Verwaltungsgericht Oldenburg
Entscheidung vom 21.01.2014, Az.: 3 B 6802/13
Entscheidungsgründe
Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage (3 A 6801/13) nach den §§ 34 a Abs. 2 Satz 1, 75 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) anzuordnen, soweit sie sich gegen die im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden Bundesamt genannt) vom 18. November 2013 enthaltene Abschiebungsanordnung nach Italien (Nr. 2 des Bescheidtenors) richtet - das in der Antragsschrift angegebene Datum des angegriffenen Bescheides beruht offensichtlich auf einem Versehen -, ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Für eine nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Entscheidung ist maßgebend, ob das private Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Vollzug des Verwaltungsaktes überwiegt. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorrangig zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2005 - 4 VR 1005/04 -, juris, Rn. 10, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf BVerwGE 123, 241). Hat der Rechtsbehelf voraussichtlich Erfolg, weil der angegriffene Verwaltungsakt offenbar fehlerhaft ist, überwiegt das Aussetzungsinteresse des Betroffenen das öffentliche Vollzugsinteresse. Der Antrag ist dagegen in aller Regel unbegründet, wenn der Antragsteller im Verfahren zur Hauptsache keinen Erfolg haben wird, insbesondere, wenn die angegriffene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist. Denn an der sofortigen Vollziehung eines offenbar rechtmäßigen Verwaltungsaktes besteht regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 30. Oktober 1990 - 3 M 22/90 -, NVwZ 1991, 496). Bei offenem Ausgang des Klageverfahrens ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in den Fällen, die - wie hier - nicht von § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfasst werden, einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat (s. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Eine Einzelfallbetrachtung ist grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände geboten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist. Dabei ist der Rechtsschutzanspruch umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Behörde Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 -, juris, Rn. 19 ff., mit Veröffentlichungshinweis auf NVwZ 2004, 93; BVerwG, Beschluss vom 14. April 2005, a.a.O., Rn. 12).
Ausgehend von diesem Maßstab überwiegt das Suspensivinteresse des Antragstellers nicht das öffentliche Vollzugsinteresse. Die im angegriffenen Bescheid enthaltene Abschiebungsanordnung ist aller Voraussicht nach rechtmäßig. Dabei ist auf die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse abzustellen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).
§ 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bestimmt ausdrücklich, dass das Bundesamt die Abschiebung anordnet „sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann“. Die Abschiebungsanordnung darf als Festsetzung eines Zwangsmittels erst dann ergehen, wenn alle Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Abschiebung nach § 26 a oder § 27 a AsylVfG i.V.m. § 34 a AsylVfG erfüllt sind. Vor Erlass der Abschiebungsanordnung ist zu prüfen, ob die Abschiebung in den Dritt- bzw. Mitgliedstaat - wenn auch nur vorübergehend - rechtlich unzulässig oder tatsächlich unmöglich ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 2. August 2012 - 4 MC 133/12 -, juris, Rn. 5 ff.).
Die Abschiebung ist aber weder rechtlich unzulässig noch tatsächlich unmöglich.
Insbesondere ist nicht die Antragsgegnerin, sondern Italien für den Asylantrag des Antragstellers zuständig, der - hiervon ist auszugehen - in Italien den subsidiären Schutzstatus erhalten hat. Er gab bei seiner Anhörung beim Bundesamt am 24. Oktober 2013 nämlich an „In Italien hatte ich einen Aufenthalt für drei Jahre.“ Eine Person mit subsidiärem Schutzstatus erhält eine drei Jahre gültige Aufenthaltsbewilligung. Personen mit subsidiärem Schutz sind italienischen Bürgern in Bezug auf Arbeit, Ausbildung, Gesundheitsversorgung und Sozialhilfe gleichgestellt. Sie haben auch das Recht auf Familiennachzug, sofern gewisse Voraussetzungen bezüglich Einkommen und Wohnung erfüllt sind (s. Schweizerische Flüchtlingshilfe und Juss-Buss, Norwegen, „Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien - Bericht über die Situation von Asylsuchenden, Flüchtlingen und subsidiär oder humanitär aufgenommenen Personen, mit speziellem Fokus auf Dublin-Rückkehrende“, Mai 2011, S. 31). Die Prüfung der Zuständigkeit richtet sich trotz des Inkrafttretens der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung) - Dublin III-VO -, am 19. Juli 2013 (dazu s. Art. 49 Unterabs. 1 Dublin III-VO) nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 - Dublin II-VO - (EG-AsylZustVO), weil die Dublin III-VO nicht auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar ist, die vor dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten - also vor dem 1. Januar 2014 - gestellt wurden und für die vor diesem Zeitpunkt auch um Aufnahme oder Wiederaufnahme nachgesucht wurde (s. Art. 49 Unterabs. 2 Dublin III-VO) (vgl. Bender/Bethke, Asylmagazin 2013, 358 <363 f.>; vgl. dagegen VG Hannover, Beschluss vom 9. Januar 2014 - 1 B 7895/13 - juris, Rn. 20, das sinngemäß ausführte, die Anwendbarkeit der Dublin III-VO für Aufnahme- und Wiederaufnahmegesuche beziehe sich nicht auf bereits vor dem 1. Januar 2014 gestellte und beantwortete Gesuche). Laut Wiederaufnahmegesuch des Bundesamtes vom 1. November 2013 stellte der Antragsteller dort am 23. Januar 2013 und damit erstmals im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einen Asylantrag, nachdem ihm gemäß dem genannten Gesuch dort bereits am 4. November 2012 erstmals Fingerabdrücke abgenommen worden waren. Anschließend wurde dem Antragsteller in Italien eine Aufenthaltsbewilligung und damit ein Aufenthaltstitel erteilt, wobei der Ausdruck „Aufenthaltstitel“ nach Art. 2 Buchst. j) Dublin II-VO jede von den Behörden eines Mitgliedstaats erteilte Erlaubnis bezeichnet, mit der der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats gestattet wird, einschließlich der Dokumente, mit denen die Genehmigung des Aufenthalts im Hoheitsgebiet im Rahmen einer Regelung des vorübergehenden Schutzes oder bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die eine Ausweisung verhindernden Umstände nicht mehr gegeben sind, nachgewiesen werden kann. Die zuständige italienische Behörde stimmte dem Gesuch mit Schreiben vom 15. November 2013 zu, wobei sie ihre Entscheidung auf Art. 16 Abs. 2 Dublin II-VO stützte. Nach dieser Bestimmung fallen einem Mitgliedstaat die Verpflichtungen nach Absatz 1 zu, wenn er dem Antragsteller - wie hier - einen Aufenthaltstitel erteilt hat. Bei dieser Norm handelt es sich um ein besonderes Zuständigkeitskriterium. Aus der Formulierung „dem Antragsteller“ ergibt sich, dass sie erst dann zur Anwendung kommt, nachdem der Drittstaatsangehörige in einem Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt hat, und sie setzt voraus, dass die Zuständigkeit bereits feststeht, was die Führung eines Aufnahmeverfahrens ausschließt (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung, 3. Aufl. 2010, Stand: 1. Dezember 2009, Art. 16 K 15 f.; vgl. auch Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Komm., Stand: Juni 2012, § 27 a Rn. 63 und 185). In einem Wiederaufnahmeverfahren ist lediglich zu überprüfen, ob die Zuständigkeit erloschen ist (vgl. Filzwieser/Sprung, a.a.O., K 5; Schweiz. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20. Dezember 2013 - D-3649/2013 -, abrufbar unter http://www.bvger.ch). Dies ist hier weder ersichtlich noch dargelegt worden.
Im Hinblick auf die nachfolgenden Erwägungen ist vorab festzustellen, dass sich der Antragsteller auf Mängel des Asylverfahrens schon deshalb nicht berufen können dürfte, weil sein Verfahren in Italien unter Berücksichtigung der oben dargestellten Erwägungen aller Voraussicht nach schon abgeschlossen ist. Dafür könnte auch sprechen, dass es im oben genannten Schreiben der italienischen Behörde vom 15. November 2013 sinngemäß u.a. heißt, der Ausländer werde dem Aufnahmezentrum zugeordnet, solange es für die zuständige Polizeibehörde notwendig sei, die Unterlagen im Zusammenhang mit der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung zu überprüfen („The alien shall be assigned to the Reception Centre for Asylum Seekers and Refugees as long as it is necessary for the competent Police Authorities to check the documents related to the issue of a permit of residence.“). Abschließend braucht dies aber nicht geklärt zu werden, weil es rechtlich unerheblich ist.
Es ist rechtlich zwar unzulässig, einen Antragsteller an den ursprünglich nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin II-VO als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, wenn dem den zuständigen Mitgliedstaat bestimmenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) (ABl. der EU vom 30. März 2010, C 83/389) ausgesetzt zu werden (vgl. Europäischer Gerichtshof - EuGH -, Urteile vom 14. November 2013 - C-4/11 -, juris, Rn. 29 ff., und 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris, C-411/10 und Rn. 94, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ 2012, 417 ff.), der dem wortgleichen Art. 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II S. 685, 953) entspricht und dieselbe Bedeutung und Tragweite hat (s. Art. 52 Abs. 3 GR-Charta und Erläuterung zu Art. 52 GR-Charta, ABl. der EU vom 14. Dezember 2007, C 303/17). Im zuletzt genannten Urteil legte der EuGH u.a. dar, das Gemeinsame Europäische Asylsystem stütze sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und die Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt werde, wo er Verfolgung ausgesetzt sei. Die Beachtung der Genfer Flüchtlingskonvention und des Protokolls von 1967 sei in Art. 18 GR-Charta und in Art. 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geregelt (Rn. 75). Nach gefestigter Rechtsprechung hätten überdies die Mitgliedstaaten nicht nur ihr nationales Recht unionsrechtskonform auszulegen, sondern auch darauf zu achten, dass sie sich nicht auf eine Auslegung einer Vorschrift des abgeleiteten Rechts stützen würden, die mit den durch die Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten oder den anderen allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts kollidiere (Rn. 77). Die Prüfung der Rechtstexte, die das Gemeinsame Europäische Asylsystem bildeten, ergebe, dass dieses in einem Kontext entworfen worden sei, der die Annahme zulasse, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte beachten würden, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden würden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürften (Rn. 78). Gerade aufgrund dieses Prinzips des gegenseitigen Vertrauens habe der Unionsgesetzgeber u.a. die Dublin II-VO erlassen, um die Behandlung der Asylanträge zu rationalisieren und zu verhindern, dass das System dadurch stocke, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssten, und um die Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmung des für die Behandlung des Asylantrags zuständigen Staates zu erhöhen und damit dem „forum shopping“ zuvorzukommen, wobei all dies hauptsächlich bezwecke, die Bearbeitung der Anträge im Interesse sowohl der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten zu beschleunigen (Rn. 79). Unter diesen Bedingungen müsse die Vermutung gelten, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK stehe. Allerdings könne nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoße, so dass eine ernst zu nehmende Gefahr bestehe, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden würden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar sei (Rn. 80 f.). Zu berücksichtigen ist aber, dass nicht jeder Verstoß gegen die EMRK (vgl. VG Hannover, Urteil vom 7. November 2013 - 2 A 75/13 -, juris, Rn. 21) und nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat die Verpflichtungen der übrigen Mitgliedstaaten zur Beachtung der Bestimmungen der Dublin II-VO berührt. Es wäre auch nicht mit den Zielen und dem System der Dublin II-VO vereinbar, wenn der geringste Verstoß gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen würde, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011, a.a.O., Rn. 82 und 84; vgl. auch Hailbronner/Thym, NVwZ 2012, 406 <408>, die ausführen, der Begriff der systemischen Mängel fordere den Nachweis der reellen Unfähigkeit des Verwaltungsapparates zur Beachtung des Art. 4 GR-Charta, und Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, a.a.O., Rn. 32, der darlegt, eine fehlerhafte Anwendung der maßgeblichen unionsrechtlichen und völkerrechtlichen Normen reiche grundsätzlich nicht aus, auch wenn es sich nicht um singuläre Einzelfälle handele).
Im Übrigen reicht unabhängig vom Erfordernis der Existenz systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern die drohende Überstellung in einen Mitgliedstaat, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem überstellenden Mitgliedstaat, nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten. Diese Regelungen können nicht so ausgelegt werden, dass sie die Mitgliedstaaten verpflichten, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen. Sie enthalten keine allgemeine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Ausländern, die von einer Überstellung betroffen sind, gewähren die genannten Regelungen grundsätzlich keinen Anspruch mit dem Ziel, in einem Mitgliedstaat zu verbleiben, um dort weiterhin von medizinischer, sozialer oder anderweitiger Unterstützung oder Leistung zu profitieren. Wenn keine außergewöhnlich zwingenden humanitären Gründe vorliegen, die gegen eine Überstellung sprechen, ist allein die Tatsache, dass die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse bedeutend geschmälert würden, falls ein Antragsteller überstellt werden würde, nicht ausreichend, einen Verstoß gegen die zuletzt genannten beiden Vorschriften zu begründen (vgl. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte - EGMR - (3. Kammer), Entscheidung vom 2. April 2013 - 27725/10 -, ZAR 2013, 336 f., Rn. 70 f. - Mohammed Hussein u.a./Niederlande u. Italien -, die offizielle Fassung in der englischen Amtssprache ist abrufbar unter http://hudoc.echr.coe.int/sites/fra/pages/search.aspx?i=001-118927). Die Verantwortlichkeit eines Staates nach Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK wegen der Behandlung eines Ausländers kann allerdings ausnahmsweise begründet sein, wenn dieser vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig ist und behördlicher Gleichgültigkeit gegenübersteht, obwohl er sich in so ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befindet, dass dies mit der Menschenwürde unvereinbar ist (vgl. zur Situation in Griechenland: EGMR - Große Kammer -, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -, NVwZ 2011, 413 ff., Rn. 253 - M.S. S./Belgien u. Griechenland -, der an anderer Stelle von einer „Situation äußerster materieller Armut“ spricht (s. Rn. 252, „situation of extreme material poverty“); die offizielle Fassung in der englischen Amtssprache ist abrufbar unter http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-103050; vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - 10 B 16.12 -, juris, Rn. 9, mit Veröffentlichungshinweis auf InfAuslR 2013, 45).
Ausgehend von den vorstehend dargestellten Maßstäben ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass in der Republik Italien die genannten Voraussetzungen vorliegen, um deshalb die Unzulässigkeit der Überstellung des Antragstellers feststellen zu können (die gleiche Auffassung im Ergebnis vertretend z.B. VG Oldenburg, Beschlüsse vom 6. Dezember 2013 - 3 B 6728/13 - und 11. Dezember 2013 - 3 B 6820/13 -, jeweils V.n.b.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. November 2013 - 4 L 44/13 -, VG Trier, Beschluss vom 6. November 2013 - 5 L 1539/13.TR -, VG Saarland, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - 3 L 1891/13 -, OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 17. Oktober 2013 - OVG 3 S 40.13 - und vom 24. Juni 2013 - OVG 7 S 58.13 -, VG Ansbach, Beschluss vom 18. September 2013 - AN 2 K 13.30675 -, VG Hannover, Urteil vom 13. September 2013 - 2 A 4489/12 -, VG Hamburg, Urteil vom 18. Juli 2013 - 10 A 581/13 -, VG Augsburg, Gerichtsbescheid vom 18. Juli 2013 - Au 6 K 13.30132 -, VG Regensburg, Urteil vom 18. Juli 2013 - RN 5 K 13.30027 -, jeweils juris, und Nds. OVG, Beschluss vom 2. August 2012 - 4 MC 133/12 -, a.a.O.; a.A. VG Gießen, Urteil vom 25. November 2013 - 1 K 844/11.GI.A -, und Beschluss vom 28. August 2013 - 1 L 1550/13.GI.A -, VG Frankfurt a.M., Urteil vom 9. Juli 2013 - 7 K 560/11.F.A -, VG Köln, Beschluss vom 7. Mai 2013 - 20 L 613/13.A -, jeweils juris).
Dies ergibt sich insbesondere aus der genannten Entscheidung des EGMR vom 2. April 2013, in der er u.a. ausgeführt hat, unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und -organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien, komme der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, einige Mängel aufweisen mögen, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigten, wie es im Fall M.S.S. gegen Belgien und Griechenland der Fall gewesen sei. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars würden auf jüngste Verbesserungen der Situation hinweisen mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigten übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf die Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten seien (a.a.O., Rn. 78; kritisch zu dieser Entscheidung Lehnert, Asylmagazin 2013, 324 ff., der - teilweise sinngemäß - u.a. ausgeführt hat, die vom EGMR herangezogenen Berichte verschiedener Nichtregierungsorganisationen und Institutionen, unter anderem der Bericht „UNHCR Recommendations on important aspects of refugee protection in Italy“ des UNHCR von Juli 2012, der am 18. September 2012 veröffentlichte Bericht des Europarates - Commissioner for Human Rights, Mr Nils Muižnieks -, der „Dublin II Regulation National Report“ eines europäischen Netzwerks von Nichtregierungsorganisationen vom 19. Dezember 2012 sowie schließlich der am 3. Februar 2013 veröffentlichte Report “Dublin II Regulation, Lives on hold”, der gemeinsam von vier Flüchtlingshilfsorganisationen verfasst worden sei (zu diesen Berichten s. EGMR, a.a.O., Rn. 43 bis 50), kämen allesamt, wenngleich mit jeweils unterschiedlicher Intensität und Stoßrichtung, zu dem Ergebnis, dass die Aufnahmemöglichkeiten von Asylsuchenden völlig unzureichend seien, die sanitären Bedingungen und Wohnbedingungen zu einem Großteil nicht der EU-Aufnahmerichtlinie entsprächen und im Vergleich zur Zahl der Antragsteller viel zu wenige Plätze zur Verfügung stünden, und insbesondere subsidiäre Schutzberechtigte vielfach keinen oder nur sehr lückenhaften Zugang zu Unterkunft, Versorgung und medizinische Unterstützung hätten).
Das beschließende Gericht folgt den Ausführungen des EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweils entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08 u.a. -, juris, Rn. 89 f., mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf BVerfGE 128, 326 ff., und BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 -, juris, Rn. 46, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ 2013, 1087 ff.). Ferner besteht eine aus der Transferklausel des Art. 52 Abs. 3 GR-Charta resultierende Bindung des EuGH an die Rechtsprechung des EGMR (vgl. Obwexer, EuR 2012, 115 <145 f.>, der unter Hinweis u.a. auf das oben genannte Urteil des EuGH vom 21. Dezember 2011 ausführt, die Bindung sei in der Praxis schon mehrfach zur Anwendung gekommen).
Des Weiteren wird auf die folgenden Erwägungen des OVG Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 14. November 2013 (a.a.O.) Bezug genommen:
„Der EGMR hat damit ausdrücklich keine systemischen Mängel in Italien angenommen (vgl. dazu auch Schweizer Bundesverwaltungsgericht, Urt. v. 20. Juni 2013 - E 1814/2013 -). Die dagegen unter Hinweis auf die vom EGMR vorgenommene Einzelfallprüfung (vgl. VG Gießen, Urt. v. 28. August 2013, a.a.O.), den an Art. 3 EMRK orientierten Prüfungsmaßstab und die unterlassene Berücksichtigung bestimmter Gutachten (vgl. VG Köln, Beschl. v. 7. Mai 2013, a.a.O.) oder die Fehlerhaftigkeit der gegebenen Begründung (vgl. VG Frankfurt a.M., Urt. v. 9. Juli 2013, a.a.O.) erhobenen Einwendungen sind angesichts der in der Entscheidung getroffenen Feststellung von vornherein nicht durchgreifend. Im Übrigen hat der EGMR seine Einschätzung inzwischen in einer Entscheidung v. 10. September 2013 (- 2314/10 -, zit. nach HUDOC
Ergänzend ist hinzuzufügen, dass zwar in den im Folgenden genannten aktuellen Erkenntnismitteln, die der EGMR in seinen oben dargestellten Entscheidungen vom 2. April 2013 und 10. September 2013 nicht berücksichtigt hat, nämlich im Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe „Italien: Aufnahmebedingungen - Aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden“ von Oktober 2013 (abrufbar unter http://www.fluechtlingshilfe.ch/news/italienbericht/1310-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen.pdf) und in der Stellungnahme des UNHCR gegenüber dem Verwaltungsgericht Freiburg von Dezember 2013 sowie den „UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien“ von Juli 2013 ebenfalls teilweise erhebliche Missstände beschrieben werden.
Ausgangspunkt des Berichts der Schweizerischen Flüchtlingshilfe ist der Besuch einer Delegation der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 27. Mai bis zum 7. Juni 2013 in Italien. Dabei wird eingangs darauf hingewiesen, dass die Situation in Italien im vorliegenden Bericht anhand der Beispiele von Rom und Mailand aufgezeigt werde. Aufgrund großer Differenzen je nach Gemeinde und Region könne kein Überblick über die Situation im ganzen Land gegeben werden (S. 1). In der Zusammenfassung wird ausgeführt, dass die große Mehrheit (83,9 Prozent) der Dublin-Überstellungen nach Italien aus der Schweiz komme. Insgesamt 3551 Dublin-Überstellungen nach Italien im Jahr 2012 stünden 8000 staatliche Aufnahmeplätze gegenüber. 64.000 anerkannte Flüchtlinge lebten bereits in Italien. Der sogenannte „Notstand Nordafrika“ sei Ende Februar 2013 beendet worden. Ungefähr 16.000 Personen hätten die Notstandsunterkünfte verlassen müssen. Etwa 3000 Verletzliche hätten noch länger bleiben können und sollten ins SPRAR (Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati - Schutzsystem für Asylsuchende und Flüchtlinge) versetzt werden. Nach wie vor bestünden Mängel beim Zugang zum Asylverfahren. In Mailand werde systematisch eine Wohnbestätigung verlangt, damit man ein Asylgesuch einreichen könne. Auch in Rom müssten die Asylsuchenden eine Adresse vorweisen. Sowohl in Mailand als auch in Rom könne es mehrere Monate dauern bis zur formellen Registrierung des Asylgesuchs (verbalizzazione). In dieser Zeit hätten die Betroffenen keine Unterkunft. Anders als rücküberstellte Asylsuchende erhielten Rücküberstellte, die bereits einen Schutzstatus in Italien hätten, keine Unterstützung. Sie hätten keinen Zugang zu den Flughafen-NGOs und können nicht in den FER-Projekten (Fondo europeo per i rifugiati: vom Europäischen Flüchtlingsfonds finanzierte Unterkünfte) unterkommen. Sie könnten frei nach Italien einreisen, müssten aber für sich selber schauen. Das italienische System sehe vor, dass Schutzberechtigte spätestens ab Erhalt ihres Status arbeiten dürften. Deshalb werde auch erwartet, dass sie sich ab diesem Zeitpunkt selbst versorgen könnten. Sie hätten keinen Zugang mehr zu den CARA (Centri di accoglienza per richiedenti asilo - Aufnahmezentren für Asylsuchende). Zum SPRAR hätten sie Zugang, sofern sie diese Möglichkeit nicht schon vorher ausgeschöpft hätten. Die Anzahl der SPRAR-Plätze sei sehr beschränkt (aktuell 4800, ab 2014 sollten sie auf 16.000 erhöht werden), und es befänden sich 5000 Personen auf der Warteliste. Die Aufenthaltsdauer betrage sechs Monate und könne bis auf zwölf Monate verlängert werden, bei Verletzlichen allenfalls länger. Diese Zeit reiche jedoch in den meisten Fällen nicht aus, um die Selbständigkeit zu erreichen. Viele Personen landeten in der Obdachlosigkeit oder in besetzten Häusern und Slums. Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise und der hohen Arbeitslosigkeit (12 Prozent beziehungsweise 39,5 Prozent unter jungen Erwachsenen) sei es für Asylsuchende und Schutzberechtigte praktisch unmöglich, eine Arbeit zu finden. Wenn es ihnen gelinge, sei es meist Schwarzarbeit, schlecht bezahlt und auf kurze Zeit befristet. Der Verdienst reiche nicht aus, um eine Wohnung zu mieten und die Existenz zu sichern. Bezüglich Sozialhilfe seien anerkannte Flüchtlinge zwar mit Italienern gleichgestellt. Das italienische Sozialhilfesystem sei jedoch sehr schwach und könne kein Existenzminimum garantieren. Die Wartezeit für eine Sozialwohnung betrage mehrere Jahre, auch für Familien. Das italienische System beruhe stark auf der Unterstützung der Betroffenen durch ihre Familie. Auf ein solches familiäres Netzwerk könnten Flüchtlinge jedoch nicht bauen. Der Zugang zur Gesundheitsversorgung werde in der Praxis dadurch beeinträchtigt, dass viele Asylsuchende und Schutzberechtigte nicht über ihre Rechte und das administrative Verfahren zum Erhalt einer Gesundheitskarte informiert seien. Es bestünden systemische Mängel im italienischen Aufnahmesystem für Asylsuchende und Schutzberechtigte (S. 4 - 7).
Der UNHCR führt in seiner Stellungnahme von Dezember 2013 - im Wesentlichen unter Verwendung von Zitaten aus seinem Bericht „UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien“ von Juli 2013 - u.a. aus, obwohl Italien erhebliche Bemühungen unternommen und finanzielle Mittel aufgewendet habe, um auf die im Jahr 2011 unerwartet hohe Zahl der auf dem Seeweg ankommenden Personen zu reagieren, habe der als Reaktion auf den „Nordafrika-Immigrationsnotstand“ eingerichtete Notaufnahmeplan lange bestehende Mängel des Aufnahmesystems aufgezeigt, einschließlich des Mangels an strategischer und struktureller Planung und der Grenzen, die einer Notfallplanung gesetzt seien. Nach Ansicht von UNHCR illustriere dies den Bedarf an einem konsolidierten und koordinierten nationalen Aufnahmesystem. Die Lücken, die im Laufe der Zeit entstanden seien, hätten eine zusätzliche Belastung für das Aufnahmesystem als Ganzes dargestellt, so dass Italien nicht vorbereitet gewesen sei, um angemessen auf Notsituationen zu reagieren, wenn sie aufträten, wie jene im Jahr 2011. Das Innenministerium habe im Rahmen der Strategie zum Ausstieg aus dem Notaufnahmeplan versprochen, die Aufnahmekapazität des Schutzsystems für Asylsuchende und Flüchtlinge (SPRAR) von 3.000 auf 5.000 Plätze zu erhöhen mit der Möglichkeit einer weiteren Erhöhung auf 8.000 im Falle von signifikanten Zuströmen. UNHCR begrüße die Entscheidung des Innenministeriums, unterstreiche jedoch die Notwendigkeit einer umfassenden Reform des Aufnahmesystems, die auch eine Unterstützung anerkannter Flüchtlinge nach der Anerkennung berücksichtigen solle. In der Tat sei festzuhalten, dass, obwohl die staatlichen Einrichtungen und SPRAR-Projekte (die sowohl Asylsuchende als auch anerkannte Flüchtlinge unterbringen könnten) in der Lage seien, den Aufnahmebedarf einer erheblichen Zahl an Asylsuchenden zu decken, die Unterstützungsmaßnahmen für anerkannte Flüchtlinge nach wie vor äußerst unzureichend seien. Asylsuchende, die einen Aufenthaltstitel erhalten hätten, hätten das Recht und die Pflicht, dem staatlichen Gesundheitssystem beizutreten. Diese Voraussetzung werde von Asylsuchenden, die in SPRAR-Projekten untergebracht seien, in der Regel erfüllt. Asylsuchende hingegen, die nach Ablauf des Anfangszeitraums der gesetzlich vorgesehenen 20 bis 35 Tage in einem CARA verblieben, weil die Zahl an verfügbaren Plätzen in den SPRAR-Projekten beschränkt sei, erhielten nicht systematisch einen Aufenthaltstitel und könnten daher dem staatlichen Gesundheitssystem nicht beitreten. Asylsuchende, die gemäß der Dublin-Verordnung nach Italien zurückgeführt würden, würden in der Regel an die Hauptflughäfen in Italien (Rom, Mailand, in begrenzter Anzahl auch Bari und Venedig) überstellt. Grundsätzlich würden die Nichtregierungsorganisationen, die die Informationsdienste unterhielten, vorab über die Ankunft von „Dublin-Fällen“ unterrichtet, um Informationen bereitzustellen und das Asylverfahren in Italien in Gang zu setzen. Die Personen, die gemäß der Dublin-Verordnung zurückgeführt würden, erhielten von der Grenzpolizei am Flughafen ein Einladungsschreiben, mit dem sie Asyl bei der zuständigen Polizeidirektion (Questura) beantragen könnten. Diese zuständige Direktion werde anhand einer Reihe von Kriterien, wie z. B. dem Ort der früheren Asylregistrierung oder Verfügbarkeit von Plätzen in bestimmten Aufnahmezentren, festgelegt. In Rom werde der Asylantrag unmittelbar auf dem Flughafengelände registriert. Gemäß Dublin-Verordnung überstellte Personen, die als Asylsuchende registriert seien, hätten bei ihrer Rückkehr nach Italien in der Regel Zugang zu Transitunterbringungseinrichtungen, die in Mailand (35 Plätze), Rom (150 Plätze), Venedig (40) und Bari (20) zur Verfügung stünden. International Schutzberechtigte, die vor ihrer Abreise internationalen Schutz in Italien erhalten hätten, erhielten jedoch keinen Zugang zu diesen Einrichtungen, wenn sie gemäß Dublin-Verordnung zurücküberstellt würden (S. 5 bis 7). In der Praxis gebe es ungeachtet signifikanter Verbesserungen weiterhin eine Reihe von Lücken, insbesondere hinsichtlich der Aufnahme von Asylsuchenden und der Integration von Flüchtlingen und anderen Personen, die internationalen Schutz erhalten hätten, die zu einer Situation führten, in der eine erhebliche Zahl dieser Personen ein benachteiligtes und marginalisiertes Leben führten. Die zuständigen Behörden hätten Anstrengungen unternommen, das Registrierungsverfahren für Asylanträge durch ein neues Onlinesystem und interne Anweisungen zu beschleunigen, die Bearbeitung von Einzelfällen im gesamten Verfahren zu verbessern und die Zeit zwischen dem Zeitpunkt, an dem eine Person ihre Absicht äußere, Asyl zu beantragen, und der formalen Registrierung des Antrags zu überwachen und Verzögerungen umgehend entgegenzuwirken. Trotz dieser positiven Entwicklungen habe es weiterhin Berichte gegeben, die darauf hindeuteten, dass in einigen Fällen die Registrierung der Asylanträge erst mehrere Wochen nachdem Asylsuchende ihre Absicht geäußert gehabt hätten, einen Asylantrag zu stellen, vorgesehen gewesen sei. Von dieser Praxis seien auch die nach der Dublin-Verordnung nach Italien überstellten Personen betroffen, die in anderen europäischen Ländern internationalen Schutz beantragt hätten, nachdem sie zuvor durch Italien durchgereist seien, ohne einen Asylantrag zu stellen. Diese Verzögerung könne zu einem verspäteten Zugang zu den im Rahmen der Aufnahme gewährten Leistungen führen sowie zu längeren Zeitspannen, bevor über den Fall eine Entscheidung getroffen werde (S. 8). UNHCR sei weiterhin insgesamt mit den Schutzstandards im Rahmen der Asylverfahren und der Arbeit der Territorial-Kommissionen, einschließlich der Schutzquoten für Personen, die internationalen Schutz benötigten, zufrieden. Die Positionen und Richtlinien von UNHCR, z. B. in Bezug auf bestimmte Herkunftsländer oder rechtliche Aspekte, wie etwa die Furcht vor Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, würden gebührend berücksichtigt. Zwischen Juli 2012 und Ende Juni 2013 seien in Italien 20.905 Asylanträge (davon 20.590 Erstanträge) gestellt worden. Dabei seien die Antragszahlen im Vergleich zwischen dem 2. Quartal 2012 und dem 2. Quartal 2013 um 66 % angestiegen. Im 2. Quartal 2013 seien 6.820 Entscheidungen über Erstanträge getroffen worden; in 12 % der Fälle sei Flüchtlingsschutz gewährt worden, 20% hätten subsidiären Schutz nach den EU-Bestimmungen erhalten, 22 % sei ein Aufenthalt aus humanitären Gründen zugesprochen und 46 % der Anträge seien abgelehnt worden (einschließlich Ablehnungen aufgrund anderweitiger Zuständigkeit nach der Dublin-II VO) (S. 10). Hinsichtlich der Aufnahme von Asylsuchenden bestünden weiterhin erhebliche Unterschiede in den verschiedenen Teilen Italiens, die von der Aufnahmeeinrichtung und allgemein von der vor Ort bestehenden Praxis abhängig seien. Die Praxis der Beschränkung der Aufnahme in CARAs auf maximal sechs Monate, die bei Asylsuchenden unabhängig davon angewandt worden sei, ob sie in der Lage seien, für sich selbst zu sorgen, und noch bevor sie eine erstinstanzliche Entscheidung über ihre Anträge innerhalb dieses Zeitraums erhalten hätten, scheine abgeschafft worden zu sein. Davon abgesehen gehe diese Entwicklung nicht auf den Bedarf an einer Fortsetzung der Unterbringung von Asylsuchenden in Aufnahmeeinrichtungen ein, die auf eine Entscheidung über ihren Rechtsbehelf gegen ablehnende Entscheidungen warteten und die, auch wenn sie das Recht hätten zu arbeiten, eventuell nicht in der Lage seien, sich einen angemessenen Lebensstandard außerhalb der Aufnahmeeinrichtungen, einschließlich einer Unterkunft, zu sichern. UNHCR erhalte auch weiterhin Berichte über Fälle, in denen Asylsuchende nicht sofort Zugang zu Aufnahmemaßnahmen gewährt werde, wenn sie internationalen Schutz beantragten, sondern diesen stattdessen erst Wochen oder Monate später erhielten. Die Verzögerungen seien das Ergebnis struktureller Lücken und eines Kapazitätsmangels im bestehenden Aufnahmesystem, langsamer Verwaltungsverfahren und Problemen in der Registration von Asylanträgen. Auch wenn es lokal Unterschiede gebe, seien alternative Maßnahmen zur Sicherung des Lebensunterhalts von Asylsuchenden im Falle von Verzögerungen selten verfügbar. Eine befristete finanzielle Unterstützung, die in Fällen vorgesehen sei, in denen sich die Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen verzögere (Art. 6 Abs. 7 Gesetzesdekret Nr. 140/2005) werde nach Kenntnis von UNHCR nicht gewährt. Das Innenministerium habe Ende 2012 zugestimmt, im Rahmen des Präsidium-Projekts ein Überwachungssystem in den staatlichen Einrichtungen testweise einzuführen. An jedem Ort, an dem sich staatliche Einrichtungen befänden, sei eine Überwachungskommission eingerichtet worden, deren Vorsitz die lokale Präfektur führe, und deren Mitglieder regionale Polizeidirektionen und Partnerorganisationen des Präsidium-Projekts seien. Nach Ansicht von UNHCR sei dies ein erster Versuch, systematischere Überwachungs- und Qualitätskontrollsysteme zu entwickeln. Dies setze ein starkes Engagement der Präfekturen und die Bereitschaft des Innenministeriums zur Sicherstellung von angemessenen Folgemaßnahmen voraus (S. 11 f.). Das SPRAR-System sei aufgrund seiner geringen Kapazität nur eingeschränkt fähig, eine angemessene Unterbringung für alle Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz zu sichern. Nach den Forschungsberichten, die im Jahr 2011 veröffentlicht worden seien, hätten schätzungsweise nur 32,4 % der Drittstaatsangehörigen, die eine Form von internationalem Schutz oder einen nationalen humanitären Schutzstatus erhalten hätten, Zugang zu der vom SPRAR bereitgestellten Aufnahmehilfe, die auf soziale Eingliederung ausgerichtet sei. Eine der offensichtlichsten und schwerwiegendsten negativen Folgen dieser Situation sei die Zunahme der Zahl von Flüchtlingen und anderen international Schutzberechtigten, die in von Gemeinden unterhaltenen Obdachloseneinrichtungen oder Notunterkünften untergebracht seien. Zusätzlich lebe eine zunehmende Zahl an international Schutzberechtigten, einschließlich Familien mit Kindern und Personen mit geistigen Behinderungen, in armseligen Verhältnissen in Behelfssiedlungen oder besetzten Gebäuden (sogenannte „Hot-Spots”), die in den großstädtischen Gebieten von Rom, Mailand, Florenz und Turin angesiedelt seien. In zwei von der Europäischen Kommission (aus ERF-Mitteln) und dem Innenministerium geförderten und im Jahr 2012 von Caritas und dem italienischen Flüchtlingsrat (CIR) veröffentlichten Forschungsprojekten seien die Schwierigkeiten der Integration von Flüchtlingen analysiert, und die Tatsache hervorgehoben worden, dass eine steigende Zahl an international Schutzberechtigten obdachlos werde oder verlassene Häuser besetze. Von einer Nichtregierungsorganisation in Rom durchgeführte Recherchen habe ergeben, dass ca. 1.700 international Schutzberechtigte in verlassenen Häusern lebten (S. 13).
Ferner heißt es in den genannten UNHCR-Empfehlungen u.a., sowohl Asylsuchende als auch international Schutzberechtigte seien berechtigt, sich bei den Arbeitsämtern der Provinzen einzuschreiben. Doch die Mehrheit unter ihnen erhalte keine spezifische Unterstützung, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sei, und daher hätten viele von ihnen keine realistischen Chancen, Zugang zu regulärer Arbeit zu finden (S. 15).
Dem genannten Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe und der Stellungnahme des UNHCR lässt sich aber - ebenso wie dem Bericht „UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien“ von Juli 2013 - unter Berücksichtigung der oben dargestellten Maßstäbe auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in ausreichendem Maße entnehmen, dass ein „systemisches Versagen“ (vgl. zu diesem Begriff EGMR, Entscheidung vom 2. April 2013, a.a.O., Rn. 78) der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen vorliegt und das Asylverfahren und die Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern in Italien systemische Mängel aufweisen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der UNHCR auch weiterhin eine generelle Empfehlung, Asylbewerber und Ausländer, die bereits einen Schutzstatus in Italien haben, nicht nach Italien zu überstellen, nicht ausgesprochen hat. Dies ist deshalb von erheblicher Bedeutung, weil die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Mitgliedstaat, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin II-VO als zuständiger Staat bestimmt wird, angesichts der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung der unionsrechtlichen Asylvorschriften zu beachten ist, besonders relevant sind (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013 - C-528/11 -, juris, Rn. 44, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ-RR 2013, 660 ff.).
Dem Gericht liegen auch keine anderen aktuellen Erkenntnismittel vor, die unter Beachtung der genannten Maßstäbe eine andere Entscheidung rechtfertigen würden. Dies gilt ebenfalls für die vom Antragsteller genannten Berichte „Die Situation von Flüchtlingen in Italien“ von Pro Asyl von Februar 2011 sowie der Schweizerischen Flüchtlingshilfe und der norwegischen Hilfsorganisation von Mai 2011 - dieser Bericht wurde vom EGMR in seiner Entscheidung vom 2. April 2013 ebenfalls berücksichtigt (a.a.O., Rn. 47) und im angegriffenen Bescheid wurde hierauf auch Bezug genommen - und das Gutachten von borderline europe e.V. von Dezember 2012 (hierzu vgl. auch VG Hamburg, Urteil vom 18. Juli 2013, a.a.O., Rn. 36, das insoweit - teilweise sinngemäß - darlegte, dem Gutachten sei zwar zu entnehmen, dass in Italien insbesondere hinsichtlich der Aufnahmebedingungen, der Sicherung des Lebensunterhalts und der Gesundheitsfürsorge der Asylsuchenden (einschließlich der sog. Dublin-Rückkehrer) Missstände auszumachen seien, die Ausführungen in dem Gutachten würden das Gericht aber nicht davon überzeugen, dass es sich bei den aufgezeigten Defiziten und Missständen um einen systemischen Mangel, d. h. um systematische und landesweite Defizite handele, die eine individuelle Gefährdung eines jeden einzelnen oder einer nennenswerten Anzahl von Asylbewerbern im Falle der Abschiebung nach Italien begründeten und von den italienischen Behörden tatenlos hingenommen würden).
Ferner ist anzufügen, dass sich die Situation des gesamten Asylsystems in Italien nach den aktuellen Auskünften des Auswärtigen Amtes sogar günstiger als oben beschrieben darstellt (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. November 2013, a.a.O., der im Anschluss an Ausführungen zum Gutachten von borderline europe e.V. ausführte, insbesondere stelle sich die vom Verwaltungsgericht als untragbar kritisierte Unterkunftssituation nach Auskünften des Auswärtigen Amtes an den 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt als deutlich anders dar).
Außerdem verhilft es dem Antrag des Antragstellers nicht zum Erfolg, dass die Europäische Kommission am 24. Oktober 2012 ein Vertragsverletzungsverfahren (Infringement number 2012/2189) gegen Italien eingeleitet hat (s. http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/what-is-new/eu-law-and-monitoring/infringements_by_country_italy_en.htm). Allein dieser Umstand führt nicht zu einem gegenteiligen Ergebnis (vgl. EGMR - 1. Kammer -, Entscheidung vom 18. Juni 2013 - 53852/11 -, ZAR 2013, 338 f., Rn. 73 - Halimi/Österreich und Italien -, die offizielle Fassung in der englischen Amtssprache ist abrufbar unter http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-122454; Österreichischer Asylgerichtshof, Beschluss vom 23. Januar 2013 - S7 431489-1/2012 -, abrufbar unter http://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=AsylGH&Dokumentnummer=ASYLGHT_20130123_S7_431_489_1_2012_00). Gemäß Art. 258 Abs. 1 AEUV gibt die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, wenn ein Mitgliedstaat nach ihrer Auffassung gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen hat; zuvor hat sie dem Staat Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Kommt der Staat dieser Stellungnahme innerhalb der von der Kommission gesetzten Frist nicht nach, so kann die Kommission den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen (Abs. 2). Nach dem gegenwärtigen Sachstand (s. genannte Internetseite) hat die Europäische Kommission der italienischen Regierung eine „Formal notice“ übersandt. Hierbei handelt es sich um den ersten Schritt im Vorverfahren (s. Art. 258 Abs. 1 Halbs. 2 AEUV). Dabei fordert die Kommission den Mitgliedstaat zu einer Stellungnahme auf (vgl. Brinkmann in Huber, Aufenthaltsgesetz, 1. Aufl., 2010, § 1 FreizügG/EU, Rn. 59).
Offen bleiben kann, ob ein Antragsteller einer Überstellung weitere den zustimmenden Mitgliedstaat betreffende Gründe erfolgreich geltend machen kann.
So stellt sich die Frage, ob auch das Drohen einer Verletzung von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK im Einzelfall eine Ausnahme von der innereuropäischen Schutzvermutung zu begründen vermag (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. November 2013, a.a.O., das offenbar die Notwendigkeit einer solchen Einzelfallbetrachtung im Rahmen der Prüfung eines Selbsteintritts bejaht; Schlussanträge vom 22. September 2011 in dem Verfahren C-411/10 des EuGH, Celex-Nr. 62010CC0411, Rn. 112; Thym, ZAR 2013, 331 <334>, der ausführt, die Verwaltungsgerichte dürften eine Überstellung aus Rechtsgründen einzig bei einer drohenden Verletzung des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GR-Charta aussetzen; Marx, NVwZ 2012, 409 <412>, der der Ansicht ist, wollte man Art. 4 GR-Charta unter den Vorbehalt „systemisch“ bedingter Verletzungen stellen, wäre dies konventions- und unionsrechtswidrig; vgl. dagegen Hailbronner/Thym, NVwZ 2012, 406 <408>, die darlegen, dass man die sinngemäße Feststellung des EuGH in seinem Urteil vom 21. Dezember 2011, nicht „jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat“ berühre die Verpflichtungen der übrigen Mitgliedstaaten zur Beachtung der Dublin II-VO (s. EuGH, a.a.O., Rn. 82), als Abgrenzung zwischen Art. 3 EMRK und sonstigen Grundrechten deuten könne oder der EuGH eine Ausnahme wegen einer Verletzung von Art. 3 EMRK im Einzelfall für unzulässig erachte; vgl. dazu auch BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2315/93 -, juris, Rn. 189, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf BVerfGE 94, 49 = NVwZ 1996, 700, der ausführte, nicht umfasst vom Konzept normativer Vergewisserung über einen Schutz für Flüchtlinge durch den Drittstaat seien auch Ausnahmesituationen, in denen der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greife und dadurch zum Verfolgerstaat werde). Der EuGH hat in seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (- C-394/12 -, Celex-Nr. 62012CJ0394) allerdings sinngemäß ausgeführt, wenn ein Mitgliedstaat nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums dem Aufnahmegesuch eines anderen Mitgliedstaats zustimme, in dem der Asylantrag gestellt worden sei, könne der Asylbewerber unter Berücksichtigung der oben unter den Randnrn. 78 und 79 des Urteils des EuGH vom 21. Dezember 2011 wiedergegebenen Erwägungen der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem zustimmenden Mitgliedstaat geltend mache, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass er tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Grundrechte-Charta ausgesetzt zu werden (Rn. 60). Dieser Frage braucht indes nicht weiter nachgegangen zu werden.
Denn selbst wenn man davon ausgeht, dass eine derartige Einzelfallprüfung notwendig ist, droht dem Antragsteller nach summarischer Prüfung im Falle einer Überstellung nach Italien aller Voraussicht nach keine Verletzung seiner Rechte i.S.v. von Art. 4 GR-Charta und Art. 3 EMRK. Es ist unter Berücksichtigung der oben bereits dargestellten Reichweite des Schutzes dieser Normen bezüglich der Lebensbedingungen in einem Mitgliedstaat und der aktuellen Situation in Italien weder ersichtlich noch vom Antragsteller substantiiert dargelegt worden, dass er im Falle einer Überstellung nach Italien mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in eine Situation geraten würde, die einen Verstoß gegen Art. 4 GR-Charta und Art. 3 EMRK darstellen würde. Dies gilt unabhängig davon, ob man der Auffassung ist, eine solche Einzelfallbetrachtung müsse angesichts der vom EuGH in seinem Urteil vom 21. Dezember 2011 dargelegten Bedeutung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und des diesem zugrunde liegenden Vertrauensgrundsatzes (a.a.O., Rn. 75, 83 ff.) denselben Prüfungsmaßstäben genügen wie der Nachweis systemischer Mängel (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. November 2013, a.a.O.; vgl. auch zum strengen Prüfungsmaßstab bezüglich der im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996, a.a.O., Rn. 190) oder ob es ausreichte, dass es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gebe, dass der Betroffene im zuständigen Mitgliedstaat tatsächlich Gefahr laufe, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011, a.a.O., Rn. 365; vgl. auch Bank/Hruschka, ZAR 2012, 182 <186>, die ausführten, bei der Prüfung der Einzelfälle gelte die (widerlegliche) Sicherheitsvermutung). Denn in beiden Fällen ist es nicht ausreichend, dass der Antragsteller zur Begründung seines Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ohne Angabe näherer Einzelheiten im Wesentlichen lediglich geltend gemacht hat, er sei Ende des Jahres 2012 in Italien eingereist. Nach einiger Zeit sei ihm „ein Aufenthalt“ erteilt und er sei auf die Straße entlassen worden. Er habe weder die Sprache noch das Land gekannt. Er sei der Obdachlosigkeit ausgesetzt gewesen und habe längere Zeit auf der Straße leben müssen. Letztlich habe er keine andere Wahl gehabt als weiterzureisen. Außerdem hat er unter Bezugnahme auf die von ihm und bereits oben genannten Berichte „auf die systematische Obdachlosigkeit und fehlende existenzielle Versorgung der großen Mehrheit der Asylsuchenden“ hingewiesen. Dieses Vorbringen lässt nicht den Schluss zu, er habe sich in Italien in einer Lage befunden, die mit derjenigen vergleichbar ist, die der EGMR im genannten Urteil vom 21. Januar 2011 zu beurteilen hatte (vgl. allgemein zu einem Vergleich der Verhältnisse in Italien und Griechenland EGMR, Entscheidung vom 2. April 2013, a.a.O., Rn. 78). Insofern ist nicht davon auszugehen, dass er im Falle eines erneuten Aufenthalts in Italien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit (erstmals) in eine entsprechende Lage geriete. Dem Urteil des EGMR lag ein Fall zu Grunde, in dem ein Ausländer in Griechenland nach seinen Angaben monatelang in extremer Armut gelebt habe und seine elementaren Bedürfnisse nicht habe befriedigen, sich nicht habe ernähren und nicht waschen können sowie obdachlos gewesen sei (a.a.O., Rn. 254). Darüber hinaus lässt sich dem Vorbringen des Antragstellers nicht entnehmen, dass er außergewöhnlich zwingende humanitäre Gründe im Sinne der Entscheidung des EGMR vom 2. April 2013 (a.a.O., Rn. 71) für sich in Anspruch nehmen kann.
Abgesehen hiervon bestehen auch Zweifel bezüglich der Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Antragstellers. So gab er bei der Befragung zur Vorbereitung der Anhörung am 15. August 2013 wahrheitswidrig an, in Italien sei er nur erkennungsdienstlich behandelt worden, habe aber keinen Asylantrag gestellt. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass der Antragsteller nach seiner Einreise ins Bundesgebiet Ende Juli 2013 anfangs ein falsches Geburtsdatum angab. Nach einem auf einem Kopfbogen des Jugendamtes der Stadt Dortmund - Fachbereich Erzieherische und Wirtschaftliche Hilfen - erstellten Vermerk vom 2. August 2013 habe er mitgeteilt, er sei am 10. Februar 1997 in Somalia geboren worden. Weiter heißt es, er sei am 1. August 2013 durch einen Mitarbeiter der Zentralen Ausländerbehörde Dortmund (Erstaufnahmeeinrichtung) in Augenschein genommen worden. Hinsichtlich des angegebenen Alters hätten Zweifel bestanden, so dass sie informiert worden seien. Zusammen sei am 2. August 2013 ein weiteres Gespräch mit dem angeblich Jugendlichen erfolgt. In diesem Gespräch hätten sich keine neuen Erkenntnisse ergeben, die Hinweise auf eine Minderjährigkeit gegeben hätten. Es sei daher weiterhin davon auszugehen, dass der Antragsteller zumindest 18 Jahre alt sei. Für die Aktenanlage werde daher das Geburtsdatum fiktiv auf den 1. Januar 1995 festgelegt. In seiner Antragsschrift hat er selbst das zuletzt genannte Datum als Geburtsdatum angegeben. Deshalb ist zwar davon auszugehen, dass der Antragsteller nicht mehr minderjährig war, als er seinen Asylantrag stellte. Fraglich ist indes, ob er tatsächlich nicht älter ist, weil er in Italien nach dem Schreiben der italienischen Behörde vom 15. November 2013 auch den 10. August 1994 als Geburtsdatum angab. Außerdem trat er in Italien unter einem anderen Namen als in Deutschland auf.
Darüber hinaus ist im Fall des Erlasses einer Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG auch zu überprüfen, ob sich der Ausländer gegen die Modalitäten des Vollzugs der Aufenthaltsbeendigung wendet (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996, a. a. O. Rn. 234) oder inlandsbezogene Abschiebungs- oder Vollstreckungshindernisse geltend macht, für deren Prüfung in diesem Fall ausnahmsweise das Bundesamt zuständig ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 2. Mai 2012 - 13 MC 22/12 -, juris, Rn. 27, mit Veröffentlichungshinweis auf InfAuslR 2012, 298). Derartige Gründe sind aber ebenfalls weder ersichtlich noch vom Antragsteller substantiiert dargelegt worden.
Abschließend ist im Hinblick auf das Vorbringen des Antragstellers - ohne dass es in diesem Verfahren entscheidungserheblich ist - darauf hinzuweisen, dass er schon unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen keinen Anspruch darauf hätte, dass die Antragsgegnerin seinen Asylantrag im Wege des Selbsteintritts gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO prüft. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedstaat abweichend von Absatz 1 einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Gemäß Satz 2 wird der betreffende Mitgliedstaat dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne dieser Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Abgesehen hiervon vermittelt diese Vorschrift keinen subjektiv öffentlich-rechtlichen Anspruch darauf, dass der den zuständigen Mitgliedstaat bestimmende Mitgliedstaat verpflichtet ist, den Asylantrag in einer Situation, in der die Überstellung eines Asylbewerbers an den ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat wegen des Vorliegens systemischer Mängel im oben beschriebenen Sinne unmöglich ist, auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst zu prüfen (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013, a.a.O., Rn. 36 f.). Im Übrigen dient das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO nicht dazu, einem Drittstaatsangehörigen, der - wie der Antragsteller - in einem Mitgliedstaat aufenthaltsberechtigt ist, eine Asylantragstellung in einem anderen Mitgliedstaat zu ermöglichen (vgl. VG München, Urteil vom 2. August 2012 - M 11 K 11.30160 -, juris, Rn. 30; VG Oldenburg, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - 3 B 6820/13 -, V.n.b.). Einen Asylfolgeantrag hat der Antragsteller in Deutschland nicht gestellt.
Weitere Gründe, die dem Begehren des Antragstellers zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).