Oberlandesgericht Hamburg
Entscheidung vom 10.06.2014, Az.: 7 W 51/14
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 9. April 2014, Az. 324 O 350/13, wird zurückgewiesen.
Der Gläubiger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert wird für das Beschwerdeverfahren festgesetzt auf € 5.125,00.
Entscheidungsgründe
I. Der Gläubiger verfolgt mit seiner sofortigen Beschwerde einen Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsmittels gegen die Schuldnerin weiter. Der Gläubiger hat, anwaltlich vertreten, die Schuldnerin vor dem Landgericht darauf in Anspruch genommen, durch im Klagantrag zitierte Äußerungen einen Eindruck zu erwecken bzw. einen Verdacht zu verbreiten 'wie geschehen auf Seite ... des Buches '...' (ISBN 978-3-...)'. Die Schuldnerin hat sich, ebenfalls anwaltlich vertreten, mit Schriftsatz vom 4. November 2013 verpflichtet, 'es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes ... - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zukünftig zu unterlassen', die in der Klage beschriebenen Handlungen vorzunehmen. Diese Erklärung hat der Gläubiger angenommen. Nunmehr ist in Kanada eine Ausgabe des Buches in englischer Sprache erschienen. Dieses Buch kann über den internationalen Buchhandel auch in Deutschland erworben werden. Das gleiche gilt für eine polnische Ausgabe des Buches. Der Gläubiger sieht darin einen Verstoß gegen die abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung.
II. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist zulässig. Sie ist aber in der Sache nicht begründet.
Ein Ordnungsmittel auf Grundlage der von der Schuldnerin abgegebenen Erklärung darf schon deshalb nicht verhängt werden, weil die Unterwerfung der Schuldnerin unter die Ordnungsmittel des § 890 ZPO nicht wirksam erfolgt ist. Die Ordnungsmittel des § 890 ZPO dürfen nur im Rahmen von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung verhängt werden. Die Zwangsvollstreckung findet nur statt aus gerichtlichen Urteilen, gerichtlichen Beschlüssen oder Titeln, die in §§ 794 ff. ZPO genannt sind. Darunter fallen zwar auch Vergleiche, diese aber nur, wenn sie in der dafür vorgesehenen Form vor Gericht abgeschlossen worden sind (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, s. z.B. BGH, Beschl. v. 2. 2. 2012, GRUR 2012, S. 957 ff.) oder wenn es sich um Anwaltsvergleiche handelt und die besonderen Voraussetzungen des § 796a ZPO erfüllt sind. Diese sind hier indessen nicht gegeben, weil die Urkunde keine Erklärung der Schuldnerin enthält, wonach sie sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft, und die Urkunde auch nicht beim Amtsgericht hinterlegt worden ist. Im Übrigen würde der Verhängung eines Ordnungsmittels hier weiter entgegenstehen, dass es an einer - der Verhängung notwendigerweise vorzuschaltenden - wirksamen Androhung des Ordnungsmittels durch das Gericht fehlt; denn selbst dann, wenn eine Partei sich in einem gerichtlich protokollierten Vergleich bei Meidung der in § 890 ZPO vorgesehenen Ordnungsmittel zu einem Unterlassen verpflichtet, dürfen die Ordnungsmittel erst dann verhängt werden, wenn sie dem Schuldner zuvor durch gesonderten gerichtlichen Beschluss nach § 890 Abs. 2 ZPO angedroht worden sind. Diese Androhung kann daher auch in einem gerichtlich geschlossenen Vergleich nicht wirksam erfolgen (BGH, Beschl. v. 2. 2. 2012, GRUR 2012, S. 957 ff.). Der Wirkung nach handelt es sich bei der von der Schuldnerin abgegebenen Erklärung daher um eine einfache - nicht strafbewehrte - Unterlassungsverpflichtungserklärung, aus der nicht unmittelbar vollstreckt werden kann.
Das Landgericht dürfte zudem zu Recht zu dem Ergebnis gelangt sein, dass die von der Schuldnerin abgegebene Erklärung die gerügten Verletzungshandlungen nicht umfasst. Der Umstand, dass in der Unterlassungsverpflichtungserklärung zur Beschreibung des zu unterlassenden Tuns ausdrücklich auf die deutsche Ausgabe des Buches der Schuldnerin verwiesen worden ist und die Schuldnerin - vermutlich in der irrigen Annahme, dies könne auch ohne Einhaltung der Förmlichkeiten nach §§ 159 Satz 1, 160 Abs. 3 Nr. 1, 162 Abs. 1 ZPO oder § 278 Abs. 6 ZPO geschehen - sich bei Zuwiderhandlung den spezifischen Ordnungsmitteln des deutschen Zwangsvollstreckungsrechts unterwerfen wollte, macht deutlich, dass ihre Erklärung nur Verletzungshandlungen erfassen sollte, die in deutscher Sprache und im Geltungsbereich des deutschen Rechts erfolgen; denn auch ein gerichtliches Verbot, das eben die von der Schuldnerin gewählten Maßnahmen bei Zuwiderhandlung hätte enthalten können, wäre - worauf das Landgericht zutreffend hinweist - auf den Geltungsbereich des deutschen Rechts beschränkt gewesen. Das ergibt sich schon daraus, dass die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Verbreiten von Äußerungen mit einem Verbot belegt werden darf, sich nach den nationalen Bestimmungen jedes Einzelstaats richtet und daher ein Verbot auf die Verbreitung von Äußerungen durch ein nationales Gericht keine Wirkungen im Ausland entfalten darf. (Insoweit unterscheidet sich das Äußerungsrecht vom Wettbewerbsrecht, sofern dieses Handlungen betrifft, für die ein harmonisiertes übernationales Recht gilt, s. dazu z.B. BGH, Beschl. v. 25. 3. 2010, GRUR 2010, S. 662 ff.). Soweit der Gläubiger darauf abstellt, dass Buchausgaben in englischer und polnischer Sprache auf Bestellung auch nach Deutschland versandt werden, hat das Landgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht dargelegt ist, dass dies auf Veranlassung der Schuldnerin geschieht. Im Übrigen erscheint es bei Zugrundelegung der Kerntheorie als zweifelhaft, ob das Verbot, durch Äußerungen in deutscher Sprache einen bestimmten Eindruck zu erwecken oder einen Verdacht zu verbreiten, auch den Fall der Äußerung in einer fremden Sprache umfasst; denn aufgrund der Eigenarten jeder Sprache erscheint es keineswegs als selbstverständlich, dass eine Äußerung in der einen Sprache, die einen Inhalt nicht offen ausspricht, diesen dem Rezipienten aber nahelegt oder gar aufdrängt, diesen Effekt auch dann hat, wenn sie in einer anderen Sprache abgefasst ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.