeklagte S ein komplexes „Partnerprogramm“, das die Angeklagten in der Folge umsetzten. Die meisten Werbeanzeigen bei G und Y S wurden bei .de nicht mehr von den Angeklagten Si und S, sondern von mehreren Werbepartnern geschaltet, mit denen die Angeklagten S und S entsprechende Vereinbarungen abschlossen. Für jeden Nutzer, der über eine Anzeige eines Partners auf eine Anmeldeseite von .de gelangte und sich dort auch anmeldete, erhielt der Partner eine Vergütung zwischen 6 und 7 Euro. Die Zahlung dieser Vergütung erfolgte unabhängig davon, ob der Anmelder später das „Nutzungsentgelt“ bezahlte. Die Angeklagten S und S rechneten regelmäßig mit den Werbepartnern ab. Daneben schalteten sie auch noch selbst Werbeanzeigen, jedoch in deutlich geringerem Umfang.
Der größte Teil der Werbung lief weiterhin über G . Allerdings wurde diese Form der Werbung zunehmend erschwert, da G in den Geschäftspraktiken von .de einen Verstoß gegen die Werberichtlinien sah und deshalb die Benutzerkonten der Werbepartner und deren Anzeigen regelmäßig und mit einer immer höheren Reaktionsgeschwindigkeit sperrte. Um die Kontrolleure von G zu überlisten, benutzten die Angeklagten Sund S daher das Umleitungsprogramm „Suma“. Der Einsatz dieses Programms hatte zur Folge, dass die Anzeigen der Werbepartner zunächst zu tatsächlich kostenlosen und legalen Downloadportalen anderer Anbieter (z.B. chip.de oder heise.de) führten, gegen die die Kontrolleure von G nichts einzuwenden hatten. Nach einiger Zeit, nachdem die Anzeige kontrolliert worden war, wurde die Verknüpfung dann auf die jeweilige Anmeldeseite von .de umgestellt. Bis G bemerkte, dass die Verknüpfung geändert worden war, konnte die Anzeige so problemlos betrieben werden.
Soweit die Angeklagten S und S Werbeanzeigen noch selbst schalteten, versuchten sie, das Problem der gesperrten Benutzerkonten auch dadurch zu lösen, dass sie bei G s zahlreiche Werbekonten unter falschem Namen eröffneten. Dadurch konnten sie zwar nicht verhindern, dass G die Internetseite kontrollierte und die Werbung daraufhin sperrte. Da G aber auch generell nicht mehr mit ihnen kontrahieren wollte, konnten sie sich auf diese Weise immerhin Benutzerkonten verschaffen. Auf Veranlassung des Angeklagten S suchten die Mitarbeiter des Callcenters zu diesem Zweck beliebige Namen mit Anschriften aus Telefonbüchern heraus. Teilweise erfanden die Mitarbeiter auch vollständige Datensätze; die Anschriften sollten jedoch tatsächlich existieren, da G diese möglicherweise prüfte.
Eine andere Art der Werbung, die die Angeklagten S und S bei .de zum Einsatz brachten, lief über sogenannte „Streaming-Partner“. Bei den Streaming-Partnern handelte es sich um Betreiber von Internetseiten, auf denen sich Besucher kostenlos Videos anschauen konnten (u.a. k.to, y.to, ds.to, f.to und a.to). Klickte der Nutzer auf einen Filmtitel, erschien ein Werbefenster mit dem Hinweis, dass man zum Abspielen des Videos z.B. den Adobe Flash Player, den DivX-Player oder ein ähnliches Programm benötige. Wenn der Nutzer auf dieses Fenster klickte, wurde er auf eine passende Anmeldeseite von .de geleitet. Dabei handelte es sich meistens um die Landingpage für das kostenlose Videoprogramm DivX-Player, das über die Streaming-Partner hauptsächlich beworben wurde. Die Streaming-Partner erhielten hierfür ebenfalls eine Vergütung. Diese war jedoch geringer als bei den anderen Werbepartnern und lag bei ca. EUR 2,- bis EUR 2,50 für jeden Nutzer, der sich auf den Seiten der Angeklagten anmeldete. Der Grund für die geringere Vergütung war, dass die Zahlungsquote der über Streaming-Partner geworbenen Nutzer wesentlich geringer war als bei den über Suchmaschinen geworbenen Nutzern.
Auch das Callcenter wurde für den Betrieb von .de erheblich ausgebaut. Bereits zum Ende des Jahres 2008 bezogen die Angeklagten neue Büroräume in der G Bstraße in L. Den Mietvertrag für das Objekt schloss der Angeklagte S am 02.12.2008 im Namen der V C GmbH (im Folgenden: V) ab. Bei der V handelte es sich damals noch um eine von den Angeklagten S und S faktisch beherrschte Vorratsgesellschaft. Auch nach dem Umzug in die G Bstraße zum Jahreswechsel behielten die Angeklagten S und S die Scheinadresse in der L Straße in H für die O bei. Im Rahmen des Projekts .de verwendeten sie als Scheinanschrift zudem die offizielle Adresse der B im Shorst in H. In der G Bstraße gab es sieben oder acht Arbeitsplätze für Callcenter-Mitarbeiter. Die Angeklagten S und S beschäftigten jedoch mehr Mitarbeiter, da unter den Callcenter-Mitarbeitern viele Teilzeitkräfte waren. Da die Banken die Konten der B wegen zahlreicher Beschwerden regelmäßig kündigten, beschlossen die Angeklagten S und S, das Callcenter und zugleich den Großteil des operativen Geschäftsbetriebs über eine andere Betreibergesellschaft laufen zu lassen. Hierfür verwendeten sie die V. Die faktische Leitung des Callcenters übertrugen die Angeklagten S und S zum 01.03.2009 auf den Angeklagten M. Dieser wurde am 02.09.2009 auch offiziell als Geschäftsführer der V in das Handelsregister eingetragen. Die V wurde sodann umbenannt in F S GmbH (im Folgenden: F). Geschäftsführer blieb der Angeklagte M. Der Angeklagte S wurde am 02.11.2009 als Prokurist eingetragen. Auch weiterhin erreichten das Callcenter ganz überwiegend Beschwerden von „Kunden“, die angaben, keinen Kostenhinweis gesehen oder sich nicht angemeldet zu haben. Auch unter der Leitung des Angeklagten M wurde ihnen im Wesentlichen mitgeteilt, dass sie zu zahlen hätten. Das Callcenter war für die Anmelder telefonisch weiterhin nur über eine kostenpflichtige 01805-Nummer zu erreichen.
Mit dem Internetauftritt von .de generierten die Angeklagten in der Zeit vom 07.01.2009 bis 02.08.2009 ausweislich ihrer Kundendatenbank insgesamt 327.323 Anmeldungen. Die letzte Mahnung verschickten die Angeklagten am 14.10.2009. Zu Anmeldern und Zahlern ergaben sich aus der Kundendatenbank der Angeklagten im Übrigen folgende Daten: Von 327.323 Anmeldern leisteten 26.477 Zahlungen. Dadurch erzielten die Angeklagten Einnahmen in Höhe von insgesamt EUR 1.650.376,78. In welchem Umfang darin Einkünfte, die die Angeklagten im Rahmen des Inkasso-Verfahrens erzielten, enthalten sind, konnte nicht festgestellt werden. Nicht enthalten sind Einkünfte, die die Angeklagten mit dem Betrieb der kostenpflichtigen „Servicehotline“ des Callcenters erzielten.
Bei der Berechnung des betrugsrelevanten Schadens hat die Kammer – wie bei dem O-Projekt – zu Gunsten der Angeklagten einen Sicherheitsabschlag von 10% vorgenommen, da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass eine geringfügige Anzahl von Zahlern den Kostenhinweis gesehen und sich in Kenntnis der Kostenpflichtigkeit angemeldet hatte. Außerdem konnte nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die Datenbank, auf deren Auswertung die Feststellungen beruhen, vereinzelt fehlerhafte Eintragungen zu Ungunsten der Angeklagten enthielt. Den betrugsrelevanten Schaden hat die Kammer folglich mit EUR 1.485.339,- angesetzt. Dementsprechend ist die Kammer von 23.829 Geschädigten ausgegangen, die das geforderte Nutzungsentgelt ganz oder teilweise bezahlt haben.
bb) Benutzung von Marken und Werken der Nebenklägerinnen
Zu den zahlreichen Freeware-Programmen, die über die Seiten von .de heruntergeladen werden konnten, gehörten auch die Programme A R (zuvor: A R) und A F , die von der Nebenklägerin A S Inc. vertrieben werden, sowie das Programm F, das von der Nebenklägerin M C vertrieben wird. Dass auch das Programm M T angeboten wurde, konnte die Kammer nicht feststellen.
Keines der auf .de angebotenen Freeware-Programme – einschließlich der soeben genannten – befand sich auf einem Server, der von den Angeklagten genutzt wurde. Vielmehr stellten die Angeklagten auf .de lediglich Verknüpfungen zur Verfügung, die zu Servern des Herstellers bzw. Lizenznehmers des jeweiligen Programms führten. Von diesen Servern aus stellten die Hersteller bzw. Lizenznehmer – wie es bei Freeware üblich ist – die Programme kostenlos zum Herunterladen bereit. Die Angeklagten verknüpften lediglich ihren eigenen Internetauftritt mit dieser öffentlich zugänglichen, kostenlosen Softwarequelle. Wenn der Nutzer somit die Programme von A oder M über die Seiten von .de herunterlud, wurden die Programme direkt von Servern, die A bzw. M nutzten, auf den Rechner des Nutzers kopiert. Eine darüber hinausgehende Vervielfältigung der Programme durch die Angeklagten fand nicht statt. Für die Verknüpfungen war zunächst der Angeklagte S zuständig. Später kümmerte sich hierum der Angeklagte M, der die Verknüpfungen einpflegte und aktualisierte.
(1) Zu den Marken- und Urheberrechten der A S Inc.
Bei A R handelt es sich um ein Computerprogramm, mit dem Dateien im sogenannten „pdf-Format“ wiedergegeben werden können. Die Software ist in Deutschland sehr bekannt und stark verbreitet. Zwar gibt es auch Konkurrenzprodukte, die ebenfalls das Lesen von pdf-Dokumenten ermöglichen. Der AR hat jedoch einen Marktanteil von weit über 50% und gehört zu den Computerprogrammen, die in Deutschland am häufigsten aus dem Internet heruntergeladen werden.
Der A F ist ein Computerprogramme, mit dem Videos im sogenannten „Flash-Format“ wiedergegeben werden können. Da ein Großteil der im Internet verfügbaren Videos dieses Format aufweist, ist auch der A F in Deutschland sehr bekannt und stark verbreitet. Der F hat in gewisser Weise eine Monopolstellung. Zwar gibt es auch andere Programme, die Videos im Flash-Format abspielen können. Der F ist jedoch als einzige Software in den Webbrowser, d.h. in das Programm zur Darstellung von Internetseiten, integriert (sog. „Plug-in“), so dass nur er es ermöglicht, die F-Videos während des Internetbesuchs direkt abzuspielen. Auch der A F r gehört zu den Computerprogrammen, die in Deutschland am häufigsten heruntergeladen werden.
Zur Zeit des Betriebs von .de hatte die Ae S Inc. die Urheberrechte an den Programmen A R und A F . Keinem der Angeklagten oder der von ihnen beherrschten Unternehmen war hinsichtlich dieser Computerprogramme eine urheberrechtliche Lizenz eingeräumt worden. Auch sonst hatte die A S Inc. in den Vertrieb ihrer Software über.de zu keinem Zeitpunkt eingewilligt. Wer Software der A S Inc. vertreiben oder unterlizenzieren wollte, musste sich nach der allgemeinen Geschäftspolitik, die ihren Niederschlag unter anderem in den Lizenzbedingungen der A S Inc. gefunden hatte, um eine ausdrückliche Einwilligung bemühen, was die Angeklagten nicht taten. Die A S Inc. hätte für .de auch keine Einwilligung erteilt, da sie den Vertrieb ihrer Software über kostenpflichtige Downloadportale gemäß ihrer allgemeinen Geschäftspolitik grundsätzlich missbilligte, was sich auch den damals gültigen Weiterverbreitungsrichtlinien entnehmen ließ. Schon für die Verwendung ihrer Programme auf einem Server hatte die A S Inc. keine generelle Einwilligung erteilt. Dies ergibt sich auch aus dem von der A S Inc. verwendeten standardisierten Lizenzvertrag, der die generelle Geschäftspolitik des Unternehmens widerspiegelte. Darin hieß es auszugsweise:
„2.1 Allgemeine Verwendung. Sie dürfen eine Kopie der Software auf Ihrem kompatiblem Computer installieren und verwenden. [...]
2.2 Serververwendung. Dieser Vertrag berechtigt Sie nicht zur Installation oder Verwendung der Software auf einem Dateiserver eines Computers. [...]
2.3 Verbreitung. Diese Lizenz berechtigt Sie nicht zur Unterlizenzierung oder zum Vertrieb der Software. [...]“
Während der gesamten Laufzeit von .de verfügte die Ad S Inc. unter anderem über folgende eingetragene Marken:
- Wortmarke „A“, eingetragen in das Register des Deutschen Patent- und Markenamts,
- Wort-Bildmarke mit einem stilisierten, kantigen „A“ und dem Schriftzug „A“, eingetragen in das Register des Deutschen Patent- und Markenamts (wegen der Einzelheiten dieser Wort-Bildmarke wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildung auf Bl. 6957 der Leitakte verwiesen),
- Gemeinschaftswortmarke „A“, eingetragen in das Register des Amts der Europäischen Union für die Eintragung von Marken und Geschmacksmustern,
- Gemeinschaftswortmarke „F“, eingetragen in das Register des Amts der Europäischen Union für die Eintragung von Marken und Geschmacksmustern,
- Gemeinschaftsbildmarke mit einem stilisierten „F“, eingetragen in das Register des Amts der Europäischen Union für die Eintragung von Marken und Geschmacksmustern (wegen der Einzelheiten der Bildmarke wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildung auf Bl. 7701 der Leitakte verwiesen),
- Gemeinschaftsbildmarke mit einem stilisierten, aus einem geschwungenen Band bestehenden „A“, eingetragen in das Register des Amts der Europäischen Union für die Eintragung von Marken und Geschmacksmustern (wegen der Einzelheiten der Bildmarke wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildung auf Bl. 7694 der Leitakte verwiesen),
- Gemeinschaftsbildmarke mit einem stilisierten, aus einem geschwungenen Band bestehenden „A“, das etwas dünner ist als bei der zuvor beschriebenen Marke, eingetragen in das Register des Amts der Europäischen Union für die Eintragung von Marken und Geschmacksmustern (wegen der Einzelheiten dieser Bildmarke wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildung auf Bl. 7697 der Leitakte verwiesen).
Wegen des hohen Bekanntheitsgrads der Produkte A R und A F sind die Wortmarken „A“ und „F“ in gleicher Weise im Inland bekannt. Ebenso bekannt sind die Bildmarken mit dem geschwungenen „A“, da sie von den Nutzern mit dem A R in Verbindung gebracht werden, die Bildmarke mit dem stilisierten „F“, da sie von den Nutzern mit dem F in Verbindung gebracht wird, sowie die Wort-Bildmarke „A“ mit dem stilisiertem kantigen „A“, da es sich hierbei um eine für alle A-Produkte verwendete „Dachmarke“ handelt. Der Produktname „A R“, wie der A R vorher hieß, war bzw. ist in gleichem Maße bekannt wie der heutige Name A R.
Im Rahmen des Internetauftritts von .de wurden unter anderem folgende beiden Internetseiten betrieben und zum Abruf bereitgestellt:
- Anmeldeseite für A R bzw. A R
Auf der – jedenfalls zeitweise betriebenen – auf das Programm A R bzw. A R abgestimmten Anmeldeseite verwendeten die Angeklagten den Schriftzug „A R“ und ein Zeichen, das mit der Gemeinschaftsmarke identisch ist, hinsichtlich welcher wegen der Einzelheiten auf Bl. 7697 der Leitakte Bezug genommen worden ist (dünnes, geschwungenes „A“). Im Übrigen entsprach diese Anmeldeseite dem allgemeinen Erscheinungsbild der Seiten von .de. Für die Besucher der Anmeldeseite bestand daher keine Verwechslungsgefahr, da es sich ersichtlich nicht um eine Seite der A S Inc. handelte. Hinsichtlich der Einzelheiten der Anmeldeseite wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf Bl. 102 des Sonderbandes 1 Dokumentation Webseite verwiesen.
- Landingpage für F
Auf der – jedenfalls zeitweise betriebenen – Landingpage für das Programm F verwendeten die Angeklagten den Schriftzug „A F “. Außerdem benutzten sie ein Logo, das dem als Gemeinschaftsbildmarke eingetragenen „F“ (insoweit ist wegen der Einzelheiten auf Bl. 7701 der Leitakte verwiesen worden) sehr ähnlich war; die Logos waren allerdings nicht identisch, da dem von den Angeklagten verwendeten „F“ der bei dem geschützten Logo vorhandene, nach links gerichtete Schwung am unteren Ende des Buchstabens fehlte. Für Besucher der Landingpage bestand eine Verwechslungsgefahr, da diese aufgrund der Seitengestaltung den Eindruck gewinnen konnten, dass es sich um eine Seite der A S Inc. handelte. Die Verwechslungsgefahr ergab sich daraus, dass die Angeklagten das der Gemeinschaftsmarke sehr ähnliche Logo verwendeten und der Programmename „A F “ in großer Schrift an zwei Stellen deutlich sichtbar platziert war, wogegen der erheblich kleinere Schriftzug „powered by .de“ nicht auffiel. Hinsichtlich der Einzelheiten der Landingpage für den A F Player wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die beiden Abbildungen auf Bl. 92 des Sonderbandes 1 Dokumentation Webseite verwiesen.
Die A S Inc. hatte dieser Nutzung ihrer Zeichen zu keinem Zeitpunkt zugestimmt. Selbst wenn die Angeklagten die A S Inc. um ihre Zustimmung gebeten hätten, wäre diese nicht erteilt worden, da die A S Inc. – wie bereits beschrieben – den Vertrieb ihrer Computerprogramme über kostenpflichtige Downloadportale wie .de missbilligte.
Die Angeklagten S, S und M handelten in der Absicht, die Bekanntheit und Unterscheidungskraft der Produkte, Marken und Zeichen der A S Inc. und die hohe Nachfrage nach A R und A F auszunutzen, um dadurch Internetnutzer auf die Seiten von .de zu locken und Anmeldungen zu generieren. Das gesamte Modell basierte letztlich darauf, dass Internetnutzer nach weit verbreiteten Freeware-Produkten wie die der A S Inc. suchten und dadurch auf die Seiten der Angeklagten gerieten.
Insgesamt meldeten sich ausweislich der Kundendatenbank der Angeklagten auf den Anmeldeseiten für die Programme der A S Inc. 41.781 Nutzer an (für A R: 19.418; für F P: 22.363).
(2) Zu den Marken- und Urheberrechten von M
Bei dem Programm M F handelt es sich um einen Webbrowser, d.h. um ein Computerprogramm, mit dem Internetseiten dargestellt werden können. Den meisten Internetnutzern in Deutschland ist die Software bekannt. In den Jahren 2008 bis 2010 hatte M F einen Marktanteil von ca. 50%.
M T ist ein Programm zum Empfangen und Versenden von E-Mails. Die Software ist in Deutschland weniger bekannt. Konkrete Zahlen – etwa zum Marktanteil von T – liegen insoweit nicht vor.
Bei den Programmen M F und M T handelt es sich um sogenannte „Open-Source-Software“. Bei Open-Source-Programmen ist der Quelltext grundsätzlich frei zugänglich und darf beliebig genutzt, kopiert und verbreitet werden. Solche Software wird grundsätzlich nicht von einem gewinnorientierten Unternehmen entwickelt, sondern von einer Vielzahl von Entwicklern und Anwendern, die den Quellcode stetig weiterentwickeln und verbessern.
Dementsprechend ist auch der Quellcode für die Programme M F und M T frei zugänglich. Die Entwickler haben die jeweils von ihnen erstellten Teile des Quellcodes der Allgemeinheit grundsätzlich ohne Beschränkung zur Verfügung gestellt. Wem Urheberrechte an der Software bzw. den einzelnen Teilen des Quellcodes zustehen, musste die Kammer nicht feststellen. Denn indem die Urheber bzw. Rechteinhaber die einzelnen Teile des Quelltextes als Open-Source-Software zur Verfügung gestellt haben, haben sie eingewilligt, dass ihr Werk beliebig vervielfältigt, verbreitet oder wiedergegeben wird. Dies schließt auch den Vertrieb über ein kostenpflichtiges Downloadportal wie .de ein. Dementsprechend sehen die Lizenzbedingungen von M vor, dass der Softwarecode der Programme in umfassender Weise verwertet werden darf. So heißt es unter Ziffer 2.1. der zur Tatzeit gültigen – allerdings teilweise kaum verständlichen – Lizenzbedingungen von M („M P License Version 1.1“):
“The Initial Developer hereby grants You a world-wide, royalty-free, non-exclusive license, subject to third party intellectual property claims:
a. under intellectual property rights (other than patent or trademark) Licensable by Initial Developer to use, reproduce, modify, display, perform, sublicense and distribute the Original Code (or portions thereof) with or without Modifications, and/or as part of a Larger Work; and
b. under Patents Claims infringed by the making, using or selling of Original Code, to make, have made, use, practice, sell, and offer for sale, and/or otherwise dispose of the Original Code (or portions thereof);
c. [...]“
(Groß- und Kleinschreibung wie im Original)
Beglaubigte Übersetzung:
„Der Ursprüngliche Entwickler gewährt Ihnen hiermit eine weltweite, unentgeltliche nicht exklusive Lizenz, vorbehaltlich Ansprüche Dritter aufgrund unerlaubter Nutzung geistigen Eigentums,
a. unter den durch den Ursprünglichen Entwickler lizenzierbaren Rechten am geistigen Eigentum (außer Patent- oder Markenrechte) den Originalcode (oder Teile davon) mit oder ohne Modifikation und/oder als Teil eines Larger Work zu verwenden, zu reproduzieren, zu verändern, zu veröffentlichen/abzubilden [to display], öffentlich vorzuführen/aufzuführen [to perform], Unterlizenzen zu erteilen und zu vertreiben; und
b. unter Patentansprüchen, die durch die Erstellung, Verwendung, oder den Verkauf von Originalcode verletzt werden, das Recht, über den Originalcode (oder Teile davon) zu verfügen, u.a. dadurch etwas herzustellen, herstellen zu lassen, zu nutzen, anzuwenden, zu verkaufen oder zum Verkauf anzubieten;
c. [...]“
Während der gesamten Laufzeit von .de verfügte die M Foundation unter anderem über folgende eingetragene Marken:
- Gemeinschaftswortmarke „M“, eingetragen in das Register des Amts der Europäischen Union für die Eintragung von Marken und Geschmacksmustern,
- Gemeinschaftswortmarke „F“, eingetragen in das Register des Amts der Europäischen Union für die Eintragung von Marken und Geschmacksmustern,
- Gemeinschaftswortmarke „T“, eingetragen in das Register des Amts der Europäischen Union für die Eintragung von Marken und Geschmacksmustern,
- Gemeinschaftsbildmarke mit einem orangefarbenen Fuchs, der eine blaue Erdkugel umfasst, eingetragen in das Register des Amts der Europäischen Union für die Eintragung von Marken und Geschmacksmustern (wegen der Einzelheiten dieser Bildmarke wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildung auf Bl. 7884 der Leitakte verwiesen).
Diese vier Marken waren nur als Gemeinschaftsmarken und nicht zugleich auch in das Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragen.
Wegen des hohen Bekanntheitsgrads des Produkts MF sind die Marken „M“ und „F“ ebenso bekannt. Gleiches gilt für das F-Logo, den orangefarbenen Fuchs, der eine Erdkugel umfasst, da es von den Nutzern mit M F in Verbindung gebracht wird. Diese Zeichen werden von Verbrauchern der M-Gruppe insgesamt zugeordnet, da diese die M-Gruppe als wirtschaftliche Einheit wahrnehmen und nicht zwischen der M Corporation und der M Foundation unterscheiden. Die Marke „T“ ist – wie das dazugehörige E-Mail-Programm – in Deutschland weniger bekannt. Die M-Produkte werden von vielen Internetnutzern in besonderer Weise geschätzt, da es sich um Open-Source-Software handelt, die ohne Gewinnerzielungsabsicht vertrieben wird und hinter der mit der M Foundation eine gemeinnützige Stiftung steht.
Im Rahmen des Internetauftritts von .de wurde unter anderem folgende Internetseite betrieben und zum Abruf bereitgestellt:
- Landingpage für F
Auf der – unter III.2.b)aa) bereits näher beschriebenen jedenfalls zeitweise betriebenen – Landingpage für das Programm M F verwendeten die Angeklagten den Schriftzug „F“. Außerdem benutzten sie auf dieser Seite ein Logo, das mit dem als Gemeinschaftsbildmarke eingetragenen Zeichen (Fuchs mit Erdkugel) nahezu identisch war und sich lediglich hinsichtlich des Zuschnitts der auf der Erdkugel abgebildeten Landmassen unterschied. Für Besucher der Landingpage bestand eine Verwechslungsgefahr, da diese aufgrund der Seitengestaltung den Eindruck gewinnen konnten, dass es sich um eine Seite der M-Gruppe handelte. Die Verwechslungsgefahr ergab sich insbesondere daraus, dass die Angeklagten das der Gemeinschaftsbildmarke ähnliche Logo verwendeten, dass sie die Anmeldemaske rötlich und somit mit einer an das Logo erinnernden Farbe unterlegten und dass der Programmname „F“ an zwei Stellen in großer Schrift deutlich sichtbar platziert war, wogegen der erheblich kleinere Schriftzug „powered by .de“ nicht auffiel. Hinsichtlich der Einzelheiten dieser Landingpage wird erneut gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf Bl. 7793 der Leitakte verwiesen.
Weder die M Foundation noch die M Corporation hatten der Nutzung ihrer Zeichen durch .de zugestimmt. Die M-Gruppe räumte Dritten hinsichtlich ihrer Marken und geschäftlichen Bezeichnungen keine umfassende Verwendungsbefugnis ein, wie sie hinsichtlich des Quellcodes der Software vorlag. Insbesondere entsprach es der Geschäftspolitik von M, dass die Marken und geschäftlichen Bezeichnungen der Gruppe nicht benutzt werden durften, um M-Programme in irgendeiner Form gegen Entgelt zu vertreiben. Dies ergab sich zwar weder aus den zur Tatzeit geltenden Lizenzbedingungen („M P L Version 1.1“) noch aus den zur Tatzeit veröffentlichten markenrechtlichen Informationen („M T P“). Diese Markenpolitik entsprach jedoch der gelebten Geschäftspolitik von M und wurde auch gerichtlich sowie außergerichtlich in dieser Weise durchgesetzt. Dementsprechend hätte die M-Gruppe nicht in die Benutzung ihrer Zeichen durch 9.de eingewilligt, selbst wenn die Angeklagten hierum gebeten hätten, was nicht der Fall war. Hinzu kommt, dass, selbst wenn die Zeichen von M in grundsätzlich zulässiger Weise benutzt werden, Mozilla unter anderem die Verwendung eines Begleitsymbols und eines Begleithinweises verlangte. Hierzu hieß es in den zur Tatzeit veröffentlichten markenrechtlichen Informationen („M T P“):
„Accompanying Symbol – The first or most prominent mention of a M t should be accompanied by a symbol indicating whether the mark is a registered t („®“) or an unregistered t („TM“);
Notice – The following notice should appear somewhere nearby (at least on the same page) the first use of a M t: “[T] is a [“registered”, if applicable] trademark of the M F; [...]”
Beglaubigte Übersetzung:
“Begleitsymbol – Der erste oder auffälligste Hinweis auf eine M-Marke sollte mit einem Zeichen verbunden sein, aus dem hervorgeht, ob es sich um eine gesetzlich geschützte (®) oder um eine nicht eingetragene Marke (TM) handelt;
Hinweis – Folgender Hinweis sollte irgendwo in unmittelbarer Nähe der ersten Verwendung (zumindest auf derselben Seite) der M-Marke erscheinen: „[MARKE] ist (ggf.) eine [„eingetragene“] Marke der M F“; [...]“
Diese Anforderungen erfüllten die Seiten von .de nicht.
Auch in Bezug auf die Nutzung von Marken und geschäftlichen Bezeichnungen der M Gruppe handelten die Angeklagten S, S und M in der Absicht, die Bekanntheit und Unterscheidungskraft der Produkte, Marken und geschäftlichen Bezeichnungen und die Nachfrage nach M-Produkten auszunutzen, um Internetnutzer auf die Seiten von .de zu leiten.
Insgesamt meldeten sich ausweislich der Kundendatenbank der Angeklagten auf Anmeldeseiten für M F 1.281 Nutzer an. Anmeldungen für M T konnten nicht festgestellt werden.
cc) Einsatz von Abrechnungsgesellschaften
Für die Angeklagten wurde es zu einem immer größeren Problem, dass die Banken wegen zahlreicher Beschwerden über das Geschäftsmodell der Angeklagten die Konten der B kündigten. Diese Kündigungen erfolgten in der Regel fristlos. Dies hatte zur Folge hatte, dass Überweisungen der „Kunden“ oftmals ins Leere liefen, da das auf der Zahlungsaufforderung angegebene Zielkonto im Zeitpunkt der Überweisung nicht mehr bestand. Gleichzeitig wurde es für die Angeklagten immer schwieriger, neue Konten zu eröffnen. Bei den großen Privatbanken konnten die Angeklagten bald deutschlandweit keine Konten mehr eröffnen, da die Niederlassungen dieser Bankhäuser vernetzt sind. Deshalb wandten sich die Angeklagten an Sparkassen sowie Volksbanken und Raiffeisenbanken, wobei sie auf Standorte zurückgreifen mussten, die immer weiter von H bzw. L entfernt lagen. Um den Überblick nicht zu verlieren, wurde in dem Büro im B eigens eine Deutschlandkarte aufgehängt, auf der die Orte, in denen bereits Banktermine vereinbart worden waren, markiert wurden. Um diese Probleme zu lösen, beschlossen die Angeklagten S und S, die Zahlungen von Anmeldern über von ihnen beherrschte Abrechnungsgesellschaften laufen zu lassen. Die Kunden wurden in den Rechnungen fortan aufgefordert, das „Nutzungsentgelt“ an eine dieser Abrechnungsgesellschaften zu zahlen. Die Namen dieser Gesellschaften wurden auf den Internetseiten der Angeklagten nicht genannt und wurden im Internet und in den Medien nicht mit dem Internetauftritt der B in Verbindung gebracht. Dementsprechend wurden die Konten der Abrechnungsgesellschaften nicht gekündigt, wodurch der Eingang der Zahlungen gewährleistet werden konnte.
Ab dem Spätsommer des Jahres 2009 verwendeten die Angeklagten S und S als Abrechnungsgesellschaft zunächst die O O GmbH (im Folgenden: O, die am 14.09.2009 in das Handelsregister eingetragen wurde und deren Gesellschaftsanteile formal von der O gehalten wurden. Zu Beginn der Tätigkeit trat die Gesellschaft für wenige Wochen unter der abweichenden Firma O O GmbH auf. Als Scheingeschäftsführer dieser Gesellschaft setzten die Angeklagten S und S den Angeklagten H ein, der zu dieser Zeit bereits als Callcenter-Mitarbeiter tätig war. Tatsächlich wurden jedoch alle Entscheidungen, die die O betrafen, von den Angeklagten S und S getroffen. Auf den Zahlungsaufforderungen von .de wurden fortan Bankkonten der O angegeben, so dass die Zahlungen der Anmelder auf diese Konten erfolgten. Dass auch Gelder aus den O-Projekten auf Konten der O flossen, konnte die Kammer nicht sicher feststellen.
dd) Beteiligung des Angeklagten S
An der Arbeitsaufteilung zwischen den Angeklagten Si und S änderte sich im Rahmen des Projektes .de nichts. Der Angeklagte S war weiterhin die Hauptperson. Er war der Initiator und Ideengeber des Projekts und hatte bei Zweifelsfragen das letzte Wort. Der Angeklagten S befasste sich im Wesentlichen mit der Struktur des Geschäftsmodells und war für die technische Umsetzung verantwortlich. Er ließ von Programmieren und Webdesignern die Internetseiten von .de entwerfen, organisierte den Betrieb der Seiten und entwickelte das „Partnerprogramm“ für die Werbung. Nach außen trat der Angeklagte S jedoch weiterhin nicht in Erscheinung.
Der Angeklagte S wusste, dass das Angebot von .de für die Nutzer wertlos war und dass sich daher – von vereinzelten Ausnahmen abgesehen – niemand anmelden würde, der den Kostenhinweis gelesen hatte. Wie schon bei der O handelte es sich bei der Zielgruppe von .de um die Besucher, die den Kostenhinweis nicht gelesen hatten und die daher von einem kostenlosen Angebot ausgingen. Nicht feststellen konnte die Kammer, ob der Angeklagte S fälschlich davon ausging, dass zwischen der B und den Anmeldern durch die Anmeldung wirksame, auf Zahlung eines Entgelts gerichtete Verträge zustande gekommen seien. Unabhängig davon hielt der Angeklagte S die Strafbarkeit des Geschäftsmodells von .de konkret für möglich. Er nahm dies jedoch billigend in Kauf und fand sich damit ab.
Der Angeklagte S hatte bereits im Jahre 2007 mit der über die V betriebenen Internetseite browserdownloads.de Computerprogramme von M, insbesondere auch M F, zum Herunterladen angeboten. Hiergegen hatte die M Foundation damals – wie der Angeklagte S wusste – eine einstweilige Verfügung erwirkt. Vor diesem Hintergrund hielt es der Angeklagte Simanowski jedenfalls für möglich, dass die M Foundation und die M Corporation auch im Zusammenhang mit .de mit dem Vertrieb ihrer Programme unter Nutzung ihrer Zeichen nicht einverstanden waren. Angesichts seiner bisherigen Erfahrungen hielt er zudem für möglich, dass auch die A Systems Inc. nicht generell in den Vertrieb ihrer Software und in die Benutzung ihrer Zeichen im Rahmen eines kostenpflichtigen Downloadportals wie .de eingewilligt hatte. Dies nahm er jedoch in Kauf, da er jedenfalls anfangs meinte, dass ihm insoweit lediglich eine Abmahnung oder eine einstweilige Verfügung drohe.
Keine sicheren Feststellungen konnte die Kammer dazu treffen, ob der Angeklagte S wusste, dass der Quelltext des Programms M F beliebig vervielfältigt, verbreitet oder wiedergegeben werden durfte.
ee) Beteiligung des Angeklagten S
Der Angeklagte S nahm im Rahmen von .de im Wesentlichen die Aufgaben war, die er auch bei dem O-Projekt übernommen hatte. Gemeinsam mit dem Angeklagten S betrieb er .de als Partner. Alle maßgeblichen Entscheidungen besprach er zuvor mit dem Angeklagten S, im Zweifel hatte dieser das letzte Wort.
Der Angeklagte S war weiterhin mit der Leitung des Tagesgeschäftes und der Kommunikation mit Steuerberatern, Rechtsanwälten und Vertragspartnern befasst. Zusätzlich betreute er nun die im Rahmen des „Partnerprogramms“ tätigen Werbepartner. Die Leitung des Callcenters gab der Angeklagte S zum 01.03.2009 im Wesentlichen an den Angeklagten M ab.
Der Angeklagte S wusste, dass das Geschäftsmodell der B darauf beruhte, dass die Anmelder den Kostenhinweis übersahen und von einem kostenlosen Download der kostenlosen Programme ausgingen. Es war seine Absicht, bei möglichst vielen Besuchern der Seiten von .de die Vorstellung hervorzurufen, dass das Angebot kostenlos sei, und auf diese Weise Anmeldungen zu generieren. Aus seinem Wissen, dass die Anmelder – bis auf vereinzelte Ausnahmen – keinen kostenpflichtigen Vertrag abschließen wollten, zog er die Schlussfolgerung, dass die Anmelder nicht verpflichtet waren, das geforderte „Nutzungsentgelt“ zu bezahlen. Er wusste zudem, dass das Angebot von .de für die Anmelder keinen Geldwert hatte. Dass all dies einen Betrug darstellen könnte, hielt er für möglich und nahm er in Kauf.
Indes konnte die Kammer – anders beim Folgeprojekt o.de – nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen, dass der Angeklagte S beim Betrieb von .de die Vorstellung hatte, dass die drei Nebenklägerinnen mit dem Vertrieb ihrer Programme bzw. der Benutzung ihrer Zeichen nicht einverstanden sein könnten. Vielmehr geht die Kammer davon aus, dass der Angeklagte sich über marken- und urheberrechtliche Aspekte zunächst keinerlei Gedanken machte, zumal er seriöse Downloadportale wie z.B. chip.de kannte, die – wenn auch kostenlos – ebenfalls Programme der Nebenklägerinnen vertrieben und deren Marken verwendeten. Zwar erkannte der Angeklagte im Laufe der Zeit, dass die Nebenklägerinnen mit dem Geschäftsmodell der Angeklagten keineswegs einverstanden waren. Diese Erkenntnis konnte die Kammer jedoch erst zu dem Beginn des Folgeprojekts o.de mit ausreichender Sicherheit feststellen. Inwieweit anschließend im Rahmen des Projekts .de noch Programme der drei Nebenklägerinnen angeboten wurden, konnte die Kammer nicht feststellen.
ff) Beteiligung des Angeklagten M
Zu Beginn des Jahres 2009 sprach der Angeklagte S den Angeklagten an und fragte ihn, ob dieser sich bei den von den Angeklagten S und S betriebenen Internetprojekten um das Personal kümmern wolle. Die Angeklagten S und M kannten sich zu diesem Zeitpunkt schon seit vielen Jahren. Der Angeklagte M sagte zu und begann – nachdem er im Februar 2009 sein Studium mit dem Schwerpunkt Personalmanagement abgeschlossen hatte – am 01.03.2009 mit seiner Tätigkeit im Büro in der G Bstraße.
Der Angeklagte M wurde von den Angeklagten S und S, überwiegend aber von dem Angeklagten S eingearbeitet. Der Angeklagte S führte ihm zunächst den Internetauftritt der O vor und zeigte ihm dabei, dass die Besucher den Kostenhinweis auf der Anmeldeseite nur sehen konnten, wenn sie in ihrem Browserfenster herunterscrollten. Auch der Internetauftritt von .de wurde dem Angeklagten M vorgeführt, wobei ihm auch die speziell auf einzelne Programme abgestimmten Landingpages gezeigt wurden.
Die Aufgabe des Angeklagten M war von Anfang an die Leitung des Personals. Der Angeklagte S und der Angeklagte S, der diese Aufgabe bis dahin im Wesentlichen wahrgenommen hatte, wollten sich hiervon entlasten, um sich auf die Organisation und Leitung des Gesamtprojekts konzentrieren zu können. Zu Beginn der Tätigkeit des Angeklagten Ml gab es im Callcenter – einschließlich des Angeklagten S und der anderweitig verfolgten S S – vier oder fünf Mitarbeiter. Da die Arbeit im Callcenter im Rahmen von .de stetig zunahm, wurden jedoch immer mehr Mitarbeiter eingestellt. Der Angeklagte M wählte die neuen Mitarbeiter eigenverantwortlich aus, sorgte für ihre Einarbeitung und teilte die Aufgaben ein. Er wies die Callcenter-Mitarbeiter an, wie sie sich am Telefon zu verhalten hatten und wie sie E-Mails, Telefaxe und Briefe zu bearbeiten hatten. Auch über die Arbeitszeiten der einzelnen Mitarbeiter und über Entlassungen konnte er selbst entscheiden. In wichtigen und grundsätzlichen Fragen besprach er sich jedoch mit den Angeklagten S und , die im Zweifel entschieden. Außerdem organisierte der Angeklagte M Banktermine zur Eröffnung neuer Bankkonten. Hierzu suchte er die in Frage kommenden Banken aus, vereinbarte Termine und teilte diese den Scheingeschäftsführern Sn, S und H mit. Der Angeklagte M war es auch, der auf den Seiten von .de die Verknüpfungen zu den Servern der Anbieter der Computerprogramme pflegte und aktualisierte, so dass die Programme stets über die Seiten von .de heruntergeladen werden konnten.
Die Leitungsfunktion des Angeklagten M wurde schließlich formalisiert. So wurde er am 02.09.2009 als Geschäftsführer der V eingetragen, die später in F umbenannt wurde und als Betreibergesellschaft für das Callcenter fungierte. Anders als bei den Scheingeschäftsführern der übrigen Gesellschaften nahm der Angeklagte M – wie oben beschrieben – zwar tatsächlich Leitungsaufgaben wahr. Das Entscheidungsrecht hatten aber auch insoweit letztlich die Angeklagten S und S. Über die Finanzierung der F durch „Support-Verträge“ mit den anderen Betreiber- und Abrechnungsgesellschaften und über die Verteilung der Gelder entschieden diese gänzlich allein.
Für einen Zeitraum von ca. sechs Wochen im Frühsommer des Jahres 2009 half der Angeklagte M zudem, den Inkassobetrieb in der Rechtsanwaltskanzlei S einzurichten. Da der Angeklagte S die Einzelheiten der Internetprojekte nicht kannte, mit den Abläufen nicht vertraut war und hieran auch kein Interesse zeigte, war er nicht in der Lage, dies selbst zu tun. Daher war es der Angeklagte M, der – gemeinsam mit dem Angeklagten H – in den Büroräumen des Angeklagten S die Computer einrichtete, Telefonate entgegennahm und zwei Rechtsanwaltsfachangestellte einarbeitete. Die Anweisungen, wie er dabei vorzugehen hatte, erhielt er von den Angeklagten S und S.
Dem Angeklagten M war bereits zu Beginn seiner Tätigkeit klar, dass die Seiten von .de absichtlich so gestaltet waren, dass möglichst viele Besucher den Kostenhinweis übersahen. Er ging davon aus, dass sich Besucher, die den Kostenhinweis gelesen hatten, nicht anmelden würden, und wusste, dass das Angebot von .de keinen Wert hatte. Bereits zu Beginn seiner Tätigkeit zweifelte er am Bestehen der geltend gemachten Forderungen. Als Leiter des Callcenters waren dem Angeklagten M auch die Dimensionen des Projekts bekannt. Er wusste, dass mehrere hunderttausend Anmeldungen eingingen und sich die Summe der eingegangenen Zahlungen im siebenstelligen Bereich bewegte.
Der Angeklagte M ging von Anfang an davon aus, in einer „Grauzone“ tätig zu sein. Er hielt eine Strafbarkeit des Geschäftsmodells für möglich und rechnete mit Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden. Dies nahm er jedoch hin, da ihm seine Tätigkeit lukrativ erschien und er hoffte, dass nichts passieren werde.
Die Kammer konnte nicht sicher feststellen, dass der Angeklagte M bereits beim Betrieb von .de die Vorstellung hatte, dass die drei Nebenklägerinnen mit dem Vertrieb ihrer Programme bzw. der Benutzung ihrer Zeichen nicht einverstanden sein könnten. Zwar wusste der Angeklagte Mendel während des Folgeprojekts o.de, dass es insoweit „Probleme“ gab. Dass er dieses Wissen schon erwarb, als bei .de noch die Programme der Nebenklägerinnen angeboten wurden, war aber nicht festzustellen.
gg) Beteiligung des Angeklagten Sn
Auch während der Zeit von .de war der Angeklagte S als Mitarbeiter im Callcenter tätig, bearbeitete Beschwerden und Anfragen von Kunden und übernahm kleinere Aufgaben (z.B. Einkäufe, Botengänge etc.). Außerdem begleitete er die Scheingeschäftsführerin S zu ihren Bankterminen.
Der Angeklagte S wusste, dass auch das Geschäftsmodell von .de darauf basierte, dass die Anmelder den Kostenhinweis übersahen und sich nur anmeldeten, weil sie von einem kostenlosen Angebot ausgingen. Dabei hielt er es jedenfalls für möglich, dass das Angebot von .de keinen Wert hatte. Zu der Frage, ob er fälschlich meinte, durch die Anmeldungen seien wirksame entgeltliche Verträge entstanden, konnte die Kammer keine ausreichenden Feststellungen treffen. Der Angeklagte kannte die Dimensionen des Projekts.
Der Angeklagte hielt es konkret für möglich, dass das auch dieses Geschäftsmodell strafbar sein könnte, nahm dies jedoch in Kauf und fand sich damit ab.
hh) Beteiligung des Angeklagten H
Der Angeklagte H begann im März 2009 als Mitarbeiter im Callcenter, nachdem ihm der Bruder des Angeklagten M den Kontakt vermittelt hatte.
Zu Beginn seiner Tätigkeit wurde der Angeklagte H von dem Angeklagten eingearbeitet. Dieser zeigte ihm auch den Internetauftritt von .de, nicht jedoch die speziell auf einzelne Programme abgestimmten Landingpages. Lediglich einmal sah der Angeklagte H eine Landingpage, als er den Anmeldeprozess über eine Suchmaschine probeweise selbst nachvollzog. In der Folge bearbeitete der Angeklagte Beschwerden und Anfragen von Anmeldern.
Im Frühsommer des Jahres 2009 unterstützte der Angeklagte H für einen Zeitraum von ca. sechs Wochen den Angeklagten M bei der Einrichtung des Inkassosystems in der Rechtsanwaltskanzlei S. Mit dem Angeklagten S hatte der Angeklagte H in dieser Zeit kaum Kontakt. Seine Arbeitsanweisungen erhielt er allein von dem Angeklagten M. Teilweise fanden auch gemeinsame Besprechungen mit den Angeklagten M, S und S statt.
Im Spätsommer des Jahres 2009 wurde der Angeklagte H von den Angeklagten S und S gefragt, ob er bereit sei, die Rolle des Geschäftsführers der O zu übernehmen. Der Angeklagte H sagte zu und trat fortan als Scheingeschäftsführer auf. Am 14.09.2009 wurde er als Geschäftsführer der O eingetragen. Als solcher bestand seine Aufgabe darin, Banktermine wahrzunehmen und für die O Konten zu eröffnen. Insgesamt eröffnete der Angeklagte für die O etwa acht Konten. Außerdem musste er von den Konten der O gelegentlich Bargeld abheben. Daneben setzte der Angeklagte seine Tätigkeit im Callcenter fort.
Ebenso wie die übrigen Angeklagten wusste der Angeklagte H, dass – von vereinzelten Ausnahmen abgesehen – alle Besucher, die sich bei .de angemeldet hatten, den Kostenhinweis übersehen hatten und dass das Geschäftsmodell nur auf dieser Grundlage funktionierte. Zudem wusste er, dass das Angebot von .de für die Nutzer wertlos war. Obgleich er davon ausging, dass die Anmeldungen „keine richtigen Anmeldungen“ waren, konnte die Kammer nicht feststellen, dass der Angeklagte H es für möglich hielt, dass durch die Anmeldungen keine wirksamen Forderungen entstanden waren. Infolge seiner Tätigkeit im Callcenter kannte der Angeklagte H die Dimensionen des Projekts. Er wusste, dass mehrere hunderttausend Anmeldungen eingingen und sich die Summe der Zahlungen im siebenstelligen Bereich bewegte.
Eine Strafbarkeit hielt der Angeklagte Hfür möglich. Er nahm dies jedoch in Kauf und fand sich damit ab, da er die Tätigkeit als „seinen Job“ betrachtete.
ii) Beteiligung des Angeklagten K
Im April 2008 war der Angeklagte K arbeitssuchend und bat den Angeklagten S, den er bereits seit längerer Zeit kannte, erstmals um eine Anstellung. Im Juli 2008 kam der Angeklagte S darauf zurück und bot ihm an, im Callcenter der O zu arbeiten, woraufhin zwischen dem Angeklagten K und der O ein Arbeitsvertrag mit Wirkung zum 01.08.2008 abgeschlossen wurde. Der Angeklagte Kwar daraufhin im Callcenter für das O-Projekt tätig, was jedoch nicht Gegenstand der Anklage ist. Gegen Ende des Jahres 2008 fuhr der Angeklagte die anderweitig verfolgte S S, die keinen Führerschein besaß, zu verschiedenen Banken, da sie dort – wie der Angeklagte wusste – Konten für die neu gegründete B eröffnen sollte. Der Arbeitsvertrag des Angeklagten K wurde dann im Januar 2009 gekündigt.
Da es dem Angeklagten K in der Folge nicht gelang, einen Arbeitsplatz zu finden, wandte er sich erneut an den Angeklagten S. Daraufhin wurde er zum 01.04.2009 wieder als Callcenter-Mitarbeiter eingestellt. Er wurde von dem Angeklagten M eingewiesen und musste Beschwerden und Anfragen von Kunden bearbeiten. Außerdem musste er Kurierfahrten und kleinere Aufgaben erledigen (z.B. Einkäufe, Abholen und Öffnen von Post). Der Angeklagte Ki wurde von den anderen Angeklagten kaum ernst genommen. Sie nahmen ihn im Wesentlichen als „Lakaien“ wahr, der niedere Aufgaben zu erledigen hatte.
Gleichwohl erkannte auch der Angeklagte K, dass das Geschäftsmodell von .de nur funktionierte, weil die Anmelder den Kostenhinweis übersahen. Er wusste auch, dass die angebotenen Programme an sich kostenlos waren und das Angebot von .de für die Anmelder daher keinen Wert hatte. Der Angeklagte zog in Erwägung, dass durch die Anmeldungen möglicherweise gar keine wirksamen Forderungen entstanden, hatte insoweit aber keine klare Vorstellung. Er kannte aufgrund seiner Callcenter-Mitarbeit die Dimensionen des Projekts und wusste, dass hundertausende Anmeldungen eingingen und sich die Summe der Zahlungen im siebenstelligen Bereich bewegte. Dass das Geschäftsmodell strafbar sein könnte, hielt der Angeklagte für möglich. Er nahm dies jedoch billigend in Kauf, da er froh war, eine Anstellung gefunden zu haben.
jj) Beteiligung des Angeklagten S
Im März 2007 wurde der Angeklagte S von der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg als Rechtsanwalt zugelassen. In der Folge gelang es ihm nicht, eine Anstellung als Rechtsanwalt zu finden, und die Einkünfte, die er mit seiner selbständigen Rechtsanwaltstätigkeit erzielte, reichten kaum aus, um seine Lebenshaltungskosten zu bestreiten. In dieser Situation nahm der Angeklagte S, den er während eines Urlaubs in S kennengelernt hatte, gegen Ende des Jahres 2008 zu ihm Kontakt auf. Es folgten mehrere Treffen mit dem Angeklagten S und dem Angeklagten S, bei denen ihm diese mitteilten, dass sie für mehrere Internetprojekte einen Rechtsanwalt suchten, der insbesondere offene Forderungen beitreibe. Der Angeklagte S sah dies für sich als Chance, einen Einstieg in den Rechtsanwaltsmarkt zu finden, und sagte zu.
Anfangs beteiligte sich der Angeklagte S testweise und in geringem Umfang am Inkasso für die O, was nicht Gegenstand der Anklage ist. Im Oktober 2008 eröffnete der Angeklagte S die ersten Bankkonten, auf welche die im Rahmen des Inkassoverfahrens geleisteten Zahlungen der Kunden eingehen sollten. Der Angeklagte S war bei der Eröffnung dieser Konten anwesend und ließ sich von Beginn an Kontovollmachten geben, um den Geldeingang und die Weiterverteilung kontrollieren zu können. Sodann beauftragten die Angeklagten S und S den Angeklagten S damit, das gesamte Inkassoverfahren für das Projekt .de durchzuführen. In diesem Zusammenhang führten diese ihm auch den Internetauftritt des Projekts vor, zeigten ihm jedoch nur die Startseite und die allgemeine, auf kein bestimmtes Programm abgestimmte Anmeldeseite. Eine Landingpage bekam der Angeklagte S erst zu sehen, als für das Projekt 9.de keine Inkassoschreiben mehr versandt wurden.
Mit dem Versand der Inkassoschreiben für .de wurde im März oder April 2009 begonnen, bereits bevor dem Angeklagten S Kanzleiräume zur Verfügung standen. Dies wurde von dem Angeklagten S im Einvernehmen mit dem Angeklagten S veranlasst und koordiniert. Der Angeklagte S stellte lediglich seinen Namen mit Rechtsanwaltstitel zur Verfügung, unter dem die Schreiben versandt wurden. Seine Unterschrift war zu diesem Zweck eingescannt worden. Den Text der Schreiben formulierte im Wesentlichen der Angeklagte S, der Angeklagte S wirkte jedoch hieran mit.
Noch im Frühjahr des Jahres 2009 beschlossen die Angeklagten S, Sr und S, dass die Rechtsanwaltskanzlei S eigene Kanzleiräume erhalten sollte. Der Angeklagte S mietete Büroräume in der Pstraße in H an, die die Angeklagten S, S und S gemeinsam einrichteten. Die Einrichtung der Kanzlei wurde von den Angeklagten S und S finanziert, da der Angeklagte S nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügte. Die Angeklagten vereinbarten, diese Ausgaben später in irgendeiner Weise zu verrechnen, ohne dass hierzu jedoch genaue Absprachen getroffen worden wären. Der Angeklagte S veranlasste und koordinierte die Programmierung und Einrichtung der Inkassodatenbank und schaffte auch die übrigen technischen Voraussetzungen für die Durchführung des Inkassoverfahrens. Außerdem stellte er der Kanzlei eine Homepage im Internet zur Verfügung.
Um das Inkassoverfahren aus den Kanzleiräumen heraus durchführen und insbesondere die erwarteten zahlreichen Anrufe, Schreiben und E-Mails von Anmeldern beantworten zu können, benötigten die Angeklagten dort Personal. Der Angeklagte S konnte dies nicht selbst erledigen, da er mit den Einzelheiten des Projekts und insbesondere mit der Datenbank und den technischen Abläufen nicht vertraut und auch nicht daran interessiert war, sich einzuarbeiten. Daher beschlossen die Angeklagten Si und S im Einvernehmen mit dem Angeklagten S, die damals im Callcenter tätigen Angeklagten Ml und H im Frühsommer 2009 für ca. sechs Wochen für die Kanzlei abzustellen. Diese richteten dort die Computer ein, nahmen Telefonanrufe entgegen und arbeiteten zwei von dem Angeklagten S eingestellte Rechtsanwaltsfachangestellte ein, die die im Zusammenhang mit dem Inkassoverfahren anfallende Arbeit sodann übernahmen. Der Angeklagte S war an der Einarbeitung der Rechtsanwaltsfachangestellten nicht beteiligt. Diese konnten sich, nachdem die Angeklagten M und H ihre Tätigkeit in der Kanzlei abgeschlossen hatten, mit ihren Rückfragen oder Problemen weiterhin insbesondere an den Angeklagten M als Leiter des Callcenters wenden. Insbesondere wenn Inkassoschreiben in großem Umfang versandt worden waren, waren die Angestellten der Kanzlei angesichts der großen Zahl von Beschwerden und Anfragen der Empfänger überlastet. In diesen Fällen wurde das Telefon der Kanzlei zeitweise auf das Callcenter in Lüneburg umgestellt. Die Anrufe wurden dann von Mitarbeitern des Callcenters entgegengenommen.
Die Inkassoschreiben wurden in der Regel zunächst per E-Mail und später noch einmal per Briefpost verschickt. Die E-Mails wurden vom System automatisch generiert und verschickt. Der Angeklagte S war insoweit in keiner Weise involviert.
Die Briefe wurden als pdf-Dokumente an Druckereien verschickt, dort gedruckt und per Briefpost an die Empfänger versandt. Hiermit wurde zunächst die l.de GmbH & Co. KG beauftragt und später – nachdem sich dieses Unternehmen aus Sicht der Angeklagten als unzuverlässig erwiesen hatte – die Fa. P, wobei der Wechsel zu P auf Anregung des Angeklagten S erfolgte. Auch in den Briefversand war der Angeklagte Sc zunächst nicht involviert. Erst nach dem Wechsel zu P oblag es ihm, die Inkassoschreiben als pdf-Dokumente zu generieren und diese sodann an die Druckerei zu übermitteln.
Insgesamt wurden in der Zeit von März 2009 bis November 2009 per Briefpost mindestens 104.354 Inkassoschreiben verschickt (davon mindestens 13.080 über die l.de GmbH & Co. KG und mindestens 91.274 über P). Ein zusätzlicher Auftrag über 26.765 Schreiben wurde von der l.de GmbH & Co. KG möglicherweise nicht ausgeführt. Die Anzahl der Inkassoschreiben, die per E-Mail verschickt wurden, konnte nicht mehr rekonstruiert werden; sie liegt aber deutlich über der Zahl der Sendungen, die per Briefpost verschickt wurden.
Alle für das Inkassoverfahren wesentlichen Entscheidungen wurden von den Angeklagten S und S getroffen. Die Kompetenzen des Angeklagten S beschränkten sich im Wesentlichen auf untergeordnete organisatorische Fragen wie z.B. Urlaubs- und Gehaltsfragen bezüglich der in der Kanzlei tätigen Rechtsanwaltsfachangestellten und nicht technische Gegenstände der Kanzleieinrichtung. Der Angeklagte S tauschte sich aber – insbesondere per Chat – regelmäßig mit den Angeklagten Sund S aus.
Zu den Empfängern der Inkassoschreiben hatte der Angeklagte S keinen persönlichen Kontakt. Er beantwortete weder Telefonate noch Briefe oder E-Mails. Die Angestellten der Kanzlei (oder des Callcenters), die Anrufe für ihn entgegennahmen, hatten die Anweisung mitzuteilen, dass Rechtsanwalt S nicht zu sprechen sei, da er einen auswärtigen Termin wahrnehme. Der Angeklagte S war jede Woche nur ein oder zwei Mal im Büro und hielt sich dann in der Regel jeweils ein bis zwei Stunden in den Kanzleiräumen auf. Soweit er neben dem Inkassoverfahren überhaupt noch Mandate betreute, tat er dies von zu Hause.
Der Angeklagte S wusste, dass das Geschäftsmodell von .de darauf beruhte, dass die Anmelder den Kostenhinweis übersahen und dass die von den Angeklagten angebotenen Leistungen wertlos waren. Er ging davon aus, dass die Anmelder keinen entgeltlichen Vertrag abschließen wollten und hielt es für möglich, dass daher keine Zahlungsansprüche entstanden. Der Angeklagte kannte die Dimensionen des Inkassoverfahrens und des Gesamtprojekts. Eine Strafbarkeit des Geschäftsmodells hielt er für möglich, nahm dies jedoch billigend in Kauf.
c) Fall 3: o.de
In der Mitte des Jahres 2009 begannen die Angeklagten mit einem neuen Internetprojekt, dem Downloadportal „o.de“. Dieses Projekt, das die Angeklagten über die neue Gesellschaft O--S Limited (im Folgenden: O) betrieben, basierte auf der Idee und Struktur von .de. Es wurde jedoch in noch größerem Umfang betrieben als das Vorgängerprojekt und war dementsprechend auch lukrativer. Das Design der Internetseiten wurde verändert, zudem wurden Erfahrungen aus dem Vorgängerprojekt berücksichtigt.
An dem grundsätzlichen Geschäftsmodell und dem Tatplan der Angeklagten S und S hatte sich bei o.de nichts verändert. Auch bei diesem Projekt ging es den Angeklagten darum, möglichst viele Anmeldungen für einen vermeintlich kostenlosen Download von Freeware zu generieren, um bei den Anmeldern in der Folge ein „Nutzungsentgelt“ einzufordern.
aa) Das Projekt
Da der Name .de wegen negativer Berichterstattung in den Medien, Kritik in Internetforen und mehreren staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren verbraucht war und die Zahlungsquote sank, starteten die Angeklagten S und S in der Mitte des Jahres 2009 das neue Projekt o.de.
Als Betreibergesellschaft verwendeten sie hierfür die zuvor gegründete O, die am 14.05.2009 in das Handelsregister eingetragen worden war. Da auch der Name von S S in den Medien und im Internet inzwischen mit „Abo-Fallen“ und „Abzocke“ in Verbindung gebracht wurde, benötigten die Angeklagten für die O einen neuen Scheingeschäftsführer. Für diese Rolle konnte der Angeklagte S M B, den ehemaligen Lebensgefährten der Mutter seiner Ex-Freundin, gewinnen. B war von Beruf Gabelstaplerfahrer und hatte eine stark ausgeprägte Lese- und Rechtschreibschwäche. Wie der Angeklagte S erkannte, verstand B zwar nicht, worum es bei der O gehen und welche Aufgabe ihm zukommen sollte. Gleichwohl erklärte dieser sich bereit, die Rolle des Geschäftsführers der O zu übernehmen, da er sich in finanziellen Schwierigkeiten befand und der Angeklagte S ihm die Zahlung von EUR 5.000.- im Voraus versprach. B wurde am 14.05.2009 als Geschäftsführer eingetragen. Zugleich veranlasste der Angeklagte S seine Eintragung als Prokurist, die jedoch am 22.06.2009 wieder gelöscht wurde.
Wie bei .de wurden auf den Seiten von o.de zahlreiche Freeware-Programme zum Herunterladen angeboten. Dazu gehörten bei o.de die Programme A Rr und A F der Nebenklägerin A S Inc. sowie die Programme M F und M T der Nebenklägerinnen M Foundation und M Corporation. Auf die Anmeldeseiten von o.de kamen die Besucher – wie bei .de – über Werbeanzeigen in den Suchmaschinen G und Y sowie über die Werbung der „Streaming-Partner“.
Auch bei o.de gab es zwei verschiedene Arten von Anmeldeseiten. Für die am häufigsten nachgefragten Programme verwendeten die Angeklagten eigens gestaltete und auf das jeweilige Programm abgestimmte Landingpages. Anders als bei .de erweckten diese Landingpages bei dem durchschnittlichen Betrachter jedoch nicht den Anschein, dass es sich um eine Internetseite des Softwareherstellers handele. Daneben gab es einheitlich gestaltete Anmeldeseiten, auf denen lediglich der Programmname, ein Vorschaufenster und die Programminformationen wechselten und die zu dem jeweiligen Programm passten, dessen Anzeige der Nutzer in der Suchmaschine oder bei dem Streaming-Partner angeklickt hatte.
Besonders gestaltete Landingpages verwendeten die Angeklagten zumindest für die Programme A R, A F und M F. So war etwa die Landingpage für M F wie folgt gestaltet: In der Kopfzeile befand sich der Schriftzug „O.de“ mit dem kleiner geschriebenen Zusatz „Damit Du findest, was Du suchst!“. Darunter war eine Menüleiste angebracht, die Verknüpfungen zu anderen Seiten des Internetauftritts enthielt. Es folgte vor blauem Hintergrund in großer Schrift der Schriftzug „M F 3.5 Download“, darunter stand in kleiner Schrift:
„Mit dem M F surfen Sie im Internet, und das sogar besser als mit dem Internet-Explorer. Der neue Browser der M Inc. ist schneller, sicherer, besser ausgestaltet und lässt sich flexibel erweitern. Nach der Anmeldung erhalten Sie sofort Zugriff auf den einfachen Installationsprozess. Nach der kurzen Installation sind Sie sofort im F im WWW unterwegs!“
Darunter befand sich die Textzeile:
„Jetzt anmelden und M F 3.5 downloaden!“
Neben diesem Text befand sich eine Programmvorschau in Form einer Abbildung, die M Fx während der Benutzung zeigte. Diese Grafik war teilweise von einem grauen Feld überlagert, auf dem in prominenter Form ein mit dem F-Logo nahezu identisches Logo und darunter der Text „F 3 jetzt downloaden“ abgebildet war. In der unteren Hälfte der Seite befand sich eine grau hinterlegte Anmeldemaske, wie sie bereits bei .de verwendet wurde. Auch hier musste der Nutzer für die Anmeldung einen Haken in ein Feld neben dem Text „Ich akzeptiere die AGB und wurde zudem über das Widerrufsrecht belehrt.“ setzen, der sich über dem großen Button mit dem Text „Anmeldung & Download“ befand. Rechts neben der Anmeldemaske befand sich wie bei .de die Textbox mit rudimentären Informationen zu Programmversion, Größe, Autor, Betriebssystem und Sprache, in deren unterem Drittel der folgende fünfzeilige Text stand:
„Durch die Mitgliedschaft in unserem Downloadportal entstehen Ihnen Kosten von 84 Euro inklusive Mehrwertsteuer pro Jahr (12 Monate zu je 7 Euro), Abrechnung im Voraus.“
Ab dem 23.11.2009 platzierte der Angeklagte S auf allen Anmeldeseiten (so auch auf der Landingpage für M F ganz rechts in der Menüleiste einen zweiten Kostenhinweis mit dem Text:
„ZUGANG ZUM DOWNLOADPORTAL
84 Euro pro Jahr
inkl. der gesetzlichen MwSt.“
Ein weiterer Kostenhinweis befand sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die der Besucher durch einen Klick auf das Kürzel „AGB“ aufrufen konnte.
Hinsichtlich der Einzelheiten der grafischen Gestaltung der Landingpage für M F wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildung auf Bl. 7797 der Leitakte verwiesen.
Für die Programme A F und A R gab es entsprechende Landingpages, auf denen allerdings nicht die Logos der A S Inc. verwendet wurden. Diese Landingpages verwendeten die Angeklagten während des Betriebs von o.de zeitweise für die drei genannten Programme. Zeitweise verwendeten sie für diese Programme aber auch die einheitliche, lediglich an das Programm angepasste Anmeldeseite von o.de.
Diese einheitlichen Anmeldeseiten, die die Angeklagten im Übrigen verwendeten, hatten dieselbe Seitenstruktur wie die oben beschriebene Landingpage. Während bei den Landingpages andere Farben dominierten – blau im Falle der Landingpage für F und rot im Falle der Landingpages für A R und F P–, waren die einheitlichen Anmeldeseiten in den Farben grau-blau, grün und weiß gehalten. Zudem befand sich die Grafik mit der Programmvorschau über der Anmeldemaske auf der linken Seite. Die vollständigen Logos der Nebenklägerinnen oder ähnliche Zeichen wurden hier nicht verwendet, auch wenn auf der Anmeldeseite für F in einem Programmvorschaufenster etwa die Hälfte des F-Logos zu sehen war. Der Kostenhinweis war mit dem Kostenhinweis auf den Landingpages identisch und befand sich ebenfalls in einer Textbox neben der Anmeldemaske und damit in der rechten, unteren Ecke der Anmeldeseite. Auch hier gab es einen weiteren Kostenhinweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die durch einen Klick auf das Kürzel „AGB“ aufgerufen werden konnten. Hinsichtlich der Einzelheiten der grafischen Gestaltung der angepassten, allgemeinen Anmeldeseiten wird – hier am Beispiel der Seite für M F – gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildung auf Bl. 7795 der Leitakte verwiesen.
Auch bei o.de gab es eine „Startseite“, auf der sich stets ein Kostenhinweis befand, und über die man zu einer allgemeinen Anmeldeseite gelangte, die nicht auf ein bestimmtes Programm zugeschnitten war. Wie bei .de hatte diese Seite für den Betrieb des Projektes keine Bedeutung, da sich kein Nutzer über diese Seite anmeldete. Denn über die geschaltete Werbung gelangten die Nutzer ausschließlich zu Landingpages und abgestimmten Anmeldeseiten.
Auch das Geschäftsmodell von o.de basierte darauf, dass viele Besucher – die auf der Suche nach einem kostenlosen Programm waren – den Kostenhinweis übersahen und sich anmeldeten, da sie von einer kostenlosen Download-Möglichkeit ausgingen. Die Angeklagten wussten, dass sämtliche Anmelder – von vereinzelten Ausnahmen abgesehen – dachten, sie könnten sich auf der Seite der Angeklagten kostenlos ein Freeware-Programm herunterladen.
Dass der Kostenhinweis auf der Anmeldeseite zeitweise gänzlich ausgeblendet wurde, konnte die Kammer nicht feststellen. Zwar hatten die Angeklagten S und S über das Ausblenden des Kostenhinweises gesprochen. Ob dies auch in die Tat umgesetzt wurde, konnte jedoch nicht aufgeklärt werden.
Die Leistungen von o.de hatten – wie alle Angeklagten wussten – für die Nutzer keinen Wert. Insoweit kann auf die Ausführungen zu .de verwiesen werden, da das Angebot unverändert blieb; es gab lediglich geringe Abweichungen hinsichtlich der zum Download angebotenen Freeware-Programme.
Nach der Anmeldung erhielten die Nutzer – wie bei der O und bei .de – eine Aktivierungsmail mit einem Aktivierungslink. Insoweit kann auf die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen werden. Sobald der Nutzer auf den Aktivierungslink klickte, spätestens aber nach 14 Tagen schickten ihm die Angeklagten unter dem Briefkopf der O eine Zahlungsaufforderung, in der ein Nutzungs-entgelt in Höhe von EUR 84,- geltend gemacht wurde. Der Versand erfolgte – wie bei .de – weitestgehend automatisiert.
Die Zahlungsaufforderung enthielt zuvorderst eine Tabelle mit Informationen zu der angeblichen Forderung: „12-Monatszugang für O.de“, „Zeitraum: [es folgen zwei Daten] – Zahlung laut AGB ein Jahr im Voraus“, „Einzelpreis: 84,00 Euro“, „Gesamt: 84,00 Euro“. Nach der Anrede kam sodann der folgende Text:
„vielen Dank für Ihr Interesse an unserem Premium-Downloadportal O.de. Wir freuen uns, dass unser Angebot Ihren Zuspruch gefunden hat und im Rahmen Ihrer Widerrufsfrist kein gültiger Widerruf erfolgte. Wir erlauben uns, für die Bereitsstellung und Erbringung unserer Dienstleistung das vereinbarte Nutzungsentgelt zu stellen [sic].“
Nutzer, die die geltend gemachte Forderung nicht beglichen, erhielten von den Angeklagten eine Zahlungserinnerung, in der diese zusätzlich eine Mahngebühr in Höhe von EUR 2,50 geltend machten und in der es auszugsweise hieß:
„[...] Mit Zugang dieser Mahnung befinden Sie sich daher gem. § 286 ff. BGB im Verzug.
*'Uns steht damit die sofortige Erhebung einer Leistungsklage oder alternativ die Beantragung eines Mahnbescheides und die damit einhergehende Eröffnung eines Mahnverfahrens durch unsere Rechtsanwälte zu.*' Dieser Vorgang würde die Forderung gegen Sie erheblich erhöhen. [...]“
(Hervorhebung durch Fettdruck wie im Original)
Wenn die Nutzer weiterhin nicht bezahlten, erhielten sie von den Angeklagten eine „Letzte Mahnung“, in der eine Mahngebühr von EUR 5,- geltend gemacht wurde und in der es auszugsweise hieß:
„[...] *'Am [Datum] werden wir unser Rechtsanwalts-/ Inkassobüro mit der, notfalls gerichtlichen Durchsetzung unserer Forderung beauftragen. Die hierbei entstehenden zusätzlichen Kosten haben Sie zu tragen.*' [...]“
(Hervorhebung durch Fettdruck wie im Original)
Auch das Inkasso für o.de sollte unter Mitwirkung des Angeklagten S durchgeführt werden. Hierzu kam es jedoch nicht mehr, da dessen Konten von den kontoführenden Banken gekündigt oder von der Staatsanwaltschaft gepfändet wurden und es ihm nicht mehr gelang, neue Konten zu eröffnen. Zwar gründete der Angeklagte S im Herbst des Jahres 2009 die Z-D-E Gesellschaft für Inkasso & Forderungsmanagement mbH (im Folgenden: Z-D-E), die am 16.12.2009 in das Handelsregister eingetragen wurde, deren Geschäftsführer er war und mit der nach dem Plan der Angeklagten S, S und S das Inkasso-Verfahren durchgeführt werden sollte. Diese Gesellschaft hatte ihren Sitz in L, da die Kanzleianschrift in der Pstraße bereits „verbraucht“ war und die Angeklagten zudem hoffen, auf diese Weise die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Hamburg zu umgehen. Die Z-D-E wurde jedoch nicht aktiv, da sie keine Inkassolizenz erhielt.
Die Bewerbung des Internetauftritts o.de erfolgte wie bei .de über Werbepartner, die bei G und Y! Search Marketing Anzeigen schalteten, sowie über die „Streaming-Partner“. Insoweit kann auf die Ausführungen zu .de verwiesen werden. Zu den Werbepartnern, die Werbung in Suchmaschinen schalteten, gehörte bei o.de auch der Angeklagte M. Der Angeklagte S betrieb keine Werbung mehr, der Angeklagte S nur noch in sehr geringfügigem Maße.
Auch in dem Geschäftsmodell von o.de sah G einen Verstoß gegen die A-Werberichtlinien und sperrte daher regelmäßig die Benutzerkonten und Werbeanzeigen der Partner. Auch bei o.de kam daher das bereits beschriebene Umleitungssystem „Suma“ zum Einsatz, mit dem die Kontrolleure über die Identität der beworbenen Seite getäuscht wurden. Darüber hinaus verwendeten die Angeklagten S und S bei o.de sogenannte „Zwischenseiten“, die sie zwischen die Werbeanzeigen in Suchmaschinen und die von ihnen betriebenen Anmeldeseiten schalteten. Auf diesen Zwischenseiten musste der Nutzer auf eine große Klickfläche – etwa mit dem Text „Jetzt zum Download!“ – klicken und wurde sodann auf die Anmeldeseite weitergeleitet. Sinn und Zweck dieser Zwischenseiten war ebenfalls, die Kontrollen von G zu umgehen. Auf den Zwischenseiten befand sich weder ein Kostenhinweis noch ein Hinweis auf o.de. Wenn die Kontrolleure von G nur die Zwischenseite prüften (und nicht auch die nachgeschaltete Anmeldeseite von o.de), hatten sie keinen Hinweis auf die Kostenpflichtigkeit des Angebots und damit keinen Grund, einen Verstoß gegen die Richtlinien anzunehmen und die Werbung zu sperren.
Die Angeklagten betrieben im Rahmen von o.de das Callcenter in der G Bstraße in L weiter. Dieses leitete weiterhin der Angeklagte M. Während des Betriebs von o.de wurde das Callcenter erneut erheblich erweitert, da sich das Volumen an Beschwerden und Anfragen erhöht hatte. So gingen zuletzt über 2.000 Anrufe und drei Kisten mit Briefen am Tag ein. Bis zu 18 Mitarbeiter arbeiteten zuletzt im Callcenter, davon allerdings viele in Teilzeit auf 400-Euro-Basis. Nach wie vor hatte das Callcenter ganz überwiegend Beschwerden von „Kunden“ zu bearbeiten, die angaben, keinen Kostenhinweis gesehen oder sich nicht angemeldet zu haben. Die Mitarbeiter waren angehalten, den Anmeldern deutlich zu machen, dass sie zahlen müssten. Die kostenpflichtige „Servicehotline“ wurde weiterhin betrieben. Als Scheinanschrift wurde die offizielle Adresse der O im B D in H verwendet.
Mit dem Internetauftritt o.de generierten die Angeklagten ausweislich ihrer Kundendatenbank in der Zeit vom 13.07.2009 bis zum 06.02.2010 insgesamt 419.454 Anmeldungen. Das letzte Forderungsschreiben wurde ebenfalls am 06.02.2010 verschickt. Zu Anmeldern und Zahlern ergaben sich aus der Kundendatenbank der Angeklagten im Übrigen folgende Daten: Von den 419.454 Anmeldern zahlten 35.773. Dadurch erzielten die Angeklagten Einnahmen in Höhe von insgesamt EUR 3.097.687,86. Einnahmen aus der kostenpflichtigen 01805-Nummer sind hierin nicht enthalten. Zu Einnahmen durch das Inkasso-Verfahren kam es bei o.de nicht mehr.
Bei der Berechnung des betrugsrelevanten Schadens hat die Kammer – wie bei den anderen Projekten – zu Gunsten der Angeklagten einen Sicherheitsabschlag vorgenommen, da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass eine geringfügige Anzahl von Zahlern den Kostenhinweis gesehen und sich in Kenntnis der Kostenpflichtigkeit angemeldet hatte. Außerdem konnte nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die Datenbank vereinzelt fehlerhafte Eintragungen zu Ungunsten der Angeklagten enthielt. Die Kammer hat daher einen Sicherheitsabschlag von 10% vorgenommen. Den betrugsrelevanten Schaden hat die Kammer folglich mit EUR 2.787.919,- angesetzt. Dementsprechend ist die Kammer von 32.195 Geschädigten ausgegangen, die das geforderte Nutzungsentgelt ganz oder teilweise bezahlt haben.
bb) Benutzung von Marken und Werken der Nebenklägerinnen
Zu den zahlreichen Freeware-Programmen, die über die Seiten von o.de heruntergeladen werden konnten, gehörten – wie bei .de – die Programme A R, A F und M F sowie zudem das Programm M T.
Anders als bei .de kopierten die Angeklagten bei o.de sämtliche angebotenen Freeware-Programme zunächst auf die von ihnen genutzten Server und boten sie dann von diesen Servern aus zum Herunterladen an. Wenn sich ein Nutzer also über o-d.de ein Programm herunterlud, wurde das Programm von dem Server der Angeklagten auf den Rechner des Nutzers kopiert. Hiervon wussten jedenfalls die Angeklagten Si, S und M. Der Grund für diese Umstellung war, dass die Hersteller bzw. Lizenznehmer der Computerprogramme die Internetadressen, unter denen sie die Programme zum Herunterladen anboten, gelegentlich änderten. Bei .de hatte dies zur Folge, dass die von den Angeklagten erstellte Verknüpfung in diesen Fällen ins Leere lief, bis der Fehler bemerkt und die Verknüpfung aktualisiert werden konnte. Dadurch, dass die Angeklagten die Computerprogramme bei o-d.de von ihren eigenen Servern aus anboten, war das Herunterladen stets möglich, ohne dass regelmäßige Aktualisierungen erforderlich gewesen wären. Die Programme wurden von dem Angeklagten M auf die Server der Angeklagten geladen, nachdem ihm der Angeklagte S erklärt hatte, wie dies funktionierte.
(1) Zu den Marken- und Urheberrechten der A S Inc.
Auch während des Betriebs von o.de besaß die A S Inc. die Urheberrechte an den Programmen A R und F. Auch zu dem Vertrieb dieser Programme über o.de hatte sie keine Zustimmung erteilt. Insoweit kann vollumfänglich auf die Ausführungen zu .de unter III.2.b)bb)(1) verwiesen werden, die für o.de entsprechend gelten. Während der gesamten Betriebszeit von o.de verfügte die A S Inc. über die unter III.2.b)bb)(1) aufgeführten eingetragenen Marken. Im Rahmen des Internetauftritts von o.de wurden unter anderem folgende Internetseiten betrieben und zum Abruf bereitgestellt:
- Anmeldeseite für A R
Auf der – jedenfalls zeitweise betriebenen – abgestimmten Anmeldeseite für das Programm A R verwendeten die Angeklagten den Schriftzug „A R“. Im Übrigen entsprach diese Anmeldeseite dem oben beschriebenen allgemeinen Erscheinungsbild der Seiten von o.de. Für die Besucher der Anmeldeseite bestand daher keine Verwechslungsgefahr, da es sich ersichtlich nicht um eine Seite der A S Inc. handelte. Hinsichtlich der Einzelheiten der Anmeldeseite wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildung auf Bl. 68 des Sonderbandes Stellungnahmen SV M verwiesen.
- Landingpage für A R
Auf der – jedenfalls zeitweise betriebenen – Landingpage für das Programm A R verwendeten die Angeklagten den Schriftzug „A R“. Obwohl die Seite nicht dem allgemeinen Erscheinungsbild der Seiten von o.de entsprach, insbesondere da sie im oberen Teil einen roten Hintergrund aufwies, bestand für die Besucher der Landingpage nach dem von ihr vermittelten Gesamteindruck keine Verwechslungsgefahr, da es sich ersichtlich nicht um eine Seite der A S Inc. handelte. So wurden auf dieser Seite keine Logos von A benutzt. Zudem war der Schriftzug „O-.de“ am oberen Seitenrand relativ gut zu erkennen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Landingpage wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Abbildung auf Bl. 155 des Sonderbandes Stellungnahmen SV M verwiesen.
- Landingpage für F
Auf der – jedenfalls zeitweise betriebenen – Landingpage für das Programm A F verwendeten die Angeklagten den Schriftzug „A F“. Die Bildmarke mit dem stilisierten „F“ wurde hier – anders als bei .de – nicht mehr benutzt. Diese Seite entsprach in ihrer Gestaltung im Übrigen der soeben beschriebenen Landingpage für den A R. Auch im Hinblick auf diese Seite bestand somit keine Verwechslungsgefahr. Hinsichtlich der Einzelheiten der Seite wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf Bl. 7633 der Leitakte verwiesen.
Die A S Inc. hatte der Nutzung ihrer Zeichen, insbesondere der Schriftzüge „A R“ und „A F Player“, im Rahmen des Betriebs von o.de nicht zugestimmt. Da auch o.de zu kostenpflichtigen Downloadportalen gehörte, die die A S Inc. missbilligte, hätte sie ihre Zustimmung hierzu auch zu keinem Zeitpunkt erteilt.
Wie schon bei .de handelten die Angeklagten S, S und M bei o.de in der Absicht, die Bekanntheit und Unterscheidungskraft der Produkte, Marken und Zeichen der A S Inc. und die hohe Nachfrage nach A R und A F auszunutzen, um auf diese Weise Internetnutzer auf ihre Seiten zu leiten. Insoweit kann auf die Ausführungen unter III.2.b)bb)(1) verwiesen werden.
Insgesamt meldeten sich ausweislich der Kundendatenbank der Angeklagten bei o.de auf Anmeldeseiten für Programme der A S Inc. 39.452 Nutzer an (für A R: 11.023; für F : 28.429).
(2) Zu den Marken- und Urheberrechten von M
Die unter III.2.b)bb)(2) erfolgten Ausführungen zum Open-Source-Charakter der Programme M F und M T gelten auch im Hinblick auf das Projekt o.de. Demnach hat die Kammer auch insoweit festgestellt, dass eine Einwilligung in die Vervielfältigung, Verbreitung und Wiedergabe dieser Programme durch o.de vorlag.
Auch während der Laufzeit von o.de verfügte die M Foundation über die unter III.2.b)bb)(2) beschriebenen eingetragenen Marken.
Im Rahmen des Internetauftritts von .de wurden unter anderem folgende Internetseiten betrieben und zum Abruf bereitgestellt:
- Anmeldeseite für F
Auf der – jedenfalls zeitweise betriebenen – abgestimmten Anmeldeseite für das Programm M F verwendeten die Angeklagten den Schriftzug „M F“. Im Übrigen entsprach diese Anmeldeseite dem allgemeinen Erscheinungsbild der Seiten von o.de. Für die Besucher der Anmeldeseite bestand daher keine Verwechslungsgefahr, da es sich ersichtlich nicht um eine Seite der M-Gruppe handelte. Hinsichtlich der Einzelheiten der Anmeldeseite wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf Bl. 7795 der Leitakte verwiesen.
- Landingpage für F
Auf der – jedenfalls zeitweise betriebenen – Landingpage für das Programm M F verwendeten die Angeklagten den Schriftzug „M F“ sowie ein Logo, das mit dem F-Logo (Fuchs mit Erdkugel) nahezu identisch war und sich lediglich hinsichtlich des Zuschnitts der abgebildeten Landmasse auf der Erdkugel geringfügig unterschied. Obwohl die Seite nicht dem allgemeinen Erscheinungsbild der Seiten von o.de entsprach, insbesondere da sie im oberen Teil einen blauen Hintergrund aufwies, bestand für die Besucher der Landingpage nach dem von ihr vermittelten Gesamteindruck keine Verwechslungsgefahr, da es sich ersichtlich nicht um eine Seite der M-Gruppe handelte, zumal der Schriftzug „O.de“ am oberen Seitenrand relativ gut zu erkennen war. Hinsichtlich der Einzelheiten der Landingpage wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf Bl. 7797 der Leitakte verwiesen.
Dass es für das Programm M T eine Landingpage gab, konnte die Kammer nicht feststellen. Auf der an dieses Programm angepassten Anmeldeseite verwendeten die Angeklagten jedenfalls den Schriftzug „T“.
Weder die M Foundation noch die M Corporation hatten der Nutzung ihrer Zeichen durch o.de zugestimmt. Insoweit kann vollumfänglich auf die Ausführungen zu .de unter III.2.b)bb)(2) verwiesen werden.
Auch insoweit handelten die Angeklagten S, S und M in der Absicht, die Bekanntheit und Unterscheidungskraft der Produkte, Marken und Zeichen von M und die Nachfrage nach M-Produkten auszunutzen, um Internetnutzer auf die Seiten von o.de zu leiten (vgl. III.2.b)bb)(2)).
Insgesamt meldeten sich ausweislich der Kundendatenbank der Angeklagten auf Anmeldeseiten für Programme der M-Gruppe 15.440 Nutzer an (F: 14.654; T: 795).
cc) Einsatz von Abrechnungsgesellschaften
Aus den bereits erläuterten Gründen setzten die Angeklagten S und S auch bei o.de Abrechnungsgesellschaften ein, deren Bankverbindungen sie auf ihren Zahlungsaufforderungen angaben und auf deren Konten die „Kunden“ dementsprechend ihre Zahlungen leisteten.
Hierfür verwendeten die Angeklagten S und S zum einen die O, die bereits bei .de zum Einsatz gekommen war. Außerdem setzten sie als weitere Abrechnungsgesellschaft die O O GmbH (im Folgenden: O) ein, bei der es sich formal um eine Tochtergesellschaft der O handelte. Zum Scheingeschäftsführer wurde der Angeklagte K bestellt. Die O und ihr Geschäftsführer wurden am 09.12.2009 in das Handelsregister eingetragen. Der Angeklagte S ließ sich für diese Gesellschaft keine Prokura erteilten, da er es – insbesondere wegen der laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen – künftig vermeiden wollte, im Handelsregister genannt zu werden.
Außerdem griffen die Angeklagten S und S auf die E (im Folgenden: E) als weitere Abrechnungsgesellschaft zurück. Dies hatte den Grund, dass zu Beginn des Jahres 2010 auch die O und die O Liquiditätsprobleme bekommen hatten, da die Staatsanwaltschaft Hamburg ihre Konten pfänden ließ und es immer schwieriger wurde, neue Konten zu eröffnen. Die E wurde als einzige in die Zahlungsströme eingebundene Gesellschaft nicht von den Angeklagten beherrscht. Sie wurde faktisch von einem „T“ aus F geleitet, der dem Angeklagten S angeboten hatte, das Kontenproblem zu lösen und hierzu die Taterlöse über Konten der Elaufen zu lassen. Zu diesem Zweck schlossen die E und die O unter dem 18.01.2010 ein „Merchant Agreement“ ab, wonach die E für die an die O gezahlten Gelder ein deutsches Bankkonto bereit stellen und hierfür monatlich einen Pauschalbetrag von EUR 22.000,- erhalten sollte. Dass die Verantwortlichen der E wussten oder für möglich hielten, dass die an die Eüberwiesenen Gelder aus Straftaten herrührten, konnte nicht festgestellt werden.
dd) Beteiligung des Angeklagten S
Die bisherige Arbeitsaufteilung zwischen den Angeklagten S und S wurde im Rahmen des Projektes o.de beibehalten. Insoweit kann auf die Ausführungen zu .de verwiesen werden.
Auch hinsichtlich der Vorstellung des Angeklagten S ergaben sich keine Abweichungen im Vergleich zu .de. Der Angeklagte wusste, dass die Leistungen von o.de für die Anmelder keinen Wert hatten und dass sich – von vereinzelten Ausnahmen abgesehen – niemand anmelden würde, der den Kostenhinweis gelesen hatte. Auch insoweit konnte nicht festgestellt werden, ob der Angeklagte fälschlich davon ausging, dass durch die Anmeldungen wirksame, auf ein Entgelt gerichtete Verträge zustande gekommen seien. Die Strafbarkeit des Geschäftsmodells hielt er nach wie vor für möglich, er nahm dies jedoch billigend in Kauf und fand sich damit ab.
Auch im Rahmen des Betriebs von o.de hielt es der Angeklagte S konkret für möglich, dass die Nebenklägerinnen M Foundation, M Corporation und A S Inc. mit dem Vertrieb ihrer Software unter Benutzung ihrer Zeichen nicht einverstanden sein könnten, zumal die M Foundation und die M Corporation – wie der Angeklagte S wusste – am 07.05.2009 eine einstweilige Verfügung gegen B und S erwirkt hatten. Der Angeklagte nahm die Verletzung von Marken- und Urheberrechten beim Betrieb von o.de jedoch bewusst in Kauf. Er ging zumindest anfangs davon aus, dass insoweit lediglich Abmahnungen oder einstweilige Verfügungen drohten, er die davon betroffenen Programme dann aus dem Angebot von o.de herausnehmen und das Problem dadurch beilegen könne.
Keine sicheren Feststellungen konnte die Kammer dazu treffen, ob der Angeklagte S wusste, dass der Quelltext der Programme F und T beliebig vervielfältigt, verbreitet oder wiedergegeben werden durfte.
ee) Beteiligung des Angeklagten S
Die Tatbeiträge des Angeklagten S bei o.de entsprechen seinen Beiträgen im Rahmen von de, da die Angeklagten die Aufgabenverteilung nicht veränderten. Insoweit kann auf die Ausführungen zu .de verwiesen werden.
Auch bezüglich der Vorstellungen des Angeklagten S ergaben sich beim Betrieb von o.de keine wesentlichen Änderungen. Insbesondere wusste er, dass auch das Angebot von o.de für die Nutzer keinen Wert hatte und dieses Geschäftsmodell allein darauf beruhte, dass die Anmelder den Kostenhinweis übersahen und von einem kostenlosen Download ausgingen. Der Angeklagte ging davon aus, dass die Anmelder rechtlich nicht verpflichtet waren, das geforderte „Nutzungsentgelt“ zu bezahlen. Dass das Geschäftsmodell als Betrug gewertet werden könnte, hielt er für möglich und nahm er in Kauf.
Anders als noch bei .de hielt es der Angeklagte S beim Betrieb von o.de zumindest konkret für möglich, dass die Nebenklägerinnen M Foundation, M Corporation und A S Inc. mit dem Vertrieb ihrer Programme M F, M T, A R und A F unter Benutzung ihrer Zeichen nicht einverstanden waren und dass der Betrieb von .de daher möglicherweise Marken- und Urheberrechte verletzte. Der Angeklagte kannte die einstweilige Verfügung, die die M Foundation und die M Corporation wegen des Betriebs von .de erwirkt hatten, und verfolgte den weiteren Verlauf dieses Verfahrens, das am 15.07.2009 mit einem Urteil zugunsten der Antragstellerinnen endete. Der Angeklagte nahm die Verletzung von Marken- und Urheberrechten jedoch billigend in Kauf.
Keine sicheren Feststellungen konnte die Kammer dazu treffen, ob der Angeklagte S wusste, dass der Quelltext der Programme F und T beliebig vervielfältigt, verbreitet oder wiedergegeben werden durfte.
ff) Beteiligung des Angeklagten M
Der Angeklagte M leitete auch im Rahmen von o.de das Callcenter und war somit für das Personal verantwortlich. Formal blieb er weiterhin Geschäftsführer der V bzw. – nach Umbenennung – der F. Insoweit kann auf die Ausführungen zu .de verwiesen werden.
Ab dem 01.09.2009 räumten die Angeklagten S und S dem Angeklagten M zudem das Recht ein, im Rahmen des „Partnerprogramms“ auf eigene Rechnung Werbeanzeigen für o.de zu schalten. Von dieser Möglichkeit machte der Angeklagte M in großem Umfang Gebrauch, so dass er schnell zu einem der wichtigsten „Werbepartner“ für o.de wurde. Er bewarb über die Suchmaschinen G und Y Anmeldeseiten der Angeklagten für ca. zehn Programme, darunter M F, M T, A F r und A R. Seine größten Umsätze erzielte der Angeklagte jedoch mit Werbung für die Anmeldeseiten der Programme G E und S. Der Angeklagte Ml versuchte, bei seiner Werbung als Schlagworte die Werktitel der Programme zu hinterlegen. Dies war jedoch vielfach nicht möglich, da die Originalbezeichnungen teilweise von den Suchmaschinenbetreibern gesperrt wurden, um Werbung für Angebote wie o.de nach Möglichkeit von vornherein zu verhindern (so z.B. „M“, „F“ und „Ae R“). Daher verwendete der Angeklagte als Schlagworte insbesondere Vertipper (z.B. „F“) und Wörter, die zu den beworbenen Programmen einen Sachzusammenhang aufwiesen (z.B. „pdf“). In dem Text der Werbeanzeigen benutzte der Angeklagte dann die unveränderten Werktitel der von ihm beworbenen Programme, um die Nutzer der Suchmaschinen zu veranlassen, auf seine Werbeanzeigen zu klicken.
Der Angeklagte M wusste, dass das Angebot von o.de für die Nutzer wertlos war, dass sich – von vereinzelten Ausnahmen abgesehen – nur Nutzer anmeldeten, die den Kostenhinweis nicht gesehen hatten, und dass das gesamte Geschäftsmodell hierauf basierte. Hatte der Angeklagte während des Betriebs von .de Zweifel am Bestehen der geltend gemachten Forderungen, so war er zu Beginn des Projekts o.de zu der Auffassung gelangt, dass die gegen die „Kunden“ geltend gemachten Forderungen in Wahrheit nicht bestünden.
Als Leiter des Callcenters kannte er die Dimensionen des Projekts und wusste, dass bei o.de noch mehr Anmeldungen und Zahlungen eingingen als zuvor bei .de. Der Angeklagte M hielt es für möglich, dass sein Verhalten strafbar sein könnte. Er fürchtete strafrechtliche Konsequenzen, gleichwohl nahm er diese in Kauf, da er auf seine Einnahmen nicht verzichten wollte.
Der Angeklagte M wusste, dass die Nebenklägerinnen M Foundation, M Corporation und A S Inc. mit dem Vertrieb ihrer Programme M F, M T, A R und A F unter Nutzung ihrer Zeichen in der von den Angeklagten vorgenommen Form nicht einverstanden waren, und hielt es für möglich, dass der Betrieb von o.de daher Marken- und Urheberrechte verletzte. Dementsprechend wusste er auch, dass die Nebenklägerinnen nicht mit seinen Werbemaßnahmen bei G und Y einverstanden waren, und hielt es für möglich, dass seine Werbung die Markenrechte der Nebenklägerinnen verletzte, was er jedoch in Kauf nahm. Auch der Angeklagte M hatte davon gehört, dass M wegen Marken- und Urheberrechtsverletzungen gegen B vorgegangen war und dass es hier ein „Problem“ gebe. Er beschäftigte sich jedoch nicht näher mit dieser Thematik, da dies aus seiner Sicht in den Zuständigkeitsbereich der Angeklagten S und S fiel. Er war der Auffassung, dass die Nebenklägerinnen wegen Marken- und Urheberrechtsverletzungen nicht ihn, sondern die O verantwortlich machen würden.
Keine sicheren Feststellungen konnte die Kammer dazu treffen, ob der Angeklagte M wusste, dass der Quelltext der Programme Fund T beliebig vervielfältigt, verbreitet oder wiedergegeben werden durfte.
gg) Beteiligung des Angeklagten S
Während des Betriebs von o.de setzte der Angeklagte S seine Tätigkeit im Callcenter fort. Zudem übernahm er weiterhin kleinere Aufgaben. Insoweit kann auf die Ausführungen zu de verwiesen werden.
Auch hinsichtlich der Vorstellungen des Angeklagten S kann vollumfänglich auf die Ausführungen zu .de verwiesen werden, da sich im Hinblick auf o.de diesbezüglich keine Änderungen ergaben. Durch seine Tätigkeit im Callcenter bekam der Angeklagte mit, dass bei o.de noch mehr Anmeldungen und Zahlungen eingingen als bei .de.
hh) Beteiligung des Angeklagten H
Der Angeklagte H setzte seine Tätigkeit im Callcenter während des Betriebs von o.de fort. Er war weiterhin Scheingeschäftsführer der O, über deren Konten auch bei o.de Zahlungen der „Kunden“ liefen. Gegen Ende des Jahres 2009 teilte der Angeklagte H – unter dem Eindruck der immer intensiver werdenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen – den Angeklagten S und S mit, dass er nicht länger Geschäftsführer der O sein wolle. Daraufhin setzten die Angeklagten S und Sr den Angeklagten K, der bereits Scheingeschäftsführer der O war, vor dem Jahreswechsel auch als neuen Scheingeschäftsführer der O ein. Am 18.05.2010 wurde der Angeklagte H als Geschäftsführer aus dem Handelsregister ausgetragen.
Hinsichtlich der Vorstellungen des Angeklagten H kann vollumfänglich auf die Ausführungen zu .de verwiesen werden. Diesbezüglich ergaben sich im Rahmen von o.de keine Änderungen. Durch seine Tätigkeit im Callcenter bekam der Angeklagte mit, dass bei o.de noch mehr Anmeldungen und Zahlungen eingingen als bei.de.
ii) Beteiligung des Angeklagten K
Im Oktober 2009 bot der Angeklagte S dem Angeklagten K an, sich als Scheingeschäftsführer der Abrechnungsgesellschaft O eintragen zu lassen. Hierfür sollte der Angeklagte K ein zusätzliches „Geschäftsführergehalt“ von monatlich EUR 500,- brutto erhalten. Da sich der Angeklagte K wie so oft in finanziellen Schwierigkeiten befand, sagte er zu und wurde am 09.12.2009 als Geschäftsführer der O eingetragen.
Gegen Ende des Jahres 2009 wurde der Angeklagte K von den Angeklagten S und S gefragt, ob er zu den gleichen Konditionen auch bereit sei, die Rolle des Geschäftsführers der O zu übernehmen. Der Angeklagte K stimmte zu. Zwar hatte auch er angesichts des zunehmenden Ermittlungsdrucks überlegt, die Zusammenarbeit zu kündigen. Er sah für sich jedoch keine andere Perspektive und fürchtete, erneut arbeitslos zu werden. Vor dem Jahreswechsel übernahm er die Rolle als Scheingeschäftsführer. Am 18.05.2010 wurde er als Geschäftsführer der O auch in das Handelsregister eingetragen. Allerdings konnte nicht festgestellt werden, dass noch Gelder aus .de oder o.de auf Konten der Oeingingen oder von dort weitergeleitet wurden, nachdem der er die Position des Geschäftsführers übernommen hatte.
Außerdem war der Angeklagte K wie schon bei .de auch während des Betriebs von o.de weiterhin im Callcenter tätig, führte Kurierfahrten durch und erledigte kleinere Aufgaben.
Hinsichtlich der Vorstellungen des Angeklagten K kann vollumfänglich auf die Ausführungen zu .de verwiesen werden. Diesbezüglich ergaben sich im Rahmen von o.de keine Änderungen. Durch seine Tätigkeit im Callcenter bekam der Angeklagte mit, dass bei o.de noch mehr Anmeldungen und Zahlungen eingingen als bei .de.
3. Zum Verhältnis der Angeklagten untereinander
Schon während die Angeklagten S und S gemeinsam das O-Projekt betrieben, verständigten sie sich darauf, dass es nicht bei diesem einem Projekt bleiben sollte, sondern dass sie eine Reihe weiterer, gleichartiger Projekte durchführen würden. Dabei sollten sämtliche Projekte auf demselben Geschäftsmodell beruhen, wonach für ein wertloses Angebot möglichst viele Anmeldungen von Besuchern generiert werden sollten, die keinen Kostenhinweis gesehen hatten und sich nur aus diesem Grund für das Angebot anmeldeten, und sodann für das vermeintlich kostenlose Angebot ein Nutzungsentgelt gefordert werden sollte.
Dass dem ersten Projekt bald weitere Projekte folgen sollten, hatte auch den Grund, dass – wie beiden Angeklagten klar war – sich derartige Projekte immer nur für eine begrenzte Zeit betreiben ließen. Nach einigen Monaten waren der Name der Betreibergesellschaft und der Name des Scheingeschäftsführers „verbrannt“, da die Geschäftsmodelle in Internetforen, in den Medien und von Verbraucherschutzverbänden als „Abo-Fallen“ oder „Abzocke“ heftig kritisiert wurden. Dies hatte zum einen die Folge, dass Konten von den Banken gekündigt wurden, und dass es immer schwieriger wurde, neue Konten zu eröffnen. Zudem verschlechterten sich mit der Zeit die Anmelde- und die Zahlungsquote. Folglich sank die Rentabilität des Projektes, so dass es – trotz der damit einhergehenden Vorfinanzierungskosten – für die Angeklagten lukrativer war, nach einigen Monaten ein neues Projekt mit einer neuen Betreibergesellschaft und einem neuen Scheingeschäftsführer zu starten. All dies war den Angeklagten S und S schon während der Zeit des O-Projektes klar. Dementsprechend war ihr Zusammenschluss nicht nur auf Dauer angelegt, sondern auch auf den Betrieb mehrerer Projekte ausgerichtet.
Der Angeklagte M wurde – wie den Angeklagten S, S und Mklar war – von Beginn seiner Tätigkeit an auf Dauer in diesen Zusammenschluss aufgenommen. Insbesondere hatte der Angeklagte M die Absicht, zusammen mit den Angeklagten S und Smehrere Projekte zu betreiben. Die V bzw. F, deren Geschäftsführer der Angeklagte M war, wurde allein zu dem Zweck eingesetzt, dauerhaft und für eine unbestimmte Vielzahl von Projekten als Betreibergesellschaft des Callcenters zu fungieren. Während des Betriebs von o.de planten die Angeklagten S, S und M bereits konkrete weitere Projekte, zu deren Realisierung es wegen der Kontenpfändungen und der Verhaftungen der Angeklagten S und S jedoch nicht mehr kam. Bei diesen Projekten sollte der Angeklagte M nach den Plänen dieser drei Angeklagten ebenso wie der Angeklagte S eine Gewinnbeteiligung von 30% erhalten. Außerdem wollte der Angeklagte M künftig das Inkasso-Geschäft selbst betreiben. Zu diesem Zweck gründete er Anfang des Jahres 2010 die VJ GmbH. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch, da die V J GmbH keine Inkassolizenz erhielt.
Parallel dazu war der Angeklagte S zu Beginn des Jahres 2010 im Begriff, das Projekt p.de zu starten. Dabei sollte es sich um ein weiteres Downloadportal nach dem Muster von .de und o.de handeln. Bei diesem Projekt, das der Angeklagte S offenbar ohne die Angeklagten S und Mbetreiben wollte, sollte der Angeklagte S wieder die Rolle des Scheingeschäftsführers der Betreibergesellschaft V D GmbH (im Folgenden: V) übernehmen. Dieser sollte hierfür einmalig EUR 4.000,- erhalten. Zwar hatte der Angeklagte S zunächst Bedenken, den Angeklagten S erneut als Scheingeschäftsführer einzusetzen, da dessen Name in den Medien, im Internet und von Ermittlungsbehörden mit der O in Verbindung gebracht wurde. Diese Bedenken stellte er letztlich jedoch zurück. Allerdings sollte die V ihren Sitz in B haben. Der Grund hierfür war, dass der Angeklagte S meinte, dass die Staatsanwaltschaft Hamburg dann nicht zuständig sei. Wegen der immer intensiver werdenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurde das Projekt jedoch nicht realisiert.
Die sieben Angeklagten handelten bei allen ihnen jeweils vorgeworfenen Taten in der Absicht, sich durch die fortgesetzte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Gewicht zu verschaffen. Alle Angeklagten wollten mit Einkünften, die sie aus den Taten oder für die Tatbegehung erhalten wollten, von Beginn an auf Dauer ihren Lebensunterhalt bestreiten: die Angeklagten S und S mit ihrer Gewinnbeteiligung, der Angeklagte M mit seinem Gehalt und seinen Werbeeinnahmen sowie der Aussicht auf eine künftige Gewinnbeteiligung, die Angeklagten S, K und H mit ihren Gehältern und Zahlungen für die Tätigkeit als Scheingeschäftsführer und der Angeklagte S mit den von ihm geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren.
4. Zu den Einkünften der Angeklagten und Nebenbeteiligten
Zu den Einkünften, die die Angeklagten und die Nebenbeteiligten durch die Taten erzielt haben, hat die Kammer Folgendes festgestellt:
a) Einkünfte des Angeklagten S
Der Angeklagte S nahm durch das O-Projekt, .de und o.de insgesamt mindestens EUR 458.000,- brutto ein.
Aus dem O-Projekt erhielt er in der Zeit vom 08.07.2008 bis zum 06.10.2008 mindestens einen Betrag von EUR 26.000,- brutto.
Von der B erhielt er mindestens einen Betrag von EUR 164.111,24 brutto, der ihm in der Zeit vom 14.04.2009 bis zum 04.08.2009 durch acht Überweisungen gezahlt wurde. Diese Gelder stammten aus dem Projekt .de. Zwar wurden diese Zahlungen als „Partnerprogramm-Gutschriften“ bezeichnet. Tatsächlich handelte es sich jedoch um verdeckte Gewinnausschüttungen.
Von der O erhielt der Angeklagte S einen Betrag von mindestens EUR 113.413,25 brutto, der ihm in der Zeit vom 15.10.2009 bis zum 10.11.2009 durch fünf Überweisungen gezahlt wurde. Diese Gelder stammten aus dem Projekt o.de. In Höhe von EUR 73.413,25 wurden die Zahlungen als „Partnerprogramm-Gutschriften“ bezeichnet, in Höhe von weiteren EUR 40.000,- wurden sie als Zahlungen für Beratungsleistungen deklariert. Es handelte sich jedoch um verdeckte Gewinnausschüttungen an den Angeklagten S.
Außerdem bezog der Angeklagte S von der O einen Betrag von mindestens EUR 155.000,- brutto. Davon wurden ihm EUR 55.000,- durch zwei Überweisungen vom 30.09.2009 und 12.11.2009 überwiesen. Weitere EUR 100.000,- wurden ihm am 13.11.2009 in bar ausgezahlt. Diese drei Zahlungen wurden als Zahlungen für Beratungsleistungen deklariert, es handelte sich jedoch auch hier um verdeckte Gewinnausschüttungen. Die Gelder stammen allein oder zum Großteil aus dem Projekt o.de, möglicherweise zum Teil auch aus dem O-Projekt und dem Projekt .de.
In den genannten Beträgen sind die verdeckten Gewinnausschüttungen, die der Angeklagte S an die von ihm beherrschte X GmbH überweisen ließ, nicht enthalten (siehe hierzu unten k)).
Derzeit sind in Form einer Bankforderung des Angeklagten S gegen die D Bank Privat- und Geschäftskunden AG EUR 100.087,55 sichergestellt, die aus den verfahrensgegenständlichen Taten stammen. Im Übrigen gab der Angeklagte S die Beträge, die er aus den Taten nachweislich erlangte, bereits aus. So zahlte er unter anderem ca. EUR 25.000,- an Strafverteidiger, gab jeweils EUR 25.000,- für die Gründungen der X GmbH und der V aus, zahlte ca. EUR 39.000,- für Internetdomains, verschenkte EUR 5.000,- an die anderweitig verfolgte S S, investierte ca. EUR 5.000,- in neue Computer für die F und führte ca. EUR 35.000,- an die Finanzbehörden ab. Ausgaben in Höhe von weiteren ca. EUR 46.000,- hatten ebenfalls einen geschäftlichen Bezug, wobei dies im Einzelnen nicht aufgeklärt werden konnte. Außerdem gab der Angeklagte S für private Unterhaltungselektronik und seine Wohnungseinrichtung ca. EUR 35.000,- aus und kaufte für ca. EUR 12.500,- Uhren sowie eine Brille. Den sich nach Abzug dieser Positionen ergebenden Restbetrag von EUR 79.412,45 gab der Angeklagte in der Zeit von Mitte 2008 bis zu seiner Verhaftung im Februar 2011 im Rahmen seiner gewöhnlichen Lebensführung aus; insoweit sind keine Anhaltspunkte für unangemessene Ausgaben ersichtlich.
b) Einkünfte des Angeklagten S
Der Angeklagte Sr erhielt aus dem O-Projekt, aus .de und o.de insgesamt einen Betrag von EUR 330.000,-.
Hiervon stammten ca. EUR 70.000,- aus dem O-Projekt, ca. EUR 80.000,- aus .de und ca. EUR 180.000,- aus o.de.
In Form einer Forderung des Angeklagten S gegen die Tbank AG & Co. KGaA sind von den aus den Taten erlangten Geldern derzeit EUR 112.479,20 sichergestellt. Im Übrigen gab der Angeklagte S das aus den Taten erlangte Geld bereits aus. Unter anderem zahlte er zwischen EUR 15.000,- und EUR 20.000,- an die Finanzbehörden und gab größere Beträge für seine Strafverteidigung, für sein Auto, für Computer und für Unterhaltungselektronik aus. Den Restbetrag wandte der Angeklagte für seine gewöhnlichen Lebensführungskosten auf.
c) Einkünfte des Angeklagten M
Für seine Tätigkeit als Personalleiter erhielt der Angeklagte M in der Zeit vom 01.03.2009 bis zum 31.08.2009 ein monatliches Nettogehalt von EUR 1.728,97. Für die Zeit vom 01.09.2009 bis zum 31.12.2009 erhielt er ein monatliches Nettogehalt von EUR 2.433,74. Insgesamt bezog der Angeklagte M in 2009 somit einen Nettolohn in Höhe von EUR 20.108,76. Im Jahre 2010 wurde dem Angeklagten M kein Lohn mehr ausbezahlt.
Mit der Werbung, die der Angeklagte M auf eigene Rechnung in Suchmaschinen für das Projekt o.de schaltete, nahm er in der Zeit vom 01.09.2009 bis zum 31.12.2009 insgesamt netto EUR 283.330,28 ein. In 2010 erhielt der Angeklagte M für seine Werbung keine Zahlungen mehr.
Diesen Einnahmen standen durch die Werbung veranlasste Ausgaben in Höhe von EUR 205.290,95 gegenüber. Bei den Ausgaben handelte es sich fast ausschließlich um Zahlungen für Werbebuchungen an G . Der Gewinn, den der Angeklagte M durch die Werbung erzielte, betrug somit EUR 78.039,33.
Auf seine im Jahre 2009 erzielten Einkünfte zahlte der Angeklagte M Einkommensteuer in Höhe von ca. EUR 30.000,-. Zudem zahlte er für 2009 Gewerbesteuer in Höhe von ca. EUR 9.000,-. Außerdem wurde der Angeklagte Mwegen seiner Geschäftsführerstellung bei der F als Haftungsschuldner für rückständige Sozialversicherungsbeiträge und Steuern in Anspruch genommen und bezahlte hierfür insgesamt EUR 22.193,42. Die ihm verbleibenden Einnahmen verbrauchte der Angeklagte M für seine Lebensführung. Anhaltspunkte dafür, dass er unangemessen hohe Lebenshaltungskosten hatte, sind nicht ersichtlich.
d) Einkünfte des Angeklagten S
Der Angeklagte S erhielt als Geschäftsführer der O ein monatliches Nettogehalt von ca. EUR 780,-. Zusätzlich bekam er für seine Tätigkeit im Callcenter ab September 2008 ca. EUR 500,- bis EUR 600,- brutto im Monat. Von Mai 2008 bis Anfang des Jahres 2010 erhielt der Angeklagte S bei vorsichtiger Schätzung somit insgesamt ein Nettogehalt von zumindest EUR 20.000,-.
Zwar schloss der Angeklagte S unter dem 01.05.2008 mit der O einen „Marketingvertrag“ ab, der von ihm selbst und von dem Angeklagten S unterzeichnet wurde und wonach er für die Generierung von „Kundenanfragen“ monatlich EUR 1.450,- erhalten sollte. Der Vertrag wurde jedoch nur zum Schein abgeschlossen und sollte Zahlungen rechtfertigen, die für die Rolle des Angeklagten S als Scheingeschäftsführer geleistet wurden.
Seine aus den Projekten bezogenen Einkünfte verlebte der Angeklagte S im Rahmen seiner gewöhnlichen Lebensführung. Dabei sind keine Anhaltspunkte für unangemessene Ausgaben ersichtlich.
e) Einkünfte des Angeklagten H
Für seine Tätigkeit im Callcenter vom 01.03.2009 bis zum 31.01.2010 erhielt der Angeklagte H monatlich netto EUR 900,- bis EUR 1.100,-. Vom 01.09.2009 bis zum 31.01.2010 erhielt er dafür, dass er die Rolle des Scheingeschäftsführers der O übernommen hatte, monatlich zusätzlich netto EUR 900,-. Außerdem bekam er von dem Angeklagten S eine einmalige Barzahlung von EUR 500,-. Insgesamt bezog der Angeklagte H für seine Tätigkeit für .de und o.de somit einen Nettobetrag von mindestens EUR 14.900,-.
Seine aus den Projekten bezogenen Einkünfte gab der Angeklagte H im Rahmen seiner gewöhnlichen Lebensführung aus. Dabei sind keine Anhaltspunkte für unangemessene Ausgaben ersichtlich.
f) Einkünfte des Angeklagten K
Für seine Tätigkeit bei der O vom 01.08.2008 bis zum 31.01.2009 erhielt der Angeklagte K monatlich brutto EUR 1.500,-. Seine Tätigkeit für die O ist allerdings nicht Gegenstand der Anklage.
Von der F erhielt er für seine Tätigkeit im Rahmen von .de und o.de in der Zeit vom 01.04.2009 bis Mitte Februar 2010 monatlich brutto EUR 1.050,-. In einem Fall erhielt er für die Eröffnung eines Bankkontos zusätzlich EUR 150,-. Für die Übernahme der Rolle des Scheingeschäftsführers der O hatten ihm die Angeklagten S und S zwar monatliche Zahlungen in Höhe von EUR 500,- versprochen; er erhielt jedoch nur einmalig EUR 500,-. Dafür, dass er später auch bei der O die Position des Scheingeschäftsführers übernahm, bekam er nichts, obgleich ihm auch insoweit monatliche Zahlungen in Höhe von EUR 500,- versprochen worden waren. Bei vorsichtiger Schätzung zu Gunsten des Angeklagten (über zehn Monate ein monatlicher Nettolohn in Höhe von EUR 800,-) erhielt der Angeklagte für seine Tätigkeit für .de und o.de somit mindestens netto EUR 8.650,-.
Diese Einkünfte gab der Angeklagte K im Rahmen seiner gewöhnlichen Lebensführung aus. Anhaltspunkte für unangemessene Ausgaben sind nicht ersichtlich.
g) Einkünfte des Angeklagten S
Im Rahmen des Inkassoverfahrens für .de überwiesen „Kunden“ insgesamt ca. EUR 400.000,- auf Konten des Angeklagten S. Der Anteil, den er behalten durfte, betrug mindestens EUR 130.000,-.
Demgegenüber standen Kosten des Angeklagten S für den Betrieb seiner Kanzlei und insbesondere Porto in Höhe von ca. EUR 90.000,-, so dass der Angeklagte Se mit dem Inkassoverfahren für .de einen Gewinn von ca. EUR 40.000,- erzielte. Dieses Geld hat der Angeklagte S im Rahmen seiner gewöhnlichen, angemessenen Lebensführung verbraucht.
Die seinen Anteil übersteigenden Beträge wurden entweder an von den Angeklagten S und S beherrschte Unternehmen weitergeleitet oder im Rahmen dieses Verfahrens beschlagnahmt. Derzeit sind noch Bankforderungen des Angeklagten S in Höhe von EUR 98.597,86 beschlagnahmt. Dabei handelt es sich ausschließlich um Gelder, die gemäß Absprachen mit den Angeklagten S und S an von diesen beherrschte Unternehmen weitergeleitet werden sollten.
h) O O GmbH
Auf Konten der O überwiesen „Kunden“ der von den Angeklagten betriebenen Projekte .de und o.de insgesamt mindestens EUR 2.300.872,46. Hiervon sind EUR 977.805,16 in Form von Forderungen der O gegen verschiedene Banken sichergestellt.
i) O O GmbH
Mindestens EUR 123.419,41 überwiesen „Kunden“ des von den Angeklagten betriebenen Projektes o.de auf Konten der O. Hiervon sind EUR 101.192,72 in Form einer Bankforderung der O sichergestellt.
j) E
Auf Konten der E überwiesen „Kunden“ des Projektes o.de insgesamt ca. EUR 25.000,-. Hiervon sind EUR 7.582,83 in Form von zwei Bankforderungen der E sichergestellt.
k) X GmbH
Im Herbst des Jahres 2009 übernahm der Angeklagte S die Gesellschaftsanteile der X GmbH (im Folgenden: X) mit Sitz in H. Er war der alleinige Gesellschafter und wurde am 05.11.2009 als Geschäftsführer eingetragen. In der Folge ließ sich der Angeklagte S seine Gewinnanteile an dem Projekt o.de auch an die X auszahlen. Dabei handelte es sich um verdeckte Gewinnausschüttungen, die als „Partnerprogramm-Gutschriften“ bezeichnet wurden. Eine Gegenleistung der X für diese Gutschriften, in denen Umsatzsteuer in Höhe von 19% ausgewiesen wurde, gab es nicht. Auf diese Weise veranlasste der Angeklagte S, dass die O mindestens EUR 101.430,14 brutto an die X zahlte. Dieser Betrag stammte aus Zahlungen, die Anmelder im Rahmen des Projektes o.de geleistet hatten.
Hiervon sind derzeit noch EUR 85.235,41 sichergestellt.
5. Vergleichsabschlüsse gemäß § 405 StPO
Die Angeklagten S, S, Mund S haben mit den Nebenklägerinnen in der Hauptverhandlung im Rahmen des – nunmehr erledigten – Adhäsionsverfahrens folgende Vergleiche nach § 405 StPO abgeschlossen:
Der Angeklagte S hat mit den Nebenklägerinnen und ehemaligen Adhäsionsklägerinnen A S Inc. und M Foundation sowie der Nebenklägerin M Corporation am 27.02.2012 Vergleiche abgeschlossen, in denen er sich neben Unterlassungsvereinbarungen verpflichtet hat, EUR 100.000,- an die M Foundation und EUR 581.294,69 nebst Zinsen an die A S Inc. zu zahlen. Der Angeklagte S hat am 27.02.2012 ebenfalls mit allen drei Nebenklägerinnen Vergleiche geschlossen, in denen er sich neben Unterlassungsvereinbarungen verpflichtet hat, EUR 200.000,- nebst Zinsen an die A S Inc. sowie EUR 41.000,- an die M Foundation zu zahlen. Der Angeklagte M hat am 27.02.2012 mit der Nebenklägerin und ehemaligen Adhäsionsklägerin M Foundation sowie der Nebenklägerin M Corporation einen Vergleich geschlossen, mit dem er sich neben Unterlassungsvereinbarungen verpflichtet hat, EUR 16.000,- an die M Foundation zu zahlen. Er hat sich zudem um einen Vergleich mit der Nebenklägerin und ehemaligen Adhäsionsklägerin A S Inc. bemüht, die hieran jedoch kein Interesse hatte und stattdessen ihren gegen den Angeklagten M gerichteten Adhäsionsantrag zurückgenommen hat. Der Angeklagte S hat am 02.03.2012 mit der Nebenklägerin und ehemaligen Adhäsionsklägerin A S Inc. einen Vergleich abgeschlossen, in dem er sich neben einer Unterlassungsvereinbarung verpflichtet hat, EUR 95.000,- zu bezahlen.
Soweit die Angeklagten mit den Nebenklägerinnen Vergleiche abgeschlossen haben, ist dadurch der Rechtsstreit zwischen den Angeklagten und den jeweils beteiligten Nebenklägerinnen beigelegt worden. Alle Vergleiche sehen vor, dass die Nebenklägerinnen nur in Vermögenswerte vollstrecken dürfen, die in diesem Verfahren bereits sichergestellt worden sind. Hinsichtlich dieser Vermögenswerte sind nunmehr Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO ergangen, was aus Sicht der Angeklagten bereits bei Abschluss der Vergleiche als sehr wahrscheinlich anzusehen war.
IV. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zur Sache beruhen im Wesentlichen auf den Geständnissen der sieben Angeklagten. Die glaubhaften Angaben der Angeklagten werden gestützt und ergänzt durch die Angaben der Mitangeklagten S, gegen die das Verfahren später abgetrennt worden ist, der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen und des Sachverständigen M, die verlesenen oder im Selbstleseverfahren eingeführten Urkunden sowie die eingeführten Augenscheinsbeweise.
Bei der Würdigung der Angaben der Angeklagten sowie der zum Zeitpunkt ihrer Einlassung noch Mitangeklagten S, insbesondere soweit sie dadurch Mitangeklagte belastet haben, hat die Kammer stets berücksichtigt, dass die Angaben auf der Grundlage einer Verständigung nach § 257c StPO erfolgt sind.
Die Bindung des Gerichts an die mit den Angeklagten M und S sowie der Staatsanwaltschaft ursprünglich getroffenen Verständigungen ist – wie die Kammer in der Hauptverhandlung durch zwei entsprechende Beschlüsse festgestellt hat – gemäß § 257c Abs. 4 StPO entfallen. Mit beiden Angeklagten hat sich das Gericht in der Folge jedoch erneut gemäß § 257c StPO verständigt. Gemäß § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO hat die Kammer bei der Beweiswürdigung nur solche Einlassungen der Angeklagten M und S berücksichtigt, die diese getätigt haben, nachdem der den jeweiligen Angeklagten betreffende Beschluss ergangen ist, in dem das Entfallen der Bindungswirkung nach § 257c Abs. 4 StPO festgestellt worden ist.
1. Zur Einlassung des Angeklagten S
Der Angeklagte S hat sich im Wesentlichen geständig eingelassen. Den äußeren Sachverhalt hat er wie festgestellt geschildert. Bezüglich der subjektiven Tatseite hat er bestritten, dass er es für möglich gehalten habe, dass die Nebenklägerinnen mit dem Vertrieb ihrer Programme und der Verwendung ihrer Marken und geschäftlichen Bezeichnungen nicht einverstanden gewesen seien (siehe hierzu c)). Außerdem hat er angegeben, dass er stets darauf vertraut habe, dass sein Verhalten nicht strafbar sei (siehe hierzu d)). Im Übrigen entsprechen seine Angaben zur subjektiven Tatseite mit Ausnahme der unter b) erörterten Punkte den Feststellungen.
a) Zum äußeren Sachverhalt
Die Angaben des Angeklagten S zum äußeren Sachverhalt entsprechen den Feststellungen. So hat er glaubhafte Angaben zur Entstehung der Geschäftsidee, zu den Verhältnissen und der Funktion der einzelnen Gesellschaften, zur Rolle der beteiligten Personen und zur Durchführung der einzelnen Projekte gemacht. Insbesondere hat der Angeklagte S seine eigene Rolle glaubhaft und in Übereinstimmung mit den Einlassungen der übrigen Angeklagten eingeräumt, wonach er die treibende Kraft hinter allen Projekten und der Hauptverantwortliche für die Struktur, die Umsetzung und den Betrieb gewesen sei. Zudem hat der Angeklagte S Auskunft über seine eigenen Einkünfte und die der anderen Angeklagten sowie über die an die Nebenbeteiligten geflossenen Zahlungen gegeben.
Die ihm in der Anklage zur Last gelegten Vorwürfe hat der Angeklagte – hinsichtlich des äußeren Sachverhalts – vor allem in zwei Punkten bestritten:
Der Angeklagte S hat stets betont, dass die Kostenhinweise auf den Anmeldeseiten zu keinem Zeitpunkt vollständig ausgeblendet worden seien. Diese Einlassung ist nicht durch andere Beweismittel widerlegt worden. Insbesondere hat der Angeklagte S glaubhaft angegeben, dass er zwar davon ausgegangen sei, dass der Angeklagte S die Kostenhinweise zeitweise ausgeblendet habe, er jedoch nie eine Anmeldeseite ohne Kostenhinweis in Betrieb gesehen habe. Der Angeklagte S habe ihn gefragt, ob er etwas dagegen habe, wenn man den Kostenhinweis zeitweise entferne, worauf er geantwortet habe, dass ihm das egal sei. Der Angeklagte S habe ihm gegenüber später jedoch nicht erwähnt, dass er den Kostenhinweis tatsächlich ausgeblendet habe. Die übrigen Angeklagten haben ebenfalls angegeben, keine Kenntnis davon zu haben, dass der Kostenhinweis entfernt worden sei. Schließlich hat auch der Sachverständige M angegeben, dass das Ausblenden des Kostenhinweises zwar technisch möglich gewesen sei, er dies jedoch nicht mit Sicherheit habe feststellen können.
Die Kammer konnte auch nicht feststellen, dass die Angeklagten S und S – wie es ihnen von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen wurde – Datensätze aus der sogenannten „S-Datenbank“ in ihre Kundendatenbank überführten und den darin enthaltenen Personen jeder Grundlage entbehrende Forderungsschreiben übersandten. Die Angeklagten Si und S haben zwar eingeräumt, dass ihnen die „S-Datenbank“ zum Kauf angeboten worden sei. Sie haben jedoch angegeben, dass das Geschäft nicht zustande gekommen sei, was nicht durch andere Beweismittel widerlegt worden ist. Ein Beweis für die Verwertung der „Sr-Datenbank“ ergibt sich insbesondere nicht aus den Ausführungen des Sachverständigen M. Dieser hat angegeben, die bei dem Zeugen R sichergestellten Datenbanken mit den Namen „s.txt“ und „s.txt“, die insgesamt ca. 3,7 Millionen Datensätze enthalten hätten, mit den Kundendatenbanken der Angeklagten abgeglichen zu haben. Dabei hätten sich insgesamt 18.412 Übereinstimmungen ergeben, wobei allerdings bei 2.165 Datensätzen eine abweichende Groß- und Kleinschreibung vorgelegen habe. Angesichts der Tatsache, dass die Datenbanken der Angeklagten ca. 800.000 Datensätze enthielten, lässt sich aus diesem Auswertungsergebnis nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass die identischen Datensätze aus der „S-Datenbank“ stammen. Der Zeuge R hat in der Hauptverhandlung von seinem Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO Gebrauch gemacht.
b) Zum Betrugsvorsatz des Angeklagten S
Die Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten S beruhen ebenfalls auf den insoweit glaubhaften, geständigen Angaben des Angeklagten, soweit die Kammer keine hiervon abweichenden Feststellungen getroffen hat.
aa) Bezüglich seiner Vorstellung zur Tatzeit hat der Angeklagte S eingeräumt, dass er bei allen Projekten davon ausgegangen sei, dass die Anmelder den Kostenhinweis nicht gesehen hätten und keinen Vertrag abschließen wollten.
Zwar hat sich der Angeklagte Szunächst nicht klar dazu geäußert, welches Vorstellungsbild die Anmelder nach seiner Auffassung hatten. So hat er zunächst angegeben, dass die meisten Interessenten der Angebote die Kostenpflichtigkeit erkannt hätten und die Kostenpflichtigkeit für die Besucher der Anmeldeseiten kein ausschließendes Kriterium gewesen sei. Auf Nachfrage hat er jedoch eingeräumt, dass er – wie die übrigen Angeklagten – davon ausgegangen sei, dass die Anmelder keinen Kostenhinweis gesehen hätten und keinen Vertrag abschließen wollten. Bezüglich des Abschlusses eines entgeltlichen Vertrages hätten die Anmelder „kein Erklärungsbewusstsein“ (Zitat) gehabt. Er habe die Anmeldeseiten absichtlich so gestalten lassen, dass ein Besucher, der sich nicht mit dem Erklärungsinhalt der Seiten auseinandersetze, den Kostenhinweis nicht wahrnehme.
Gleichwohl sei er davon ausgegangen, dass mit den Anmeldern wirksame Verträge zustande gekommen seien, da es den Besuchern der Internetseiten zumutbar gewesen sei, sich mit dem gesamten Inhalt zu befassen und den Kostenhinweis wahrzunehmen. Die Anmelder hätten den Kostenhinweis übersehen, da sie sich nicht in ausreichendem Maße mit dem Erklärungsinhalt der Seite auseinandergesetzt hätten. Das Geschäftsmodell habe funktioniert, da immer ein bestimmter Prozentsatz an Besuchern die Angebotsseiten nicht genau gelesen und sich daher angemeldet habe. Später habe ein Teil der Anmelder gleichwohl bezahlt, da sie sich an ihre Anmeldung erinnert und selbst gewusst hätten, dass sie die Seite nicht genau gelesen und deshalb einen möglicherweise vorhandenen Kostenhinweis übersehen hätten.
bb) Nicht ausdrücklich eingeräumt hat der Angeklagte S, dass die O-Seiten mit Absicht so gestaltet waren, dass der Besucher – unter üblichen Nutzungsbedingungen – herunterscrollen musste, um den Kostenhinweis zu sehen. Er hat hierzu ausgeführt, es sei eben so gewesen, dass man bei einem kleinen Monitor nur einen Teil der Seite gesehen habe, während man bei einem Bildschirm von über 19 Zoll den Kostenhinweis auch ohne Scrollen gesehen habe.
Der Zeuge R, der die O-Seiten – wie er in Übereinstimmung mit den Angaben der Angeklagten S und S eingeräumt hat – programmiert hat, hat hierzu zunächst angegeben, dass er für die Programmierung die Vorgabe bekommen habe, dass die gesamte Internetseite ohne Scrollen sichtbar sein solle. Auf Nachfrage hat er eingeräumt, dass es z.B. bei o.de vorgekommen sei, dass es „unten nicht gereicht“ habe. Die Kammer ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Aussage des Zeugen R um eine bloße Gefälligkeitsaussage handelt und die O-Seiten absichtlich so gestaltet waren, dass Besucher der Internetseiten den Kostenhinweis nur nach Herunterscrollen sehen sollten.
So haben die Angeklagten S und M übereinstimmend und glaubhaft eingeräumt, dass die O-Seiten absichtlich so gestaltet waren, dass Besucher den Kostenhinweis nur nach Herunterscrollen sahen. Der Angeklagte S hat eingeräumt, dass der Kostenhinweis bei üblichen Bildschirmgrößen nur nach Herunterscrollen sichtbar war; da er sämtliche Projekte stets mit großer Sorgfalt geplant hat, ist davon auszugehen, dass sich dieser Umstand nicht zufällig ergeben hat, sondern von Anfang an so geplant war. Schließlich hat der Angeklagte S glaubhaft ausgesagt, dass der Angeklagte S ihm im April 2008 erklärt habe, dass man den Kostenhinweis nur sehen könne, wenn man herunterscrolle. Auch hieraus ergibt sich, dass der Angeklagte S diesen Umstand als erwähnenswerte Besonderheit der O-Seiten ansah, so dass insoweit von einer von vornherein beabsichtigten Gestaltung auszugehen ist.
cc) Der Angeklagte S hat bestritten, dass die Landingpages bei .de absichtlich so gestaltet gewesen seien, dass die Besucher annehmen sollten, sie seien auf einer Internetseite des Programmherstellers. Hierzu hat er ausgeführt, dass auch bei oberflächlicher Betrachtung jedem Besucher hätte klar sein müssen, dass er sich nicht auf einer Seite des Herstellers befand.
Die Kammer ist jedoch davon überzeugt, dass die Angeklagten S und S die Landingpages von .de absichtlich so gestalten ließen, dass die Besucher bei oberflächlicher Betrachtung annehmen konnten, sie befänden sich auf der Herstellerseite. So hat selbst der Zeuge R, der die Seiten – wie er in Übereinstimmung mit den Angaben der Angeklagten S und S eingeräumt hat – programmiert hat und der im Übrigen erkennbar darauf bedacht war, den Angeklagten S nicht zu belasten, angegeben, dass die Landingpages insbesondere farblich an das allgemeine Erscheinungsbild des jeweiligen Programms angepasst worden seien. Zudem seien zwar nicht identische, aber sehr ähnliche Logos verwendet worden. Der Angeklagte S hat glaubhaft eingeräumt, dass der Angeklagte S und er den Besuchern durch diese Seitengestaltung suggerieren wollten, dass sie sich auf der Herstellerseite befänden. Denn wenn die Besucher gedacht hätten, sie seien auf einer Seite des Herstellers, hätten sie sich eher angemeldet. Schließlich ist auch das objektive Erscheinungsbild der Landingpages (das die Kammer anhand von in Augenschein genommenen Ausdrucken festgestellt hat, zu denen die Angeklagten S und S erklärt haben, diese Seiten betrieben zu haben) ein Indiz dafür, dass die Besucher über die Urheberschaft der Seiten getäuscht werden sollten. So hat die Kammer festgestellt, dass bei den bei .de verwendeten Landingpages für den A F und für M F eine Verwechslungsgefahr bestand.
dd) Zwar hat der Angeklagte S bestritten, dass er bei den Anmeldern einen Irrtum hervorrufen wollte. Vielmehr habe er in allen Fällen die fehlerhafte Erwartungshaltung der Anmelder, eine kostenlose Leistung zu erhalten, ausgenutzt. Diese Einlassung stellt jedoch keinen bestreitenden Tatsachenvortrag dar. Denn ob das Verhalten des Angeklagten S als bloßes Ausnutzen oder als Hervorrufen bzw. Unterhalten eines Irrtums zu bewerten ist, ist eine Rechtsfrage.
c) Zum Vorsatz hinsichtlich der Marken- und Urheberrechtsverletzungen
Nicht gefolgt ist die Kammer der Einlassung des Angeklagten S, soweit er behauptet hat, dass er gedacht habe, dass die Nebenklägerinnen A S Inc., M Corporation und M Foundation mit dem Vertrieb ihrer Programme und der Benutzung ihrer Marken und geschäftlichen Bezeichnungen im Rahmen von .de und o.de einverstanden gewesen seien.
Hierzu hat der Angeklagte ausgeführt, er sei vom Einverständnis der Nebenklägerinnen ausgegangen, da die Verbreitung ihrer Programme diesen nutze. Außerdem sei ihm bekannt gewesen, dass die Programme der Nebenklägerinnen auch auf anderen Downloadportalen, z.B. c.de, angeboten würden, was von den Nebenklägerinnen offensichtlich nicht beanstandet worden sei. Wenn sich ein Unternehmen beschwert habe, habe man das betreffende Programm eben heruntergenommen. Als er mit der Vendere das Projekt b.de betrieben und dort u.a. das Programm M F zum Herunterladen angeboten habe, habe M gegen die V zwar eine einstweilige Verfügung erwirkt. Dies habe er damals mitbekommen. Hieraus habe er jedoch nicht den Schluss gezogen, dass M mit dem Vertrieb ihrer Programme und der Nutzung ihrer Zeichen im Rahmen von .de oder o-n.de nicht einverstanden sein könnte. Zwar habe M in der Folge auch gegen die Belleros eine einstweilige Verfügung erwirkt. Hieraus habe er aber wiederum nicht geschlossen, dass M mit dem Vertrieb und der Zeichennutzung bei o.de nicht einverstanden sein könnte.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Einlassung lediglich um Schutzbehauptungen handelt. Die Angaben sind bereits für sich genommen nicht glaubhaft. Die Kammer hat den Angeklagten S in der mehrmonatigen Hauptverhandlung als intelligenten und umsichtigen Menschen kennengelernt und schließt es aus, dass er es nach seinen Erfahrungen bei b.de nicht zumindest für möglich hielt, dass sowohl die M-Gruppe als auch die A S Inc. mit dem Vertrieb ihrer Programme und der Benutzung ihrer Zeichen bei .de und o.de nicht einverstanden waren, und dass er dies nicht zumindest billigend in Kauf nahm. Es liegt nahe, dass der Angeklagte S vielmehr davon ausging, dass ihm keine ernsthaften Konsequenzen drohen würden, wenn er nur das jeweils betroffene Programm nach Erlass einer einstweiligen Verfügung aus dem Angebot nehmen würde.
Für diese innere Einstellung sprechen auch Äußerungen des Angeklagten S (Chatname „9 “), die dieser gemäß einem als Urkunde eingeführten Chatprotoll vom 29.06.2009 in einem Internetchat über das Projekt „W“ gegenüber dem Zeugen N (Chatname „K“) getätigt hat:
„[...] K: also wenn man beim bundesamt für bla nachschaut, isses wirklich ne eingetragene marke
K: auf das innenministerium
9 : joa, und?
K: hm
9 : welche rechtliche Konsequenz hat das?
K: kA :D
9 : Bekomen evtl. irgendwann ne Abmahnung. Unterschreiben wir, unterlassen wir, User haben wir
9 : Reicht
9 : Danke
9 : Wenn die ne L bei einer rechtlich so heiklen Sache verklagen wollen, haben sie meinen segen
9 : Gewinnabschöpfung ist auch kein Problem. Gewinne gab es ja offiziell nicht (Man muss dazu sagen: Sowas wurde bisher seeehr selten versucht)
[...]“
Der Angeklagte S hat eingeräumt, dass er diese protokollierte Chatunterhaltung mit dem Zeugen N geführt hat.
Der Angeklagte S hat weiter eingeräumt, dass das Projekt b.de über die V als Betreibergesellschaft unter seiner Verantwortung betrieben worden sei. Das Projekt b.de sei mit .de vergleichbar gewesen, allerdings habe es sich nur auf Internetbrowser bezogen. Weiter hat der Angeklagte zugegeben, dass er die von der M Foundation gegen die V erwirkte, als Urkunde eingeführte einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 06.08.2007 (Az. 315 O 691/07) kurz nach ihrem Erlass gelesen habe. Diese Verfügung habe er genau gekannt. Darin wird der V unter Androhung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, verboten, Software unter der Bezeichnung „M F 2.0“ und „M S“ gegen Zahlung einer Registrierungsgebühr zum Download anzubieten.
Schon weil der Angeklagte S diese einstweilige Verfügung kannte, ist die Kammer überzeugt, dass er es sowohl bei .de als auch bei o.de für konkret möglich hielt, dass die M-Gruppe und die A S Inc. mit dem Vertrieb ihrer Programme und der Nutzung ihrer Marken und geschäftlichen Bezeichnungen nicht einverstanden waren. Außerdem ergibt sich aus seiner Kenntnis von der einstweiligen Verfügung, dass er es zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, gegen zivilrechtliche Vorschriften zu verstoßen, auch wenn er insoweit nicht mit einer Strafbarkeit gerechnet haben mag.
d) Zur Unrechtseinsicht des Angeklagten S
Der Angeklagte S hat sich dahingehend eingelassen, dass er stets darauf vertraut habe, dass sein Verhalten nicht rechtswidrig sei. Zwar habe er sich wissentlich in einer „Grauzone“ bewegt, er habe jedoch stets sorgfältig darauf geachtet, dass er die Grenze zur Strafbarkeit nicht überschreite.
aa) Einlassung des Angeklagten S zur Unrechtseinsicht
Der Angeklagte S hat angegeben, dass er auf die Straflosigkeit seines Handelns vertraut habe, da verschiedene juristische Gutachten zu vergleichbaren Internetauftritten, Entscheidungen von Staatsanwaltschaften und Gerichten sowie Auskünfte von Rechtsanwälten zu diesem Ergebnis gekommen seien.
So hat der Angeklagte S ausgeführt, dass er im Jahre 2006 von der Rechtsanwaltskanzlei H ein Gutachten zu „s.de“ habe anfertigen lassen, wonach der Betrieb dieser Seite keinen Straftatbestand verwirkliche. Dieser Internetauftritt sei mit den Internetseiten der O vergleichbar gewesen. Weiter hat der Angeklagte S angegeben, dass er unter anderem Gutachten der M Kanzlei K, P & G und der TU D gelesen habe, die in vergleichbaren Fällen zu demselben Ergebnis gekommen seien.
Rechtsanwalt G von der Kanzlei H, B & K habe zudem den Internetauftritt von .de gesichtet und keine Einwendungen gehabt.
Nachdem die Staatsanwaltschaft Hamburg Ende April 2009 ein Konto des Angeklagten S habe pfänden lassen, hätten die sodann konsultierten Strafverteidiger B und D wiederholt versichert, dass .de keinen Straftatbestand erfülle. Ein Mandatsverhältnis dieser beiden Rechtsanwälte habe zwar nur zu den damals als Beschuldigten geführten Angeklagten S und S bestanden, er selbst sei jedoch bei zwei oder drei Beratungsgesprächen anwesend gewesen. Kurz darauf sei von der Kanzlei H, B & K die Aussage gekommen, dass auch der geplante Betrieb von o.de strafrechtlich unbedenklich sei. Obwohl es im Jahre 2009 weiterhin zu Durchsuchungen von Wohn- und Geschäftsräumen sowie Beschlagnahmen von Vermögenswerten gekommen sei, habe er daher an der Rechtmäßigkeit seines Handelns nicht gezweifelt.
Das Landgericht Frankfurt/Main habe am 05.03.2009 in einem vergleichbaren Fall die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Dies habe er am 06.03.2009 erfahren und als Bestätigung seiner inneren Einstellung angesehen. Von der Beschwerde der Staatsanwaltschaft, die schließlich zur Aufhebung des Beschlusses durch das Oberlandesgericht geführt habe, habe er dagegen erst Ende 2009 erfahren.
Außerdem habe die Staatsanwältin Dr. N der Staatsanwaltschaft Hamburg unter Berufung auf den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am 26.06.2009 gemäß § 170 Abs. 2 StPO zunächst ein Ermittlungsverfahren und später weitere Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit .de eingestellt. Auch andere Staatsanwaltschaften hätten Ermittlungsverfahren wegen .de oder o.de eingestellt, so z.B. die Staatsanwaltschaft Stade am 05.10.2009 ein Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit o.de.
Andere Staatsanwaltschaften hätten Verfahren gegen vergleichbare Anbieter eingestellt, etwa die Staatsanwaltschaft Darmstadt ein Verfahren im Zusammenhang mit m-.de, die Staatsanwaltschaft Bremerhaven ein Verfahren im Zusammenhang mit a.de und die Staatsanwaltschaft München I ein Verfahren gegen die Inkassoanwältin K G (wobei der Angeklagte eingeräumt hat, dass diese Einstellung erst Ende Februar 2010 erfolgt ist). Es habe auch positive Entscheidungen von Zivilgerichten gegeben, z.B. eine Entscheidung des Landgerichts Mannheim vom 12.05.2009 zu dem Anbieter o.de. Zwar habe er – neben weiteren aus seiner Sicht negativen zivilrechtlichen Entscheidungen – im Jahre 2009 auch von einer zivilrechtlichen Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe erfahren, die das von ihm betriebene Geschäftsmodell als Betrug gewertet habe. Diese Entscheidung sei nach seiner Auffassung jedoch merkwürdig begründet gewesen.
bb) Würdigung der Einlassung des Angeklagten S
Die Kammer hat die Einlassung des Angeklagten S, dass er stets auf die Straflosigkeit seines Handelns vertraut habe, als widerlegt angesehen. Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Angeklagte S während des gesamten Tatzeitraums zumindest bedingte Unrechtseinsicht hatte, indem er die Strafbarkeit seines Verhaltens jedenfalls für möglich hielt und billigend in Kauf nahm.
(1) So hat der Angeklagte S nach entsprechenden Vorhalten aus seiner polizeilichen Vernehmung angegeben, der Angeklagte S habe ihm im Zusammenhang mit dem O-Projekt im April 2008 erklärt, dass sich das Geschäftsmodell in einer heiklen und gefährlichen Grauzone bewege, da es „nicht ganz legal“ sei. Diese Einlassung des Angeklagten S erscheint glaubhaft, zumal er sich dadurch selbst belastet hat. Eine übermäßige Belastungstendenz wies seine Aussage nicht auf. Bei der Würdigung seiner Einlassung hat die Kammer insbesondere auch berücksichtigt, dass dieser eine Verständigung nach § 257c StPO zugrunde lag und grundsätzlich die Gefahr besteht, dass ein Angeklagter meint, er könne sich mit Blick auf die Verständigung durch eine Falschaussage zu Lasten eines Mitangeklagten einen Vorteil verschaffen. Gleichwohl erschien die Aussage des Angeklagten S glaubhaft, zumal da der Angeklagte S nicht über das Gespräch mit dem Angeklagten S hätte berichten müssen, um ein Geständnis im Sinne der Verständigung abzulegen. Auf der anderen Seite ist kein Grund ersichtlich, weshalb der Angeklagte S gegenüber dem Angeklagten S diese Einschätzung äußern sollte, wenn er sie nicht wirklich teilte. Es liegt nahe, dass der Angeklagte S gegenüber dem mit ihm befreundeten Angeklagten S mit offenen Karten spielen wollte.
(2) Auch später rechnete der Angeklagte stets mit der Möglichkeit, dass die von ihm betriebenen Projekte strafbar sein könnten. Ab Ende April 2009 schließt die Kammer bereits deshalb aus, dass der Angeklagte S auf die Rechtmäßigkeit seines Handelns vertraut hat, weil er eingeräumt hat, den Inhalt des als Urkunde eingeführten Beschlusses des Amtsgerichts Hamburg vom 21.04.2009 zur Kenntnis genommen zu haben, der die Beschlagnahme einer Forderung des Angeklagten S gegen die D Bank betrifft. Darin wird dem Beschuldigten S im Zusammenhang mit dem Inkassoverfahren für .de leichtfertige Geldwäsche zur Last gelegt, wobei das Amtsgericht in dem Betrieb von .de einen gewerbsmäßigen Betrug und somit eine geldwäschetaugliche Vortat gesehen hat. Hierzu hat das Amtsgericht auszugsweise ausgeführt,
„[...] dass tatsächlich keine rechtmäßigen Forderungen der Firma B gegen die Adressaten der Mahnschreiben bestanden, da die angeblichen Forderungen darauf beruhten, dass die Firma B in der Absicht, die Besucher ihrer Internetseite „.de“ über die den Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrages zum Download ansich freier, kostenloser Software, u.a. das Programm A F 10, durch Anmeldung auf ihrem Portal zu täuschen, den Nutzern das downloaden der Programme anbot und die Internetnutzer in Kenntnis der Kostenfreiheit dieser Software der Aufforderung zur Anmeldung unter Angabe ihrer Personendaten, Bestätigung der AGB und des Widerrufsrechts und dem Drücken des Buttons „Jetzt anmelden“ in dem Glauben folgten, dadurch keine Kostenpflicht auszulösen, und – wie von den Verantwortlichen der Fa. B erwartet – gerade wegen ihrer zuverlässigen Kenntnis von der Kostenfreiheit der zum Download angebotenen Programme nicht auf den lediglich am rechten Rand im Fließtext erscheinenden Hinweis auf den Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrages für die Nutzung des Download-Portals durch Drücken des Buttons „Jetzt Anmelden“ achteten. [...]“
Das Amtsgericht hat somit im Zusammenhang mit .de einen Sachverhalt als gewerbsmäßigen Betrug bewertet, den auch die Kammer festgestellt hat und wegen dem der Angeklagte S verurteilt worden ist. Der Angeklagte S hat eingeräumt, den Inhalt dieses Beschlusses damals verstanden zu haben, insbesondere auch, dass der Vorwurf des Betruges unabhängig davon erhoben wurde, ob der Kostenhinweis ausgeblendet war. Demnach wusste er seit Ende April, dass zumindest der zuständige Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Hamburg die Auffassung vertrat, dass das Geschäftsmodell von .de strafbar sei. Er mag zwar für sich eine andere Rechtsauffassung vertreten haben, wusste jedoch, dass – entsprechend der Auffassung des Amtsgerichts Hamburg – eine Verurteilung wegen Betruges möglich war, was er in Kauf nahm.
Der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 21.04.2009 wurde sodann durch den als Urkunde eingeführten Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 25.06.2009 bestätigt, mit dem die Beschwerde des Angeklagten S verworfen wurde. Nach Auffassung des Landgerichts bestand gegen den Angeklagten S sogar der weitergehende Verdacht des gemeinschaftlichen Betruges in einem besonders schweren Fall. Das Landgericht führte aus, dass bei .de eine Täuschung unabhängig davon vorliege, ob der Kostenhinweis ausgeblendet gewesen sei. Auch die rechtliche Wertung des Landgerichts basierte demnach auf einem Sachverhalt, der den von der Kammer getroffenen Feststellungen entspricht. Der Angeklagte nahm – wie er eingeräumt hat – den Beschluss des Landgerichts zeitnah zur Kenntnis. Demnach wusste er, dass auch die Beschwerdekammer des Landgerichts das von ihm betriebene Geschäftsmodell für strafbar erachtete.
Wie sich aus einem als Urkunde eingeführten Chatprotokoll über eine Chatunterhaltung des Angeklagten S mit dem Angeklagten S vom 15.07.2009 ergibt, teilte ferner der Angeklagte Sdem Angeklagten S mit, dass die Vorsitzende Richterin in dem Verfahren der M Foundation und der M Corporation gegen die B und S S mitgeteilt habe, dass sie das Geschäftsmodell von .de als Betrug ansehe und Strafanzeige erstatten wolle. Es handelt sich hierbei um das Verfahren des Landgerichts Hamburg, Az. 312 O 260/09, aus dem u.a. das Urteil vom 15.07.2009 als Urkunde eingeführt worden ist. In dem Chatprotokoll heißt es auszugsweise:
„[...]
w: gerichtstermin gegen M: De Richterin war von Anfang an der Meinung das sei Betrug ( das Geschäftsmodell) also gleich abgeschmettert, sie wollte auch Strafanzeige erstatten ( Richterin).
[S]: Viel Erfolg
[S: Gut das Richter objektiv entscheiden
[S: Evtl. sollten wir die nächste Firma nicht mehr in H residieren lassen
w: wäer wohl sinnvoll.
[S: Das scheiß Hamburger Landgericht hab ich so gefressen ^^
[S]: Naja
w: die haben bisher immer gegen uns entschieden.
w: :-)
w: na ja bleibt wie immer die Berufung, juhu.
[S]: S erkennt nächste Woche an, gut ist. 9 p
[...]“
Der Angeklagte S verwendete den Chatnamen d.b.s, der Angeklagte S den Chatnamen w. Beide Angeklagte haben eingeräumt, diese Chatunterhaltung mit diesen Chatnamen geführt zu haben.
(3) Der Angeklagte S hat in weiteren Chatunterhaltungen Äußerungen getätigt, die die Kammer als Indizien dafür gewertet hat, dass er eine Strafbarkeit seines Verhaltens zumindest für möglich hielt. Die Chatprotokolle sind als Urkunden eingeführt worden. Der Angeklagte S hat eingeräumt, die folgenden protokollierten Unterhaltungen mit dem Angeklagten S, dem Zeugen N und S S geführt zu haben:
- Chatprotokoll vom 10.05.2009 (Unterhaltung mit dem Angeklagten S, Chatname „p“, über den Inhalt von Inkassoschreiben):
„[...]
[S]: Wenn das ein Rechtsanwalt oder eine mit dem ganzen System vertraute Person bekommt, zahlt er das natürlich so nicht. Aber der zahlt sowieso nicht! Wir wollen die Dumm- und Angszahler haben
[...]“
- Chatprotokoll vom 03.08.2009 (Unterhaltung mit dem Zeugen N, Chatname „K“, über das Projekt „w“):
[S]: „[...] wir machen die Buchhaltung und besorgen mind. 3 neue Konten (die ständig flöten gehen), bis das durchgemahnt ist. Kümmere mich um die Abrechnungen, damit ihr euer Geld bekommt und zahle die strafrechtliche Verteidigung, wenn die StA nervt. [...]“
- Chatprotokoll vom 07.08.2009 (Unterhaltung mit dem Angeklagten S, Chatname „p“, über B):
„[...]
[S]: Wir überlegen, den Geschäftsführer und Gesellschafter bei B auszutauschen und S als Prokurist rauszunehmen. Mit einem neuen Geschäftsführer, der mögliche Konsequenzen hinnehmen würde, würde es dann wieder losgehen. Was würde besprochen, bestehen auch Bedenken wenn Du das Inkasso von B weitermachst – Risiken für Dich?
[S]: Das allerdings nur, wenn wir in 3-4 Wochen nicht weitermachen können
p: hm mal sehen, würde sagen müssten denn vielleicht mal die T und den B dazu befragen oder
[S: Ja. Also der potenzielle Geschäftsführer und Gesellschafter von B würde das (relativ geringe) Risiko in Kauf nehmen, in U-Haft zu wandern, wogegen dann trotzdem natürlich etwas unternommen werden muss.
p: naja ich kann ja nicht sagen dass ich nicht wusste dass es ein Verfahren gegen die B gibt und naja weiss nicht man kann sicher argumentativ wieder beide Seiten vertreten, aber halte es für etwas schwierig
[...]
[S: Und es ist auch die Frage, wen die dann wirklich als Initiator rausgreifen und ob das dann einer Haftbeschwerde standhält – klar, das ist Poker
[...]
[S]: Und wenn die dann einen Haftbefehl durchbekommen wollen, haben wir alle Spass
[S]: Zur Not bin ich dann mal weg
[...]“
- Chatprotokoll vom 09.12.2009 (Unterhaltung mit S S, Chatname „s.“, über den Online-Liebestest):
„[...]
[S]: Hm, ich weiß nur, wie gut unsere Liebestest Abzocke geklappt hat
[...]
[S]: „Ist es wirklich Liebe“ <-- Dieser Titel hat bei A eine unglaubliche Klickrate gehabt
s.: das du auch immer auf den Gefühlen anderer rumtrampeln musst ;)
[S]: Hey, aber nur bei Leuten, die ich nicht kenne ;-)
[S: Außerdem waren die sicher ganz froh... bis die Rechnung kam...
[S]: Der Test hat immer gesagt. Bemüht euch, dann wird es schon passen
[...]“
- Chatprotokoll vom 05.01.2010 (Unterhaltung mit S S, Chatname „s.“, über die Firmenstrukturen):
„[...]
[S]: ich schmeiße grad alles um und ändere die komplette Firmenstruktur für die Abo Projekte. Das geht nur weil wenig Bindungen bestehen, man mit Firmen sehr gut verschleiern kann und weil es eine sehr flexible Struktur ist ;-)
[S]: Leider muss man immer wieder von vorne anfangen
[...]“
- Chatprotokoll vom 06.01.2010 (Unterhaltung mit S S, Chatname „s.“, zu Forderungspfändungen der Staatsanwaltschaft):
„[...]
[S: Und S haben sie sein Privatkonto geplättet :-P
[...]
s.: ganz ehrlch.. mache leuten müssen einfach für ihre blödheit bestraft werden...
[S: jep, mitgehangen mitgefangen
[...]
[S]: jedenfalls erzähl ich ihm seit 2 Jahren, das er sich persönlich auf sowas vorbereitet. Was machtt er? Nüscht. (chuckle)
[...]“
- Chatprotokoll vom 07.04.2010 (Unterhaltung mit dem Zeugen N, Chatname „K“, über Strohmänner):
„[...]
K: wo findet ihr eure strohmänner btw
K: sind das $randomPenner von der strasse?
K: beim vorbeilaufen angelabert oder so?
[S]: Nein, meistens über Anwälte oder aus dem Bekanntenkreis
[S]: Suchen immer jemanden, dem man auch vertrauen kann
[S: Ist dann zwar relativ teuer, aber der oder die wissen dann auch, was Sache ist
[S]: und können Druck standhalten
K: also liefern dich net ans messer im ernstfall?
[S: Beispielweise lädt die StA momentan alle möglichen Leute vor. Hätten wir die nicht im Griff, würde da sicher sonstwas bei rumkommen
[...]“
(4) Der Angeklagte hat – wie er selbst in seiner Einlassung angegeben hat – unmittelbar nach Erlass des Beschlusses des Amtsgerichts Hamburg vom 21.04.2009 eine strafrechtliche Beratung durch die Rechtsanwälte B und D veranlasst. Nach der glaubhaften Einlassung des Angeklagten haben diese jedoch nicht versichert, dass der Betrieb von .de straflos sei; vielmehr haben sich die Rechtsanwälte zu der Frage der Strafbarkeit des Geschäftsmodells von .de im Ergebnis wie folgt geäußert: „Wenn die verurteilen wollen, dann machen die das. Aber der BGH kann das eigentlich nicht mitmachen.“
Der Angeklagte S hat auf Nachfrage eingeräumt, dass dies der Wortlaut der Aussage der Rechtsanwälte B und D gewesen sei. Auch später seien diese sinngemäß bei dieser Aussage geblieben. Somit hat er zugegeben, dass die Rechtsanwälte B und D – auch nach seiner Kenntnis – nicht versichert haben, dass das Geschäftsmodell von .de straflos sei. Die Kenntnis des Angeklagten S von der tatsächlich getätigten Aussage der Strafverteidiger hat die Kammer im Ergebnis als weiteres Indiz für eine Unrechtseinsicht des Angeklagten S gewertet. Denn hieraus ergibt sich, dass die Rechtsanwälte eine strafrechtliche Verurteilung für möglich hielten. Aus dem Zusatz, der Bundesgerichtshof könne das „eigentlich nicht mitmachen“, folgt nichts Gegenteiliges, da es sich insoweit erkennbar um eine unsichere Prognose handelte, die im Übrigen bereits durch Verwendung des Wortes „eigentlich“ relativiert worden ist.
Soweit der Angeklagte S ausgeführt hat, dass Rechtsanwalt G von der Kanzlei H, B & K den Internetauftritt von o.de geprüft und für unbedenklich erachtet habe, ist die Kammer gleichfalls überzeugt, dass auch dieser Umstand – sollte er zutreffend sein – den Angeklagten nicht veranlasst hat, auf die Rechtmäßigkeit seines Handelns zu vertrauen. Dies ergibt sich bereits aus der Gesamtschau der oben genannten Indizien, insbesondere den Chatunterhaltungen. Dafür, dass der Angeklagte S auf eine etwaige positive Auskunft der Kanzlei H, B & K nicht vertraut hat, spricht im Übrigen seine eigene Einlassung. So hat er auf die Frage, weshalb er sich nicht auch im Strafverfahren von Rechtsanwälten dieser Kanzlei habe beraten lassen, geantwortet, dass er sich im Strafverfahren „lieber an Profis“ gewendet habe. Zudem hatte der Angeklagte S – wie er selbst eingeräumt hat – zu Rechtsanwalt G erst im Jahre 2010 persönlichen Kontakt. Bis dahin führte allein der Angeklagte S die Gespräche mit dem Rechtsanwalt. Der Angeklagte S hat jedoch glaubhaft angegeben, dass Rechtsanwalt G nicht tief involviert gewesen sei und keine Verantwortung habe übernehmen wollen.
(5) Soweit der Angeklagte S darauf verwiesen hat, dass er auf diverse juristische Gutachten vertraut habe, wonach die von ihm betriebenen Projekte nicht strafbar sein sollten, vermag ihn dies ebenfalls nicht zu entlasten. Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Angeklagte S auch vor dem Hintergrund von Gutachten weiter mit einer möglichen Strafbarkeit rechnete.
Soweit der Angeklagte selbst ein Gutachten in Auftrag gab, ging es ihm nicht darum, die Rechtslage zu klären, sondern sich gegen von ihm befürchtete strafrechtliche Konsequenzen abzusichern. Das Gutachten benötigte der Angeklagte in erster Linie dazu, um sich – wie es später auch geschehen ist – auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu berufen. Ein Gutachten, dass nach dem Willen des Anfragenden nur eine „Feigenblattfunktion“ erfüllen soll, vermag den Täter jedoch nicht zu entlasten (vgl. BGH, Urt. v. 15.12.1999, Az. 2 StR 365/99; BGH, Urt. v. 03.04.2008, Az. 3 StR 394/07; jew. zit. nach Juris). Dass der Angeklagte Snicht aufgrund von Gutachten auf die Straflosigkeit seines Handelns vertraut hat, ergibt sich bereits aus einer Gesamtschau der oben genannten Indizien.
Vor diesem Hintergrund ist die Kammer insbesondere nicht der Einlassung des Angeklagten S gefolgt, er habe auf der Grundlage des als Urkunde eingeführten Gutachtens der Rechtsanwaltskanzlei H vom 28.08.2006 auf die Straflosigkeit des O-Projekts vertraut. Diesbezüglich ist die Kammer überzeugt, dass das Gutachten dem Angeklagten S lediglich zur Absicherung dienen, nicht aber die Rechtslage klären sollte. Das nur siebenseitige Gutachten zu der Internetseite „s.de“ befasst sich lediglich mit der Gestaltung der Internetseite, geht aber mit keinem Wort auf die Vorstellungen und Absichten der Betreiber ein. Außerdem war dem Angeklagten S – wie er selbst eingeräumt hat – bekannt, dass die Rechtsanwaltskanzlei H auf dem Gebiet der Kostenfallen im Internet erhebliche eigene Interessen verfolgte und bald nach Erstattung des Gutachtens in diesem Bereich selbst Inkassoverfahren durchführte.
Schließlich hat die Kammer folgende, in einem als Urkunde eingeführten Chatprotokoll vom 07.08.2009 enthaltene Chatunterhaltung gewürdigt, in welcher der Angeklagte S sich mit dem Angeklagten S über Gutachten im Zusammenhang mit strafrechtlichen Risiken bei der Baustauscht hat:
„[...]
[S]: Es ist ja eine Frage des dringenden Tatverdachts. Mein Strafverteidiger sagte, den könnte man auch mit einem fundierten Gutachten ausschließen
[...]
[S]: [...] Mein Plan wäre erstmal folgender. 1. Erstellung eines ausführlichen Gutachtens rund um das Geschäftsmodell usw durch einen anerkannten Strafverteidiger. [...]“
In diesem Chat trat der Angeklagte S mit dem Chatnamen „d.b.s“ auf. Er hat eingeräumt, diese protokollierte Chatunterhaltung unter diesem Namen mit dem Angeklagten S geführt zu haben. Auch diese Äußerungen hat die Kammer als Indiz dafür gewertet, dass Gutachten nach dem Willen des Angeklagten S eine „Feigenblattfunktion“ haben sollten.
2. Zur Einlassung des Angeklagten S
Die Feststellungen zum äußeren Sachverhalt beruhen insbesondere auch auf den umfassenden und glaubhaften Angaben des Angeklagten S. Dieser hat ausführliche Angaben vor allem zum Betrieb der Projekte und zu den Aufgaben aller Beteiligter gemacht. Außerdem hat der Angeklagte S umfassende Angaben zu seinen eigenen Tatbeiträgen und seinen Einkünften gemacht. Soweit er sich erinnern konnte, hat er auch zu den Einkünften der anderen Angeklagten sowie der Nebenbeteiligten Auskunft gegeben. Die Kammer hatte den Eindruck, dass der Angeklagte S stets bemüht war, die Fragen aller Prozessbeteiligten nach bestem Wissen zu beantworten. Dabei hat die Kammer bei der Würdigung seiner Einlassung berücksichtigt, dass dieser eine Verständigung zugrunde lag, wonach der Angeklagte S eine Bewährungsstrafe erhalten sollte, und dass eine derartige Konstellation grundsätzlich die Gefahr birgt, dass der Angeklagte meint, er könne sich einen Vorteil verschaffen, indem er einen Mitangeklagten wahrheitswidrig belaste. Auch vor diesem Hintergrund haben sich aus der Sicht der Kammer keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Angaben ergeben. Insbesondere hat er auch auf solche Fragen umfassend Auskunft gegeben, mit deren Beantwortung er sich selbst belastet hat. Andererseits wies seine Einlassung hinsichtlich der übrigen Angeklagten keine übermäßige Belastungstendenz auf. So hat er etwa ausgesagt, dass ihn der Angeklagte S gefragt habe, ob er etwas gegen die Ausblendung des Kostenhinweises einzuwenden habe, hat aber zugleich angegeben, dass er nicht wisse, ob dieser den Kostenhinweis daraufhin tatsächlich ausgeblendet habe.
Die Feststellungen zu den Vorstellungen des Angeklagten S beruhen ebenfalls auf seinem glaubhaften Geständnis. Er hat eingeräumt, dass er im Juni 2008 verstanden habe, dass das Geschäftsmodell allein darauf beruhte, dass die Anmelder den Kostenhinweis übersahen. Ab diesem Zeitpunkt sei es bei dem OL-Projekt und den beiden Folgeprojekten seine Absicht gewesen, Anmeldungen von Besuchern zu gewinnen, die den Kostenhinweis übersehen hatten. Die OL-Seiten seien mit Absicht so gestaltet gewesen, dass die Besucher herunterscrollen mussten, um den Kostenhinweis zu sehen. Bei diesem und den beiden Folgeprojekten hätten die Besucher den Kostenhinweis übersehen sollen. Dementsprechend hätten die Personen, die sich anmeldeten, den Kostenhinweis nicht gesehen, was allen Angeklagten klar gewesen sei. Er selbst sei schon damals der Auffassung gewesen, dass die Anmelder nicht zur Zahlung verpflichtet gewesen seien.
Ferner hat der Angeklagte S eingeräumt, dass er das Verfahren der M-Gruppe gegen die B und S S verfolgt habe und ihm bald darauf klar gewesen sei, das der Vertrieb der Freeware-Programme und die damit einhergehende Benutzung der Zeichen der Berechtigten rechtswidrig seien. Vorher habe er sich mit Marken- und Urheberrecht nicht befasst. 3. Zur Einlassung des Angeklagten M
Der Angeklagte M hat den festgestellten Sachverhalt ebenfalls eingeräumt. Insbesondere hat er umfassende und glaubhafte Angaben zu seiner eigenen Beteiligung und seinen Einkünften gemacht.
Der Angeklagte M hat ferner eingeräumt, dass die seine Beteiligung betreffenden Internetseiten von .de und o.de mit Absicht so gestaltet gewesen seien, dass die Besucher den Kostenhinweis übersahen, was ihm von Beginn an klar gewesen sei. Bereits in der Anfangszeit von.de habe er an der Wirksamkeit der geltend gemachten Forderungen gezweifelt. Zunächst habe er nicht genau gewusst, ob die Projekte illegal seien, was er aber in Kauf genommen habe. Später seien ihm immer mehr Zweifel gekommen
Der Angeklagte M hat ebenfalls eingeräumt, zeitnah von der einstweiligen Verfügung der M-Gruppe gegen B erfahren zu haben. Er habe von da an gewusst, dass der Vertrieb von Freeware-Programmen und die Benutzung der Zeichen der Berechtigten ein rechtliches „Problem“ darstellten.
4. Zur Einlassung des Angeklagten S
Der Angeklagte S hat seine eigenen Tatbeiträge, seine dadurch erzielten Einkünfte und die Feststellungen zu Organisation und Ablauf des Inkassoverfahrens ebenfalls umfassend und glaubhaft eingeräumt.
Er hat zudem eingeräumt, gewusst zu haben, dass das Geschäftsmodell von .de darauf beruhte, dass die Anmelder den Kostenhinweis übersahen. Er habe es für möglich gehalten, dass keine wirksamen Verträge zustande gekommen und dementsprechend keine Zahlungsansprüche gegen die Anmelder entstanden seien. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer die Überzeugung gewonnen, dass der Angeklagte S das Geschäftsmodell von .de nicht nur für möglicherweise zivilrechtswidrig, sondern darüber hinaus eine Strafbarkeit für möglich hielt und diese in Kauf nahm. Diesbezüglich hat die Kammer auch das folgende als Urkunde eingeführte Chatprotokoll vom 07.08.2009 gewürdigt, in dem eine Unterhaltung des Angeklagten S mit dem Anklagten Süber die Strafbarkeitsrisiken bei der Bdokumentiert ist, die der Angeklagte S (Chatname „p“) eingeräumt hat:
„[...]
p: nun ja also weiss nicht ob man sagen kann dass ich keinen Vorsatz hatte wenn ich weiss dass es soviele Strafverfahren gegen euch gibt, wenn bei keinem was rauskommt denn ist dass sicher kein Problem, sollte es aber in H als Präzedenzfall doch zu einem Verfahren oder einer Verurteilung kommen denn kann man mir da sicher ganz schön einen Strick draus drehen
[...]“
Im Übrigen kannte der Angeklagte S auch zeitnah die bereits erörterten Beschlüsse des Amtsgerichts Hamburg vom 21.04.2009 und des Landgerichts Hamburg vom 25.05.2009, was er selbst eingeräumt hat.
5. Zu den Einlassungen der weiteren Angeklagten
Die Angeklagten S, H und K haben ihre eigenen Beteiligungen und ihre Einkünfte ebenfalls umfassend und glaubhaft wie festgestellt eingeräumt. Insbesondere haben sie auch eingeräumt, gewusst zu haben, dass das Geschäftsmodell darauf basierte, dass die Anmelder den Kostenhinweis übersahen.
6. Feststellungen zu Zeichen und Werken der Nebenklägerinnen
Die Feststellungen zu Marken, die in das Register des Deutschen Patent- und Markenamts oder das Register des Amts der Europäischen Union für die Eintragung von Marken und Geschmacksmustern eingetragen sind, beruhen auf entsprechenden Registerauskünften, die als Urkunden und bei Bildmarken auch als Augenscheinsbeweise eingeführt worden sind. Zudem haben die Zeugin H (Pressesprecherin der Nebenklägerin M Corporation) und der Zeuge K (Anti-Piracy-Manager der Nebenklägerin A S Inc.) bestätigt, dass diese Marken zu den maßgeblichen Zeiten Bestand hatten und eingetragen waren.
Die übrigen Feststellungen, die die Kammer zu den Eigenschaften, der Wertschätzung, der Unterscheidungskraft und der Bekanntheit der Programme sowie der von den Nebenklägerinnen verwendeten Zeichen getroffen hat, beruhen ebenfalls auf den glaubhaften Angaben der Zeugen H und K. Die Feststellung, dass die Nebenklägerinnen mit dem Vertrieb ihrer Produkte und der Verwendung ihrer Zeichen im Zusammenhang mit .de und o.de nicht einverstanden waren, beruht gleichfalls auf den glaubhaften Angaben dieser Zeugen sowie auf den glaubhaften Angaben des Zeugen Rechtsanwalt Dr. H, dem Vertreter der Nebenklägerin A S Inc.; die Zeugen haben glaubhaft und substantiiert dargelegt, dass die Nebenklägerinnen kostenpflichtige Downloadportale wie die der Angeklagten stets abgelehnt haben und seit vielen Jahren versuchen, diese mit juristischen Mitteln zu unterbinden. Die zu den Lizenzbedingungen und markenrechtlichen Bedingungen der Nebenklägerinnen getroffenen Feststellungen beruhen auf den insoweit eingeführten Urkunden.
Die Feststellung, dass der Angeklagte M die Programme der Nebenklägerinnen in Fall 3 (o.de) auf den Server der Angeklagten kopiert hat und die Programme von dort aus zum Herunterladen angeboten worden sind, beruht auf den geständigen Einlassungen der Angeklagten M, S und S. Diese Einlassungen werden im Übrigen gestützt durch das als Urkunde eingeführte EDV-Gutachten der Polizei Hamburg vom 03.02.2010, wonach das Programm A R direkt von dem Server von o.de angeboten wurde. Die Feststellung, dass die Angeklagten bei .de nur mit Verknüpfungen gearbeitet haben, beruht auf den glaubhaften Einlassungen der Angeklagten S und M, die nicht durch andere Beweismittel widerlegt worden sind. Der Angeklagte S konnte hierzu keine sichere Aussage treffen.
7. Sonstige Feststellungen
Die Feststellungen zu Anzahl und Daten der Anmeldungen, zur Anzahl der Anmeldungen auf Seiten für Programme der Nebenklägerinnen, zu den Daten der Forderungsschreiben, zur Anzahl der Zahler, zur Höhe der gezahlten Gesamtsummen und zu Zahlungsquoten beruhen auf den nachvollziehbaren und glaubhaften Angaben des auch als Zeugen vernommenen Sachverständigen M. Der Sachverständige hat dargestellt, dass er zwei bei dem Zeugen G sichergestellte Datenbanken ausgewertet habe, bei denen es sich um die Kundendatenbank des O-Projekts und der B einerseits und um die Kundendatenbank von o.de andererseits gehandelt habe. Die von dem Sachverständigen vorgetragenen Ergebnisse dieser Auswertung liegen den Feststellungen zugrunde. Die Angeklagten S und S haben glaubhaft eingeräumt, dass es sich bei diesen bei dem Zeugen G sichergestellten Datenbanken um die Kundendatenbanken der drei verfahrensgegenständlichen Projekte handele. Weiterhin haben sie eingeräumt, dass die Größenordnungen der Auswertungsergebnisse stimmen, wobei sie, ohne die Daten selbst ausgewertet zu haben, zu einer präziseren Einlassung nicht in der Lage gewesen sind. Aufgrund etwaiger, nicht auszuschließender Fehler bei der Datenpflege hat die Kammer gleichwohl einen geringen Sicherheitsabschlag vorgenommen, der sich zusammen mit dem Sicherheitsabschlag für Zahler, die sich möglicherweise nicht geirrt haben, auf 10% addiert.
Die Überzeugung der Kammer, dass sämtliche von den Angeklagten angebotenen Leistungen wertlos waren, beruht auf der Erwägung, dass gleichartige Angebote im Internet vielfach und ohne Aufwand kostenlos verfügbar waren. Dies gilt sowohl für die sogenannten Sinnlos-Angebote der O, bei denen es sich um üblicherweise kostenlose Tests mit einem geringen Unterhaltungswert handelte, als auch für die Datenbanken der O, die im Internet frei zugängliche Daten enthielten, und für die Downloadportale .de und o.de, auf denen ausschließlich Freeware-Programme angeboten wurden. Die Freeware-Programme konnten bzw. können entweder auf den Herstellerseiten oder in zahlreichen Downloadportalen (z.B. cp.de, h.de) kostenlos heruntergeladen werden. Vor diesem Hintergrund maß bzw. misst die Gesamtheit der Internetnutzer den Angeboten der Angeklagten keinen Marktwert zu, zumal da das Angebot der Angeklagten insbesondere über Suchmaschinen beworben wurde, Benutzern von Suchmaschinen aber auch sämtliche kostenlosen Angebote ohne Weiteres offenstehen. Alle sieben Angeklagten wussten dies auch, da sie sämtliche Umstände kannten. Vor diesem Hintergrund nahmen sie an, dass sich diejenigen, die den Kostenhinweis gesehen hatten, nicht anmeldeten und dass diejenigen, die sich anmeldeten, den Hinweis nicht gesehen hatten. Soweit der Angeklagte Si in seiner Einlassung zunächst behauptet hat, dass auf .de und o.de eine „Leistung von erheblichem Umfang“ in Form einer „redaktionellen Aufarbeitung“ zur Verfügung gestellt worden sei, hat er auf Nachfragen eingeräumt, dass diese Aufarbeitung allein darin bestand, dass Callcenter-Mitarbeiter die auf den Anmeldeseiten enthalten Texte zu den Programmen aus dem Internet herausgesucht hätten.
Die Feststellung der Kammer, dass über 90% der Zahler keinen Kostenhinweis gesehen haben und von einem kostenlosen Angebot ausgingen, beruht auf folgenden Erwägungen: Für einen Irrtum fast aller Anmelder spricht zum einen, dass die von den Angeklagten angebotenen Leistungen für die Besucher der Internetseiten offenkundig keinen Marktwert hatten, was eine Anmeldung in Kenntnis der Kostenpflicht irrational erscheinen lässt. Zum anderen ging im Callcenter – nach den Angaben aller Angeklagter – stets eine sehr große Anzahl von Beschwerden ein, insbesondere von Anmeldern, die angaben, keinen Kostenhinweis gesehen zu haben. Zudem spricht für einen Irrtum fast aller Anmelder die nur sehr geringe Zahlungsquote zwischen 8,09% und 14,28%, die sich dadurch erklären lässt, dass die ganz überwiegende Zahl der Anmelder keine Zahlungsverpflichtung eingehen wollte. Schließlich gingen die Angeklagten – insbesondere auch die Angeklagten S und S – selbst davon aus, dass fast alle Anmelder keinen Kostenhinweis gesehen hatten; dabei handelt es sich um die Personen, die sich mit der Funktionsweise des betriebenen Geschäftsmodells am besten auskennen.
Die Feststellungen, die die Kammer zum Inhalt und zur Gestaltung von Internetseiten getroffen hat, beruhen auf Ausdrucken, die als Urkunden eingeführt und in Augenschein genommen worden sind. Zwar haben diese Ausdrucke für sich genommen keinen Beweiswert, da ihre Herkunft nicht festgestellt wurde und sie leicht zu manipulieren sind. Die Angeklagten S und S haben jedoch bezüglich aller Internetseiten, auf die in den Feststellungen Bezug genommen wird, anhand der eingeführten Ausdrucke eingeräumt, dass sie Internetseiten mit einem entsprechenden Aussehen betrieben und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben.
V. Aufklärungshilfe
Im Anschluss an seine Verhaftung im Februar 2011 hat der Angeklagte S bereits im März 2011 umfangreiche Angaben zur Sache gemacht.
In einer Reihe von Vernehmungen hat der Angeklagte S die gesamte Unternehmung der Angeklagten detailliert beschrieben und damit sowohl seine eigenen Tatbeiträge offengelegt als auch die der übrigen Beteiligten. Er hat den Ermittlern ein nahezu vollständiges Bild der verfahrensgegenständlichen Taten geliefert. Dadurch hat er nicht nur große Teile der bis dahin erlangten Ermittlungsergebnisse bestätigt, sondern den Ermittlern darüber hinaus wertvolle Informationen verschafft, an die sie auf andere Weise voraussichtlich nicht gelangt wären.
Insbesondere hat der Angeklagte S detailliert Auskunft gegeben über die Struktur der Unternehmung, über die Funktionen und Tatbeiträge der einzelnen Beteiligten und über die Verteilung der Gewinne und die Einkünfte der Beteiligten. Außerdem hat er eingeräumt, dass er mit dem Angeklagten S über die Ausblendung des Kostenhinweises gesprochen hat, auch wenn letztlich nicht nachgewiesen werden konnte, das der Hinweis tatsächlich zeitweise ausgeblendet wurde.
Die Aussage des Angeklagten S ist für das Ermittlungsverfahren auch deshalb von besonderer Bedeutung gewesen, weil er zum innersten Täterkreis gehörte und an sämtlichen Projekten von Beginn an beteiligt war. Dadurch ist der Angeklagte S in der Lage gewesen, Informationen preiszugeben, über die außer ihm nur der Angeklagte S verfügte, der bis kurz vor der Eröffnung des Hauptverfahrens von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat. Zudem hat sich der Angeklagte S als erster Angeklagter zur Sache geäußert. Nachdem der Angeklagte S ausgesagt hatte, erklärten sich weitere Angeklagte – insbesondere auch der Angeklagte M– zu einer Aussage bereit, was zwar zusätzliche Informationen ergeben und den Abschluss des Ermittlungsverfahrens gefördert, jedoch nicht mehr wesentlich zur Tataufklärung beigetragen hat.
Diese Feststellungen zu der von dem Angeklagten S geleisteten Aufklärungshilfe beruhen auf den insoweit glaubhaften Aussagen der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten F und Rr sowie der auch insoweit glaubhaften Einlassung des Angeklagten S. Soweit die Kammer die Aussage des Angeklagten S inhaltlich gewürdigt hat, hat sie sich auf die von dem Angeklagten S in der Hauptverhandlung abgegebene Einlassung gestützt.
VI. Rechtliche Würdigung
1. Zu den Betrugsvorwürfen
Die Strafbarkeit der Angeklagten wegen Betrugs bzw. Beihilfe zum Betrug beruht auf den folgenden rechtlichen Erwägungen:
a) Angeklagte S und S
Die Angeklagten S und S haben sich in Fall 1 (O) wegen gemeinschaftlichen Betrugs gemäß §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 und Nr. 2 Alt. 2, 25 Abs. 2 StGB und in den Fällen 2 (.de) und 3 (o.de) jeweils wegen gemeinschaftlichen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs gemäß §§ 263 Abs. 1, Abs. 5, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.
aa) Zum objektiven Tatbestand des Betrugs
In allen drei Fällen täuschten die Angeklagten S und S die Nutzer, die sich auf ihren Internetseiten angemeldet hatten, indem sie ihnen Forderungsschreiben übersandten, in welchen sie eine nicht bestehende Forderung in Gestalt eines Nutzungsentgelts geltend machten.
Mit der Geltendmachung dieser Forderungen erklärten die Angeklagten S und S zumindest konkludent, dass sie die Anmeldung des jeweiligen Nutzers, d.h. das Ausfüllen der Anmeldemaske mit anschließendem Klicken auf den Anmeldebutton, als auf Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrags gerichtete Willenserklärung verstanden hatten. Diese Erklärung entsprach jedoch nicht der Wahrheit, da die Angeklagten S und S wussten, dass der Erklärungswille der Anmelder nicht auf den Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrags gerichtet war. Die Angeklagten gingen vielmehr zutreffend davon aus, dass die Anmelder den auf der Anmeldeseite enthaltenen Kostenhinweis übersehen hatten und lediglich einen kostenlosen Test, Datenbankzugriff oder Download durchführen wollten.
Wenn der Empfänger einer empfangsbedürftigen Willenserklärung den tatsächlichen Willen des Erklärenden erkennt, bestimmt allein dieser Wille den Inhalt des Rechtsgeschäfts. Denn der wirkliche Wille des Erklärenden geht, wenn beide Parteien die Erklärung in eben diesem Sinne verstanden haben, jeder anderweitigen Interpretation vor (BGH, Urt. v. 26.10.1983, Az. IVa ZR 80/82, zit. nach Juris; BGH, Urt. v. 20.11.1992, Az. V ZR 122/91, zit. nach Juris; jew. m.w.N.; vgl. auch Ellenberger in: Palandt, BGB, 71. Aufl., § 133 Rn. 8 f. m.w.N.; speziell zu der vorliegenden Fallgestaltung auch Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36, 36). Dementsprechend kamen mit den Anmeldern keine entgeltlichen Verträge zustande, da die Angeklagten den tatsächlichen Erklärungswillen der Anmelder kannten und aus Sicht ihres Empfängerhorizonts keine auf entgeltliche Verträge gerichteten Willenserklärungen vorlagen.
Durch den Versand der Forderungsschreiben haben die Angeklagten S und S bei den Empfängern einen Irrtum hervorgerufen. Diese unterlagen der Fehlvorstellung, dass ihre Anmeldung als auf einen entgeltlichen Vertrag gerichtete Willenserklärung verstanden worden sei und sie deshalb zur Zahlung des geltend gemachten Nutzungsentgelts verpflichtet seien. Aufgrund dieser Fehlvorstellung nahmen die Empfänger eine Vermögensverfügung vor, indem sie das geforderte Nutzungsentgelt bezahlten. Hierdurch ist den Empfängern ein Vermögensschaden entstanden, da die Angeklagten bzw. die von ihnen verwendeten Gesellschaften keinen Zahlungsanspruch gegen die Anmelder hatten. Insoweit ist es demnach unerheblich, ob die Leistungen der Angeklagten einen Gegenwert hatten.
bb) Zum Vorsatz der Angeklagten S und S
(1) Der Angeklagte S handelte von Beginn an vorsätzlich und in der Absicht, sich rechtswidrig zu bereichern. Zwar konnte die Kammer nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass der Angeklagte Sfälschlich davon ausging, dass durch die Anmeldungen wirksame entgeltliche Verträge entstanden seien. Ob er diese Vorstellung tatsächlich hatte, kann jedoch dahinstehen. Denn selbst wenn er aufgrund einer abweichenden zivilrechtlichen Bewertung davon ausgegangen sein sollte, dass die Betreibergesellschaften Ansprüche gegen die Anmelder erwarben, wäre der subjektive Tatbestand des Betruges gleichwohl erfüllt.
Legt man die etwaige abweichende Vorstellung des Angeklagten S zugrunde, wären die Gestaltung und das Betreiben der jeweiligen Internetseiten als maßgebliche Täuschungshandlungen anzusehen. Die Angeklagten S und S täuschten die Anmelder auf ihren Internetseiten über die Kostenpflichtigkeit der jeweiligen Angebote. Zwar enthielten alle Anmeldeseiten mindestens einen Kostenhinweis, der bei sorgfältiger Prüfung des Angebots erkennbar gewesen wäre. Eine Täuschung im Sinne des § 263 StGB liegt jedoch auch dann vor, wenn der Täter die objektive Eignung einer inhaltlich richtigen Erklärung, einen Irrtum hervorzurufen, planmäßig einsetzt und damit unter dem Anschein äußerlich verkehrsgerechten Verhaltens gezielt die Schädigung des Adressaten verfolgt, wenn also die Irrtumserregung nicht die bloße Folge, sondern der Zweck der Handlung ist (BGH, Urt. v. 26.04.2001, Az. 4 StR 439/00; BGH, Urt. v. 19.07.2001, Az. 4 StR 457/00; BGH, Urt. v. 04.12.2003, Az. 5 StR 308/03; jew. zit. nach Juris; vgl. auch Fischer, StGB, 68. Aufl., § 263 Rn. 28 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, da es dem Angeklagten S– wie auch den anderen Angeklagten – gerade darauf ankam, dass möglichst viele Besucher der Internetseiten den Kostenhinweis übersehen und sich in der Annahme, das Angebot sei kostenlos, anmelden. Es kam ihm gerade darauf an, bei den Besuchern die Vorstellung hervorzurufen oder zu unterhalten, dass das jeweilige Angebot kostenlos sei. Ob ein „durchschnittlicher Internetnutzer“ die Kostenhinweise gesehen hätte bzw. gesehen hat, ist insoweit irrelevant. Denn es kam den Angeklagten gerade darauf an, bei denjenigen Besuchern ihrer Seite eine Fehlvorstellung hervorzurufen oder zu unterhalten, die die Seite nicht sorgfältig prüften und den Kostenhinweis daher nicht sahen.
Wie von den Angeklagten beabsichtigt, übersahen nahezu sämtliche Anmelder den Kostenhinweis und irrten über die Kostenpflichtigkeit. Für diesen Irrtum waren der Betrieb und die Gestaltung der Internetseiten ursächlich, die den Irrtum hervorriefen oder zumindest die durch die Suche nach einem kostenlosen Computerprogramm oder einer sonst kostenlosen Leistung bedingte Annahme der Kostenlosigkeit unterhielten. Dass der Irrtum bei sorgfältiger Prüfung der Anmeldeseiten vermeidbar gewesen wäre, ist unerheblich, da die Vermeidbarkeit das Tatbestandsmerkmal des Irrtums nicht entfallen lässt (vgl. Fischer, aaO, § 263 Rn. 55a m.w.N.). Auch insoweit kommt es daher nicht darauf an, ob ein „durchschnittlicher Internetnutzer“ den Kostenhinweis gesehen hätte.
Auf der Grundlage der etwaigen Vorstellung des Angeklagten S, wonach durch die Anmeldung ein entgeltlicher Vertrag zustande kommt, wäre in der Anmeldung bereits eine Vermögensverfügung zu sehen. Diese Verfügung wäre durch den Irrtum der Nutzer über die Kostenpflichtigkeit verursacht worden, da diese sich in Kenntnis der Kostenpflichtigkeit nicht angemeldet hätten.
Diese Vermögensverfügung hätte – auf der Grundlage der etwaigen Vorstellung des Angeklagten S – bei den Anmeldern zu einem Vermögensschaden in Form einer schadensgleichen Vermögensgefährdung geführt. Das Vermögen der Anmelder wäre mit einer Verbindlichkeit belastet worden, ohne dass diese einen werthaltigen Gegenanspruch erworben hätten. Denn die Leistungen der Angeklagten hatten – was allen Angeklagten bekannt war – keinen Marktwert.
Sollte der Angeklagte S aufgrund einer abweichenden zivilrechtlichen Bewertung tatsächlich von wirksamen Verträgen ausgegangen sein, wären die subjektiven Voraussetzungen eines Betruges somit ebenfalls erfüllt. Es läge – nach dieser Vorstellung – sogar im Verhältnis zu weitaus mehr Anmeldern ein vollendeter Betrug vor, da Vollendung jeweils bereits mit dem Abschicken des Anmeldeformulars eingetreten wäre. Der letztlich realisierte Vermögensschaden bliebe freilich gleich.
Die etwaige abweichende Vorstellung des Angeklagten Swäre entsprechend den Grundsätzen des Irrtums über den Kausalverlauf zu behandeln, wonach es ausreicht, dass die Vorstellungen des Täters dem Geschehensablauf im Wesentlichen entsprechen (vgl. Fischer, aaO, § 16 Rn. 7 m.w.N.). Die Vorstellung, dass durch die Anmeldungen der Nutzer wirksame Forderungen begründet wurden, wäre demnach unerheblich, da der gesamte tatsächliche Ablauf den Planungen des Angeklagten entsprochen hätte und allein seine abweichende zivilrechtliche Bewertung, die eine Vorverlagerung der eigentlichen Tathandlung und des Vollendungszeitpunkts zur Folge hätte, keine andere Bewertung der Tat rechtfertigen würde.
(2) Der Angeklagte S hatte spätestens seit Juni 2008 Tatvorsatz. Er handelte zudem in der Absicht, sich rechtswidrige Vermögensvorteile zu verschaffen, da er zutreffend davon ausging, dass für die Anmelder keine Verpflichtung bestand, das von den Angeklagten geforderte Nutzungsentgelt zu bezahlen.
(3) Die Angeklagten S und Sbesaßen auch die erforderliche Unrechtseinsicht. Ein Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB lag nicht vor.
b) Beteiligung des Angeklagten M
Der Angeklagte M hat sich in den Fällen 2 .de) und 3 (o.de) jeweils wegen Beihilfe zum gewerbs- und bandenmäßigen Betrug gemäß §§ 263 Abs. 1 und Abs. 5, 27 StGB strafbar gemacht.
Die Beteiligung des Angeklagten M stellt sich bei wertender Gesamtbetrachtung in beiden Fällen lediglich als Beihilfe dar. Zwar hat der Angeklagte M mit der Leitung des Callcenters einen wesentlichen Tatbeitrag erbracht. Dabei traf er sowohl in Personalsachen als auch im Rahmen des täglichen Betriebs die meisten Entscheidungen eigenverantwortlich. Bei dem Projekt o.de trat er zudem als wichtiger Werbepartner auf. Bezogen auf die Gesamtprojekte fehlte dem Angeklagten M jedoch die Tatherrschaft, da alle grundlegenden Entscheidungen über das Ob und das Wie der Taten von den Angeklagten S und S getroffen wurden. Zudem hatte der Angeklagte M nur ein mittelbares Interesse am Taterfolg, da er zwar seine Bezahlung aus der Tatbeute erhielt, jedoch nicht unmittelbar an den Gewinnen beteiligt wurde. Zwar vereinbarten die Angeklagten S, S und M während des Betriebs von o.de, dass der Angeklagte künftig mehr Verantwortung übernehmen und eine Gewinnbeteiligung von 30% erhalten sollte, wonach er wohl zum Mittäter aufgestiegen wäre; hierzu kam es in der Folge jedoch nicht mehr.
Der Angeklagte Mhandelte vorsätzlich. Insbesondere rechnete er bereits in der Anfangszeit von .de damit, dass gegen die Anmelder keine wirksamen Forderungen bestanden. Der Angeklagte hatte auch Unrechtseinsicht.
c) Zum Vorliegen der Qualifikation des § 263 Abs. 5 StGB
In den Fällen 2 (.de) und 3 (o.de) ist in den Personen der Angeklagten S, S und M die Qualifikation des § 263 Abs. 5 StGB erfüllt, da sie gewerbsmäßig und als Mitglieder einer zur fortgesetzten Begehung von Betrugstaten verbundenen Bande gehandelt haben.
Für eine Bande ist ein Zusammenschluss von mindestens drei Personen erforderlich, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Delikttyps zu begehen (BGH, Beschl. v. 22.03.2001, Az. GSSt 1/00, zit. nach Juris). Mitglied der Bande kann dabei auch derjenige sein, dessen Tatbeiträge sich nach der Bandenabrede von vornherein auf eine Gehilfentätigkeit beschränken sollen (BGH, Beschl. vom 15.01.2002, Az. 4 StR 499/01, zit. nach Juris; Fischer, aaO, § 244 Rn. 39 m.w.N.). Ein derartiger Zusammenschluss lag zwischen den Angeklagten S, S und M vor. Die Verbindung zwischen den Angeklagten S und S war bereits während des O-Projektes auf den Betrieb mehrerer betrügerischer Folgeprojekte ausgerichtet, die alle nach demselben deliktischen Grundprinzip funktionieren sollten. In diese Verbindung wurde der Angeklagte M spätestens zu Beginn des Betriebs von .de dauerhaft aufgenommen. Die Angeklagten S, S und M wollten dieses Projekt und eine Reihe von Folgeprojekten nach dem gleichen Prinzip betreiben, wobei der Angeklagte M zumindest stets das Callcenter leiten sollte.
Die Angeklagten S, S und M handelten auch in beiden Fällen gewerbsmäßig, da sie sich aus der wiederholten Begehung von Betrugstaten eine dauerhafte und erhebliche Einnahmequelle verschaffen wollten.
d) Beteiligung der Angeklagten S, H und K
Der Angeklagte S hat sich wegen Beihilfe zum Betrug in drei Fällen (O, .de und o.de), die Angeklagten H und K haben sich jeweils wegen Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen .de und o.de) gemäß §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 und Nr. 2 Alt. 2, 27 StGB strafbar gemacht.
Die Angeklagten S, H und K handelten vorsätzlich und mit der erforderlichen Unrechtseinsicht. Soweit hinsichtlich der Angeklagten S und H nicht sicher festgestellt werden konnte, ob diese zutreffend davon ausgingen, dass keine Zahlungsansprüche entstanden sind, steht dies der Annahme eines Gehilfenvorsatzes nicht entgegen. Insoweit kann auf die Ausführungen zum Vorsatz des Angeklagten S verwiesen werden.
Bei wertender Gesamtbetrachtung waren diese drei Angeklagten nicht als Bandenmitglieder anzusehen. Sie waren zwar als Geschäftsführer von Gesellschaften eingetragen, die von den Angeklagten S und Sr beherrscht wurden, und über Arbeitsverhältnisse in den deliktischen Geschäftsbetrieb dieser Angeklagten eingebunden. Gleichwohl fehlt es in Bezug auf diese Angeklagten an einer hinreichend belastbaren und auf Dauer angelegten Bandenabrede. Insbesondere waren die Angeklagten S, H und Ksowohl als Scheingeschäftsführer als auch als Mitarbeiter des Callcenters jederzeit austauschbar. Dementsprechend schlossen sie sich nicht auf Dauer mit den Angeklagten S, S und schließlich M zusammen. Vielmehr setzten die Angeklagten S und S die Zusammenarbeit mit den Angeklagten S, H und K von Mal zu Mal fort, ohne diesen eine dauerhafte Perspektive zu bieten.
e) Beteiligung des Angeklagten S
Der Angeklagte S hat sich wegen Beihilfe zum Betrug gemäß §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 und Nr. 2 Alt. 2, 27 StGB strafbar gemacht, indem er bei .de das Inkassoverfahren unterstützt hat.
Die Beteiligung des Angeklagten S ist bei wertender Betrachtung lediglich als Beihilfe anzusehen. Zwar hatte er – bezogen auf das Inkassoverfahren – ein unmittelbares Interesse am Taterfolg, da er von den geforderten EUR 110,29 den das ursprünglich geltend gemachte Nutzungsentgelt (zuzüglich Mahngebühren) übersteigenden Betrag als seinen Anteil behalten durfte. Allerdings fehlte es dem Angeklagten S an Tatherrschaft. Er war von vornherein nur im Rahmen des Inkassoverfahrens in das Projekt .de involviert und hatte im Übrigen keinerlei Entscheidungskompetenzen. Selbst im Zusammenhang mit dem Inkassoverfahren wurden alle wesentlichen Entscheidungen von den Angeklagten S und S getroffen. Der Beitrag des Angeklagten S beschränkte sich im Wesentlichen darauf, seinen Rechtsanwaltstitel zur Verfügung zu stellen.
Der Angeklagte S handelte vorsätzlich und mit Unrechtseinsicht. Seiner Strafbarkeit als Gehilfe stehen im Übrigen auch unter dem Gesichtspunkt der „professionellen Adäquanz“ (vgl. dazu BGH, Urt. vom 01.08.2000, Az. 5 StR 624/99, zit. nach Juris) keine Bedenken entgegen. Das Verhalten des Angeklagten S kann schon nicht als berufstypisch angesehen werden, da es mit der Tätigkeit eines Rechtsanwalts, der als unabhängiges Organ der Rechtspflege der unabhängige berufene Berater und Vertreter in Rechtsangelegenheiten ist (vgl. §§ 1, 3 Abs. 1 BRAO, § 1 Abs. 3 BORA), nichts gemein hatte. Der Angeklagte S stellte im Wesentlichen gegen Entgelt seinen Rechtsanwaltstitel zur Verfügung. Er ließ es zu, dass das
Inkassoverfahren für .de unter seinem Namen durchgeführt wurde, obgleich alle insoweit wesentlichen Entscheidungen von anderen Personen getroffen wurden, der Inhalt dieser Schreiben im Wesentlichen von dem Angeklagten S stammte und der Angeklagte S Vollmachten für die Kanzleikonten hatte. Darüber hinaus hat sich der Angeklagte S die Betrugstaten der Haupttäter S und S erkennbar angelegen sein lassen.
Auch der Angeklagte S war bei wertender Gesamtbetrachtung jedoch nicht als Bandenmitglied anzusehen. Dafür spräche zwar, dass die Angeklagten S und S zu Beginn der Geschäftsbeziehung einen Rechtsanwalt für mehrere Projekte suchten und abgesprochen war, dass der Angeklagte S auch das Inkasso für o.de unterstützen sollte. Dem Vorliegen einer Bandenabrede steht jedoch entgegen, dass der Angeklagte S weitestgehend austauschbar war, da es den Angeklagten S und S im Wesentlichen nur um seinen Rechtsanwaltstitel ging, dass die Angeklagten S und Swährend des Projekts .de ohne den Angeklagten S planten und dass der Angeklagte M sich um eine eigene Inkassogesellschaft bemühte. Die Zusammenarbeit mit dem Angeklagten Ssollte demnach eher von Projekt zu Projekt erfolgen, so dass nicht von einer hinreichend belastbaren und auf Dauer angelegten Bandenabrede auszugehen ist.
2. Zu den Verstößen gegen das Marken- und Urheberrecht
Die Strafbarkeit der Angeklagten S, S und M hinsichtlich der geschützten Marken, geschäftlichen Bezeichnungen und Werke der Nebenklägerinnen beruht auf folgenden Erwägungen:
a) Fall 2: .de
In Fall 2 hat sich der Angeklagte S wegen einer gewerbsmäßigen strafbaren Kennzeichenverletzung gemäß § 143 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5, Abs. 2 MarkenG i.V.m. §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 15 Abs. 3 MarkenG strafbar gemacht. Diese Tat steht zu der Betrugstat des Angeklagten S in Tateinheit.
aa) Strafbarkeit nach dem MarkenG
Der Strafbarkeit nach dem MarkenG liegen folgende Erwägungen zugrunde:
(1) Strafbarkeit nach § 143 MarkenG
(a) Der Angeklagte S hat sich durch den Betrieb folgender Internetseiten von .de wegen Markenrechtsverletzungen strafbar gemacht:
- Anmeldeseite für A R
Mit dem Betrieb der Anmeldeseite für das Programm A R (Insoweit ist in den Feststellungen zur Sache gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf Bl. 102 des Sonderbandes 1 Dokumentation Webseite Bezug genommen worden.) hat sich der Angeklagte S gemäß § 143 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 MarkenG i.V.m. § 15 Abs. 3 MarkenG strafbar gemacht.
Sowohl bei dem Programmnamen A R als auch bei dem verwendeten Logo handelt es sich um im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnungen im Sinne von § 5 Abs. 2 MarkenG bzw. § 5 Abs. 3 MarkenG, die der Angeklagte gemäß § 15 Abs. 3 MarkenG unter unlauterer Ausnutzung ihrer Wertschätzung und Unterscheidungskraft im geschäftlichen Verkehr benutzt hat. Für die Besucher der Internetseite bestand keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG, da ersichtlich kein Angebot der A S Inc. vorlag. Der Angeklagte handelte widerrechtlich und in der gemäß § 143 Abs. 1 Nr. 5 MarkenG erforderlichen Absicht, die Unterscheidungskraft und Wertschätzung auszunutzen.
Obgleich der Programmname A R und das verwendete Logo auch Marken nach § 4 Nr. 2 MarkenG darstellen, sind die Voraussetzungen des § 143 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG nicht erfüllt, da kein Verstoß gegen § 14 Abs. 2 MarkenG vorliegt. Ein Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nicht gegeben, da die Angeklagten die Marke A R nicht für eine identische, sondern nur für eine ähnliche Dienstleistung verwendet haben. Die „Dienstleistung“ der Angeklagten bestand in einem Downloadportal, bei dem Freeware-Programme heruntergeladen werden konnten. Diese ist im Verhältnis zu der Geschäftstätigkeit der A Ss Inc., die in dem Vertrieb von Software, u.a. des Freeware-Programms A R bzw. A R, zu sehen ist, nicht identisch. Es liegt lediglich eine ähnliche Dienstleistung vor, da es in beiden Fällen um den Download von FreewareProgrammen geht. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind nicht erfüllt, da keine Verwechslungsgefahr vorlag. Ein Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG liegt nicht vor, da diese Vorschrift nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur für nicht ähnliche Dienstleistungen gilt, hier jedoch eine ähnliche Dienstleistung vorliegt. Zwar wird die Vorschrift im Zivilrecht auch für identische oder ähnliche Dienstleistungen angewendet (vgl. Maske-Reiche in: Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 6/1, Nebenstrafrecht II, § 143 MarkenG Rn. 47 m.w.N.). Im Bereich des Strafrechts verstieße dies jedoch gegen das Analogieverbot (vgl. Maske-Reiche, aaO, § 143 MarkenG Rn. 48 m.w.N.), das bei Blankettstraftatbeständen auch für die Ausfüllungsnorm gilt (siehe Fischer, aaO, § 1 Rn. 5a m.w.N.).
- Landingpage für F
Mit dem Betrieb der Landingpage für das Programm F (Insoweit ist in den Feststellungen zur Sache gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Leitakte, Bd. 22, Bl. 7793 Bezug genommen worden.) hat sich der Angeklagte S gemäß § 143 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 MarkenG i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG strafbar gemacht.
Sowohl bei dem Programmnamen F als auch bei dem Programmlogo (Fuchs mit Weltkugel) handelt es sich um (in Deutschland) nicht eingetragene Marken gemäß § 4 Nr. 2 MarkenG. Der Angeklagte S hat durch den Betrieb der Landingpage im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung der Markeninhaber im Falle des Programmnamens F ein identisches und im Falle des F-Logos ein ähnliches Zeichen für eine ähnliche Dienstleistung, nämlich ein Downloadportal, benutzt. Für Besucher der Internetseite bestand Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, da diese aufgrund der Seitengestaltung den Eindruck gewinnen konnten, dass es sich um eine Seite des Markeninhabers handele.
Inhaber dieser nicht eingetragenen Marken sind sowohl die M Corporation als auch die M Foundation, da beide Gesellschaften im Verkehr als wirtschaftlich und rechtlich verbundene Unternehmen wahrgenommen werden und die Marken Verkehrsgeltung für die M-Gruppe insgesamt erlangt haben. Dass Markenrechte unter diesen Voraussetzungen von mehreren Konzerngesellschaften erlangt werden können, ist anerkannt (vgl. BGH, NJW 1961, 1018, 1021; ebenso Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 4 MarkenG Rn. 149, 151 m.w.N.).
- Landingpage für F
Durch den Betrieb der Landingpage für das Programm A F (Insoweit ist in den Feststellungen zur Sache gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf Bl. 92 des Sonderbandes 1 Dokumentation Webseite Bezug genommen worden.) hat sich der Angeklagte S ebenfalls gemäß § 143 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 MarkenG i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG strafbar gemacht.
Auch bei dem Programmnamen F und dem Programmlogo (stilisiertes „F“) handelt es sich um (in Deutschland) nicht eingetragene Marken gemäß § 4 Nr. 2 MarkenG. Die auf der Seite ebenfalls verwendete Bezeichnung A ist zudem eine in Deutschland eingetragene Marke gemäß § 4 Nr. 1 MarkenG. Im Übrigen gelten die obigen Ausführungen zur Landingpage für F entsprechend.
(b) Ausschließlich der Angeklagte Si hat sich im Zusammenhang mit 99d....de wegen Verstößen gegen das Markengesetz strafbar gemacht, da nur er Tatvorsatz hatte. Nur er wusste nachweislich, dass die für die Nutzung der Marken und geschäftlichen Bezeichnungen erforderliche Zustimmung der Inhaber nicht vorlag. Er handelte zudem gewerbsmäßig, da er sich aus der wiederholten Begehung von strafbaren Kennzeichenverletzungen eine dauerhafte und erhebliche Einnahmequelle verschaffen wollte.
Hinsichtlich des Angeklagten S scheitert die Strafbarkeit zudem daran, dass seine Handlungen nicht geeignet waren, die Markenrechtsverstöße in irgendeiner Weise zu fördern. Denn die Beiträge, die der Angeklagte Schulze bei .de erbrachte, betrafen ausschließlich das Inkassoverfahren.
(2) Keine Strafbarkeit nach § 143a MarkenG
Zwar sind durch den Betrieb von .de auch Gemeinschaftsmarken der Nebenklägerinnen verletzt worden. Eine Strafbarkeit gemäß § 143a MarkenG kommt insoweit jedoch nicht in Betracht, da die Strafvorschrift des § 143a MarkenG wegen einer fehlerhaften Verweisung vom 13.04.2009 bis zum 27.12.2010 leerlief.
In der bis zum 27.12.2010 geltenden Fassung des § 143a MarkenG wurde auf die Verordnung (EG) Nr. 40/94 vom 20.12.1993 verwiesen („Wer die Rechte des Inhabers einer Gemeinschaftsmarke nach Artikel 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. EG 1994 Nr. L 11 S. 1) verletzt, [...]“). Die Verordnung (EG) Nr. 40/94 wurde jedoch mit Wirkung zum 13.04.2009 durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 vom 26.02.2009 ersetzt. Die Anpassung des § 143a MarkenG erfolgte indes erst mit Wirkung zum 28.12.2010. Bis dahin enthielt die Norm eine fehlerhafte Verweisung. Dies hat vor dem Hintergrund des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebotes aus Art. 103 Abs. 2 GG zur Folge, dass die Vorschrift vom 13.04.2009 bis zum 27.12.2010 nicht anwendbar war. Insoweit ist es unerheblich, ob die Norm trotz der fehlerhaften Verweisung aus sich heraus verständlich blieb. Denn eine fehlerhafte Verweisung in Straftatbeständen kann nicht durch Auslegung korrigiert werden. Insoweit ist am Wortlaut festzuhalten, da Verweisungen weder auslegungsbedürftig noch auslegungsfähig sind und sie der Gesetzgeber ohne Weiteres präzise ausgestalten kann.
Die Verletzung von Gemeinschaftsmarken im Zusammenhang mit .de war nicht vor dem 13.04.2009 und spätestens am 02.08.2009, dem Datum der letzten Anmeldung, beendet. Gemäß § 2 Abs. 2 StGB ist das bei Beendigung der Tat geltende Gesetz und somit die bis zum 27.12.2010 geltende Fassung des § 143a MarkenG anzuwenden. Die ab dem 28.12.2010 geltende Fassung ist auch nicht gemäß § 2 Abs. 3 StGB anzuwenden, da sie kein milderes Gesetz darstellt.
bb) Keine Strafbarkeit nach dem UrhG
Im Zusammenhang mit.de liegt keine Straftat nach § 106 UrhG vor.
Der Betrieb von .de umfasste keine urheberrechtlichen Nutzungshandlungen, da die Angeklagten die Computerprogramme der Nebenklägerinnen nicht von ihrem eigenen Server aus anboten, sondern lediglich Verknüpfungen zu öffentlichen Internetseiten der Nebenklägerinnen zur Verfügung stellten, über die die Anmelder die Programme herunterladen konnten. Wer Verknüpfungen zu einer von dem Berechtigten öffentlich zugänglich gemachten Internetseite mit urheberrechtlich geschützten Werken setzt, begeht aber keine urheberrechtliche Nutzungshandlung, sondern verweist lediglich auf einen von dem Berechtigten selbst eröffneten Zugang (vgl. BGH, Urt. v. 17.07.2003, Az. I ZR 259/00 - „Paperboy“, zit. nach Juris).
Zwar soll eine urheberrechtliche Nutzungshandlung auch dann in Betracht kommen, wenn der Täter auf einen von dem Berechtigten eröffneten Zugang verweist, den urheberrechtlich geschützten Inhalt jedoch dergestalt in seine eigene Internetseite einbindet, dass er sich als „Herr dieser Inhalte“ geriert und ihre Fremdheit für den Nutzer nicht mehr in Erscheinung tritt (sog. „Framing“, vgl. LG München I, Urt. v. 10.01.2007, Az. 21 O 20028/05, zit. nach Juris). Diese Rechtsprechung ist auf die vorliegende Fallgestaltung jedoch nicht übertragbar. Denn durch die Bereitstellung von Downloadlinks haben sich die Angeklagten die Computerprogramme der Nebenklägerinnen nicht in diesem Sinne zu Eigen gemacht, da die Urheberschaft der Nebenklägerinnen stets für alle Besucher der Internetseiten offensichtlich war. Den Angeklagten ging es gerade nicht darum, die Programme als eigene zu vertreiben. Vielmehr basierte ihr Geschäftsmodell darauf, dass sie die Bekanntheit, Unterscheidungskraft und Wertschätzung der Marken, geschäftlichen Bezeichnungen und Computerprogramme der Nebenklägerinnen ausnutzten.
b) Fall 3: o.de
In Fall 3 haben sich die Angeklagten S und S wegen gemeinschaftlicher gewerbsmäßiger strafbarer Kennzeichenverletzung gemäß § 143 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 MarkenG i.V.m. § 15 Abs. 3 MarkenG, § 25 Abs. 2 StGB und gemeinschaftlicher gewerbsmäßiger unerlaubter Verwertung gemäß §§ 106 Abs. 1, 108a Abs. 1 UrhG, § 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht; diese Taten stehen zu den Betrugstaten der Angeklagten S und S in Tateinheit.
Der Angeklagte M hat sich in Fall 3 wegen gewerbsmäßiger strafbarer Kennzeichenverletzung gemäß § 143 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 MarkenG i.V.m. § 15 Abs. 3 MarkenG und gemeinschaftlicher gewerbsmäßiger unerlaubter Verwertung gemäß §§ 106 Abs. 1, 108a Abs. 1 UrhG, § 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht; diese Taten stehen zu der durch den Angeklagten Mverwirklichten Beihilfe zum banden- und gewerbsmäßigen Betrug in Tateinheit.
aa) Strafbarkeit nach dem MarkenG
Die Strafbarkeit nach dem MarkenG beruht auf folgenden Erwägungen:
(1) Strafbarkeit nach § 143 MarkenG
(a) Die Angeklagten S und S haben sich durch den gemeinschaftlichen Betrieb folgender Internetseiten von o.de wegen Markenrechtsverletzungen strafbar gemacht:
- Anmeldeseite und Landingpage für A R
- Anmeldeseite und Landingpage für F
- Landingpage für F
Durch den Betrieb der Anmeldeseite (Insoweit ist in den Feststellungen zur Sache gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf Bl. 68 des Sonderbandes Stellungnahmen SV M Bezug genommen worden.) und der Landingpage (Insoweit ist in den Feststellungen zur Sache gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf Bl. 155 des Sonderbandes Stellungnahmen SV Mn Bezug genommen worden.) für das Programm A-R, der Anmeldeseite (Insoweit ist in den Feststellungen zur Sache gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Leitakte, Bd. 22, Bl. 7795 Bezug genommen worden.) und der Landingpage (Insoweit ist in den Feststellungen zur Sache gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Leitakte, Bd. 22, Bl. 7797 Bezug genommen worden.) für das Programm F sowie der Landingpage für das Programm F (Insoweit ist in den Feststellungen zur Sache gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Leitakte, Bd. 22, Bl. 7633 Bezug genommen worden.) haben sich die Angeklagten S und S gemäß § 143 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 MarkenG i.V.m. § 15 Abs. 3 MarkenG, § 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.
Bei der Bezeichnung A, dem Werktitel Ae R, der Bezeichnung M, dem Werktitel F, dem F-Logo und dem Werktitel F r handelt es sich um im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnungen im Sinne von § 5 Abs. 2 MarkenG bzw. § 5 Abs. 3 MarkenG. Inhaber dieser geschäftlichen Bezeichnungen, die im Zusammenhang mit M-Produkten stehen, sind sowohl die M Corporation als auch die M Foundation. Insoweit kann auf die Ausführungen zu .de verwiesen werden. Diese geschäftlichen Bezeichnungen (bzw. im Falle des -Logos ein der geschäftlichen Bezeichnung ähnliches Zeichen) haben die Angeklagten S und S gemäß § 15 Abs. 3 MarkenG unter unlauterer Ausnutzung ihrer Wertschätzung und Unterscheidungskraft im geschäftlichen Verkehr benutzt. Es bestand keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG, da ersichtlich kein Angebot der A S Inc. oder der M-Gruppe vorlag. Die Angeklagten handelten widerrechtlich, vorsätzlich und in der nach § 143 Abs. 1 Nr. 5 MarkenG erforderlichen Absicht, die Unterscheidungskraft und Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnungen auszunutzen. Zudem handelten sie gewerbsmäßig, da sie sich aus der wiederholten Tatbegehung eine dauerhafte und erhebliche Einnahmequelle verschaffen wollten.
Obwohl alle genannten geschäftlichen Bezeichnungen zugleich auch Marken gemäß § 4 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG sind, liegt keine Straftat nach § 143 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG vor, da es an einem Verstoß gegen § 14 Abs. 2 MarkenG fehlt. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Anmeldeseite für A R von .de verweisen werden, die entsprechend gelten.
(b) Der Angeklagte M hat sich gemäß § 143 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 MarkenG i.V.m. § 15 Abs. 3 MarkenG strafbar gemacht, indem er – insbesondere bei G – Werbeanzeigen für die Programme A R, F und F geschaltet hat, die zumindest die Werktitel dieser Programme enthielten, bei denen es sich um geschäftliche Bezeichnungen im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG handelt, wobei als Berechtigte bezüglich der geschäftlichen Bezeichnung F sowohl die Nebenklägerin M Corporation als auch die Nebenklägerin M Foundation anzusehen sind (vgl. oben). Der Angeklagte hat diese im Inland bekannten geschäftlichen Bezeichnungen für seine Werbeanzeigen gemäß § 15 Abs. 3 MarkenG unter unlauterer Ausnutzung ihrer Wertschätzung und Unterscheidungskraft im geschäftlichen Verkehr benutzt. Es bestand keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG, zumal die Werbeanzeigen zu Anmeldeseiten von o.de führten, bei denen eine Verwechslungsgefahr nicht festgestellt worden ist. Der Angeklagte handelte widerrechtlich, vorsätzlich und in der nach § 143 Abs. 1 Nr. 5 MarkenG erforderlichen Absicht, die Unterscheidungskraft und Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnungen auszunutzen. Soweit er durch diese Handlungen zugleich eine Beihilfe zu den Markenrechtsverletzungen der Angeklagten S und S geleistet hat, geht diese in der täterschaftlich begangenen strafbaren Kennzeichenverletzung auf. Auch der Angeklagte M handelte gewerbsmäßig, da er sich aus der wiederholten Tatbegehung eine dauerhafte und erhebliche Einnahmequelle verschaffen wollte. Dagegen liegt aus den oben genannten Gründen keine Straftat nach § 143 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG vor.
Bei den übrigen Angeklagten – insbesondere bei dem Angeklagten S – fehlt es bereits an einem Beitrag, der geeignet gewesen wäre, die Kennzeichenverletzungen der Angeklagten S, S und M zu fördern.
(c) Ein nach § 143 MarkenG strafbarer Gebrauch des Werktitels T liegt nicht vor. Insoweit fehlt es an einem Verstoß gegen § 14 Abs. 2 MarkenG schon, weil es sich bei dem Programmnamen T weder um eine im Inland eingetragene noch um eine nicht eingetragene Marke nach § 4 MarkenG handelt. Von einem Verstoß gegen § 15 Abs. 2 MarkenG ist nicht auszugehen, da die Kammer nicht festgestellt hat, dass die geschäftliche Bezeichnung in einer Verwechslungsgefahr hervorrufenden Weise benutzt worden ist. Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen § 15 Abs. 3 MarkenG vor, da nicht festgestellt worden ist, dass die geschäftliche Bezeichnung T im Sinne dieser Vorschrift „im Inland bekannt“ ist.
(2) Keine Strafbarkeit nach § 143a MarkenG
Auch im Zusammenhang mit o.de kommt eine Strafbarkeit gemäß § 143a MarkenG aufgrund der im Tatzeitraum fehlerhaften Verweisung nicht in Betracht. Insoweit kann auf die Ausführungen zu .de verwiesen werden. Das Projekt o.de wurde vom 13.07.2009 bis zum 06.02.2010 betrieben, so dass die Verweisung im gesamten Tatzeitraum falsch war.
bb) Strafbarkeit nach dem UrhG
Die Angeklagten S, Sr und M haben sich im Zusammenhang mit o.de zudem gemäß §§ 106 Abs. 1, 108a Abs. 1 UrhG, § 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht, indem sie die Programme A Rund F ohne Einwilligung der berechtigten Nebenklägerin A S Inc. vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wiedergegeben haben.
(1) Unerlaubte Verwertung von A R und F P
Bei den Programmen A R und F handelt es sich um gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1, 69a UrhG geschützte Werke. Eine Vervielfältigung (vgl. §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 UrhG) im Sinne des § 106 Abs. 1 UrhG ist jede körperliche Festlegung eines Werkes, die geeignet ist, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Weise unmittelbar oder mittelbar wahrnehmbar zu machen (Heinrichs in: Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 6/1, Nebenstrafrecht II, § 106 UrhG Rn. 47 m.w.N.). Verbreitung meint das öffentliche Anbieten oder Inverkehrbringen eines Werkes (vgl. §§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 17 UrhG), wobei Anbieten jede Aufforderung zum Eigentums- oder Besitzerwerb an einem Werkstück (Heinrichs, aaO, § 106 UrhG Rn. 54 m.w.N.) und Inverkehrbringen jede Handlung ist, durch die das Werk aus dem Herrschaftsbereich des Täter der Öffentlichkeit bzw. dem freien Handelsverkehr zugeführt wird (Heinrichs, aaO, § 106 UrhG Rn. 64 m.w.N.). Das Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Wiedergabe umfasst gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UrhG bereits die bloße öffentliche Zugänglichmachung. Eine solche liegt gemäß § 19a UrhG vor, wenn der Täter das Werk der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich macht, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.
Der Vertrieb der Programme A R und F über den Internetauftritt von o.de erfüllt alle drei Tatbestandsvarianten. Eine unerlaubte Vervielfältigung ist bereits darin zu sehen, dass der Angeklagte M die Programme auf Anweisung des Angeklagten S auf den Server der Angeklagten kopiert hat. Darüber hinaus wurden die Programme von Anmeldern in einer unbestimmten Zahl von Fällen heruntergeladen und somit ebenfalls vervielfältigt. Durch den Betrieb der Internetseite wurden die Programme zudem öffentlich angeboten und in Verkehr gebracht und mithin verbreitet. Ferner wurden sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und somit öffentlich wiedergegeben.
Die Angeklagten S, S und M haben hierdurch eine gemeinschaftliche gewerbsmäßige unerlaubte Verwertung gemäß §§ 106 Abs. 1, 108a Abs. 1 UrhG, § 25 Abs. 2 StGB begangen. Dabei haben die Angeklagten S und S wesentliche Tatbeiträge erbracht, indem sie gemeinsam den Internetauftritt von o.de betrieben haben. Der Angeklagte M hat die Programme auf den Server der Angeklagten kopiert, wodurch er selbst eine unerlaubte Vervielfältigung begangen hat. Außerdem hat er die nachfolgenden Verletzungshandlungen dadurch gefördert, dass er die Programme für o.de beworben hat. Alle drei Angeklagten handelten vorsätzlich und zudem gewerbsmäßig, da sie sich aus der wiederholten Begehung unerlaubter Verwertungen urheberrechtlich geschützter Werke eine dauerhafte und erhebliche Einnahmequelle verschaffen wollten.
(2) Keine unerlaubte Verwertung von Programmen der M-Gruppe
Eine unerlaubte Verwertung der M-Programme F und T liegt nicht vor, da – anders als bei der Benutzung der Marken und geschäftlichen Bezeichnungen – in die Verwertung der Programme eingewilligt worden ist. Zwar kommt insoweit grundsätzlich ein (untauglicher) Versuch gemäß §§ 106 Abs. 2, 108a Abs. 2 UrhG in Betracht. Den hierfür erforderlichen Tatvorsatz konnte die Kammer jedoch bei keinem der Angeklagten feststellen.
3. Konkurrenzen
Der Betrieb der Projekte O, .de und o.de war jeweils als uneigentliches Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Betrugstat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen, da die Tatbeiträge aller sieben Angeklagter angesichts der weitgehenden Automatisierung beim Betrieb der Internetseiten und beim Versand der Zahlungsaufforderungen jeweils im Aufbau, in der Aufrechterhaltung und/oder in der Förderung eines auf Straftaten ausgerichteten Geschäftsbetriebs bestanden (vgl. BGH, Urt. v. 09.01.2008, Az. 5 StR 572/07 m.w.N.; BGH, Urt. v. 01.04.2008, Az. 5 StR 90/08 m.w.N.; jew. zit. nach Juris). Dementsprechend waren die Angeklagten S und S wegen drei zueinander in Tatmehrheit stehenden Betrugstaten zu verurteilen. Die jeweils zu demselben Projekt geleisteten Beiträge der Gehilfen waren jeweils zu einer einheitlichen Beihilfetat zusammenfassen; soweit Gehilfen zu mehreren Projekten Tatbeiträge geleistet haben, stehen die einzelnen Beihilfetaten zueinander in Tatmehrheit.
Dementsprechend waren auch die Straftaten nach dem MarkenG und dem UrhG im Rahmen der jeweiligen Projekte als Organisationsdelikte zu einheitlichen Taten zusammenzuziehen. Der Angeklagte Simanowski war daher bezüglich .de wegen einer Straftat nach dem MarkenG und bezüglich o.de wegen einer Straftat nach dem MarkenG und einer Straftat nach dem UrhG zu verurteilen, die zu der durch das jeweilige Projekt verwirklichten Betrugstat jeweils in Tateinheit stehen. Der Angeklagte S war wegen einer Straftat nach dem MarkenG und einer Straftat nach dem UrhG zu verurteilen, die zu der durch o.de verwirklichten Betrugstat in Tateinheit stehen. Entsprechendes gilt für die Straftaten nach dem MarkenG und nach dem UrhG des Angeklagten M.
VII. Strafzumessung
Bei der Strafzumessung hat sich die Kammer unter Berücksichtigung sämtlicher in § 46 StGB genannter Strafzumessungserwägungen von folgenden Gesichtspunkten leiten lassen:
1. Angeklagter S
Hinsichtlich des Angeklagten S war in Fall 1 (OPCL) von dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB und in den Fällen 2 .de) und 3 (o.de) von dem Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 5 StGB auszugehen, der Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vorsieht.
In Fall 1 liegt ein besonders schwerer Fall des Betruges gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 und Nr. 2 Alt. 2 StGB vor. Der Angeklagte S handelte gewerbsmäßig, da er sich durch die Betrugstat, der weitere Betrugstaten folgen sollten, von Beginn an eine fortdauernde Einnahmequelle von einigem Gewicht verschaffen wollte. Außerdem handelte er von Beginn an in der Absicht, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen. Die Indizwirkung der Regelbeispiele ist – auch unter Berücksichtigung sämtlicher im Folgenden aufgeführter zugunsten des Angeklagten S sprechender Umstände, insbesondere auch seines Geständnisses – nicht widerlegt. Dies ergibt sich bereits aus der Höhe des in Fall 1 entstandenen Gesamtschadens und der besonders großen Anzahl von Personen, die durch die Tat einen – wenn auch jeweils geringen – Vermögensverlust erlitten haben.
In den Fällen 2 und 3 war bei einer Gesamtwürdigung aller nachfolgend genannter, für und gegen den Angeklagten S sprechenden Gesichtspunkte und insbesondere unter Berücksichtigung seines Geständnisses nicht von minder schweren Fällen des Qualifikationstatbestands des § 263 Abs. 5 StGB auszugehen. Gegen einen minder schweren Fall des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges sprachen insbesondere die Höhe der in den Fällen 2 und 3 jeweils entstandenen Gesamtschäden und die in beiden Fällen besonders große Zahl von Personen, die einen – wenn auch jeweils geringen – Vermögensverlust erlitten haben.
Die Voraussetzungen für eine Strafrahmenverschiebung nach § 46b StGB lagen nicht vor. Zwar hat sich der Angeklagte Simanowski bereits im Zwischenverfahren ausführlich zum äußeren Sachverhalt geäußert. Allerdings konnte er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr wesentlich zur Aufdeckung der abgeurteilten Taten beitragen, nachdem der Angeklagte S bereits im Ermittlungsverfahren umfassend ausgesagt und der Staatsanwaltschaft dadurch ein nahezu vollständiges Bild von den verfahrensgegenständlichen Taten vermittelt hatte. Im Übrigen stünde einer Strafrahmenverschiebung nach § 46b StGB auch die Schwere der Schuld des Angeklagten S entgegen (vgl. § 46b Abs. 2 Nr. 2 StGB), da der Angeklagte S in allen drei Fällen – auch im Verhältnis zu dem Angeklagten S – als Haupttäter anzusehen ist, der die gesamte Unternehmung steuerte.
Strafmildernd hat die Kammer berücksichtigt, dass sich der Angeklagte S weitgehend geständig eingelassen und dadurch zu einer Verkürzung der Hauptverhandlung beigetragen hat; ein vollumfängliches Geständnis lag allerdings nicht vor, da der Angeklagte hinsichtlich der Vorwürfe der Verstöße gegen das Marken- und Urheberrecht seinen zur Tatzeit vorliegenden Tatvorsatz nicht eingeräumt und hinsichtlich der Betrugsvorwürfe wahrheitswidrig angegeben hat, an der Rechtmäßigkeit seines Handelns keine Zweifel gehabt zu haben.
Strafmildernd ist außerdem gewertet worden, dass der Angeklagte S lediglich mit bedingter Unrechtseinsicht gehandelt hat. Er wusste nicht sicher, dass sein Handeln strafbar war, sondern nahm dies lediglich billigend in Kauf.
Zu Gunsten des Angeklagten war ferner zu berücksichtigen, dass er mit den Nebenklägerinnen und ehemaligen Adhäsionsklägerinnen A S Inc. und M Foundation sowie der Nebenklägerin M Corporation Vergleiche abgeschlossen hat, in denen er sich – neben Unterlassungsvereinbarungen – verpflichtet hat, EUR 100.000,- an die M Foundation und EUR 581.294,69 nebst Zinsen an die A S Inc. zu zahlen, wodurch der Rechtsstreit zwischen dem Angeklagten und den Nebenklägerinnen beigelegt worden ist. Dies hat die Kammer allerdings nicht zu einer Strafrahmenverschiebung nach § 46a StGB veranlasst. Insoweit ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Strafrahmen dem Betrugstatbestand zu entnehmen war. Die abgeschlossenen Vergleiche betreffen aber lediglich Verstöße gegen das Marken- und Urheberrecht, die angesichts der erheblich schwerer wiegenden Betrugsvorwürfe nicht ins Gewicht fallen. Zum anderen ist zu sehen, dass nach den abgeschlossenen Vergleichen lediglich eine Vollstreckung in bereits in diesem Verfahren sichergestellte Vermögenswerte zulässig ist. Hinsichtlich dieser Vermögenswerte sind nunmehr Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO ergangen, was – auch aus Sicht des Angeklagten – im Zeitpunkt des Abschlusses der Vergleiche bereits als sehr wahrscheinlich anzusehen war. Die Vergleichsregelungen betreffen somit nur Vermögenswerte, von denen der Angeklagte S annahm, dass er sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ohnehin nicht zurückerhalten würde, so dass insbesondere nicht von einer erheblichen persönlichen Leistung oder einem persönlichen Verzicht im Sinne des § 46a Nr. 2 StGB auszugehen ist.
Weiter hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt, dass der den einzelnen Geschädigten entstandene Schaden mit Beträgen zwischen EUR 60,- und ca. EUR 110,- gering ist. Außerdem war zu berücksichtigen, dass sich die Geschädigten voreilig auf den Internetseiten der Angeklagten angemeldet haben, da sie auf allen Seiten den Kostenhinweis bei angemessener, sorgfältiger Prüfung gesehen hätten. Insoweit ist von einem Mitverschulden der Geschädigten auszugehen.
Strafmildernd war ferner zu berücksichtigen, dass der Angeklagte S infolge der Taten nunmehr insolvent ist. Er verfügt – soweit ersichtlich – über keine Vermögenswerte mehr und sieht sich hohen Forderungen der Finanzbehörden ausgesetzt. Schließlich hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten S berücksichtigt, dass er erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden und als Erstverbüßer als besonders haftempfindlich anzusehen ist.
Strafschärfend hat die Kammer bei allen drei Taten die große Anzahl von Geschädigten und die Höhe des jeweils insgesamt entstandenen Schadens berücksichtigt, wobei sowohl die Anzahl der Geschädigten als auch die Höhe des Gesamtschadens von Tat zu Tat größer wurde. So erlitten in Fall 1 (O) 4.441 Personen einen Gesamtschaden von EUR 272.285.-, in Fall 2 .de) 23.829 Personen einen Gesamtschaden von EUR 1.485.339.- und in Fall 3 (o.de) 32.195 Personen einen Gesamtschaden von EUR 2.787.919,-. Dabei hat die Kammer bei Fall 1 nicht verkannt, dass bereits die Anwendung des Regelbeispiels des § 263 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 2 StGB voraussetzt, dass der Täter in der Absicht handelt, eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten bringen; gleichwohl war zu sehen, dass in allen drei Fällen bei einer besonders großen Zahl von Personen ein Verlust von Vermögenswerten tatsächlich eingetreten ist.
Zudem war hinsichtlich des Angeklagten S zu berücksichtigen, dass er stets der unangefochtene Kopf der Unternehmung, der Initiator und Ideengeber war. Zwar stimmte er sich mit dem Angeklagten S und teilweise auch mit dem Angeklagten M ab, im Zweifel traf er jedoch die Entscheidungen. Strafschärfend war insoweit auch der hohe Organisationsgrad der Taten zu berücksichtigen, für den der Angeklagte maßgeblich verantwortlich war.
Weiter hat die Kammer strafschärfend berücksichtigt, dass sich der Angeklagte Si – insbesondere bei den Projekten .de und o.de – erheblich persönlich bereichert hat.
Schließlich war zu berücksichtigen, dass der Angeklagte S mehrfach einschlägig vorbestraft ist, wobei er allerdings jeweils nur zu Geldstrafen verurteilt worden ist und die Geldstrafe in zweien der drei Fälle als geringfügig anzusehen ist.
Die in Fall 2 (.de) tateinheitlich verwirklichten Verstöße gegen das Markenrecht und die in Fall 3 (o.de) tateinheitlich verwirklichten Verstöße gegen das Marken- und Urheberrecht fielen angesichts der deutlich schwerer wiegenden Betrugsvorwürfe nicht ins Gewicht.
Unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Angeklagten S sprechenden Umstände hat die Kammer hinsichtlich des Angeklagten S folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen erachtet:
Fall 1 (O): 2 Jahre
Fall 2 .de): 3 Jahre
Fall 3 (o.de): 3 Jahre 3 Monate
Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer gemäß §§ 53, 54 StGB unter nochmaliger zusammenfassender Abwägung auch aller vorgenannten Umstände eine Gesamtstrafe gebildet. Dabei hat die Kammer zugunsten des Angeklagten S den engen zeitlichen, situativen und motivatorischen Zusammenhang der Taten gewertet. Nachdem der Angeklagten S im Jahre 2008 den grundsätzlichen Beschluss gefasst hatte, mit dem Angeklagten S gemeinsam und auf Dauer betrügerische Kostenfallen im Internet zu betreiben, waren die jeweils nachfolgenden Einzeltaten Folge des generellen Entschlusses. Zudem standen die einzelnen Projekte in einem engen zeitlichen Zusammenhang, da nicht nur ein Projekt auf das andere folgte, sondern sich die Folgeprojekte mit den Vorgängerprojekten sogar zeitlich überschnitten. Unter straffer Zusammenziehung der Einzelstrafen hat die Kammer gegen den Angeklagten S folgende Gesamtfreiheitsstrafe verhängt:
S: 3 Jahre 9 Monate
Bei der Gesamtstrafenbildung hat die Kammer zudem insbesondere erneut mildernd gewürdigt, dass der Angeklagte S als Erstverbüßer durch die Verhängung der langjährigen Strafhaft in besonderer Weise beschwert ist.
2. Angeklagter S
Bei dem Angeklagten S ist die Kammer ebenfalls in Fall 1 (O) von dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB und in den Fällen 2 .de) und 3 (o.de) von dem Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 5 StGB ausgegangen, der Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vorsieht.
In Fall 1 liegt ein besonders schwerer Fall des Betruges gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 und Nr. 2 Alt. 2 StGB vor. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Strafe des Angeklagten S (VII.1.) verwiesen werden. Die Indizwirkung der Regelbeispiele ist auch im Falle des Angeklagten S nicht als widerlegt anzusehen, insbesondere auch nicht aufgrund des umfassenden Geständnisses und der von dem Angeklagten S geleisteten Aufklärungshilfe.
In den Fällen 2 und 3 war bei einer Gesamtwürdigung aller nachfolgend genannter, für und gegen den Angeklagten S sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere auch seines umfassenden Geständnisses und der geleisteten Aufklärungshilfe, nicht von minder schweren Fällen des § 263 Abs. 5 StGB auszugehen. Auch bei dem Angeklagten S sprachen gegen minder schwere Fälle insbesondere die Höhe der jeweils entstandenen Gesamtschäden und die besonders große Zahl von Personen, die einen – wenn auch jeweils geringen – Vermögensverlust erlitten haben.
Allerdings hat die Kammer in allen drei Fällen von der Möglichkeit einer Strafrahmenverschiebung nach § 46b StGB Gebrauch gemacht und den Strafrahmen jeweils gemäß § 49 Abs. 1 StGB gemildert. Denn der Angeklagte S hat bereits im Ermittlungsverfahren durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich und über seinen eigenen Beitrag hinaus zur Tataufklärung beigetragen. Dagegen kam ein Absehen von Strafe angesichts der Schwere der begangenen Straftaten und des Ausmaßes der Schuld des Angeklagten S nicht in Betracht.
Strafmildernd hat die Kammer das vollumfängliche und ersichtlich von Reue getragene Geständnis des Angeklagten S berücksichtigt. In Fall 1 (O) war außerdem zu sehen, dass der Angeklagte S zunächst ohne Tatvorsatz handelte und erst im Juni 2008 verstand, dass das Geschäftsmodell darauf basierte, dass die Anmelder den Kostenhinweis übersahen. Zudem wirkte sich strafmildernd aus, dass der Angeklagte S kein sicheres Wissen von der Strafbarkeit seines Handels hatte, sondern diese lediglich billigend in Kauf nahm.
Ferner hat sich strafmildernd ausgewirkt, dass der Angeklagte S zwar der Partner des Angeklagten S jedoch nicht gleichberechtigt, sondern diesem stets untergeordnet war. Wegweisende Grundentscheidungen wurden von dem Angeklagten S getroffen.
Außerdem hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte S mit den Nebenklägerinnen und ehemaligen Adhäsionsklägerinnen A S Inc. und M Foundation sowie der Nebenklägerin M Corporation Vergleiche geschlossen hat, in denen er sich – neben Unterlassungsvereinbarungen – verpflichtet hat, EUR 200.000,- nebst Zinsen an die A S Inc. sowie EUR 41.000,- an die M Foundation zu zahlen, wodurch der Rechtsstreit zwischen dem Angeklagten und den Nebenklägerinnen beigelegt worden ist. Auch hinsichtlich des Angeklagten S hat sich die Kammer allerdings nicht zu einer Strafrahmenverschiebung nach § 46a StGB veranlasst gesehen. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Strafe des Angeklagten S (VII.1.) verwiesen werden.
Weiter hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt, dass der den einzelnen Geschädigten entstandene Schaden gering ist und die Betrugstaten nur durch die Unachtsamkeit der Anmelder ermöglicht wurden.
Strafmildernd war ferner zu berücksichtigen, dass der Angeklagte S infolge der Taten insolvent ist und sich hohen Forderungen der Finanzbehörden ausgesetzt sieht. Außerdem ist der Angeklagte S nicht vorbestraft.
Schließlich hat die Kammer strafmildernd gewertet, dass sich der Angeklagte S in dieser Sache für einen Monat in Untersuchungshaft befunden hat, da die Vollstreckung der gegen ihn verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist und ihm die gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB vorzunehmende Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft daher faktisch nicht zugutekommt.
Strafschärfend waren die große Zahl der Geschädigten und die Höhe der durch die jeweiligen Taten insgesamt entstandenen Schäden zu berücksichtigen, wobei die Zahl der Geschädigten und die Höhe des Gesamtschadens von Tat zu Tat anstiegen. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Strafe des Angeklagten S (VII.1.) verwiesen werden. Außerdem hat die Kammer strafschärfend berücksichtigt, dass sich der Angeklagte S in erheblichem Umfang bereichert hat.
Die in Fall 3 (o) tateinheitlich verwirklichten Verstöße gegen das Marken- und Urheberrecht fielen angesichts des erheblich schwerer wiegenden Betrugsvorwurfs nicht ins Gewicht.
Unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Angeklagten S sprechenden Umstände hat die Kammer hinsichtlich des Angeklagten S folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen erachtet:
Fall 1 (O): 1 Jahr
Fall 2 .de): 1 Jahr 4 Monate
Fall 3 (o.de): 1 Jahr 6 Monate
Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer gemäß §§ 53, 54 StGB unter nochmaliger zusammenfassender Abwägung aller vorgenannten Umstände eine Gesamtstrafe gebildet. Daneben hat die Kammer zugunsten des Angeklagten S den engen zeitlichen, situativen und motivatorischen Zusammenhang der Taten gewertet. Nachdem dieser im Jahre 2008 begonnen hatte, gemeinsam mit dem Angeklagten S auf unbestimmte Zeit betrügerische Kostenfallen zu betreiben, waren die jeweils nachfolgenden Einzeltaten Folge des grundsätzlichen Entschlusses. Zudem standen die einzelnen Taten in einem engen zeitlichen Zusammenhang, zumal sich die Folgeprojekte mit den Vorgängerprojekten zeitlich überschnitten. Unter straffer Zusammenziehung der Einzelstrafen hat die Kammer gegen den Angeklagten S daher folgende Gesamtfreiheitsstrafe verhängt:
S: 1 Jahr 10 Monate
Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe konnte gemäß § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Kammer ist davon überzeugt, dass der nicht vorbestrafte Angeklagte S sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Es liegen besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB vor. Insoweit ist insbesondere das Nachtatverhalten des Angeklagten zu sehen, der ein umfassendes und ersichtlich von Reue getragenes Geständnis abgelegt und bereits im Ermittlungsverfahren erheblich zur Aufklärung der Taten beigetragen hat.
3. Angeklagter M
Hinsichtlich des Angeklagten M ist die Kammer in den Fällen 2 (.de) und 3 (o.de) jeweils von dem Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 5 StGB ausgegangen, der Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vorsieht. In beiden Fällen war bei einer Gesamtwürdigung aller nachfolgend genannter, für und gegen den Angeklagten M sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere auch seines umfassenden Geständnisses, sowie des Umstands, dass er sich in beiden Fällen lediglich der Beihilfe schuldig gemacht hat, nicht von minder schweren Fällen des § 263 Abs. 5 StGB auszugehen. Dagegen sprachen insbesondere die Höhe der durch die Haupttaten jeweils entstandenen Gesamtschäden und die besonders große Zahl von Personen, die einen – wenn auch jeweils geringen – Vermögensverlust erlitten haben. Allerdings war die Strafe in beiden Fällen gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern.
Die Voraussetzungen für eine Strafrahmenverschiebung nach § 46b StGB lagen nicht vor. Zwar hat der Angeklagte M im Ermittlungsverfahren ausführliche Angaben gemacht. Er hat jedoch nicht mehr wesentlich und nicht über seine Tatbeteiligung hinaus zur Aufdeckung der abgeurteilten Taten beigetragen, da der Angeklagte S zu diesem Zeitpunkt bereits umfassend ausgesagt hatte.
Strafmildernd hat die Kammer das vollumfängliche Geständnis des Angeklagten M berücksichtigt. Zudem wirkte sich strafmildernd aus, dass der Angeklagte M kein sicheres Wissen von der Strafbarkeit seines Handels hatte, sondern diese lediglich billigend in Kauf nahm.
Außerdem hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte M mit der Nebenklägerin und ehemaligen Adhäsionsklägerin M Foundation sowie der Nebenklägerin M Corporation einen Vergleich geschlossen hat, mit dem er sich – neben Unterlassungsvereinbarungen – verpflichtet hat, EUR 16.000,- an die M Foundation zu zahlen, wodurch der Rechtsstreit zwischen dem Angeklagten und den Nebenklägerinnen M Foundation und M Corporation beigelegt worden ist. Zudem hat sich der Angeklagte M um einen Vergleich mit der Nebenklägerin und ehemaligen Adhäsionsklägerin A S Inc. bemüht, die an einem Vergleichsschluss jedoch kein Interesse hatte und stattdessen ihren gegen den Angeklagten M gerichteten Adhäsionsantrag zurückgenommen hat. Aus den unter VII.1. genannten Gründen führen der Vergleichsabschluss und die Vergleichsbemühungen allerdings auch bei dem Angeklagten M nicht zu einer Strafrahmenverschiebung nach § 46a StGB.
Weiter hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt, dass der den einzelnen Geschädigten entstandene Schaden gering ist und die Betrugstaten nur durch die Unachtsamkeit der Anmelder ermöglicht wurden.
Strafmildernd war ferner zu berücksichtigen, dass der Angeklagte M infolge der Taten insolvent ist und bereits Zahlungen an die Finanzbehörden und an Sozialversicherungsträger geleistet hat. Außerdem ist er nicht vorbestraft.
Strafschärfend waren die große Zahl der Geschädigten und die Höhe der durch die jeweiligen Haupttaten insgesamt entstandenen Schäden zu berücksichtigen, wobei sowohl die Zahl der Geschädigten als auch die Schadenshöhe in Fall 3 deutlich höher war als in Fall 2. Außerdem hat die Kammer strafschärfend berücksichtigt, dass sich der Angeklagte M in Fall 3 in großem Umfang bereichert hat.
Zudem war strafschärfend zu sehen, dass der Angeklagte M als Leiter des Callcenters – auch im Vergleich zu den übrigen Gehilfen – einen besonders gewichtigen Gehilfenbeitrag erbracht hat, zumal er im Rahmen seiner Funktion als Leiter des Callcenters auch einen eigenen Entscheidungsspielraum hatte.
Die in Fall 3 (o.de) tateinheitlich verwirklichten Verstöße gegen das Marken- und Urheberrecht fielen angesichts des erheblich schwerer wiegenden Vorwurfs der Beihilfe zum Betrug nicht ins Gewicht.
Unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Angeklagten M sprechenden Umstände hat die Kammer hinsichtlich des Angeklagten M folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen erachtet:
Fall 2 (.de): 9 Monate
Fall 3 (o.de): 1 Jahr 3 Monate
Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer gemäß §§ 53, 54 StGB unter nochmaliger zusammenfassender Abwägung aller vorgenannten Umstände eine Gesamtstrafe gebildet. Dabei hat die Kammer zugunsten des Angeklagten M den engen zeitlichen, situativen und motivatorischen Zusammenhang beider Taten gewertet. Nachdem der Angeklagte M den grundsätzlichen Beschluss gefasst hatte, die betrügerischen Kostenfallen der Angeklagten S und M zu unterstützen, war der Beschluss, seine Tätigkeit für o.de fortzusetzen und diese auch auf Werbemaßnahmen auszuweiten, eine Folge dieses grundsätzlichen Entschlusses, zumal die Projekte sich zeitlich überschnitten und der Angeklagte M von vornherein dauerhaft in den deliktischen Geschäftsbetrieb eingebunden werden sollte. Unter straffer Zusammenziehung der Einzelstrafen hat die Kammer gegen den Angeklagten Mdaher folgende Gesamtfreiheitsstrafe verhängt:
M: 1 Jahr 5 Monate
Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe konnte gemäß § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Kammer ist davon überzeugt, dass der nicht vorbestrafte Angeklagte M sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB ergeben sich aus der Summe sämtlicher zu Gunsten des Angeklagten sprechender Strafzumessungserwägungen, wobei insbesondere die Unbestraftheit des Angeklagten, sein umfassendes Geständnis und die Dauer der Hauptverhandlung zu sehen sind, die bei dem Angeklagten M einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat.
4. Angeklagter S
Bei dem Angeklagten S, der nur in Fall 2 .de) angeklagt und verurteilt worden ist, ist die Kammer von dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB ausgegangen, der gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern war.
Der Angeklagte S hat die Regelbeispiele nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 und Nr. 2 Alt. 2 StGB selbst erfüllt. Er handelte gewerbsmäßig und hatte zudem die Absicht, durch die fortgesetzte Tatbegehung eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen. Eine Gesamtabwägung aller nachfolgend genannter, für und gegen den Angeklagten S sprechenden Gesichtspunkte führt – insbesondere aufgrund des Gewichts der Haupttat – zu dem Ergebnis, dass eine Beihilfe zum Betrug in einem besonders schweren Fall vorliegt. So wurde durch das von dem Angeklagten S geförderte Inkassoverfahren eine Vielzahl von Geschädigten veranlasst, insgesamt ca. EUR 400.000,- zu zahlen.
Strafmildernd war zu sehen, dass sich der Gehilfenbeitrag des Angeklagten S im Wesentlichen darauf beschränkte, dass er seinen Namen, seinen Rechtsanwaltstitel und seine eingescannte Unterschrift zur Verfügung stellte.
Strafmildernd hat die Kammer zudem das vollumfängliche Geständnis des Angeklagten S berücksichtigt. Außerdem hat sich strafmildernd ausgewirkt, dass der Angeklagte S kein sicheres Wissen von der Strafbarkeit seines Handels hatte, sondern diese lediglich billigend in Kauf nahm.
Außerdem hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte S mit der Nebenklägerin und ehemaligen Adhäsionsklägerin A S Inc. einen Vergleich abgeschlossen hat, in dem er sich – neben einer Unterlassungsvereinbarung – verpflichtet hat, EUR 95.000,- zu bezahlen, obgleich der Angeklagte S nach Auffassung der Kammer keinen strafbaren Verstoß gegen das Marken- oder Urheberrecht begangen hat. Durch den Abschluss des Vergleichs hat er jedoch gezeigt, dass er für sein Verhalten Verantwortung übernehmen will. Zudem ist mit dem Vergleich der Rechtsstreit zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin A S Inc. beigelegt worden. Zu einer Strafrahmenverschiebung nach § 46a StGB sah sich die Kammer aus den unter VII.1. genannten Gründen auch hinsichtlich des Angeklagten S nicht veranlasst.
Weiter hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt, dass der den einzelnen Geschädigten entstandene Schaden gering ist und die Tatbegehung nur durch die Unachtsamkeit der Anmelder ermöglicht wurde.
Zu Gunsten des Angeklagten S war außerdem zu sehen, dass er die Tat in einer Situation begangen hat, in der er für sich keine berufliche Perspektive sah, und die Tätigkeit für .de als Chance begriff, sich eine Existenz als selbstständiger Rechtsanwalt aufzubauen. Zusätzlich befand er sich in einer schwierigen persönlichen Situation, da im Frühjahr 2009 seine Mutter verstarb.
Strafmildernd war ferner zu sehen, dass der Angeklagte S zur Tatzeit nicht vorbestraft war und die Strafe in Höhe von 20 Tagessätzen aus dem Urteil des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg vom 26.07.2010 im Verhältnis zu der in dem vorliegenden Verfahren verhängten Strafe gesamtstrafenfähig gewesen wäre, wenn die in jenem Urteil verhängte Strafe nicht bereits vollstreckt gewesen wäre.
Außerdem hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt, dass dem Angeklagten S aufgrund der Verurteilung in diesem Verfahren berufsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Entziehung der Rechtsanwaltszulassung drohen. Zwar ist bislang kein berufsrechtliches Verfahren eingeleitet worden, ein solches ist jedoch zu erwarten. Unabhängig davon ist anzunehmen, dass das berufliche Fortkommen des Angeklagten durch die Verurteilung erheblich beeinträchtigt werden wird, da sein Name in der Öffentlichkeit – insbesondere im Internet – nunmehr mit betrügerischem Verhalten in Verbindung gebracht wird und der Rechtsverkehr bei Rechtsanwälten zu Recht deutlich mehr auf Integrität achtet, als dies bei anderen Berufen der Fall ist.
Strafschärfend waren die große Zahl der Geschädigten und die Höhe des durch die Tat insgesamt entstandenen Schadens zu berücksichtigen, wobei der Beitrag des Angeklagten S zu erheblichen Mehreinnahmen geführt hat. Dabei hat die Kammer nicht verkannt, dass bereits die Anwendung des Regelbeispiels des § 263 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 2 StGB voraussetzt, dass der Täter in der Absicht handelt, eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten bringen; indes war zu sehen, dass durch das Inkassoverfahren bei einer besonders großen Zahl von Personen ein Vermögensverlust tatsächlich eingetreten ist.
Außerdem hat die Kammer strafschärfend berücksichtigt, dass sich der Angeklagte S in erheblichem Umfang bereichert hat.
Strafschärfend war zudem zu berücksichtigen, dass der Angeklagte S seinen Rechtsanwaltstitel für die Begehung einer Straftat missbraucht hat.
Unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Angeklagten S sprechenden Umstände hat die Kammer folgende Strafe für tat- und schuldangemessen erachtet:
S: 1 Jahr
Die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe konnte gemäß § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden, da zu erwarten ist, dass der Angeklagte S sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Insoweit war insbesondere zu sehen, dass der Angeklagte Sc zur Tatzeit nicht vorbestraft war, er ein umfassendes Geständnis abgelegt hat und davon auszugehen ist, dass die lange Hauptverhandlung bei ihm einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat.
5. Angeklagter S
Hinsichtlich des Angeklagten S ist die Kammer in allen drei Fällen von dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB ausgegangen, der jeweils gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern war.
In allen drei Fällen hat der Angeklagte S die Regelbeispiele nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 und Nr. 2 Alt. 2 StGB selbst erfüllt. Er handelte selbst gewerbsmäßig und hatte zudem – als notwendiges Zwischenziel – die Absicht, durch fortgesetzte Beihilfehandlungen eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen. Eine Gesamtabwägung aller nachfolgend genannter, für und gegen den Angeklagten S sprechenden Gesichtspunkte führt – insbesondere aufgrund des Gewichts der drei Haupttaten – zu dem Ergebnis, dass jeweils eine Beihilfe zum Betrug in einem besonders schweren Fall vorliegt.
Strafmildernd hat die Kammer das vollumfängliche Geständnis des Angeklagten berücksichtigt. Außerdem war strafmildernd zu sehen, dass der Angeklagte S überwiegend Hilfsdienste übernahm und – insbesondere in Fall 1 (O) – anfangs gar nicht und später eher selten im Callcenter anwesend war.
Weiter hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt, dass der den einzelnen Geschädigten entstandene Schaden gering ist und die Betrugstaten nur durch die Unachtsamkeit der Anmelder ermöglicht wurden.
Strafmildernd war ferner zu berücksichtigen, dass der Angeklagte S nicht vorbestraft ist und gegen ihn infolge seiner Geschäftsführerposition seitens der Finanzbehörden und Sozialversicherungsträger Forderungen geltend gemacht werden. Außerdem musste der Angeklagte an einer fast fünf Monate dauernden Hauptverhandlung teilnehmen und ist mit entsprechenden Verfahrenskosten belastet, was in keinem angemessenen Verhältnis zu der gegen ihn verhängten Strafe steht.
Strafschärfend waren die große Zahl der Geschädigten und die Höhe der durch die jeweiligen Taten insgesamt entstandenen Schäden zu berücksichtigen, da der Vorsatz des Angeklagten S zumindest die Dimensionen der jeweiligen Haupttat umfasste. Zwar setzt bereits die Anwendung des Regelbeispiels des § 263 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 2 StGB voraus, dass der Täter in der Absicht handelt, eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten bringen; in allen drei Fällen ist jedoch – wie der Angeklagte wusste – bei einer besonders großen Zahl von Personen ein Verlust von Vermögenswerten tatsächlich eingetreten.
In Fall 1 (O) war zudem zu berücksichtigen, dass der Angeklagte S nicht nur als Callcenter-Agent tätig war, sondern auch als Scheingeschäftsführer für die O aufgetreten ist.
Unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Angeklagten S sprechenden Umstände hat die Kammer hinsichtlich des Angeklagten S folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen erachtet:
Fall 1 (O): 90 Tagessätze
Fall 2 .de): 60 Tagessätze
Fall 3 (o.de): 70 Tagessätze
Die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe kam in keinem der drei Fälle in Betracht, da die Voraussetzungen des § 47 StGB nicht vorlagen.
Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer gemäß §§ 53, 54 StGB unter nochmaliger zusammenfassender Abwägung aller vorgenannten Umstände eine Gesamtstrafe gebildet. Dabei hat die Kammer zugunsten des Angeklagten S den engen zeitlichen, situativen und motivatorischen Zusammenhang der Taten gewertet. Unter straffer Zusammenziehung der Einzelstrafen hat die Kammer gegen den Angeklagten S folgende Gesamtgeldstrafe verhängt:
S: 130 Tagessätze
Angesichts der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten hat die Kammer die Höhe eines Tagessatzes gemäß § 40 Abs. 2 StGB auf EUR 20,- festgesetzt. Dabei hat die Kammer die sich rechnerisch auf der Grundlage des Nettoeinkommens ergebende Tagessatzhöhe aufgrund der hohen Tagessatzanzahl abgesenkt und auch die erheblichen Verfahrenskosten berücksichtigt. Die Gewährung der Ratenzahlung beruht auf § 42 StGB.
6. Angeklagter H
Hinsichtlich des Angeklagten H ist die Kammer sowohl in Fall 2 (s.de) als auch in Fall 3 (o.de) ebenfalls von dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB ausgegangen, der jeweils gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern war.
In beiden Fällen hat der Angeklagte H die Regelbeispiele nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 und Nr. 2 Alt. 2 StGB selbst erfüllt. Eine Gesamtabwägung aller nachfolgend genannter, für und gegen den Angeklagten H sprechenden Gesichtspunkte führt – insbesondere aufgrund des Gewichts der beiden Haupttaten – zu dem Ergebnis, dass jeweils eine Beihilfe zum Betrug in einem besonders schweren Fall vorliegt.
Strafmildernd hat die Kammer das vollumfängliche Geständnis des Angeklagten berücksichtigt. Außerdem war strafmildernd zu sehen, dass er seine Geschäftsführerstellung zum Ende des Jahres 2009 freiwillig aufgab.
Weiter hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt, dass der den einzelnen Geschädigten entstandene Schaden gering ist und die Betrugstaten nur durch die Unachtsamkeit der Anmelder ermöglicht wurden.
Strafmildernd war ferner zu berücksichtigen, dass der Angeklagte H nur unerheblich und nicht einschlägig vorbestraft ist und sich wegen seiner Geschäftsführerstellung Forderungen der Finanzbehörden ausgesetzt sieht. Außerdem sind auch bei ihm die Dauer der Hauptverhandlung und die Höhe der Verfahrenskosten zu sehen, die in keinem angemessenen Verhältnis zu der gegen ihn verhängten Strafe stehen.
Strafschärfend hat die Kammer die große Zahl der Geschädigten und die Höhe der durch die jeweiligen Taten insgesamt entstandenen Schäden berücksichtigt, da zumindest die Dimensionen der jeweiligen Haupttat dem Angeklagten H bekannt waren. Zwar setzt bereits die Anwendung des Regelbeispiels des § 263 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 2 StGB die Absicht voraus, eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten bringen; indes ist in beiden Fällen – wie der Angeklagte H wusste – bei einer besonders großen Zahl von Personen ein Verlust von Vermögenswerten tatsächlich eingetreten.
In beiden Fällen war zudem zu berücksichtigen, dass der Angeklagte H nicht nur im Callcenter gearbeitet hat, sondern auch Scheingeschäftsführer der in beiden Fällen eingesetzten Abrechnungsgesellschaft O war.
Unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Angeklagten H sprechenden Umstände hat die Kammer hinsichtlich des Angeklagten H folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen erachtet:
Fall 2 (.de): 100 Tagessätze
Fall 3 (o.de): 120 Tagessätze
Die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe kam in beiden Fällen nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 47 StGB nicht vorlagen.
Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer gemäß §§ 53, 54 StGB unter nochmaliger zusammenfassender Abwägung aller vorgenannten Umstände eine Gesamtstrafe gebildet. Dabei hat die Kammer zugunsten des Angeklagten H den engen zeitlichen, situativen und motivatorischen Zusammenhang der Taten gewertet. Unter straffer Zusammenziehung der Einzelstrafen hat die Kammer gegen den Angeklagten H folgende Gesamtgeldstrafe verhängt:
H: 140 Tagessätze
Angesichts der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten hat die Kammer die Höhe eines Tagessatzes gemäß § 40 Abs. 2 StGB auf EUR 20,- festgesetzt. Dabei hat die Kammer die sich rechnerisch auf der Grundlage des Nettoeinkommens ergebende Tagessatzhöhe aufgrund der hohen Tagessatzanzahl abgesenkt und auch die erheblichen Verfahrenskosten berücksichtigt. Die Gewährung der Ratenzahlung beruht auf § 42 StGB.
7. Angeklagter K
Auch hinsichtlich des Angeklagten K ist die Kammer in Fall 2 (.de) und Fall 3 (o.de) jeweils von dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB ausgegangen, der jeweils gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern war.
In beiden Fällen hat der Angeklagte K die Regelbeispiele nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 und Nr. 2 Alt. 2 StGB selbst erfüllt. Eine Gesamtabwägung aller nachfolgend genannter, für und gegen den Angeklagten Ki sprechenden Gesichtspunkte führt – insbesondere aufgrund des Gewichts der beiden Haupttaten – zu dem Ergebnis, dass jeweils eine Beihilfe zum Betrug in einem besonders schweren Fall vorliegt.
Strafmildernd hat die Kammer das vollumfängliche Geständnis des Angeklagten berücksichtigt. Außerdem war strafmildernd zu sehen, dass der Angeklagte K in der Hierarchie der Angeklagten ganz unten stand und im Wesentlichen nur untergeordnete Hilfsdienste erbrachte. Daneben war seine relativ geringe persönliche Bereicherung zu berücksichtigen. Zudem war der Angeklagte Kin besonderem Maße von dem Angeklagten S finanziell abhängig und beging die Taten, da er für sich keine andere berufliche Perspektive sah.
Weiter hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt, dass der den einzelnen Geschädigten entstandene Schaden gering ist und die Betrugstaten nur durch die Unachtsamkeit der Anmelder ermöglicht wurden.
Strafmildernd war ferner zu sehen, dass der Angeklagte K nicht vorbestraft ist und gegen ihn wegen seiner Stellung als Geschäftsführer von zwei Abrechnungsgesellschaften erhebliche Steuerforderungen geltend gemacht werden. Auch bei dem Angeklagten Ksind die Dauer der Hauptverhandlung und die Höhe der Verfahrenskosten zu sehen, die in keinem angemessenen Verhältnis zu den Rechtsfolgen der von ihm begangenen Straftaten stehen.
Strafschärfend waren die große Zahl der Geschädigten und die Höhe der durch die jeweiligen Taten insgesamt entstandenen Schäden zu berücksichtigen, da der Vorsatz des Angeklagten K zumindest die Dimensionen der jeweiligen Haupttat umfasste. Zwar setzt bereits die Anwendung des Regelbeispiels des § 263 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 2 StGB die Absicht voraus, eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen; gleichwohl war zu sehen, dass in beiden Fällen – wie der Angeklagte wusste – bei einer besonders großen Zahl von Personen ein Verlust von Vermögenswerten tatsächlich eingetreten ist.
In Fall 3 (o.de) war zudem zu berücksichtigen, dass der Angeklagte K neben seiner Tätigkeit im Callcenter als Scheingeschäftsführer für die O aufgetreten ist und sich am Ende des Jahres 2009 trotz der ihm bekannten, intensiven staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen auch bereit erklärt hat, die Stellung des Geschäftsführers der O zu übernehmen, obgleich nicht festgestellt worden ist, dass die O danach noch als Abrechnungsgesellschaft eingesetzt worden ist.
Unter Berücksichtigung sämtlicher für und gegen den Angeklagten K sprechenden Umstände hat die Kammer folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen erachtet:
Fall 2 (.de): 60 Tagessätze
Fall 3 (o.de): 100 Tagessätze
Die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe kam in beiden Fällen nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 47 StGB nicht vorlagen.
Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer gemäß §§ 53, 54 StGB unter nochmaliger zusammenfassender Abwägung aller vorgenannten Umstände eine Gesamtstrafe gebildet. Dabei hat die Kammer zugunsten des Angeklagten K den engen zeitlichen, situativen und motivatorischen Zusammenhang der Taten gewertet. Unter straffer Zusammenziehung der Einzelstrafen hat die Kammer gegen den Angeklagten K folgende Gesamtgeldstrafe für angemessen erachtet:
K: 120 Tagessätze
Angesichts der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten hat die Kammer die Höhe eines Tagessatzes gemäß § 40 Abs. 2 StGB auf EUR 10,- festgesetzt. Dabei hat die Kammer die sich rechnerisch auf der Grundlage des Nettoeinkommens ergebende Tagessatzhöhe aufgrund der hohen Tagessatzanzahl abgesenkt und auch die erheblichen Verfahrenskosten berücksichtigt.
Bezüglich des Angeklagten K hat die Kammer eine Verwarnung mit Strafvorbehalt gemäß § 59 Abs. 1 StGB für ausreichend erachtet. Die Kammer geht davon aus, dass der unbestrafte Angeklagte K auch ohne die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe künftig keine Straftaten mehr begehen wird. Zudem liegen besondere Umstände im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 2 StGB vor, da der Angeklagte K in der Hierarchie der Angeklagten auf unterster Stufe stand, als bloßer Handlanger angesehen und wegen seiner finanziellen Abhängigkeit von dem Angeklagten S zur Begehung der abgeurteilten Taten verleitet wurde. Auch die Verteidigung der Rechtsordnung gebietet es nicht, den lediglich als Gehilfen handelnden Angeklagten Kzu einer Strafe zu verurteilen.
VIII. Verfall
Die Entscheidungen der Kammer zum Verfall beruhen auf folgenden Erwägungen:
1. Angeklagter S
Die hinsichtlich des Angeklagten S tenorierte Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO beruht darauf, dass bezüglich seiner Person die Anordnung von Wertersatzverfall in Höhe von EUR 100.087,55 lediglich deshalb unterblieben ist, weil Ansprüche Verletzter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
Derzeit sind Vermögenswerte des Angeklagten S in Höhe von EUR 100.087,55 sichergestellt. Hierbei handelt es sich um eine Forderung gegen die D Bank Privat- und Geschäftskunden AG.
Aus den abgeurteilten Taten hat der Angeklagte S insgesamt mindestens EUR 458.000,- erlangt. Insoweit wäre in dieser Höhe grundsätzlich Wertersatzverfall gemäß § 73a Satz 1 StGB anzuordnen. Die Anwendung der Härtefallklausel des § 73c Abs. 1 StGB führt jedoch dazu, dass – wenn nicht die Sperrklausel des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB griffe – nur auf Wertersatzverfall in Höhe der derzeit sichergestellten Forderung von EUR 100.087,55 erkannt worden wäre. Eine diesen Betrag übersteigende Verfallsanordnung stellte eine unbillige Härte dar, da der Angeklagte S den Rest des Erlangten für Steuerzahlungen, für betriebliche Zwecke und im Rahmen seiner gewöhnlichen Lebensführung ausgegeben hat, er derzeit über keine Einkünfte verfügt, er mit erheblichen Verfahrenskosten belastet ist, gegen ihn erhebliche Steuerforderungen geltend gemacht werden und es keine Hinweise auf weitere verwertbare Vermögensgegenstände gibt.
Der Anordnung von Wertersatzverfall in Höhe von EUR 100.087,55 stehen Schadensersatzansprüche Verletzter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB in einer diesen Betrag übersteigenden Höhe entgegen. Sämtliche Geschädigte der Betrugstaten haben gegen den Angeklagten S einen Schadensersatzanspruch zumindest aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB sowie aus § 826 BGB. Die Einrede der Verjährung kommt insoweit nicht in Betracht, da für diese Schadensersatzansprüche gemäß § 852 BGB eine zehnjährige Verjährungsfrist gilt. Ob und in welchem Umfang darüber hinaus auch Schadensersatzansprüche von Inhabern verletzter Marken- und Urheberrechte bestehen, kann dahinstehen.
2. Angeklagter S
Die Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO hinsichtlich des Angeklagten S ergibt sich daraus, dass bezüglich seiner Person die Anordnung von Wertersatzverfall in Höhe von EUR 112.479,20 lediglich deshalb unterblieben ist, weil Ansprüche Verletzter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
Derzeit sind Vermögenswerte des Angeklagten S in Höhe von EUR 112.479,20 sichergestellt. Dabei handelt es sich um eine Forderung gegen die Tbank AG & Co. KGaA.
Der Angeklagte S hat aus den abgeurteilten Taten EUR 330.000,- erlangt. Die Anwendung der Härtefallklausel des § 73c Abs. 1 StGB führt aber dazu, dass nur auf Wertersatzverfall in Höhe der derzeit sichergestellten Forderung erkannt worden wäre, da der Angeklagte den Rest des Erlangten im Rahmen seiner gewöhnlichen Lebensführung ausgegeben hat, er derzeit nur über geringe Einkünfte verfügt, er mit erheblichen Verfahrenskosten belastet ist, gegen ihn erhebliche Steuerforderungen geltend gemacht werden und es keine Hinweise auf weitere verwertbare Vermögensgegenstände gibt.
Der Anordnung von Wertersatzverfall in Höhe von EUR 112.479,20 stehen Schadensersatzansprüche Verletzter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB in einer diesen Betrag übersteigenden Höhe entgegen. Insoweit kann auf die den Angeklagten Sbetreffenden Ausführungen unter VIII.1. verwiesen werden.
3. Angeklagter S
Die Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO hinsichtlich des Angeklagten S beruht darauf, dass bezüglich seiner Person die Anordnung von Wertersatzverfall in Höhe von EUR 98.597,86 lediglich deshalb unterblieben ist, weil Ansprüche Verletzter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
Derzeit sind Vermögenswerte des Angeklagten S in Höhe von insgesamt EUR 98.597,86 sichergestellt. Dabei handelt es sich um Forderungen gegen die Cbank AG (ehemals D Bank AG), die Sparkasse M-Sn, die Vbank O-L-Drg eG und die Vbank H-W eG.
Der Angeklagte S hat aus der Straftat, wegen der er verurteilt worden ist, ca. EUR 400.000,- erlangt, wovon er jedoch den Großteil an die von den Angeklagten S und S beherrschten Gesellschaften weitergeleitet hat. Die Anwendung der Härtefallklausel des § 73c Abs. 1 StGB führt dazu, dass nur auf Wertersatzverfall in Höhe der derzeit sichergestellten Forderungen erkannt worden wäre. Soweit dem Angeklagten S darüber hinaus ein Gewinn verblieben ist, hat er diesen im Rahmen seiner gewöhnlichen Lebensführung ausgegeben. Außerdem ist er mit erheblichen Verfahrenskosten belastet. Anhaltspunkte für weitere verwertbare Vermögensgegenstände sind nicht ersichtlich.
Der Anordnung von Wertersatzverfall in Höhe von EUR 98.597,86 stehen Schadensersatzansprüche Verletzter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB in einer diesen Betrag übersteigenden Höhe entgegen. Zumindest die Betrugsopfer, die eine Überweisung auf ein Konto des Angeklagten S tätigten, haben gegen diesen einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB und § 826 BGB.
4. Sonstige Angeklagte
Hinsichtlich der Angeklagten M, S, H und K hat die Kammer unter Anwendung der Härtefallklausel des § 73c Abs. 1 StGB weder eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen noch Verfall angeordnet.
Diese vier Angeklagten haben Geldbeträge für die Taten erlangt, aufgrund derer sie verurteilt worden sind. Sie haben das Erlangte jedoch im Rahmen ihrer gewöhnlichen Lebensführung ausgegeben. Zudem sind sie vermögenslos, mit erheblichen Verfahrenskosten belastet und aufgrund ihrer Geschäftsführerstellung Steuer- und teilweise auch Sozialversicherungsforderungen ausgesetzt.
5. E UG
Hinsichtlich der Nebenbeteiligten E beruht die Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO darauf, dass die Anordnung von Wertersatzverfall in Höhe von EUR 7.582,83 lediglich deshalb unterblieben ist, weil Ansprüche Verletzter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
Derzeit sind Vermögenswerte der Nebenbeteiligten in Höhe von EUR 7.582,83 sichergestellt. Dabei handelt es sich um Forderungen gegen die Sparkasse M und die Cbank AG.
Die Nebenbeteiligte hat ca. EUR 25.000,- unmittelbar aus der Betrugstat im Zusammenhang mit o.de im Sinne vom § 73 Abs. 3 StGB erlangt, da Geschädigte diesen Betrag auf Veranlassung der Angeklagten S und S direkt auf Konten der Nebenbeteiligten überwiesen haben. Die Anwendung der Härtefallklausel des § 73c Abs. 1 StGB führt dazu, dass nur auf Wertersatzverfall in Höhe der derzeit sichergestellten Forderungen erkannt worden wäre. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Verbleib des Restbetrages unklar ist und nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass die Leitungspersonen der Nebenbeteiligten gutgläubig gehandelt haben.
Der Anordnung von Wertersatzverfall in Höhe von EUR 7.582,83 stehen Ansprüche Verletzter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen. Den Geschädigten, die Überweisungen an die Nebenbeteiligte getätigt haben, stehen gegen diese jedenfalls bereicherungsrechtliche Ansprüche aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei den Überweisungen der Geschädigten an die EFZ um Leistungen im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB der Geschädigten an die O handelt. Zwar hat der Bereicherungsausgleich grundsätzlich im Rahmen der Leistungsbeziehung zu erfolgen. Gegen einen Durchgriff des Leistenden auf den Empfänger der Zuwendung bestehen jedoch dann keine Bedenken, wenn dadurch weder Rechte des Zuwendungsempfängers noch des Leistungsempfängers beeinträchtigt werden (vgl. Sprau in: Palandt, BGB, 71. Aufl., § 812 Rn. 67 zur vergleichbaren Konstellation des sog. Doppelmangels). So liegt der Fall hier, da durch einen Durchgriff der Geschädigten Rechtspositionen der E oder der O nicht beeinträchtigt werden. Die E verwaltet die von den Geschädigten überwiesenen Gelder nach Maßgabe des „Merchant Agreement“ vom 18.01.2010 lediglich treuhänderisch für die O. Sie ist verpflichtet, die erlangten Beträge an die O herauszugeben. Selbst wenn die E noch Vergütungsansprüche gegen die O haben sollte, könnte sie sich hinsichtlich der treuhänderisch verwalteten Gelder nach Treu und Glauben nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB berufen, da die Natur des Treuhandverhältnisses der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes hinsichtlich der verwalteten Gegenstände entgegensteht (vgl. Sprau, aaO, § 667 Rn. 9; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71. Aufl., § 273 Rn. 16 m.w.N.). Dem Durchgriff entgegenstehende schutzwürdige Interessen der Osind ebenfalls nicht ersichtlich, zumal den Geschädigten gegen die O Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB und § 826 BGB, jeweils i.V.m. § 31 BGB, zustehen.
6. O O GmbH
Hinsichtlich der Nebenbeteiligten O beruht die Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO darauf, dass die Anordnung von Wertersatzverfall in Höhe von EUR 977.805,16 lediglich deshalb unterblieben ist, weil Ansprüche Verletzter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
Derzeit sind Vermögenswerte der O in Höhe von EUR 977.805,16 sichergestellt. Dabei handelt es sich um Forderungen gegen die Sparkasse U L-D, die Pbank H, die H Skasse, die Skasse H-B und die D Bank Privat- und Geschäftskunden AG.
Die O hat aus den Projekten .de und o.de insgesamt mindestens EUR 2.300.872,46 erlangt. Mindestens dieser Betrag wurde insgesamt von Geschädigten an diese Abrechnungsgesellschaft überwiesen. Die Anwendung der Härtefallklausel des § 73c Abs. 1 StGB führt jedoch dazu, dass nur auf Wertersatzverfall in Höhe der derzeit sichergestellten Forderungen erkannt worden wäre, da es keine Hinweise auf weitere Vermögenswerte dieser Nebenbeteiligten gibt. Der Anordnung von Wertersatzverfall in dieser Höhe stehen Ansprüche Verletzter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen. Die Anmelder, die Überweisungen an die OA getätigt haben, haben gegen diese Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB und § 826 BGB, jeweils i.V.m. § 31 BGB.
7. O O GmbH
Hinsichtlich der Nebenbeteiligten O beruht die Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO darauf, dass die Anordnung von Wertersatzverfall in Höhe von EUR 101.192,72 lediglich deshalb unterblieben ist, weil Ansprüche Verletzter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
Derzeit sind Vermögenswerte der O in Höhe von EUR 101.192,72 sichergestellt. Dabei handelt es sich um eine Forderung gegen die D Bank Privat- und Geschäftskunden AG.
Die O hat aus dem Projekt o.de insgesamt mindestens EUR 123.419,41 erlangt. Mindestens dieser Betrag wurde insgesamt von Geschädigten an die Abrechnungsgesellschaft überwiesen. Die Anwendung der Härtefallklausel des § 73c Abs. 1 StGB führt jedoch dazu, dass nur auf Wertersatzverfall in Höhe der derzeit sichergestellten Forderung erkannt worden wäre, da es keine Hinweise auf weitere Vermögenswerte dieser Nebenbeteiligten gibt. Der Anordnung von Wertersatzverfall in dieser Höhe stehen Ansprüche Verletzter im Sinne vom § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen. Diese haben auch gegen die O Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB und § 826 BGB, jeweils i.V.m. § 31 BGB.
8. X GmbH
Gegen die Nebenbeteiligte X war gemäß §§ 73 Abs. 1 und Abs. 3, 73a, 73c Abs. 1 StGB Wertersatzverfall in Höhe von EUR 85.235,41 anzuordnen.
Derzeit sind noch Vermögenswerte der X in Höhe von EUR 85.235,41 sichergestellt. Dabei handelt es sich um eine Forderung gegen die D Bank Privat- und Geschäftskunden AG.
Die X hat mindestens EUR 101.430,14 brutto erlangt, die aus dem Projekt o.de stammen und von Geschädigten überwiesen wurden. Diesen Betrag ließ der Angeklagte S die O in Form von als „Partnerprogramm-Gutschriften“ getarnten verdeckten Gewinnausschüttungen an die X auszahlen. Der gesamte Betrag unterliegt grundsätzlich dem Drittempfängerverfall nach § 73 Abs. 3 StGB, da ein sog. Verschiebungsfall vorliegt (vgl. BGH, Urt. v. 19.10.1999, Az. 5 StR 336/99; BGH, Urt. v. 13.07.2010, Az. 1 StR 239/10; jew. zit. nach Juris). Ansprüche Verletzter stehen der Anordnung nicht entgegen. Allerdings war der Verfallsbetrag gemäß § 73c Abs. 1 StGB um EUR 16.194,73 zu reduzieren, da die X auf die erhaltenen Zahlungen in dieser Höhe Umsatzsteuer entrichtet hat oder zumindest schuldet (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.2011, Az. 5 StR 14/11, Rz. 15).
IX. Einziehung
Die Voraussetzungen für eine Einziehung sichergestellter Gegenstände, insbesondere der von den Angeklagten verwendeten Computer und Speichermedien, nach § 74 StGB lagen nicht vor, da nicht festzustellen war, dass diese Gegenstände nicht lediglich in Zusammenhang mit den abgeurteilten Taten standen, sondern darüber hinaus als eigentliche Mittel zur Verwirklichung der Straftatbestände eingesetzt wurden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.12.1992, Az. 5 Ss 378/92 – 120/92 I, zit. nach Juris; OLG Düsseldorf NJW 1992, 3050, 3050 f.).
X. Kosten
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465 Abs. 1, 466, 472 Abs. 1 StPO.