Oberverwaltungsgericht Berlin-brandenburg
Entscheidung vom 04.02.2008, Az.: OVG 11 B 4.07
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. November 2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die 1956 geborene Klägerin, türkische Staatsangehörige, war Anfang 1995 illegal in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und beantragte im August 1995 die Anerkennung als Asylberechtigte. Den Asylantrag wies das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 1. März 1996 zurück, die hiergegen eingelegte Klage (VG Berlin 36 X 197.96) nahm die Klägerin im September 2003 zurück. Im Februar 2004 reiste sie aus und beantragte am 23. Februar 2004 ein Visum zum Familiennachzug. In der Bundesrepublik Deutschland halten sich ihr am 27. Mai 1948 geborener türkischer Ehemann, M., mit ihrem am 14. Oktober 1995 in Berlin geborenen Sohn sowie ihre 1977,1979,1981,1984,1988 in der Türkei geborenen, 1993/1994 nach Deutschland eingereisten Kinder auf. Von ihrem Ehemann war sie 1991 geschieden worden und hatte ihn dann am 5. Februar 1998 erneut geheiratet. Der Ehemann war 1990 illegal nach Deutschland eingereist, hatte nach Ablehnung seines Asylantrags im Januar 1992 eine deutsche Staatsangehörige geheiratet und in der Folge eine Aufenthaltserlaubnis erhalten; diese Ehe wurde im Juli 1997 geschieden. Nach Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis am 3. April 1995 erhielt er zuletzt am 27. Juli 2004 die Aufenthaltsberechtigung nach Vorlage der Bestätigung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses und Arbeitseinkommens über einen Verdienst von 1680 € brutto vom 22. Juli 2004.Im Hinblick hierauf erinnerte der Vertreter der Klägerin mit Schreiben vom 8. September 2004 unter Hinweis auf die mit Schreiben vom 16. April 2004 nachgewiesenen Einkommensverhältnisse an die Zustimmungsentscheidung zur Visumserteilung, die der Beklagte am 21. September 2004 nach erneuter Einkommensberechnung abgab.
Unter dem 3. Januar 2005 beantragte die Klägerin, die Ende September 2004 mit Visum zum Familiennachzug eingereist war, die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis. Hierzu legte sie eine Arbeitsbescheinigung vom 31. Dezember 2004 der Bäckerei A., Inhaber A., für ihren Ehemann vor, nach der diesem ab 1. Januar 2005 ein Probearbeitsverhältnis über 20 Stunden wöchentlich bestätigt wurde. Ferner lag eine Bescheinigung des JobCenters Berlin-Mitte vom 21. Oktober 2004 über Leistungen nach dem SGB II für 239 Tage in Höhe von täglich 30,52 € ab 9. Oktober 2004 vor. In der Folge legte die Klägerin weiterhin die Arbeits- und Verdienstbescheinigung vom 31. März 2005 für eine Tätigkeit ihres Ehemannes in der Bäckerei/Stehcafe (Inhaber A.) vor, nach der dieser ab 2. Februar 2005 dort im Umfang von 20 Stunden wöchentlich unbefristet bei einem Verdienst von 600 € brutto/ 505,36 € netto beschäftigt wurde. Ferner wurde ein Schreiben des früheren Arbeitgebers ihres Ehemannes vom 29. Juli 2004 eingereicht, in dem der Arbeitgeber von einer sofortigen Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausging, hilfsweise selbst das Arbeitsverhältnis zum 29. August 2004 kündigte. Nach dem Bescheid des JobCenters Berlin-Mitte vom 18. März 2005 waren dem Ehemann Leistungen nach dem SGB II für Januar 2005 in Höhe von 116,39 € und vom 1. Februar bis 31. Mai 2005 in Höhe von 504,06 € monatlich bewilligt worden.
Mit Bescheid des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten - Ausländerbehörde - vom 5. April 2005 wurde unter gleichzeitiger Androhung der Abschiebung die begehrte Aufenthaltserlaubnis im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, der allein schon durch ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld II verhindert werde, da ihr Lebensunterhalt nicht gesichert sei. Aus dem Kündigungsschreiben des vorherigen Arbeitgebers des Ehemannes vom 29. Juli 2004 ergebe sich ferner, dass der Ehemann, nach dem ihm kurz zuvor noch ein ungekündigtes Beschäftigungsverhältnis bestätigt worden sei, von sich aus die Arbeit gekündigt habe. Hierin liege ein Betrugsversuch, der einen Ausweisungstatbestand gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 2 AuslG begründe und isoliert betrachtet bereits die Ablehnung des Aufenthaltstitels rechtfertigte.
Die hiergegen erhobene Klage, mit der die Klägerin ein Erwerbseinkommen des Ehemannes von brutto 325 € monatlich bei einer Arbeitszeit von wöchentlich 15 Stunden sowie den Bescheid des JobCenters Berlin-Mitte vom 23. August 2005 über die Bewilligung von Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft mit der Klägerin in Höhe von 959,06 € beigebracht hatte, wies das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 7. November 2006 mit der Begründung ab: Die für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis erforderliche Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG sei von der Klägerin nicht nachgewiesen. Ein Ausnahmefall, der ein Abweichen von dieser Regelerteilungsvoraussetzung rechtfertigen könnte, sei in ihrem Fall nicht anzunehmen. Dies folge daraus, dass nach Überzeugung des Gerichts der Ehemann nach Eingehung einer reinen Zweckehe mit einer deutschen Staatsangehörigen einen schleichenden Familiennachzug betrieben habe. Ebenso wenig könne der nur durch einen erfolglosen Asylantrag seitens der Klägerin erlangte Aufenthalt in der Zeit von 1995 bis Februar 2004 die Annahme eines Ausnahmefalls rechtfertigen. Schließlich habe zum Zeitpunkt der Visumserteilung das zuvor nachgewiesene Arbeitseinkommen des Ehemannes nicht mehr bestanden. Vielmehr sei er Ende August 2004 arbeitslos geworden, nachdem er offenbar nur eine Woche nach Vorlage der Bescheinigung des Arbeitgebers vom 22. Juli 2004 über das Bestehen eines ungekündigten Vollzeitarbeitsverhältnisses aus diesem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Das Verschweigen dieser für die Erteilung des Visums wesentlichen Umstände stellte zugleich einen Ausweisungsgrund (§ 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG bzw. § 92 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. 46 Nr. 2 AuslG) und damit einen weiteren Regelversagungsgrund gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG dar. Bei dieser Sachlage folge auch aus dem Schutz der Familie gemäß Artikel 6 GG keine andere Bewertung für die Frage des Vorliegens eines Ausnahmefalls, zumal nicht nachvollziehbar sei, wieso die Klägerin seit ihrer Einreise nicht selbst versucht habe, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.
Mit der vom Senat zugelassenen Berufung hat die Klägerin zur Einkommenssicherung wechselnd zunächst mit Schriftsatz vom 25. Februar 2007 vorgetragen, der Ehemann habe krankheitsbedingt keine realistischen Chancen, eine Arbeit zu finden, die Familie könne gegenwärtig ihren Unterhalt nicht aus eigenem Einkommen sichern. Auf Aufforderung des Gerichts zur Darlegung der aktuellen Einkommenslage hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2007 vorgetragen, es sei künftig von einer hinreichenden Lebensunterhaltssicherung für sie auszugehen. Sie beziehe keine Leistungen des Sozialamts mehr und erhalte von einer Privatperson monatlich 250 €. Der Ehemann und der jüngste Sohn bezögen noch staatliche Sozialleistungen, die jedoch in Kürze eingestellt würden, weil die beiden zu ihrer Haushaltsgemeinschaft gehörenden Töchter Z. und Z.Einkommen erzielen würden, womit die Familie auf Sozialleistungen nicht mehr angewiesen sein werde. Die Tochter Z. erziele seit April 2007 ein Nettoeinkommen von 629,20 € monatlich und Z. habe vom 9. März bis 31. Dezember 2007 insgesamt 6745,50 € brutto verdient.
Unabhängig davon ist die Klägerin der Auffassung, es sei hier ein Ausnahmefall vom Regelversagungsgrund der fehlenden Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz anzunehmen. Von einem solchen sei dann auszugehen, wenn insbesondere verfassungsrechtliche Wertentscheidungen für die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels sprächen. In diesem Rahmen sei die gesamte Familie der Klägerin in den Blick zu nehmen, die neben dem Ehemann und ihren gemeinsamen sechs Kindern, von denen drei hier verheiratet seien, aus weiteren fünf Enkelkindern beständen, die z. T. deutsche Staatsangehörige seien und über einen Aufenthaltstitel, teilweise in Form der Niederlassungserlaubnis, im Bundesgebiet verfügten. Ihrem Ehemann, der sich seit 1990 mit einer nunmehr als Niederlassungserlaubnis fort geltenden Aufenthaltsberechtigung hier aufhalte, sowie ihrem in Berlin geborenen und aufgewachsenen minderjährigen Sohn seien eine Rückkehr in die Türkei nicht zumutbar, so dass die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts für sie zu einer Trennung der Familie führen würde.
Bei dieser Sachlage sei die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts für die Klägerin unverhältnismäßig und mit Artikel 6 GG sowie Artikel 8 EMRK nicht zu vereinbaren. Soweit das Verwaltungsgericht dem entgegen gehalten habe, dass die Klägerin und ihr Ehemann einen sog. schleichenden Familiennachzug betrieben hätten, könnte einem solchen Umstand keine maßgebliche Bedeutung mehr beigemessen werden, nachdem dem Ehemann der Klägerin in Kenntnis aller Umstände die Aufenthaltsberechtigung erteilt worden sei. Diese Umstände seien vielmehr als erledigt zu betrachten, weil bei einer hinreichenden Sicherung des Lebensunterhalts nunmehr sogar ein gebundener Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis für die Klägerin entstanden wäre.
Unzutreffend sei der Beklagte auch davon ausgegangen, dass der Ehemann der Klägerin kurz nach Vorlage der den Nachzug der Klägerin berechtigenden Gehaltsbescheinigung sein Arbeitsverhältnis selbst zum Ende August 2004 gekündigt habe. Vielmehr sei diesem aus Anlass einer Knieoperation gekündigt worden. Diese Kündigung sei zwar vor Erteilung des Visums erfolgt, es sei aber schon zweifelhaft, ob sich die Klägerin eine Täuschung des Ehemannes zurechnen lassen müsste. Fraglich sei ferner, ob der Ehemann der Klägerin habe erkennen müssen, dass er nach seiner Genesung nicht wieder ein ausreichendes Einkommen werde erzielen können. In diesem Zusammenhang sei ferner zu berücksichtigen, dass bei einem anzunehmenden Ausnahmefall im Sinne des § 5 Abs. 1 AufenthG die Korrektur der Angaben bezüglich des geänderten Einkommens letztlich irrelevant gewesen wären.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. November 2006 und Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten vom 5. April 2005 und zu verpflichten, ihr die Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu erteilen,
Der Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt der Beklagte vor:
Von einer hinreichenden Sicherung des Lebensunterhalts könne für die Klägerin weiterhin nicht ausgegangen werden. Insbesondere sei die Zahlung von 250 € im Monat durch eine Garantieperson hierfür keine hinreichend verlässliche Grundlage, zumal eine Verpflichtungserklärung im Sinne von § 68 AufenthG nicht abgegeben worden sei. Für die Annahme einer Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG müssten zwei Voraussetzungen kumulativ vorliegen. Zum einen müssten weder der nachziehende noch der den Nachzug vermittelnde Ausländer in der Lage sein, den Lebensunterhalt für sich und die zum unterhaltsberechtigten Familienangehörigen zu sichern. Andererseits müsste ein Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets für den Ausländer unzumutbar sein. Im Falle der Klägerin lägen beide Voraussetzungen nicht vor. So sei nicht ersichtlich, warum der Klägerin selbst die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zumutbar sein sollte, die Betreuung des 1995 geborenen Kindes stünde der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht entgegen. Ferner lägen keine Umstände vor, die insbesondere unter dem Gesichtspunkt von Artikel 6 GG der Klägerin ein Verlassen des Bundesgebietes unter Rückkehr in ihre Heimat unzumutbar machen würden. Sämtliche Angehörige der Kernfamilie der Klägerin seien türkische Staatsangehörige, so dass eine Fortsetzung der jeweiligen familiären Lebensgemeinschaft im Heimatstaat möglich sei. Familiäre Beziehungen könnten im Übrigen auch durch gegenseitige Besuche gepflegt werden. Allein ein langjähriger und verfestigter Aufenthalt im Bundesgebiet rechtfertige keine andere Bewertung. Mit Blick auf die hohe Bedeutung der gesetzlich geforderten Lebensunterhaltssicherung seien die der Klägerin und ihrer Familie gegebenenfalls entstehenden Belastungen bei einer Rückkehr in ihre Heimat nicht unzumutbar. Von einer Unzumutbarkeit sei letztlich erst dann auszugehen, wenn auch die deutsche Staatsangehörigkeit erworben sei. Insbesondere könne der in Berlin geborene Sohn noch nicht als sog. faktischer Inländer angesehen werden, dem eine Rückkehr in die Türkei mit seinen Eltern unzumutbar wäre. Denn es sei davon auszugehen, dass er auch der türkischen Sprache ausreichend mächtig sei und ihm hinreichende kulturelle Bindungen an die Türkei vermittelt worden seien. Bei einem weiteren Aufwachsen mit seinen Eltern in der Türkei sei auch nicht von unverhältnismäßigen Problemen für ihn dort in der Zukunft auszugehen.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Klägerin, ihres Ehemannes und der Kinder verwiesen.
Entscheidungsgründe
Im in dem Erörterungstermin am 31. Januar 2008 von den Beteiligten erklärten Einverständnis konnte durch den Vorsitzenden im schriftlichen Verfahren entschieden werden (§§ 87a Abs. 2, 101 Abs. 2, 125 Abs. 1 VwGO).
Die Berufung kann im Ergebnis nicht zum Erfolg führen, da der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis für den Ehegattennachzug nach §§ 27 Abs. 1, 30 Abs. 1 Nr. 3a AufenthG n. F. nicht zusteht.
1. Soweit die Klägerin sich zunächst auch auf § 30 Abs. 3 AufenthG berufen hat, der die Verlängerung einer erteilten Aufenthaltserlaubnis voraussetzt, ist diese Regelung hingegen nicht einschlägig. Hier steht die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Familienzusammenführung in Rede. Das der Klägerin am 28. September 2004 erteilte nationale Visum zur Einreise ist keine Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 30 Abs. 3 AufenthG, die verlängert werden könnte (vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 7. Dezember 2007 - 17 B 2167/06 -, in Juris; zum AuslG vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 20. Februar 2004 - 3 N 124.04 -). Aufenthaltserlaubnis und Visum sind nach der Konzeption des Aufenthaltsgesetzes jeweils eigenständige Aufenthaltstitel. Nach § 4 Abs. 1 S. 2 AufenthG werden die Aufenthaltstitel als Visum (§ 6 AufenthG), Aufenthaltserlaubnis (§ 7 AufenthG), Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG) oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG (§ 9a AufenthG) erteilt. Vor diesem Hintergrund wäre zu erwarten gewesen, dass der Gesetzgeber das Visum als Tatbestandsvoraussetzung ausdrücklich in § 30 Abs. 3 AufenthG erwähnt hätte, wenn er die erleichterten Erteilungsvoraussetzungen auch auf diese Fallgestaltung hätte erstrecken wollen, zumal sich die Frage der Verlängerung bei den (unbefristeten) Aufenthaltstiteln nach §§ 9, 9a AufenthG nicht stellt. Dieses Verständnis entspricht auch dem Zweck der Norm, nach dem der Gesetzgeber dem Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung der familiären Lebensgemeinschaft, die rechtmäßig im Bundesgebiet geführt wird, ein besonderes Gewicht beimessen wollte (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 82 zu § 30) und noch nicht nach Einreise mit einem für drei Monate gültigen Einreisevisum in Rede steht, während die Aufenthaltserlaubnis nach § 27 Abs. 4 S. 4 AufenthG für mindestens ein Jahr zu erteilen ist. Hiernach ist es auch irrelevant, dass der Klägerin das Einreisevisum noch nach § 3 Abs. 3 AuslG erteilt worden war, da es auf das Verständnis des § 30 Abs. 3 AufenthG ankommt.
2. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27 Abs. 1, 30 Abs. 1 Nr. 3a AufenthG setzt die Erfüllung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen von § 5 AufenthG voraus, wozu gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der Regel die - hier nicht feststellbare - Sicherung des Lebensunterhalts zählt. Gemäß § 2 Abs. 3 S. 1 AufenthG ist der Lebensunterhalt eines Ausländers gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Aus dieser Regelung ist aber nicht zu schließen, dass etwa die bloße Vorlage einer Negativbescheinigung des zuständigen Sozialamtes für den Nachweis des Lebensunterhalts genügt. Denn die Frage der Unterhaltssicherung stellt sich regelmäßig im Zusammenhang mit einer Entscheidung, ob ein in die Zukunft gerichtetes Aufenthaltsrecht gewährt werden soll. Es muss die Frage beantwortet werden, ob der Ausländer aller Voraussicht nach bei nicht wesentlich veränderten und unter Außerachtlassung von unvorhergesehenen Umständen den Lebensunterhalt aus eigenen oder ausdrücklich als unschädlich bezeichneten öffentlichen Mitteln wird bestreiten können. Sie dient dem Zweck, die öffentlichen Haushalte davor zu bewahren, den Lebensunterhalt von Ausländern mit öffentlichen Mitteln sichern zu müssen. Deshalb hat die Entscheidung prognostischen Charakter, die zugleich das Moment einer Dauerhaftigkeit der Unterhaltssicherung beinhaltet (vgl. Vorläufige Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums zum Aufenthaltsgesetz vom 22. Dezember 2004, Nr. 2.3.2; OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. Dezember 2005 - 11 ME 373.05 -, in Juris; Beschlüsse des Senats vom 28. April 2006 - 11 N 9.06 -, vom 28. Februar 2006 - 11 S 13.06 -, InfAuslR 2006, 277; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, Stand November 2007, § 2 Rn. 41, 42; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl., 2005, § 2 Rn. 19; Jakober in Jakober/Welte, AktAR, Stand Dezember 2007, § 2 Rn. 75; Hailbronner, AuslR, Stand Dezember 2007, § 2 Rn. 23; Kloesel/Christ/Häußler, AufenthG, Stand Mai 2007, § 2 Rn. 33). Zugleich ergibt sich damit die Notwendigkeit einer gewissen Verlässlichkeit des Mittelzuflusses (vgl. hierzu auch OVG Berlin, Beschluss vom 15. April 2005 - 2 N 314.04 -, AuAS 2005, 122 f.).
Es kann hier dahinstehen, ob es für die Beurteilung der Sicherung des Lebensunterhalts der Klägerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG allein auf ihr Einkommen und ihren Bedarf oder insoweit auf die Einkommens- und Bedarfsgemeinschaft mit dem Ehemann und weiteren Kindern ankommt (offengelassen vom BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 2007 - 2 BvR 2483/06 -, InfAuslR 2007, 336 ff). Bei einer Einzelbetrachtung des Unterhalts des jeweiligen Ausländers (so Renner, AuslR, 8. Aufl. 2005, § 2 AufenthG Rn. 17; wohl auch Hailbronner, AuslR, § 2 Rn. 23) beträgt allein der Regelbedarf für die Klägerin 347,00 € (§ 1 Regelsatzfestsetzungsverordnung Berlin vom 26. Juni 2007). Dem steht kein eigenes Erwerbseinkommen der Klägerin gegenüber. Soweit die Klägerin auf monatliche Leistungen in Höhe von 250,00 € seitens des Herrn E. verweist, ist dieser Betrag nicht ausreichend und bietet im Übrigen mangels einer Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG keine hinreichende Verlässlichkeit.
Wird für die Sicherung des Lebensunterhalts auf eine Gesamtbetrachtung der Bedarfsgemeinschaft der Familienangehörigen abgestellt (so HessVGH, Beschluss vom 14. März 2006 - 9 TG 512/06 -, ZAR 2006, S. 145, 146 -; Beschluss vom 22. September 2004 - 2 N 41.04 –, in Juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. April 2007 - 12 B 16.07 -, InfAuslR 2007, 340 f.; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, § 2 Rn 43.5; Jakober in Jakober/Welte, AktAR, Rn. 74 zu § 2), so ergibt sich Folgendes:
Der Unterhaltsbedarf setzt sich aus der Summe der auf die Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 SGB II) entfallenden Regelsätze, den Kosten für die Unterkunft und den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung zusammen (vgl. §§ 20 ff. SGB II, § 28 Abs. 2 SGB XII, § 3 Regelsatzverordnung, § 1 Regelsatzfestsetzungsverordnung Berlin).Dabei ist zunächst für die gesamte Familie von einem Regelbedarf von 1110,00 € auszugehen (für die Bezugsperson und die Klägerin jeweils 312 € = 624 €; Kind unter 14 Jahren: 208 € sowie Tochter Z.: 278,00 €). Unter weiterer Berücksichtigung der nachgewiesenen Miete von aktuell 513,74 € ergibt sich hiernach ein Gesamtbedarf von 1623,74 €. Falls die Tochter Z. noch hinzuzuzählen wäre, wovon die Klägerin ausgeht, betrüge der Gesamtbedarf sogar bei zusätzlichen 278,00 € den Betrag von 1901,74 €.
Dem stände auch nach Darlegung im Erörterungstermin kein ausreichendes Einkommen der Bedarfsgemeinschaft gegenüber. Dabei kommt es auf die von der Klägerin angesprochenen, umstrittenen Frage des Abzugs sämtlicher in § 11 Abs. 2 SGB II genannten Posten von den Einnahmen nicht an (für den Abzug OVG Bln.-Bbg, Urteil vom 25. April 2007 - 12 B 16.07 -, vgl. auch Beschluss vom 17. September 2007 - 12 S 105.07 -; a. A. VGH Kassel, Beschluss vom 14. März 2006 - 9 TG 512/06 -, ZAR 2006, 145). Die Klägerin, ihr Ehemann und das minderjährige Kind haben weiterhin kein Einkommen nachgewiesen. Mit Schreiben vom 23. April 2005 an den Beklagten hat die Klägerin bereits vortragen lassen, dass ihr Ehemann wegen wiederholter Knieoperationen und Probleme bei längerem Stehen und Laufen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sein wird, ausreichendes Einkommen zur Lebensunterhaltssicherung zu erzielen. Zuletzt war Arbeit des Ehemannes ab 18. August 2006 im Umfang von 15 Stunden mit monatlich 325,00 € brutto, nachgewiesen worden. Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2007 hat die Klägerin im Berufungsverfahren mitgeteilt, dass der Ehemann krankheitsbedingt keine realistischen Chancen habe, eine Arbeit zu finden, die Familie könne gegenwärtig ihren Unterhalt nicht aus eigenem Einkommen sichern. Einkommen der Bezugsperson wurde auch in der Folge nicht nachgewiesen. Perspektivisch steht für ihn in fünf Jahren der Eintritt in das Rentenalter an.
Unzureichend ist auch der Hinweis der Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2007 auf Einkommen ihrer Töchter Z. und Z. und die in der Folge hierzu beigebrachten Nachweise. Die Tochter Z. hat seit März 2007 zwar ein Nettoeinkommen von durchschnittlich ca. 550 € netto erzielt, das aber den Gesamtbedarf von 1623,74 € selbst unter Berücksichtigung von Kindergeld für den jüngsten Sohn und der freiwilligen Leistungen von monatlich 250 € durch einen Dritten bei Weitem nicht abzudecken vermag. Weiterhin erzielt die Tochter Z. zwar seit 1. April 2007 ein Nettoeinkommen von 629,20 € als Verkäuferin im Tele- und Internet-Cafe des E.. Sie lebt aber in der Familie des Bruders mit dessen Ehefrau und zwei Kindern in deren Wohnung, bildet also keine Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern. Im Übrigen wäre bei Hinzurechnung ihrer Person zur Bedarfsgemeinschaft der Gesamtbedarf von dann 1901,74 € auch nicht gedeckt.
3. Soweit der Beklagte, wie das Verwaltungsgericht, weiterhin vom Vorliegen auch des Regelversagungsgrundes gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ausgegangen ist, kann dem nicht gefolgt werden.
Der Beklagte hat diesbezüglich den Ausweisungsgrund gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG und insoweit als Verstoß gegen Rechtsvorschriften im Sinne der Vorschrift einen Betrugsversuch im Rahmen der Erlangung des Einreisevisums angenommen. Dieser ergebe sich aus der unterlassenen Mitteilung des Kündigungsschreibens des Arbeitgebers ihres Ehemannes vom 29. Juli 2004. Angemerkt sei zunächst, dass hier von keinem Versuch gesprochen werden könnte, da der Klägerin das Einreisevisum erteilt wurde. Nicht genannt hat der Beklagte im Ablehnungsbescheid, welche Rechtsvorschrift im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG er als verletzt ansieht. Das Verwaltungsgericht hat § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG herangezogen, worauf sich auch der Beklagte beruft. Danach machte sich strafbar, wer unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen eine Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung zu beschaffen oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht. Das Vorliegen dieses Tatbestandes ist jedoch nicht ersichtlich, da die Klägerin mit dem Visumsantrag und auch mit dem Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 16. April 2004 keine unrichtigen oder unvollständigen Angaben gemacht hat. Vielmehr geht es darum, ob sie danach vor Visumserteilung im September 2004 eingetretene Umstände (Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Ehemannes zum Ende August 2004) gekannt hatte und gegebenenfalls noch hätte rechtzeitig mitteilen können und müssen. Eine solche Kenntnis der sich seiner Zeit in der Türkei aufhaltenden Klägerin in diesem maßgeblichen Zeitraum bis zur Visumserteilung am28. September 2004ist jedoch nicht nachgewiesen. Dies ist nicht näher aufgeklärt worden und im Erörterungstermin räumte auch der Vertreter des Beklagten ein, dass dies nicht mehr zielführend zu ermitteln sein wird. Bei nachgewiesener Kenntnis der Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Ehemannes hätte sich die weitere Frage gestellt, ob dieser Tatbestand auch als unechtes Unterlassungsdelikt (§13 Abs. 1 StGB) begangen werden kann, wenn nach richtigen und vollständigen Angaben nachträglich gegensätzliche Umstände eintreten und der Antragsteller hiervon Kenntnis erhält. Ob insoweit dann eine zur Strafbarkeit geforderte Garantenpflicht besteht, erscheint zweifelhaft, zumal es die Ausländerbehörde bzw. die das Visum erteilende Behörde in der Hand haben, vor Erteilung der Zustimmung bzw. des Visums bei längerer Dauer des Verwaltungsverfahrens nach geänderten Umständen zu fragen. Soweit das Verwaltungsgericht gerade darauf abgestellt hat, dass der Ehemann noch am 22. Juli 2004 - in seinem Verfahren zur Erteilung der Aufenthaltsberechtigung - die Arbeitsbescheinigung vorgelegt, aber dann bereits eine Woche später den Arbeitsvertrag gekündigt habe, ergibt sich daraus nicht bereits eine Täuschungshandlung der Klägerin im Sinne von § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG.
4. Die Vorschrift § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, die dem Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis für den Ehegattennachzug nach §§ 27 Abs. 1, 30 Abs. 1 Nr. 3a AufenthG n. F. hiernach entgegensteht, normiert zwar nur eine Regelerteilungsvoraussetzung für den begehrten Aufenthaltstitel des AufenthG (vgl. BT-Drs. 15/420 S. 69 f. zu § 5). Jedoch vermag das Gericht einen Ausnahmefall hier auch nicht zu erkennen.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. nur Urteil vom 23. Oktober 2007 - 1 C 10.07 - m. w. N., noch n. v.) beziehen sich die Worte 'in der Regel' im System der Rechtsgrundlagen für Aufenthaltstitel sowie der Ausweisungstatbestände auf Regelfälle, die sich nicht durch besondere Umstände von der Menge gleichliegender Fälle unterscheiden. Ausnahmefälle sind demgegenüber durch atypische Umstände gekennzeichnet, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitigen. Ein Ausnahmefall ist u.a. anzunehmen, wenn der Versagung der Aufenthaltsgenehmigung höherrangiges Recht entgegensteht, insbesondere die Versagung mit verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen nicht vereinbar ist (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 26. März 1999 - 1 B 18/99 -, NVwZ-RR 1999, 610; Urteil vom 27. August 1996 - 1 C 8.94 -, BVerwGE 102, 12 ff.). Ob ein Ausnahmefall vorliegt, unterliegt danach uneingeschränkter gerichtlicher Kontrolle.
Für die Frage des Vorliegens eines Ausnahmefalles im Sinne von § 47 Abs. 3 S. 1 AuslG hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 23. Oktober 2007 - 1 C 10.07 - entschieden, der Senat nehme die sowohl in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte als auch des Bundesverfassungsgerichts erkennbar gewachsene Bedeutung des Rechts auf Achtung des Privatlebens im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung zum Anlass, diese Voraussetzung weiter zu fassen: Ein Ausnahmefall von der Regelausweisung - und damit die Notwendigkeit einer behördlichen Ermessensentscheidung - liege bereits dann vor, wenn durch höherrangiges Recht oder Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Falles gebieten würden. Der bisherige Maßstab, der ergebnisbezogen auf die Unvereinbarkeit der Ausweisung mit höherrangigem Recht abstelle, reiche nach den Erfahrungen des Senats nicht aus, um den von Art. 6, Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Belangen in der Praxis zu einer ausreichenden Berücksichtigung zu verhelfen. Die Ermessensentscheidung als der dritte vom Gesetzgeber vorgesehene Entscheidungsmodus biete demgegenüber in der Verwaltungspraxis höhere Gewähr für eine Berücksichtigung aller Aspekte des jeweiligen Einzelfalles und die angemessene Gewichtung anlässlich der Entscheidung über den Erlass einer Ausweisung.
Im Rahmen seiner weiteren Ausführungen zur Absenkung der Schwelle für die Annahme eines Ausnahmefalles und zu den Auswirkungen auf die zu treffende Ermessensentscheidung verweist das Bundesverwaltungsgerichts zugleich auf seine Rechtsprechung zum Aufenthaltserlaubnisrecht nach § 7 Abs. 2 AuslG 1990 (UA S. 12 Rz. 27 unter Hinweis auf Urteile vom 29. Juli 1993 - BVerwG 1 C 25.93 -, BVerwGE 94, 35, 44 f., und vom 27. August 1996 - BVerwG 1 C 8.94 -, BVerwGE 102, 12, 17). Dieser Hinweis sowie die Erwähnung der Regelproblematik im System der Rechtsgrundlagen gleichsam für Aufenthaltstitel und Ausweisungstatbestände (UA S. 10 Rz. 23) geben zwar Veranlassung zu erwägen, ob dieses neue Verständnis von einem Ausnahmefall im Ausweisungsrecht auch auf das Aufenthaltserlaubnisrecht des Aufenthaltsgesetzes zu übertragen ist, was jedoch verneint werden muss.
Den zur Prüfung eines Ausnahmefalles im Rahmen des § 47 Abs. 3 S. 1 AuslG getroffenen Aussagen liegt der spezielle Bezug zum abgestuften Regelungskonzept von Ist-, Regel- und Ermessensausweisung zugrunde (vgl. § 47 Abs. 1 bis 3 AuslG sowie §§ 53 bis 56 AufenthG). Nach diesem Regelungskonzept besteht bei Vorliegen von atypischen Umständen die gesetzliche Grundlage die ergebnisbezogene Prüfung der Rechtfertigung der Ausweisung auf der dritten Entscheidungsebene der Ermessensausweisung vorzunehmen. Ähnliches galt nach dem Konzept von § 7 AuslG, in dessen Absatz 2 Regelversagungstatbestände normiert waren und der bei Annahme eines Ausnahmefalles den Rückgriff auf die allgemeine im Ermessen der Behörde stehende Erteilungsbefugnis nach Abs. 1 erlaubte. Von diesem Regelungskonzept geht § 5 Abs. 1 AufenthG jedoch nicht aus. Die Norm ist keine Sollvorschrift, die bei weitem Verständnis eines Ausnahmefalles Raum für eine Ermessensausübung der Behörde über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis eröffnen würde. Die mit § 5 Abs. 1 AufenthG normierten Regelvoraussetzungen sind vielmehr zur Tatbestandsseite der einschlägigen Vorschrift über den begehrten Aufenthaltstitel zu zählen. Soweit im Ermessenswege von Regelerteilungsvoraussetzungen abgewichen werden kann, ist dies mit § 5 Abs. 2, 3 AufenthG bzw. in den Regelungen zu den verschiedenen Aufenthaltstiteln normiert. So sieht § 5 Abs. 3 S. 1, 2 AufenthG aber gerade für Aufenthaltstitel aus familiären Gründen (Kapitel II, Abschnitt 6) keine Abweichungsmöglichkeit von den Regelerteilungsvoraussetzungen nach Ermessen vor. § 7 Abs. 1 AufenthG regelt hingegen die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen nur für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck. Die hier einschlägige Regelung von § 30 AufenthG würde ein solches Ermessen nur bei einer Verlängerungsentscheidung nach dessen Abs. 3 eröffnen und erfordert hierzu nicht die Feststellung eines Ausnahmefalles. Dies führt dazu, dass mangels einer gesetzlichen Grundlage für eine Ermessenseröffnung im vorliegenden Zusammenhang ergebnisbezogen und im vollen gerichtlichen Umfang nachprüfbar zu klären ist, ob ein Ausnahmefall von der Regelerteilungsvoraussetzung der Unterhaltssicherung vorliegt. Liegt ein Regelfall vor, so ist die Erteilung des Aufenthaltstitels ausgeschlossen, liegt hingegen ein Ausnahmefall vor, ist der Weg zur behördlichen Prüfung der weiteren Voraussetzungen für die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels nach der einschlägigen Rechtsvorschrift - hier des § 30 Abs. 1 Nr. 3 a AufenthG - eröffnet (in diesem Sinne auch VGH Mannheim, Urteil vom 15. September 2007 - 11 S 837/06 -, in Juris; Bäuerle in GK-AufenthG, Stand November 2006, Rn. 37 ff., 40ff.).
b) Für die Ermittlung eines Ausnahmefalles im Rahmen des Familiennachzugs ist als Ausgangslage in Rechnung zu stellen, dass typischer Weise bei Beanspruchung der Aufenthaltserlaubnis zum Familien-/Ehegattennachzug der Schutzbereich von Artikel 6 und GG und Artikel 8 EMRK betroffen ist. Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22. August 2000 - 2 BvR 1363/00 -, in Juris). Art. 6 Abs. 1, 2 GG gebietet jedoch nicht, ausländischen Staatsangehörigen in jedem Fall die Möglichkeit einzuräumen, ihre familiäre Lebensgemeinschaft in Deutschland zu führen. Ein Ausländer ist prinzipiell darauf verwiesen, die Gemeinschaft mit seinen ausländischen Familienangehörigen im gemeinsamen Heimatland herzustellen und zu wahren, solange die Voraussetzungen für einen Familiennachzug nach den einschlägigen Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2007 - 2 BvR 2341/06 - zum AufenthG m. w. N, noch n. v.). Die in Art. 6 GG enthaltene Wert entscheidende Grundsatznorm verpflichtet Ausländerbehörde und Gerichte, jedoch die familiäre Bindung des den Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, d.h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Danach ist aufgrund einer Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu entscheiden, ob die gegen den Aufenthalt sprechenden öffentlichen Interessen so gewichtig sind, dass sie die bei Ablehnung der Aufenthaltsgenehmigung zu erwartende Beeinträchtigung für Ehe und Familie des Ausländers eindeutig überwiegen. Ist dies der Fall, so ist die Versagung mit Art. 6 Abs. 1, 2 GG vereinbar. Als Schutzobjekt im Sinne von Art 6 GG hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dabei nur die in der Hausgemeinschaft geeinte engere Familie zwischen Eltern und Kindern verstanden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. November 1981 - 1 BvR 894/78 -, BVerfGE 59, 52, 63; Beschluss vom 31. Mai 1978 - 1 BvR 683/77-, BVerfGE 48, 327, 329), der jedoch nicht den Schutz der Generationen-/Großfamilie umfasst. Indessen hindert das weder den Gesetzgeber noch die Rechtsprechung, den Familienbegriff in anderen Zusammenhängen zu erweitern und daraus Folgerungen herzuleiten. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann nur geschlossen werden, dass ein weitergehender Familienbegriff nicht dem Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG unterfällt.
Auch Art. 8 EMRK entfaltet dort keine weitergehende als die durch Art 6 GG vermittelte Schutzwirkung, wo sich der Anwendungsbereich beider Vorschriften deckt (BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1998 - 1 C 28/96 -, NVwZ 1998, 745, 748). Die Menschenrechte der EMRK sind nach der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. Beschluss vom 1. März 2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.) in der deutschen Rechtsordnung zwar kein unmittelbarer verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, haben aber in der Auslegung durch den EGMR Einfluss auf die Auslegung der Grundrechte des Grundgesetzes. Das Recht auf Achtung des Privatlebens gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind (vgl. EGMR, Urteil der Großen Kammer vom 9. Oktober 2003 - 48321/99 -, Slivenko, EuGRZ 2006, S. 560, 561) und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt. Für den Familienbegriff von Art. 8 Abs. 1 EMRK legt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seinen Entscheidungen jedoch einen weiten über Art 6 GG hinausgehenden Familienbegriff zugrunde. Danach gehören zu den in dessen Schutzbereich fallenden Familienbeziehungen auch solche zu nahen Verwandten, wie zu Geschwistern, zwischen Großeltern und Enkeln (vgl. etwa Urteil vom 18. Februar 1991 - 31/1989/191/291 -, Moustaquim, InfAuslR 1991, 149;Urteil vom 26. September 1997 - 85/1996/704/896 -, Mehemi, InfAuslR 1997, 430, 431; Rixe, FamRZ 1999, 680; Meyer-Ladewig, EMRK, 2. Aufl. 2006, Rn. 18 zu Art 8). Dabei zielt Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht in erster Linie auf das Rechtsinstitut 'Familie', sondern auf das Leben als Familie (vgl. Meljnik in Grote/Marauhn, EMRK/GG Kap. 16 Rzf. 38).
Aber auch Art. 8 EMRK belässt den Vertragsstaaten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte hinsichtlich des Begriffs der Achtung des Familien- und Privatlebens einen weiten Ermessensspielraum und das Recht eines Staates, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden (vgl. EGMR, Urteil vom 28. Mai 1985, - 15/1983/71/107-109 -, Abdulaziz u.a., NJW 1986, 3007 ff.; Urteil vom 28. November 1996 - 73/1995/579/665 -, InfAuslR 1997, 141; Urteil vom 7. Oktober 2004 - 33743/03 -, Dragan, NVwZ 2005, 1043 ff.). Die Konvention verbietet die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen deshalb nicht allein deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat (EGMR, Urteil vom 7. Oktober 2004 - 33743/03 -,Dragan, Urteil vom 16. September 2004 - 11103/03 -, Ghiban, NVwZ 2005, 1046 ff.) . Die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis ist im Aufenthaltsgesetz vorgesehen und verfolgt im Falle des Bezugs sozialer Leistungen ein legitimes Ziel im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK, nämlich die Erhaltung des wirtschaftlichen Wohls des Landes (vgl. EGMR, Urteil vom 11. Juli 2000 - 29192/95 -, Ciliz, NVwZ 2001, 547). Ein Eingriff in die Rechte aus Art. 8 Abs. 1 EMRK muss gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK jedoch eine in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahme darstellen, die ein legitimes Ziel verfolgt und verhältnismäßig ist (vgl. EGMR, Urteil vom 28. Juni 2007 - 31753/o2 -, Kaya, in Juris; BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 2007 - 2 BvR 304/07 -, InfAuslR 2007, 275-279).
c) Auf dieser Grundlage kann die Frage des Vorliegens eines Ausnahmefalls nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalles mit Blick auf die Auswirkungen der Versagung der Aufenthaltserlaubnis für die Klägerin und deren Familie und unter Beachtung des gewichtigen Interesses der öffentlichen Hand an der Vermeidung von Soziallasten beantwortet werden. Die Sicherung des Lebensunterhalts ist als eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in Rechnung zu stellen (vgl. Begründung zum Entwurf des Zuwanderungsgesetzes BT-Drs. 15/420, S. 70, zu § 5 Abs. 1).
Für die Person der Klägerin selbst war hiernach zunächst zu berücksichtigen, dass eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unter Berücksichtigung von Art 8 EMRK etwa bei Ausländern in Betracht kommt, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. Urt. v. 16. Juni 2005 - 60654/00 -, Sisojeva, InfAuslR 2005, 349) dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland im Wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet. Eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse kann hingegen während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen, wie sich auch aus der Wertung von § 55 Abs. 3 AsylVfG ergibt, wonach solche Zeiten für den Erwerb von Rechten keine Berücksichtigung finden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. September 2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff., Beschluss vom 2. November 2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70,71). Die Klägerin hat sich aber nach illegaler Einreise 1995 bis zum Februar 2004 allein auf Grund des - erfolglosen - Betreibens des Asylverfahrens in Deutschland aufgehalten. Nach legaler Einreise im September 2004 hatte sie sich hier mit Ablauf des Einreisevisums ab 2005 auf Grund der Fiktionswirkung ihres Antrags auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nur noch vorübergehend erlaubt aufhalten dürfen. Eine eigene soziale und wirtschaftliche Integration in die Verhältnisse in Deutschland ist nicht feststellbar, hingegen hat die 1956 geborene Klägerin ihr weit überwiegendes Leben in der Türkei verbracht.
In Bezug auf den 1948 geborenen Ehemann ist zwar in Rechnung zu stellen, dass die Bezugsperson mit der als Niederlassungserlaubnis nach § 101 Abs. 1 AufenthG fortwirkenden Aufenthaltsberechtigung eine erhöhte aufenthaltsrechtliche Verfestigung und damit gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG einen besonderen Ausweisungsschutz erlangt hat (vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch GK-AufenthG, § 27 Rn.170; Hailbronner, AuslR, § 2 Rn. 25). Hingegen kommt es in diesem Zusammenhang auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Ablehnung eines Ausnahmefalls wegen des erhobenen Vorwurfs des sog. schleichenden Familiennachzugs nicht an. Diese Erwägungen erscheinen nicht tragfähig, nachdem der Beklagte in Kenntnis der maßgeblichen Umstände das Aufenthaltsrecht der Bezugsperson kontinuierlich mit der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis im April 1995 und nach Scheidung des Ehemannes der Klägerin von seiner deutschen Ehefrau im Jahr 1997 mit Erteilung der Aufenthaltsberechtigung im Jahr 2004 verfestigt sowie auch den nachgereisten Kindern jeweils - nach vorheriger Ablehnung - 1998 Aufenthaltserlaubnisse erteilt hatte. Die Frage des Vorliegens einer Scheinehe mit der deutschen Staatsangehörigen war geprüft und nach dem Vermerk der Senatsverwaltung für Inneres vom 10. März 1995 verneint worden. Jedoch ist der Ehemann erst mit 42 Jahren als Asylantragsteller in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hat am 25. Februar 1992 auf Grund der Deutschverheiratung eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Sein weit überwiegendes Leben hat er ebenfalls in der Türkei verbracht. Eine Rückkehr in die Türkei zur Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft wäre für ihn nicht unzumutbar, durch die Klägerin geltend gemachte Unterstützungsleistungen wegen einer Gehbehinderung könnten in der Türkei erbracht werden. Von einer stabilen wirtschaftlichen Integration kann auch bei ihm nicht gesprochen werden. Eine realistische Chance, dass ihr Ehemann noch eine den Lebensunterhalt sichernde Arbeit finden könnte, nimmt die Klägerin selbst nicht an. Bei seinem bisherigen zum Teil sehr geringen und unregelmäßigen Erwerbseinkommen und mit Blick auf sein Alter muss nach dem eingereichten Versicherungsverlauf vom 9. September 2003 (vgl. Ausländerakte des Ehemannes Bl. 140 f.) zudem damit gerechnet werden, dass er nur eine so geringe Altersrente beziehen wird, die einen weiteren Bezug von Sozialleistungen für die Bedarfsgemeinschaft mit der Klägerin wahrscheinlich macht.
Mit Blick auf das gemeinsame noch minderjährige Kind ist einzustellen, dass es aufenthaltsrechtlich grundsätzlich das Schicksal seiner Eltern teilt, da minderjährige Kinder der Personensorge der Erziehungsberechtigten unterliegen. Dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist ist, dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, vermag nicht ohne weiteres eine Unzumutbarkeit der Ausreise in den Herkunftsstaat zu begründen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Januar 2006 - 13 S 2220/05 -, ZAR 2006, 142-145 m.w.N.). Für die Feststellung, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist und dann sogar etwa zu einem sonst den Erziehungsberechtigten nicht zustehenden Aufenthaltsrecht führt, bedarf es vielmehr besonderer Anhaltspunkte (vgl. den Überblick über die nach der stark einzelfallbezogenen Rechtsprechung des EGMR maßgeblichen Gesichtspunkte im Beschluss der 1. Kammer des 2. Senats des BVerfG vom 1. März 2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.). Insofern ist hier zu berücksichtigen, dass das Kind zwar 1995 in Berlin geboren ist und seine schulische Fortbildung bislang allein in Berlin erfahren hat. Da er aber in Berlin mit seinen Eltern - die Klägerin war lediglich von Februar bis Ende September 2004 in die Türkei ausgereist - und im Umfeld von fünf türkischen Geschwistern aufgewachsen ist, kann auch eine gewisse Sozialisation in die türkische Kultur unterstellt werden, die ein künftiges Leben in der Türkei nicht als ausgeschlossen erscheinen lässt, auch wenn der Übergang in das türkische Schulsystem für das Kind eine erhebliche Umstellung bedeuten dürfte. Der Sohn kann hiernach aber nicht bereits als faktischer Inländer angesehen werden, dem eine gemeinsame Ausreise mit seinen Eltern unzumutbar wäre.
Mit Bezug auf die volljährigen Kinder ist festzustellen, dass diese nicht mehr an dem aufenthaltsrechtlichen Schicksal der Eltern teilnehmen, weil sie nicht deren Personensorge unterliegen. Volljährige Kinder benötigen in der Regel die familiäre Lebenshilfe nicht mehr zwingend. Kontakte können regelmäßig durch gegenseitige Besuche aufrechterhalten werden. Deshalb ist eine Trennung der Familienmitglieder grundsätzlich weder mit Art. 6 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. April 1989 - 2 BvR 1169/84 -, NJW 1989, 2195; BVerfG, Beschluss vom 01. März 2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852) noch mit Art. 8 Abs. 1 EMRK unvereinbar (vgl. EGMR, Urteil vom 17.04.2002 - 52853/99 -, Yilmaz, NJW 2004, 2147, der implizit eine Trennung von erwachsenen Kindern von Eltern und Geschwistern im Grundsatz nicht für problematisch erachtet). Vor diesem Hintergrund kann allerdings auch nicht davon ausgegangen werden, dass die volljährigen Kinder im Familienverbund in den Herkunftsstaat zurückkehren und dort in demselben leben werden, so dass die Trennung in Rechnung zu stellen ist. Denn deren familiäre und aufenthaltsrechtliche Situation stellt sich wie folgt dar:
Der älteste 1977 geborene und 1993 in die Bundesrepublik Deutschland eingereiste Sohn S. ist mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet und hat zwei Kinder; er besitzt eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Die 1979 geborene Tochter M. ist wie die weiteren volljährigen Geschwister seit 1994 in Deutschland aufhältig und verfügt über eine bis zum 1. August 2008 befristete Aufenthaltserlaubnis. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder deutscher Staatsangehörigkeit. Die 1981 geborene Tochter E. ist verheiratet, hat ein deutsches Kind und hat eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Die 1984 geborene ledige Tochter Z. verfügt aufgrund des Antrags auf Verlängerung ihrer zuletzt mit Gültigkeit bis zum 10. Januar 2007 erteilten Aufenthaltserlaubnis nur über eine sog. Fiktionsbescheinigung. Sie lebt in der Familie des Bruders mit dessen Ehefrau und zwei Kindern in deren Wohnung in Berlin und erzielt das oben angegebene Einkommen. Die 1988 geborene ledige Tochter Z. ist unter der Anschrift der Eltern gemeldet, sie erzielt das ebenfalls bereits genannte Einkommen von durchschnittlich monatlich etwa 550 € netto. Ihre zuletzt erteilte Aufenthaltserlaubnis ist bis zum 7. Februar 2008 befristet.
Die Beziehung der Klägerin zu diesem Personenkreis - insbesondere zu den Enkelkindern - ist durch Besuchskontakte sicher nicht in gleicher Weise aufrechtzuerhalten, wie bei ihrem weiteren Aufenthalt in Deutschland. Allerdings ist auch nicht ersichtlich, dass die volljährigen Kinder mit ihren Familien auf die weitere Anwesenheit der Klägerin wegen von ihr geforderter und erbrachter Unterstützungsleistungen zwingend angewiesen wären. Die räumliche Trennung von Eltern zu ihren erwachsenen Kindern und den Enkelkindern ist als solcher kein ungewöhnlicher Umstand, auch wenn der Wunsch des gemeinsamen Verbleibens in Berlin durchaus sehr verständlich ist.
Hiernach ist ergebnisbezogen festzustellen, dass das öffentliche Interesse an der Verhinderung künftiger Soziallasten hier mit Blick auf die geringe wirtschaftliche Integration der Bezugsperson mit gravierendem Gewicht besteht. Ein demgegenüber vorrangiger Schutz der hier entstandenen Großfamilie bei der dargelegten Zumutbarkeit der Rückkehr der Klägerin mit ihrer Kleinfamilie in ihre Heimat kann nicht angenommen werden, so dass die Annahme eines Ausnahmefalles im Sinne von § 5 Abs. 1 AufenthG nicht gerechtfertigt ist.
Gesonderte Bedenken, die gegen die Rechtmäßigkeit der im angegriffenen Bescheid vom 5. April 2005 enthaltenen Abschiebungsandrohung sprächen, sind nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, da auf der Grundlage der Annahme, dass § 30 Abs. 3 AufenthG für den Antrag der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Anschluss an den Ablauf eines Einreisevisums nicht einschlägig ist, mit Blick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2007 - 1 C 10.07 - die Frage der an den Ausnahmefall nach § 5 Abs. 1 AufenthG zu stellenden Anforderungen nunmehr klärungsbedürftig erscheint. Denn bei - hier abgelehnter - Übertragung dieser zur Deutung des Regel-/Ausnahmefalls im Ausweisungsrecht ergangenen Rechtsprechung auf das Aufenthaltserlaubnisrecht des Aufenthaltsgesetzes erscheint es auch nicht ausgeschlossen, dass ein gegenläufiges Ergebnis in Betracht käme. Hierzu bedürfte es wohl auch näherer Klärung bezüglich der gemeinten Absenkung der Anforderungen für die Annahme eines Ausnahmefalles etwa im Sinne einer Möglichkeitsprüfung, in welcher Weise die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts verstanden werden könnten, obwohl die im Anwendungsbereich von Art 6 GG, Art 8 EMRK geforderte Verhältnismäßigkeitsprüfung wohl als gerichtlich im vollen Umfang überprüfbar gilt (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 2007 - 2 BvR 304/07 -, InfAuslR 2007, 275 ff, Rz. 38 zitiert nach Juris).