Verwaltungsgericht Augsburg
Entscheidung vom 14.12.2011, Az.: Au 4 K 11.191
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids für den Bau eines Einfamilienhauses.
Mit Antrag vom 3. September 2010 begehrte der Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids zur Errichtung eines Einfamilienhauses auf seinem Grundstück Flur-Nr. … der Gemarkung …. Zum Zeitpunkt der Antragstellung betrieb der Kläger einen landwirtschaftlichen Nebenerwerb in Form von Ackerbau und Fruchtbetrieb mit ca. 40 ha Flächen. Auf dem Grundstück besteht ein Wohnhaus, das u.a. auch von den Eltern des Klägers mit lebenslangem Wohnrecht und von dessen Bruder bewohnt wird.
Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten teilt in seiner Stellungnahme vom 27. September 2010 mit, dass der Kläger einen Marktfruchtbaubetrieb bewirtschafte und im Rahmen der Fruchtfolge Getreide, Silomais und Zuckerrüben angebaut werden. Das Vorhaben habe aber keine dienende Funktion, da bei der vorhandenen Betriebsorganisation die ständige Anwesenheit von zwei Generationen nicht notwendig erscheine. Unter dem 7. Dezember 2010 wurde zudem ergänzend mitgeteilt, dass allein mit dem Anbau von Marktfrüchten, der Pflege und Reparatur von Maschinen oder der Instandhaltung der Betriebsgebäude und baulichen Anlagen die Voraussetzungen für eine ständige Anwesenheit des Inhabers auf seiner Hofstelle nicht mehr fachlich zu begründen seien.
Die Beklagte lehnte sodann mit Bescheid vom 3. Februar 2011 den Vorbescheid ab, weil das Vorhaben nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers diene. Im Vordergrund stünden die Beseitigung der Raumnot durch Schaffung weiteren Wohnraums und weniger landwirtschaftliche Belange.
Hiergegen ließ der Kläger Klage erheben und beantragen,
unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 03.02.2011, Az.… Pl.Nr. …, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den beantragten Vorbescheid gemäß Antrag vom 3. September 2010 zu erteilen;
hilfsweise:
dass unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden wird.
Zur Begründung wurde vorgetragen, dass das Vorhaben, vergleichbar einem Altenteilerhaus privilegiert sei. Auch bei Nebenerwerbslandwirten sei ein weiteres Wohnhaus zulässig, wenn der Betriebsleiter an der alleinigen Nutzung des Wohnhauses gehindert sei. Im vorliegenden Fall sei das Wohnhaus mit einem lebenslangen Wohnrecht der Eltern des Klägers belastet; der Kläger benötige das Haus aber auch für ein Büro und die Unterbringung saisonaler Arbeitskräfte sowie Auszubildender.
Auf der Hofstelle sei auch die ständige Anwesenheit des Betriebsleiters, insbesondere zur Erntezeit, aus Diebstahlsicherungsgründen und zur Vermeidung von Feuergefahren, erforderlich. Eine Differenzierung zwischen Nebenerwerb und Haupterwerb sei hier nicht zulässig.
Das Vorhaben schone in größtmöglichem Umfang den Außenbereich und sei auch als sonstiges Vorhaben zulässig, da die Darstellung „Grünfläche“ im Flächennutzungsplan erkennbar unwirksam sei. Städtebauliche Gründe für diese Festsetzung seien nicht ersichtlich und ein Abwägungsprozess nicht erkennbar, so dass es sich hier um eine Verhinderungsplanung handle. Auch der Einwand der Verfestigung einer Splittersiedlung sei abwegig, da das Gebäude innerhalb der bestehenden Hoffläche errichtet werde und ein räumlicher und funktionaler Zusammenhang mit dem Betrieb bestehe.
Dem Vorhaben stehe eine neue 100 m3 große Klärgrube zur Verfügung. Im Übrigen sei der Kläger mit einem anderen Fruchtbaubetreiber in … gleichzubehandeln.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Für den Kläger stehe die Beseitigung von Raumnot im Vordergrund, was sich aus dem Antrag und weiterem Schriftverkehr ergebe. Die Geltendmachung beengter Wohnverhältnisse genüge jedoch nicht für die Annahme einer Privilegierung des Vorhabens. Eine ständige Anwesenheit des Betriebsleiters, der zudem einer wöchentlich 20-stündigen Arbeitnehmertätigkeit nachgehe, sei nicht erforderlich; Nutztierhaltung bestehe nicht. Da es sich um keinen Einödhof handle, sondern drei weitere Betriebe in unmittelbarer Nähe bestehen und zudem andere Personen auf der Betriebsstelle anwesend seien, sei eine erhöhte Diebstahl- oder Feuergefahr nicht ersichtlich. Auch eine vergleichbare Situation wie bei Altenteilerhäusern bestehe nicht, da der Betrieb schon im Jahre 2002 übergeben worden sei.
Schließlich werde der Außenbereich auch nicht größtmöglich geschont, da die versiegelte Fläche - gegenüber einem abzureißenden Hühnerstall - deutlich zunehme und der Kläger beispielsweise auch an das bestehende Wohnhaus hätte anbauen können. Das Vorhaben widerspreche dem Flächennutzungsplan und führe zur Verfestigung einer Splittersiedlung. Das Ziel der Verlegung von Betrieben in den Außenbereich werde im Übrigen verfehlt, wenn nunmehr ständig Wohnhäuser dazugebaut würden. Einfamilienhäuser seien zudem grundsätzlich an die öffentliche Sammelkanalisation anzuschließen.
Das klägerische Grundstück und die nähere Umgebung wurden durch den Berichterstatter am 11. August 2011 in Augenschein genommen. Auf die gefertigten Lichtbilder sowie die Niederschrift wird Bezug genommen. Der Kläger teilte zudem mit, dass er seine Angestelltentätigkeit zwischenzeitlich aufgegeben habe und er nunmehr die Landwirtschaft im Haupterwerb betreibe.
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Verwaltungsakten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids nach § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO; er hat auch keinen Anspruch auf erneute Entscheidung des Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
Rechtsgrundlage für die Erteilung eines Bauvorbescheids ist Art. 71 Satz 1 BayBO. Danach ist vor Einreichung eines Bauantrags auf Antrag des Bauherrn zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid zu erteilen. Die vom Kläger gestellte Frage nach der späteren baurechtlichen Genehmigung zur Errichtung eines Einfamilienhauses ist ausreichend bestimmt und wurde von der Beklagten zu Recht hinsichtlich der Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Genehmigungsfähigkeit ausgelegt (vgl. Simon/Busse, BayBO, Stand Juli 2011, Rdnr. 36 zu Art. 71). Die Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit einschließlich der Erschließung ist auch eine im Rahmen des Vorbescheids mögliche und zulässige Fragestellung (Simon/Busse, a.a.O., Rdnr. 75 zu Art. 71).
Voraussetzung für die Erteilung des Vorbescheids ist zunächst, dass es sich bei dem geplanten Bauvorhaben um ein genehmigungspflichtiges Vorhaben i.S.v. Art. 55 Abs. 1 BayBO handelt. Dies ist der Fall, da es sich um die beabsichtigte Errichtung eines Gebäudes i.S.v. Art. 2 Abs. 2 BayBO handelt.
Das Bauvorhaben ist jedoch nicht genehmigungsfähig.
Nach Art. 71 Satz 1 i.V.m. Art. 68 Absatz 1 Satz 1 und Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO ist der Bauvorbescheid zu erteilen, wenn das Bauvorhaben mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB übereinstimmt. Das geplante Einfamilienwohnhaus ist eine planungsrechtlich relevante bauliche Anlage i.S.v. § 29 Satz 1 BauGB. Aufgrund der Lage im Außenbereich, das geplante Vorhaben liegt im Bereich einer Splittersiedlung mit vier landwirtschaftlichen Anwesen, ist seine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 35 BauGB zu beurteilen.
Bei dem Vorhaben handelt es nicht um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201 BauGB. Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger, der bis Mitte des Jahres 2011 eindeutig einen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb geführt hat, mittlerweile als Haupterwerbslandwirt anzusehen ist (vgl. BayVGH vom 30.11.2006, Az. 1 B 03.481, juris-Rdnr. 17). Denn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sind jedenfalls deswegen nicht erfüllt, weil das geplante Einfamilienwohnhaus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers nicht dient.
Ein Bauvorhaben im Außenbereich ist nicht allein deswegen i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert, weil der Bauherr im Haupt- oder Nebenberuf Landwirt ist. Für die Auslegung des Begriffs „dienen“ ist auf den Grundgedanken des § 35 BauGB abzustellen, wonach im Außenbereich das Bauen grundsätzlich unterbleiben soll. Ein Vorhaben muss danach zwar nicht unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zwingend für den Betrieb erforderlich sein, aber nach der individuellen Betriebsweise tatsächlich dem Betrieb gewidmet und durch diese Widmung auch gekennzeichnet sein (Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Auflage 2005, Rdnr. 19 zu § 35). Das Bauvorhaben dient nur dann einem landwirtschaftlichen Betrieb, wenn ein „vernünftiger“ Landwirt unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs ein Vorhaben mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde (BayVGH vom 30.11.2006, Az. 1 B 03.481, juris-Rdnr. 18; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Juli 2011, Rdnr. 34 zu § 35; Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., Rdnr. 19 zu § 35). Der eigentliche Zweck des „Dienens“ liegt dabei darin, Missbrauchsversuchen begegnen zu können, so dass nicht der behauptete Zweck, sondern seine wirkliche Funktion entscheidend ist. Handelt es sich - wie hier - um ein Wohngebäude, ist vor allem auch auf das sich aus den spezifischen Abläufen eines landwirtschaftlichen Betriebs ergebende Erfordernis einer ständigen Anwesenheit und Bereitschaft auf der Hofstelle abzustellen (BayVGH vom 30.11.2006, Az. 1 B 03.481, juris-Rdnr. 18; VGH Ba-Wü vom 15.12.2010, Az. 8 S 2517/09, juris-Rdnr. 26). Ausreichend ist aber, wenn die individuelle Wirtschaftsweise oder objektive Eigenarten des Betriebs eine Vorortpräsenz des Betriebsinhabers in so erheblichem zeitlichem Umfang nahelegen, dass das Wohnen im Außenbereich für den Betrieb in besonderer Weise dienlich und für den Betriebserfolg im allgemeinen von Bedeutung ist (VGH Ba-Wü vom 15.12.2010, Az. 8 S 2517/09, juris-Rdnr. 26). Dabei kann die Betrachtung einer individuellen Betriebsweise aber unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 35 BauGB aber auch nicht so verstanden werden, dass der Landwirt durch eine ungewöhnliche, atypische oder nicht zeitgemäße Betriebsführung, sofern diese nicht durch besondere Anforderungen, wie z.B. Gütesiegel o.ä. gerechtfertigt erscheint, quasi die Privilegierung wegen eines dadurch bedingten erheblichen Zeitaufwandes selbst herbeiführen kann.
Nach diesen Maßstäben dient das Bauvorhaben des Klägers nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb.
Der Kläger betreibt seine Landwirtschaft in Form von Ackerbau und Fruchtbetrieb. Unabhängig von dem tatsächlichen zeitlichen Aufwand und der individuellen Bewirtschaftungsweise, wie sie der Kläger betreibt, ist die ständige Anwesenheit eines Betriebsleiters bei viehloser Landwirtschaft aber nicht notwendig (vgl. BayVGH vom 29.11.2006, Az. 14 ZB 06.2564, juris-Rdnr. 12). Zwar mag es für den Betrieb förderlich sein und - hinsichtlich des zeitlichen Mehraufwands durch Wegezeiten vom und zum Betrieb - für den Kläger einfacher, am Betriebssitz zu wohnen, ein Ackerbau- und Fruchtbetrieb erfordert jedoch - wie sich auch aus den Stellungnahmen des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ergibt und - wie der Vertreter des Amtes in der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2011 ausgeführt hat - unabhängig von der Einstufung als Voll- oder Nebenerwerbslandwirt - gerade keine ständige Anwesenheit am Ort eines vorwiegend aus Maschinen- und Lagerhallen bestehenden Betriebssitzes. Erhebliche Versorgungs-, Betreuungs- und Aufsichtsaufgaben, wie sie bei einem Viehhaltungsbetrieb zu erfüllen sind, fallen hier gerade nicht an, so dass der Betrieb auch von einem Wohngebäude in geschlossener Ortslage aus betrieben werden kann und die Errichtung eines (weiteren) Wohngebäudes in unmittelbarer Nähe nicht angezeigt erscheint. Soweit der Klägerbevollmächtigte einwendet, die Anwesenheit des Betriebsleiters sei auch aus Gründen der Diebstahlsicherung (vgl. BayVGH vom 30.11.2006, Az. 1 B 03.481, juris-Rdnr. 21) oder der Vermeidung von Feuergefahr erforderlich, ist nicht ersichtlich, dass gerade ein weiteres Wohnhaus und die Anwesenheit des Betriebsleiters am Betriebssitz zum Ausschluss oder einer signifikanten Reduzierung dieser Risiken führen könnte. Abgesehen davon, dass sich derartige Risiken im Außenbereich, insbesondere bei vorsätzlichem Handeln Dritter, nie gänzlich ausschließen lassen, ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die Hofstelle des Klägers nicht unbewohnt ist. Vielmehr sind sogar Personen ansässig und wohnhaft, die im Betrieb des Klägers mithelfen und mit dem Betrieb vertraut sind.
Damit kann letztlich dahingestellt bleiben, ob das beantragte Wohnhaus dem Betrieb des Klägers auch deswegen nicht dient, weil für den Betrieb bereits ein Betriebsleiterwohnhaus genehmigt und errichtet worden ist und sich die Errichtung eines weiteren Betriebsleiterwohnhauses als Missbrauch des Privilegierungstatbestandes und Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben darstellen würde (vgl. VG München vom 15.05.2008, Az. M 11 K 07.5781, juris-Rdnr. 44; BayVGH vom 30.11.2006, Az. 1 B 03.481, juris-Rdnr. 22; BayVGH vom 13.01.2011, Az. 2 B 10.269, juris-Rdnr. 38). Abgesehen davon, dass der Kläger das bestehende Betriebsleiterwohnhaus - eingeschränkt durch das Wohnrecht seiner Eltern - durchaus noch nutzen kann, dürfte sich der Kläger nämlich auch deswegen nicht auf die fehlende (vollständige) Nutzungsmöglichkeit berufen können, da es ihm als „vernünftigem“, auf Schonung des Außenbereichs bedachtem Landwirt hätte klar sein müssen, dass er zu gegebener Zeit ein ausreichendes Betriebsleiterwohnhaus benötigt. Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an, da das beantragte Bauvorhaben bereits aus den o.g. Gründen nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers im Sinne eines „Dienens“ zugeordnet werden kann.
Das geplante Wohnhaus ist somit als sonstiges Vorhaben i.S.v. § 35 Abs. 2 BauGB einzustufen und als solches bauplanungsrechtlich nicht zulässig, weil seine Ausführung öffentliche Belange i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beeinträchtigt.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Vorhaben dem Flächennutzungsplan der Beklagten, der in diesem Bereich „Grünfläche“ darstellt, widerspricht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Das Gericht hat insoweit Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Darstellung, die der vorhandenen und auch von der Beklagten beabsichtigten landwirtschaftlichen Nutzung der Flächen wohl widerspricht.
Dahingestellt bleiben kann auch, ob das Bauvorhaben unwirtschaftliche Aufwendungen bezüglich der Abwasserbeseitigung nach sich zieht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB), weil es hinsichtlich der Erschließung als sonstiges Vorhaben dem Standard eines entsprechenden Innenbereichsvorhabens genügen müsste (vgl. Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, 4. Auflage 2009, Rdnr. 2817; Brügelmann, BauGB, Kohlhammer-Kommentare, Stand Mai 2011, Rdnr. 110 zu § 35; a.A. wohl Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB, 6. Auflage 2010, Rdnr. 270 zu § 35, der allerdings in Rdnr. 271 ebenfalls auf die Erfordernisse des jeweiligen Vorhabens abstellt). Da bei Wohnbauvorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB eine Drei-Kammer-Absetzgrube keine den aktuellen wasserwirtschaftlichen Anforderungen genügende Abwasserbeseitigung darstellt (BayVGH vom 12.08.2010, Az. 14 ZB 10.1005, juris-Rdnr. 3), bedürfte es mithin eines Anschlusses an die öffentliche Sammelkanalisation, was nach den unwidersprochenen Darstellungen der Beklagten vor allem aufgrund der Entfernung zum nächstgelegenen Anschlusspunkt und der vorhandenen städtebaulichen Situation sowie der Lage des Grundstücks (ca. 1,5 km Entfernung mit Querung der Umgehungsstraße und lediglich vier vorhandenen landwirtschaftlichen Anwesen) unwirtschaftliche Aufwendungen nach sich ziehen dürfte.
Das Wohnbauvorhaben lässt aber jedenfalls die Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB befürchten.
Eine Splittersiedlung ist gekennzeichnet durch in einem engeren räumlichen Bereich liegende Bauten, die in keiner organischen Beziehung zu den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen stehen, und die selbst keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil darstellen, auch in keiner organischen Beziehung zu einem solchen stehen oder sich nicht in die geordnete städtebauliche Entwicklung einfügen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., Rdnr. 104 zu § 35). Zweck dieses öffentlichen Belanges ist es, eine Entwicklung unorganischer Siedlungsstruktur und damit jede Zersiedlung des Außenbereichs zu verhindern.
Der Außenbereich ist grundsätzlich von Bebauung freizuhalten, die einer gesunden Siedlungsstruktur zuwiderläuft. Die in den 1960’er Jahren erfolgte Aussiedelung landwirtschaftlicher Betriebe aus dem Ortsbereich der Beklagten und die hier vorliegende Ansiedelung von vier landwirtschaftlichen Anwesen in „Kleeblattform“ stellt auch keine herkömmliche Siedlungsform im Sinne einer charakteristischen, historisch entstandenen Siedlungsstruktur des Außenbereichs dar (vgl. (BVerwG vom 08.11.1999, Az. 4 B 85.99). Ein zusätzliches zweites Wohngebäude auf einem der vier vorhandenen landwirtschaftlichen Anwesen ordnet sich im vorliegenden Fall der vorhandenen Bebauung nicht unter, sondern würde vielmehr eine negative Vorbildwirkung befürchten lassen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., Rdnr. 108 zu § 35). Dabei ist auch unerheblich, ob das Wohngebäude hinsichtlich seiner Situierung „innerhalb“ oder „außerhalb“ der Hofstelle platziert wird. Durch die Errichtung eines weiteren Wohnhauses würde sich die vorhandene Splitterbebauung jedenfalls in unerwünschter Weise verfestigen (vgl. BayVGH vom 30.11.2006, Az. 1 B 03.481, juris-Rdnr. 25), so dass das klägerische Vorhaben § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB beeinträchtigt.
Der Kläger hat im Übrigen auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (vgl. Maunz/Dürig, GG, Stand Mai 2011, Rdnr. 179 zu Art. 3), so dass die Klage demnach im Hauptantrag keinen Erfolg haben kann. Die Klage ist jedoch auch im Hilfsantrag unbegründet, da der Anspruch des Klägers auf Entscheidung über seinen Antrag auf Bauvorbescheid durch die - zu Recht erfolgte ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 3. Februar 2011 - erfüllt ist und die Sache - wie oben dargelegt - spruchreif ist, so dass die Voraussetzungen von § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht gegeben sind. Ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum steht der Beklagten bei der Entscheidung über den Bauvorbescheid nicht zu, da der Kläger - bei Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen - einen Anspruch auf Erteilung hat (Simon/Busse, a.a.O., Rdnr. 79 zu Art. 71).
Die Beklagte hat zudem - entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten - nur über den gestellten Antrag des Klägers zu entscheiden und ist hier nicht verpflichtet, Nebenbestimmungen insbesondere zu einem möglichen „Wohnungsbesetzungsrecht“ (vgl. BayVGH vom 13.01.2011, Az. 2 B 10.269) festzusetzen. Abgesehen davon, dass Nebenbestimmungen auch im Fall des Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG im Ermessen der Behörde stehen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Auflage 2010, Rdnr. 46a zu § 36) und für eine Ermessensreduktion auf Null nichts ersichtlich oder vorgetragen ist, dürfen Nebenbestimmungen dem Bauvorbescheid nur beigefügt werden, wenn sie sicherstellen sollen, dass damit die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG). Im vorliegenden Fall ist eine Nebenbestimmung zum „Wohnungsbesetzungsrecht“, die sicherstellen soll, dass das Gebäude dauerhaft dem landwirtschaftlichen Betrieb dient, aber schon deswegen nicht tauglich, da das geplante Vorhaben hier - wie oben dargestellt - bereits von vornherein nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers dient.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. II. 9.2 und Nr. II. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).