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Landgericht Nürnberg-fürth

Entscheidung vom 27.01.2014, Az.: 6 S 3714/13

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgericht Nürnberg vom 11.03.2013 (Az.: 12 C 9286/12) wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 1.451,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2012 auf 1.087,00 € sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.12.2012 auf 364,50 € zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

4. Die Revision wird nicht zugelassen.Beschluss

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.451,50 € festgesetzt.

Tatbestand

Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO verzichtet.

Entscheidungsgründe

I.

Nachdem die Revision nicht zugelassen wurde und der für die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht wird, ist ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Amtsgericht Nürnberg hat die Klage zu Unrecht wegen Verjährung der Klageforderung abgewiesen.

Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung von ohne Rechtsgrund bezahltem Bearbeitungsentgelt zzgl. Zinsen, §§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., 818 Abs. 1 BGB.

Die formularmäßig vereinbarte Klausel im Verbraucherdarlehensvertrag („Bearbeitungsgebühr' in Höhe von 3 %) ist als allgemeine Geschäftsbedingung (hierzu Ziff. 1) und Preisnebenabrede (hierzu Ziff. 2) zu qualifizieren. Sie hält als solche einer Kontrolle nicht stand (hierzu Ziffer 3). Die klägerischen Ansprüche sind auch nicht verjährt (hierzu Ziffer 4).

Bei der streitgegenständlichen Vertragsbedingung handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB.

a.

Gem. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind allgemeine Geschäftsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages stellt. Als Vertragsbedingungen werden dabei im Allgemeinen solche Regelungen angesehen, die den Vertragsinhalt gestalten sollen (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 305 Rdn. 4). Vorformuliert sind Vertragsbedingungen, wenn sie für eine mehrfache Verwendung schriftlich aufgezeichnet oder in sonstiger Weise fixiert sind. Keine Rolle spielt dabei, ob die allgemeinen Geschäftsbedingungen schriftlich vorformuliert oder nur auf der Festplatte im Computer oder im Gehirn des Verwenders gespeichert sind und bei Bedarf abgerufen und zum Inhalt eines schriftlichen oder mündlichen Vertrages gemacht werden (Nobbe, WM 2008, 185). Hinsichtlich Klauseln mit ausfüllungsbedürftigen Leerräumen wird bei deren Qualifizierung danach unterschieden, ob der Kunde die freie Stelle nach seiner freien Entscheidung ausfüllen kann (dann keine AGB) oder der Verwender bzw. seine Mitarbeiter die Lücke in dem vom Verwender gewünschten Sinne ausfüllen (dann AGB; vgl. hierzu nur Palandt-Grüneberg, a.a.O., Rdn. 8 m.w.N.).

b.

Vor diesem Hintergrund geht das Gericht aufgrund des Parteivortrags davon aus, dass die streitgegenständliche Vertragsbedingung vorformuliert und somit als AGB i.S.d. § 305 Abs. 1 BGB zu qualifizieren ist.

Auf S. 3 der Klageerwiderung (= Bl. 17 d.A.) lässt die Beklagte ausführen, dass die Bearbeitungsgebühr zwischen dem damaligen Sachbearbeiter L und dem Kläger „eingehend' besprochen worden sei. Hierzu wird Zeugenbeweis angeboten. Dass die Klausel ausgehandelt worden sei, d.h. der Zeuge L. das Beratungsgespräch diesbezüglich ergebnisoffen geführt habe, wird beklagtenseits an dieser Stelle hingegen nicht vorgetragen. Der entsprechende Vortrag taucht erst später in der Klageerwiderung bei der rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts - dort jedoch ohne Beweisangebot - auf. Im Berufungserwiderungsschriftsatz vom 18.10.2013 spricht die Beklagte auf S. 16 (= Bl. 115 d.A.) erneut davon, dass die Gebühr „für den Einzelfall zwischen den Parteien individuell vereinbart' worden sei. Auch an dieser Stelle wird kein Beweis angeboten.

Die Beklagte ist somit beweisfällig für ihre Behauptung geblieben.

Dabei verkennt das Gericht nicht, dass grundsätzlich derjenige beweispflichtig ist, der sich auf den Schutz der §§ 305 ff. BGB beruft. Allerdings wird von der Rechtsprechung eine prima facie-Beweiserleichterung zugunsten des Kunden für den Fall angenommen, dass ein gedruckter oder sonst vervielfältigter Text des anderen Teils verwandt worden ist (BGH NJW 1992, 2160; Basedow in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., 2012, § 305 Rdn. 45; Becker in: Beck'scher Online Kommentar BGB, Stand 01.08.2013, § 305, Rdn. 38). Dies war hier der Fall.

Eine Vernehmung des beklagtenseits angebotenen Zeugen L war nicht erforderlich, da die Behauptung, die Bearbeitungsgebühr sei „eingehend besprochen' worden, nicht für die Annahme einer Individualvereinbarung genügt.

2.

Die streitgegenständliche Klausel ist als kontrollfähige Preisnebenabrede i.S.v. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB zu qualifizieren.

a.

§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzenden Regelungen vereinbart werden.

Für die danach gebotene Abgrenzung zwischen kontrollfähigen Preisnebenabreden und kontrollfreien Preishauptabreden gelten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgende Grundsätze:

Kontrollfrei sind jegliche Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung und Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung. Regelungen, die kein Entgelt für eine dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbrachte Leistung zum Gegenstand haben, sondern Aufwendungen für die Erfüllungen gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders oder für Tätigkeiten, die in dessen eigenem Interesse liegen, auf den Kunden abwälzen, stellen hingegen kontrollfähige Abweichungen von Rechtsvorschriften und damit der AGB-Kontrolle unterworfene Nebenabreden dar (vgl. zum Vorstehenden Schmieder, WM 2012, 2358, 2359 f. m.w.N.).

Ob eine Klausel eine kontrollfähige Preisnebenabrede oder eine kontrollfreie Preisabrede enthält, ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln. Dabei hat sich die Auslegung ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden, nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel einheitlich danach zu richten, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305 c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders (vgl. zum Vorstehenden Schmieder, a.a.O., S. 2360 m.w.N.).

b.

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich beim streitgegenständlich vereinbarten Verarbeitungsentgelt um eine kontrollfähige Preisnebenabrede.

Wie Schmieder im zitierten Aufsatz zu Recht ausführt, ist Hauptleistungspflicht des Darlehensnehmers und Preis i. S. d. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beim Darlehen lediglich der im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Kapitalbelassungspflicht des Darlehensgebers stehende Zins (a.a.O., S. 2360).

Nach den oben dargelegten Auslegungsgrundsätzen kann eine „Bearbeitungsgebühr' nicht als Entgelt für eine laufzeitabhängige Überlassung des Darlehenskapitals verstanden werden. Vielmehr drängt sich aufgrund der Wortwahl geradezu auf, dass damit der (letztlich im Vorfeld des Vertragsschlusses liegende) Aufwand der Bank für die Bearbeitung des Darlehensantrages und Prüfung abgedeckt werden soll. Mit anderen Worten ist also davon auszugehen, dass durch die Bearbeitungsgebühr im Wesentlichen laufzeitunabhängig anfallende Darlehensnebenkosten vergütet werden.

Anders als die 10. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth in ihrem Endurteil vom 25.11.2013 (Az. 10 O 5948/13) meint, spielt für die Qualifikation keine entscheidende Rolle, ob die Bearbeitungsgebühr im Preisaushang oder im Darlehensvertrag aufgenommen wurde. Der örtliche Niederschlag einer Klausel kann für deren Auslegung als Preishaupt- oder als Preisnebenabrede allenfalls von untergeordneter Bedeutung sein. Die starke Indizwirkung, die von der beklagtenseits gewählten Bezeichnung der Klausel ausgeht, kann hierdurch nicht relativiert oder gar ausgeräumt werden. Die 10. Zivilkammer konzediert in ihrer Entscheidung selbst, nicht feststellen zu können, ob das Bearbeitungsentgelt den Bearbeitungsaufwand abgelte oder eine zusätzliche Leistung für eine laufzeitabhängige Kapitalüberlassung darstelle. Kommt sie dann jedoch zu dem Ergebnis, das Bearbeitungsentgelt als Preishauptabrede zu qualifizieren, dürfte sie die Auslegungsregel des § 305 c Abs. 2 BGB verkennen, wonach Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen.

Abwegig ist schließlich die Argumentation des OLG Düsseldorf in dessen Beschluss vom 14.10.2013 (Az.: I-14 U 133/13, zitiert nach BeckRS 2013, 19416), wonach Bearbeitungsgebühren „im Interesse des Kunden' erhoben würden.

3.

Als Preisnebenabreden einzuordnende Klauseln über Bearbeitungsgebühren halten der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB auch nicht stand.

Sie sind vielmehr unwirksam, weil die Erhebung eines Entgelts für die Bearbeitung eines Verbraucherdarlehens mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und betroffene Kunden entgegen des Gebots von Treu und Glauben ungemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Nach dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB kann ein Kreditinstitut als Entgelt für die Darlehensgewährung ausschließlich den laufzeitabhängig bemessenen Zins beanspruchen, den es zur Deckung anfallender Kosten zu verwenden hat. Nicht aber kann es als Gegenleistung für den im eigenen Interesse und in Erfüllung gesetzlicher Pflichten anfallenden Bearbeitungsaufwand ein gesondertes Entgelt verlangen, das ihm selbst bei vorzeitiger Vertragsauflösung unabhängig vom tatsächlichen Aufwand in voller Höhe verbleibt (vgl. zum Vorstehenden Schmieder, a.a.O., Seite 2363).

Dass die verlangte Bearbeitungsgebühr in die Berechnung des effektiven Jahreszinses gem. § 6 Abs. 1, Abs. 3 PAngV miteinzubeziehen ist, führt zu keiner anderen Bewertung. Letztlich wird dem Verbraucher durch die streitgegenständliche Vertragsgestaltung ein niedrigerer Nominalzins suggeriert. Es ist gerichtsbekannt, dass Banken mitunter auch mit vorgeblich niedrigen Nominalzinsen werben. Durch die optische Verringerung des Nominalzinses lassen sich Verbraucher durch Werbemaßnahmen durchaus zum Vertragsgespräch ködern.

4.

Der Anspruch ist auch nicht verjährt.

Bereicherungsrechtliche Ansprüche verjähren nach der Regelverjährung von drei Jahren (§ 195 BGB). Die Verjährungsfrist beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (Nr. 1) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (Nr. 2).

Ein Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 1. Alt. BGB verfolgt, hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt, weiß (vgl. nur Palandt- Ellenberger, a.a.O., § 199, Rn. 33). Der Verjährungsbeginn setzt grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen voraus. Es ist in der Regel nicht erforderlich, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht (vgl. nur Palandt-Ellenberger, a.a.O., Rn. 27). Nur ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (BGH NJW 2009, 2046, 2050; BKR 2008, 511, 512).

Die Instanzrechtsprechung zu der Frage, ob hinsichtlich der Zulässigkeit der Bearbeitungsentgelte eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorlag bzw. vorliegt, ist gespalten:

a.

Ein Teil der Rspr. sieht die Ansprüche als verjährt an.

Das Amtsgericht Mannheim erkennt in seinem Urteil vom 01.02.2013 (Az.: 3 C 465/12; zitiert nach BeckRS 2013, 04368) zwar an, dass die Frage der Berechtigung, Bearbeitungsgebühren in Rechnung zu stellen, in der Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte streitig gewesen sei. Das Vorhandensein eines Prozessrisikos führe nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht zu einer Unzumutbarkeit entsprechender Klagen. Eine andere Betrachtungsweise hätte aus Sicht des Gerichts ansonsten zur Folge, bei divergierenden OLG-(oder sogar LG- oder AG-)Entscheidungen immer ausschließlich das Vorliegen von entsprechenden BGH-Entscheidungen als maßgebend für den Beginn der Verjährung anzusehen.

Das LG Bonn meint in seinem Urteil vom 11.07.2013 (Az.: 8 S 91/13; zitiert nach BeckRS 2013, 15194), dass eine Rechtslage nicht allein deshalb schwierig und verwickelt sei, weil die Oberlandesgerichte bzw. die übrigen Instanzgerichte zu einer Rechtsfrage unterschiedlich Stellung nehmen und eine höchstrichterliche Klärung insoweit noch nicht erfolgt sei.

Jüngst hat das OLG Brandenburg in seinem Urteil vom 11.12.2013 (Az.: 4 U 83/13; zitiert nach BeckRS 2013, 22390) die Verjährung mit der Begründung angenommen, dass bereits die Vielzahl der Entscheidungen seit 2010 zeige, dass die Rechtslage zwar offen gewesen sein mag, eine Klage aber bereits im Jahr 2010 nicht unzumutbar gewesen sei.

In der Literatur wird teilweise vertreten, dass sich die von der Rechtsprechung angesprochene Ausnahme, den Verjährungsbeginn bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage hinauszuschieben, auf den vorliegenden Sachverhalt gar nicht übertragen lasse (Göhrmann, BKR 2013, 275, 277 mit Verweis auf Bitter/Alles, NJW 2011, 2081). Ferner wird argumentiert, dass die neue OLG-Rechtsprechung zur Unzulässigkeit der Bearbeitungsentgelte auf eine vom BGH entwickelten Kasuistik zur Bepreisung von Bankdienstleistungen abstelle und damit keine Rechtsprechungsänderung, sondern vielmehr eine Fortführung dieser zu verzeichnen sei (Göhrmann, a.a.O.).

b.

Überzeugender sind hingegen die Argumente der Gegenseite:

Das Amtsgericht Frankfurt weist in seinem Urteil vom 06.06.2013 (Az.: 30 C 56/13, vorgelegt als Anlage BB4) zurecht darauf hin, dass sich erst mit dem Beschluss des OLG Celle vom 13.10.2011 (Az.: 3 W 86/11; zitiert nach BeckRS 2012, 09580) eine einhellige obergerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Wirksamkeit von formularmäßig vereinbarten Bearbeitungsentgelten herausgebildet habe (ebenso AG Stuttgart v. 20.03.2013, Az.: 1 C 39/13, zitiert nach BeckRS 2013, 14708; LG Stuttgart v. 23.10.2013, Az.: 13 S 65/13; ähnlich AG Hamburg, NJW-RR 2013, 51, 52, das auf das Urteil des OLG Bamberg v. 04.08.2010 abstellt). Zuvor hatte sich das OLG Celle noch mit Beschluss vom 02.02.2010 (NJW 2010, 2141) für die Wirksamkeit entsprechender Klauseln ausgesprochen und dies ausdrücklich mit der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet, welche formularmäßige Bearbeitungsentgelte in der Vergangenheit unbeanstandet gelassen hatten. Das Amtsgericht Frankfurt meint, dass eine unklare Rechtslage u.a. dann anzunehmen sei, wenn eine ganze Serie von Verfahren vorliege, die kein einheitliches Bild vermittelten, weil die Rechtsfrage unterschiedlich beurteilt werde (a.a.O.).

Dem schließt sich das Gericht im Ergebnis an:

Nach Ansicht des Gerichts bestand jedoch bis zum Aufsatz von Nobbe in der WM vom 02.02.2008 keine unklare Rechtslage. Vielmehr wurden bis dahin Bearbeitungsentgelte von der Rechtsprechung als zulässig angesehen (vgl. Nachweise bei Billing, WM 2013, 1777, 1777 f.). In seinem Aufsatz stellte Nobbe, der zu dem Zeitpunkt Vorsitzender des Bankenrechtssenats des BGH war und als solcher im Aufsatz auch benannt wurde, Bearbeitungsentgelte nunmehr aber als AGB-rechtlich unzulässig dar (WM 2008, 185, 193 f.). Die Folge war, dass ab diesem Zeitpunkt selbst für einen rechtskundigen Dritten, sprich Rechtsanwalt, nicht mehr klar war, ob eine Klage auf Rückzahlung von gezahlten Bearbeitungsentgelten im Hinblick auf die alte Rechtsprechung keine Aussicht auf Erfolg haben würde oder aber vor dem Hintergrund der neuen Haltung des Vorsitzenden des Bankenrechtssenats potentiellen Mandanten zu empfehlen war. Die Rechtslage wurde damit unsicher und zweifelhaft, was in entsprechender Anwendung des oben dargelegten Rechtsgedanken zwar zu keinem hinausgeschobenen Verjährungsbeginn, wohl aber zu einer Verjährungshemmung führte.

Vor dem Aufsatz von Nobbe haben sich Kreditinstitute aufgrund der unzweideutigen Haltung der Rechtsprechung darauf einstellen können, von Anlegern (zumindest nach Ablauf der Regelverjährungsfrist) nicht zur Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten in Anspruch genommen werden zu können. Diese Rechtssicherheit wurde ihnen - um es mit den Worten Billings (a.a.O., S. 1778) auszudrücken - „gewissermaßen schlagartig' durch die Veröffentlichung des Aufsatzes des Vorsitzenden des Bankenrechtssenats genommen. Ab diesem Zeitpunkt war ihnen klar, dass sich die Rechtsprechung ändern könnte. Sie konnten und durften sich mithin nicht mehr darauf einstellen, dass mit dem regulären Ablauf der Verjährungsfrist mit keinen Rückforderungen von Kundenseite mehr zu rechnen sei. Von einem vorsichtigen und vorausschauenden Kreditinstitut hätte vielmehr erwartet werden können, seine Kreditgebührenpraxis kritisch zu hinterfragen, wenn nicht gar Rückstellungen für mögliche Rückforderungen zu tätigen.

Der von der Beklagten gezogene Vergleich zu den Urteilen des BGH vom 15.06.2010 (NJW- RR 2010, 1574) und vom 26.09.2012 (Az.: VIII ZR 249/11; zitiert nach BeckRS 2012, 21994) geht daher fehl, da die zugrunde liegenden Sachverhalte unterschiedlich sind: In seinem Urteil vom 15.06.2010 hat der BGH klargestellt, dass eine Verjährung anzunehmen sei, weil im streitgegenständlichen Vertrag - anders als es das Berufungsgericht annahm - gerade keine Lücke bestanden habe (NJW-RR 2010, 1574, 1575). Mit der unsicheren Rechtslage in Bezug auf die Behandlung von Bearbeitungsgebühren hat der entschiedene Fall mithin nichts zu tun. Im Urteil vom 26.09.2012 begründet der BGH, dass bereits aufgrund seiner älteren Rechtsprechung einem rechtskundigen Dritten hätte klar werden müssen, dass die streitgegenständliche Klausel einer AGB-Kontrolle nicht standhalten würde (BeckRS 2012, 21994, Rz. 47). Die neue (zu erwartende) Haltung des BGH zur Frage der Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten lässt sich aber aus dessen alter Rechtsprechung gerade nicht ableiten.

Nicht zu folgen ist der Begründung des OLG Brandenburg in seinem bereits oben angesprochenen Urteil vom 11.12.2013 (Az.: 4 U 83/13; zitiert nach BeckRS 2013, 22390), die zusammengefasst lautet: Weil 2010 viele Kunden Klage gegen ihre Bank erhoben haben, war die Klageerhebung insgesamt zumutbar. Die Argumentation ist induktiv. Vergegenwärtigt man sich außerdem die Prozessrisiken im Zusammenhang mit Rückforderungsklagen, wird deutlich, dass die Klageerhebung tatsächlich unzumutbar war: So belaufen sich etwa im vorliegenden Fall die Prozessrisiken bei einem Streitwert von 1.451,00 € für die 1. Instanz auf 867,36 € und für die Berufungsinstanz gar auf 1.202,20 € (RVG-Gebühren bis 31.07.2013). Womöglich lag den erhobenen Klagen Rechtsschutz oder eine fehlerhafte anwaltliche Beratung zugrunde. Weswegen die Klagen erhoben wurden, ist letztlich Spekulation und kann über die Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit keine Aufschlüsse liefern. Entgegenzutreten ist auch der Ansicht des LG Bonn im oben angesprochenen Urteil vom 11.07.2013 (Az.: 8 S 91/13; zitiert nach BeckRS 2013, 15194), das lediglich die negative Definition enthält, wann eine Rechtslage nicht schwierig und verwickelt ist. Dem Amtsgericht Mannheim (Az.: 3 C 465/12; zitiert nach BeckRS 2013, 04368) ist zwar beizupflichten, dass eine unter verschiedenen OLG streitige Rechtsfrage nicht per se zu einem Aufschub des Verjährungsbeginns führen kann. Tatsächlich geht es vorliegend jedoch - wie ausgeführt - um eine Unklarheit ausgelöst vom BGH bzw. eines seiner Vorsitzenden selbst.

Das Gericht kommt damit zu dem Ergebnis, dass der Verjährungsbeginn zwar nicht von Anfang an herausgeschoben wurde, sondern bis zur Publikation des Aufsatzes von Nobbe lief. Seit der Veröffentlichung des Aufsatzes am 02.02.2008 wurde sie jedoch gehemmt. Eine Beendigung der Hemmung ist frühestens 2011 eingetreten, als klar wurde, dass die obergerichtliche Rechtsprechung der Auffassung Nobbes folgte.

Die Notwendigkeit Rechtsfrieden zu schaffen, steht der skizzierten Rechtsauffassung des Gerichts nicht entgegen. Rechtsfrieden tritt im Hinblick auf § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB spätestens zehn Jahre nach Abschluss des Darlehensvertrages ein. Diese Frist ist den Kreditinstituten auch zumutbar, nachdem ihnen mit der Sonderhemmungsvorschrift des § 497 Abs. 3 S. 3 BGB eine ebenfalls 10jährige Frist zur Seite steht.

5.

Der Kläger hat 1.087,- € an Bearbeitungsentgelt entrichtet. Aufgrund der unbestrittenen Zinsberechnung der Klagepartei (Anlage K 6) hat die Beklagte hierfür in einem Zeitraum von 84 Monaten einen Nominalzins von 8,62 % erhoben. Damit ist von der Beklagten ein zusätzlicher Betrag von 364,50 € zu entrichten.

Der Ausspruch über die Verzinsung ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

6.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

7.

Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.

Die Frage der AGB-rechtlichen Beurteilung von Bearbeitungsgebühren in Darlehensverträgen ist obergerichtlich geklärt. Zwar gibt es nach wie vor Kontroversen hinsichtlich der Frage des Verjährungsbeginns. Allerdings gibt es in der Frage derzeit wohl noch nicht einmal divergierende OLG-Entscheidungen.

Anzumerken ist, dass die Berufungsgerichte aufgrund der Praxis der Kreditinstitute - höchstrichterliche Urteile werden dadurch verhindert, dass Revisionen kurz vor Verkündung zurückgenommen werden - nicht über Jahre an Entscheidungen gem. § 522 Abs. 2 ZPO bzw. Übertragungen an den Einzelrichter gem. § 526 Abs. 1 ZPO gehindert werden können. Es ist gerichtsbekannt, dass derzeit mindestens ein weiteres Verfahren beim BGH anhängig ist, sodass zu erwarten und zu hoffen ist, dass die Rechtsfragen höchstrichterlich in diesem Verfahren geklärt werden können.