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Verwaltungsgericht Augsburg

Entscheidung vom 17.07.2013, Az.: Au 6 K 13.500

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Bescheidung seiner Beschwerde an den Gemeinderat der Gemeinde ...

Die Beklagte ist Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft ... Im November 2011 wurde im Gemeindegebiet der Beklagten der Gehweg vor der Bushaltestelle ... neu gestaltet. Am 3. Januar 2012 richtete der Kläger ein Schreiben an die Beklagte, in dem er einen Umbau dieser Umgestaltung forderte, da der Gehweg an der Buseinstiegstelle ein starkes seitliches Gefälle aufweise und dies im Winter eine erhebliche Gefahr für die Busbenutzer, insbesondere für Schulkinder bedeute.

Mit Schreiben vom 15. März 2012 und 10. Juli 2012, jeweils gerichtet an die Beklagte und die Verwaltungsgemeinschaft ..., mahnte der Kläger die Beantwortung seiner Beschwerde an.

Mit Schreiben vom 12. Juli 2012 bestätigte die Verwaltungsgemeinschaft ... den Eingang des Beschwerdeschreibens vom 10. Juli 2012 und teilte mit, dass es sich bei dem Begehren, das auf Instandsetzung/Neugestaltung des Gehwegs am Bushaltestellenhäuschen ... gerichtet sei, um keine Angelegenheit der Verwaltungsgemeinschaft handle. Für die Beschwerde sei die Beklagte zuständig.

Mit Schreiben vom 3. August 2012 an den Gemeinderat der Beklagten mahnte der Kläger erneut die Beantwortung seines Antrags auf Umbau der Gefahrenstelle am Bushaltestellenhäuschen ... an und forderte mit Schreiben vom 2. April 2013 nochmals eine Beantwortung bis 6. April 2013 an. Andernfalls werde er Klage einreichen.

Am 7. April 2013, eingegangen beim Verwaltungsgericht Augsburg am 9. April 2013, erhob der Kläger Klage. Er beantragt zuletzt,

die Beklagte zu verurteilen, die Beschwerde vom 3. August 2012 zu bescheiden.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Gehweg/Einstiegsplatz vor dem Haltestellenhäuschen ... aufgrund der Umgestaltung ein starkes seitliches Gefälle aufweise, was insbesondere im Winter eine erhöhte Gefahrenstelle darstelle. Obwohl er mehrfach die Beantwortung seiner Eingabe angemahnt habe, habe die Beklagte bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung seine Beschwerde nicht verbeschieden.

Mit Schreiben vom 24. Mai 2013, dem Kläger am gleichen Tag per Boten zugeleitet, nahm die Verwaltungsgemeinschaft ... im Auftrag der Beklagten zu der Beschwerde des Klägers Stellung.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Verwaltungsgemeinschaft ... im Auftrag der Beklagten mit Schreiben vom 24. Mai 2013 dem Kläger in Beantwortung seiner Eingabe mitgeteilt habe, dass die hinsichtlich der Bauausführung bei der Bushaltestelle geäußerten Bedenken vom technischen Bauamt der Verwaltungsgemeinschaft ... und einem externen Ingenieurbüro überprüft worden seien. Die Fachleute seien zu dem Ergebnis gekommen, dass kein Fehler bei der Bauausführung vorliege. Das vorhandene Gefälle sei aufgrund der topografischen Situation erforderlich und sei regionaltypisch. Mit diesem Schreiben habe die Beklagte sowohl die Eingabe des Klägers vom 3. Januar 2012 als auch dessen streitgegenständliche Beschwerde vom 3. August 2012 erledigt.

Am 28. Mai 2013 fand ein Ortstermin statt, bei dem das Gericht die vom Kläger geschilderte Gefahrenstelle in Augenschein nahm. Anlässlich dieses Termins erläuterte der Kläger, dass es ihm weiterhin um die Bescheidung seiner Beschwerde gehe. Diese habe durch den Gemeinderat der Beklagten zu erfolgen. Das Schreiben vom 24. Mai 2013 durch die Verwaltungsgemeinschaft ... sehe er nicht als adäquate Beantwortung seiner Eingabe an, da diese nicht die zuständige Stelle sei.

In Ergänzung der Stellungnahme vom 25. Mai 2013 teilte der Bevollmächtigte der Beklagten mit, dass die Verwaltungsgemeinschaft ... im Auftrag der Klägerin tätig geworden sei, da es sich bei der streitgegenständliche Beschwerde um eine laufende Angelegenheit im Sinne von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Gemeindeordnung handele. Aufgrund der Regelungen in der Verwaltungsgemeinschaftsordnung sei der Bürgermeister der Beklagten berechtigt gewesen, die Verwaltungsgemeinschaft ... zur Erledigung der dem eigenen Wirkungskreis zuzurechnenden Aufgabe anzuweisen. Einen Anspruch auf eine bestimmte Entscheidung in Bezug auf seine Eingabe habe der Kläger nicht.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

1. Gemäß Art. 56 Abs. 3 Gemeindeordnung (GO) hat jeder Bürger das Recht, sich mit Eingaben und Beschwerden an den Gemeinderat zu wenden. Gegen die nicht ordnungsgemäße Behandlung einer Petition ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben (BVerwG, U.v. 28.11.1975 – VII C 53.73 – NJW 1976, 637). Dieses Begehren kann im Wege der allgemeinen Leistungsklage gerichtlich geltend gemacht werden.

Der Kläger hat auch einen Anspruch im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO auf Bescheidung seiner Beschwerde, da jeder Bürger infolge des Petitionsrechtes einen Anspruch auf Entgegennahme, sachliche Prüfung und Beantwortung der Petition durch die zuständige Stelle hat (BayVGH, U.v. 10.10.1979 – BayVBl 1981, 211). Aus dieser Beantwortung, die sich nicht auf die bloße Empfangsbestätigung beschränken darf, muss sich zumindest die Kenntnisnahme vom Inhalt der Petition und die Art ihrer Erledigung ergeben (BVerwG, U.v. 28.11.1975 – VII C 53.73 – NJW 1976, 637).

Ob aufgrund der Beantwortung der Beschwerde mit Schreiben vom 24. Mai 2013 durch die Verwaltungsgemeinschaft ... das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage entfallen ist, kann offen bleiben. Der Kläger bestreitet das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Verbescheidung seines Antrages durch dieses Schreiben. Mit seiner Klage verfolgt er das Ziel, durch gerichtlichen Ausspruch die Beklagte zur Beantwortung der aus seiner Sicht noch nicht verbeschiedenen Beschwerde durchzusetzen.

2. Die Klage ist jedenfalls unbegründet, da die Verwaltungsgemeinschaft ... mit Schreiben vom 24. Mai 2013 den Anspruch des Klägers auf Verbescheidung seiner Beschwerde im Sinne von Art. 56 Abs. 3 GO als zuständige Stelle erfüllt hat.

a) Wie der Kläger selbst zutreffend ausführt, ist der Gemeinderat zunächst zuständiger Adressat der Beschwerde, da dieser die Tätigkeit der Gemeindeverwaltung überwacht (Art. 30 Abs. 3 GO). Das bedeutet allerdings nicht, dass auch der Gemeinderat selbst über jede Beschwerde durch Beschluss zu befinden hätte. Denn Art. 56 Abs. 3 GO lässt die innerkommunale Entscheidungszuständigkeit unberührt. Diese richtet sich nach den jeweils einschlägigen Vorschriften der Gemeindeordnung. Für die Entscheidung, welches Organ über die Beschwerde entscheidet, kommt es daher auf den jeweiligen Gegenstand der Eingabe oder Beschwerde an. Sofern es sich um eine laufende Angelegenheit gemäß Art. 37 Abs. 1 GO handelt, bleibt es bei der Zuständigkeit des 1. Bürgermeisters. Als Adressat der Beschwerde ist der Gemeinderat lediglich von der Behandlung der Beschwerde in Kenntnis zu setzen (Baur/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Loseblattsammlung, Stand: September 2012, Art. 56 Rn. 11).

Bei der vorliegenden Beschwerdeangelegenheit handelt es sich um eine laufende Angelegenheit im Sinne von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 GO, da es sich um eine Entscheidung ohne größere Schwierigkeit handelt und diese keine grundsätzlich wichtigen Fragen berührt. Ob eine laufende Angelegenheit im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, ist nicht aus Sicht des Gemeindebürgers, sondern aus Sicht der Gemeindeverwaltung zu beantworten. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Bauausführung unter Einschaltung eines technischen Sachverständigen ist unzweifelhaft eine laufende Angelegenheit, deren Behandlung nicht durch den Gemeinderat erforderlich ist. Hieran ändert auch die Sichtweise des Klägers nichts, dass die beanstandete Bauausführung zu Gefahren für Leib und Leben von Schulkindern führen könnte. Denn nicht die möglicherweise aus Sicht des Klägers eintretende Gefährdungslage, sondern der von der Gemeinde konkret vorzunehmende Handlungsbedarf (Einschaltung eines Sachverständigen) ist Maßstab für die Frage, ob es sich um eine laufende Angelegenheit im Sinne von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 GO handelt.

b) Die Verwaltungsgemeinschaft ... beantwortete die Beschwerde als zuständige Stelle.

Da die Beklagte Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft ist und es sich um eine laufende Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises handelte, war die Verwaltungsgemeinschaft nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 VGemO auf Weisung des 1. Bürgermeisters zur Beantwortung zuständig. Die Verwaltungsgemeinschaft wird im Rahmen des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde als Gemeindebehörde tätig. Das Weisungsrecht der Mitgliedsgemeinde zur Erfüllung dieser Aufgaben ergibt sich aus dem weiterhin verbleibenden Recht auf Erledigung der eigenen Angelegenheiten. Die Verwaltungsgemeinschaft wird daher nur in dem Umfang für die Mitgliedsgemeinde tätig, wie diese es bestimmt. Die vom Kläger zitierte Vorschrift des Art. 4 Abs. 3 VGemO ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da deren Anwendungsvoraussetzungen nicht gegeben sind. Die Zuständigkeit der Verwaltungsgemeinschaft für die Beantwortung der Beschwerde im Auftrag der Beklagten folgt bereits aus der allgemeinen Vorschrift des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 VGemO, so dass für den Abschluss einer besonderen Zweckvereinbarung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 VGemO kein Raum mehr ist.

Dem in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gestellten Antrag auf Vertagung mit dem Ziel, sich Rechtsrat hinsichtlich der Zuständigkeit der Verwaltungsgemeinschaft zu verschaffen, war nicht stattzugeben, da das Klageverfahren gerade dazu dient, die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage zu klären.

c) Die Beschwerde wurde auch inhaltlich zutreffend behandelt. Die zuständigen Stellen haben von der Petition Kenntnis genommen und haben unter Einschaltung des technischen Bauamts und eines externen Ingenieurbüros den vorgetragenen Sachverhalt überprüft. Dies wurde dem Kläger mit Schreiben vom 24. Mai 2013 mitgeteilt. Einen Anspruch auf eine bestimmte Entscheidung vermittelt Art. 56 Abs. 3 GO dem Kläger gerade nicht.

d) Eine Rechtsverletzung ergibt sich auch nicht daraus, dass dem Kläger die Weiterleitung des Beschwerdeschreibens vom 3. August 2012 an den 1. Bürgermeister nicht mitgeteilt worden ist. Insoweit handelt es sich lediglich um eine Zwischenmitteilung, die möglicherweise unterblieben ist, jedoch keine Rechtsverletzung begründet.

Dem mit dem Prozess verbundenen Kostenrisiko hätte der Kläger entgehen können, wenn er aufgrund des Antwortschreibens vom 24. Mai 2013 die Streitsache für erledigt erklärt und beantragt hätte, der Beklagten die Kosten seines Klageverfahrens aufzuerlegen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.  

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Der Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG. Das Gericht hat den Streitwert nach der für den Kläger ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen festgelegt.